Zuverlässiger Mauerwerksbau

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Transkript:

Zuverlässiger Mauerwerksbau Mangelstreit vermeiden und sachgerecht beurteilen Praxistipps zur Vermeidung von grundsätzlichen, zu Rissen führenden Fehlern im Mauerwerksbau erläutert an typischen Fallbeispielen Kalksandstein - Sachverständigentagung 2012 Übersicht Einleitung: Zur Ursachenstruktur von Bauschäden Hauptteil: 8 Praxistipps zur Vermeidung von grundsätzlichen Fehlern, die zu Rissen im Mauerwerksbau führen Zusammenfassung Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald, Aachen Porosität des Betons Angebot von CO 2 + Feuchtigkeit Ursacheneb enen: Beispiel: Abplatzungen über der Bewehrung eines Sichtbetonbauteils Schaden Abplatzung Beton über Bewehrung Karbonatisation Senkung ph-wert Schadenauslösende chemisch / physikalische Vorgänge Volumenvergrößerung Rost Karbonatisierung des Betons Aufhebung des aktiven Korrosionsschutzes Baulicher Mangelzustand Betonüberdeckung zu gering Zutritt von Sauerstoff + Wasser Korrosion der Bewehrung Volumenvergrößerung Betonabplatzung Beschleunigte Korrosion Physikalische und chemische Situation bei der Korrosion der Bewehrung im Beton Oswald 1996 Fehler der Baubeteiligten Menschliche Ursachen des Fehlverhaltens Bewehrung falsch eingebaut (Ausführung) Mangelhafte Ausbildung Bauteil falsch dimensioniert (Planung) Kostendruck G esellschaftliche Ursachen Arbeitsmarkt Vergabeverfahren Oswald db 1990 Ursachenstruktur Praxis-Tipp 1 zur Rissvermeidung Bauschäden haben niemals nur eine Ursache sondern sind der Schlusspunkt von Ursachenketten! Zwischen 1. Fehlern der Verantwortlichen, 2. Mangelzuständen und 3. schadensauslösenden Vorgängen unterscheiden! Auf einfache Grundrissgestaltung und unkomplizierte Lastableitung achten! Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 1

Fallbeispiel 1 Anzahl der Risse im Obergeschoss: Obergeschoss 42 Ursachen: Inkonsequente Führung der Ringbalken Zu große Deckenschlankheit für nichttragende Innenwände Längenänderungsdifferenzen Ziegel/KS/Stahlbeton/Stahl Geringe Auflast Inkonsequente Ausbildung der Putzanschlüsse Früher Verputzzeitpunkt (?) Gipsputz (Q2) nur gestrichen 90 % der Risse wären bei tapezierten Flächen nicht sichtbar. Wie weit muss der konstruktive und handwerkliche Aufwand zur Rissvermeidung gehen? Was muss der Besteller hinnehmen? Rissüberbrückung von Glasfasertapete ca. 0,4 mm Praxis-Tipp 2 zur Rissvermeidung Auf einfache Grundrissgestaltung und unkomplizierte Lastableitung achten! und Bei Bauweisen mit erwartbaren Verformungsdifferenzen und erhöhter Rissgefahr: konzeptionell rissüberbrückende Endbeschichtungen / Verkleidungen einplanen und vereinbaren! Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 2

1. Risse infolge Deckendurchbiegung Praxis-Tipp 3 zur Rissvermeidung Materialwechsel vermeiden! Fallbeispiel 2 Rathaus: Planungsvorgabe: Weiße Fassaden Wärmeschutz 25 % über EnEV Kein WDVS sondern Massivbauweise Mauerwerksbau? Realisiert: 49 cm Leichhochlochziegelmauerwerk, verputzt Rissbild nach 8 Jahren Standzeit Deckenrandverdrehung Rissbreite: 3,5 mm Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 3

Unverschiebbare Auflagerung: Trennlage und äußere Verkleidung nicht erforderlich, wenn: li / h < 2/3 * 35 (bindemittelgebunden) < ½ * 35 (Ziegel) (Werte bezogen auf d Wand = 30 cm) Zugverankerung der Ecke Deckenauflager mit kurzer Einbindung ins Mauerwerk [Pfefferkorn] Regeln DIN 18530 zur Deckenrandverdrehung 1. Risse infolge Deckendurchbiegung Vorgang abgeklungen = einfache Instandsetzung 2. Risse infolge vertikaler Verformungsdifferenz Stahlbeton / Ziegelpfeiler Schwind- und Kriechverlauf bei Stahlbetondecken [Lohmeyer] Rissbreite: 2,0 mm Mauersteinart Mauerziegel Kalksandsteine Porenbetonsteine Leichtbetonsteine Betonsteine Mauermörtelart NM LM NM,DM DM NM,DM LM NM -0,2-0,1-0,4-0,5-0,2 1) Verkürzung (Schwinden): Vorz. minus; Verlängerung (irreversibles Quellen): Vorzeichen plus 2) Für Mauersteine < 2 DF bis 0,2 mm/m Quelle: E DIN 1053-11:2009-03 Tabelle 13 Endwert der Feuchtedehnung (Schwinden, irreversibles Quellen) 1) ε f [mm/m] Rechenwert 0 Wertebereich +0,3 bis -0.1 2) -0,1 bis -0,3 +0,1 bis -0,2-0,2 bis -0,6-0,3 bis -0,6-0,1 bis -0,3 Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 4

Rechenwert RW Beton in feuchter Umgebung, z.b. Erdreich 0,05 0.15 RW = 0,10 mm/m In mittlerer Konsistenz hergestellter Ortbeton im Freien 0,20 0,30 RW = 0,25 mm/m in trockenen Innenräumen 0,35 0,45 RW = 0,40 mm/m Betonfertigteile in trockenen Innenräumen 0,25 0,35 RW = 0,30 mm/m Schwindmaße von Beton ε s in mm/m [Pfefferkorn; 1990] Faustregel zur Beurteilung der Schädlichkeit von vertikalen Verformungsdifferenzen [Schubert] 2. Risse infolge vertikaler Verformungsdifferenz Vorgang abgeklungen = einfache Instandsetzung 3. Risse infolge thermischer Längenänderungen überputzter Fertigteilstürze 3. Risse infolge thermischer Längenänderungen überputzter Fertigteilstürze: Andauernde zyklische Beanspruchung Instandsetzung nur durch Beseitigung der Ursachen möglich Rissüberbrückung mit WDVS WDVS sind in der Lage, langsam und einmalig ablaufende Rissbildungen und Fugenaufklaffungen des Untergrunds von 2-3 mm Breite ohne störende Rissbildung in der Beschichtung zu überbrücken. Cziesielski/Schrepfer/Fechner ABST 2004 Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 5

Gewählte Instandsetzungsmethode : Mineralisches Wärmedämmverbundsystem! 40 mm Mineralfaserdämmung; verklebt und verdübelt 15 mm mineralischer Putz, zweilagig; Praxis-Tipp 4 zu Rissvermeidung Die Grundkonzeption der Rohbaus ist u.a. auf die Rissempfindlichkeit der geplanten Oberflächenschichten (außen und innen) abzustimmen! Rissvermeidung hier: Tragende Wandbauteile: Stahlbeton + KS-Mauerwerk WDVS außen; Gipsputz innen Praxis-Tipp 5 zur Rissvermeidung Überbindemaße und Fugendicken sicherstellen = Maßordnung im Grund- und Aufriss auf Steinformate abstimmen und ggf. frühzeitig Bereitstellung von Sondersteinen veranlassen! Fallbeispiel 3 Ausgleichstein Sehr breite Fugen Außenwände: Leichthochlochziegel 30 cm dick Innenwände: KSL 24 cm dick Überbindung unzureichend Überbindung unzureichend Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 6

Zuverlässiger Mauerwerksbau Zur sachgerechten Ecküberbindung werden bei 30iger Mauerwerk Sondersteine benötigt! Ausgleichstein: 11,5 X 24 X 7,1 Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 7

Praxis-Tipp 5 zur Rissvermeidung Überbindemaße und Fugendicken sicherstellen = Maßordnung im Grund- und Aufriss auf Steinformate abstimmen und Tiefere Rissursachen: Mangelhafte Maßabstimmung und unzureichende Baustellenorganisation! frühzeitig Bereitstellung von Sondersteinen veranlassen! Praxis-Tipp 6 zur Rissvermeidung Fallbeispiel 4 Wartezeiten einhalten! Anfangsverformungen möglichst abwarten! Außenwände: Leichtbetonsteine 36,5 cm dick Innenwände: KSL 24 cm dick Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 8

Ursachen Verputzzeitpunkt KLB-Mauerwerkssysteme, 2. Auflage, Neuwied, 4/1999 und 4/2010 Da ein Großteil der Formänderungen in den ersten Monaten nach der Bauwerkserstellung erfolgt, lässt sich durch eine ausreichende Wartezeit vor dem Verputzen das Risiko einer Rissbildung erheblich verringern. Erfahrungsgemäß sollte diese Wartezeit mindestens ½ Jahr betragen. (!) Zeitlicher Schwindverlauf bei Mauerwerk blau: Hbl 36,5 cm Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 9

Nacherfüllung Vernadeln der breiten Risse (Eckbereiche) 40 mm WDVS zur Rissinstandsetzung Schadensvermeidung Beste Lösung: Andere Konstruktion wählen: Tragende Bauteile aus Stahlbeton / KS Bekleidung mit WDVS Praxis-Tipp 7 zur Rissvermeidung Wartezeiten einhalten! Praxis-Tipp 8 zur Vermeidung von Streit Rissüberbrückende Oberflächenschichten vertraglich vereinbaren! Anfangsverformungen möglichst abwarten! Wo dies nicht durchsetzbar ist: Bauweise ändern: verformungsärmerer Untergrund oder rissunempfindlichere Oberflächenschichten Fallbeispiel 5 Innenrisse bei großformatigem KS-Mauerwerk Mauerwerksaltbau mit Stahlbetondecken Aufstockung des Dachgeschosses Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 10

0,25 ε s 0,2 0,15 ε s = -0,016*u m,t + 0,178 (Best.: 97 %) bauprakt. Schwinden 0,1 0,05 Prüfwert ε s,pr [mm/m] 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 l (Stoßfugenaufweitung) G.Meyer ABST 2010 Gleichgewichtsfeuchte u e u e,v u p,r Praxisbezogener Feuchtegehalt u 0 Anfangsfeuchtegehalt versuch Quelle: Schubert P. Trocknungsschwinden von Kalksandsteinen - Praxisbezogener Endschwindwert Das Mauerwerk Heft 3/2003 G.Meyer ABST 2010 1. Einlagige mineralische Putze auf KS XL Mauerwerk können (baupraktisches Schwindmaß von 0,15 mm/m vorausgesetzt) üblicherweise auftretende Stoßfugenöffnungen ab einer Putzdicke von 10 mm überbrücken, wie die Praxiserfahrung zeigt. 2. Einige einlagige organisch gebundene Putze können dies mit einer Mindest-Putzdicke von 3 mm (mittlere Putzdicke 5 mm). 3. Mittelschwere Tapeten (z.b. Rauhfasertapeten) können Rissbreiten > 0,1mm überbrücken. 4. Falls eine erhöhte Risssicherheit gefordert ist und keine Tapeten erwünscht sind, müssen z.b. zweilagige Putzsysteme ausgeführt werden (Vorsicht bei Gipsputz). Die zweite Putzlage deutlich später als die erste Putzlage aufbringen. (Alternativ: Putzgewebe) 5. Entsprechend DIN V 18550 (7.5.1) liegen übliche Anforderungen an Innenputze vor, wenn diese Träger für Anstriche und Tapeten sind. G.Meyer ABST 2010 G.Meyer ABST 2010 6. Beim Verzicht auf Tapeten liegen demzufolge keine üblichen Anforderungen vor. Dann besondere Anforderungen an die Putze beschreiben und vereinbaren z. B. mit Bezug auf Qualitätsstufen für Innenputzoberflächen nach DIN V 18550, Anhang B. Innenrisse bei reinen Ziegelbauten G.Meyer ABST 2010 Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 11

Zuverlässiger Mauerwerksbau Rissbreiten überwiegend unter 0,2 mm; zur Ruhe gekommen Fallbeispiel 6 Dachgeschoss Ursachen: Längenänderungen der Ringbalken Unzureichende Anbindung der Innenwände Geringe Auflast Vermauerungsmängel (Überbindemaße erheblich zu gering) großflächige Hohllagen des Putzes Putz (Q2) nur lasierend gestrichen Fallbeispiel 7 Oberflächen durchweg nicht tapeziert sondern gespachtelt und geschliffen Fragen Wann sind bei modernen Mauertechniken rissüberbrückende Oberflächenschichten notwendig? Wie weit muss der konstruktive und handwerkliche Aufwand zur Rissvermeidung gehen? Was muss der Besteller hinnehmen? Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald Wie müssen diese Oberflächenschichten beschaffen sein und was leisten sie? Wann muss der Besteller Risse hinnehmen? 12

Antworten zu Innenflächen In gut einsehbaren Wandbereichen erwartet der Besteller auch bei durchschnittlichen optischen Anforderungen Rissefreiheit. Bei modernen Mauertechniken sind rissüberbrückende Oberflächenschichten notwendig. Falls keine Tapete vorgesehen werden soll, gespachtelte Vliestapeten einsetzten. Qualitätsstufen bei Putzen Q2, geglättet: Eignung für: - Dekorputz > 1,0mm; - mittlere Raufaser; - gefüllten Anstrich, mit grober Lammfellrolle aufgetragen; Abweichungen: - Traufelstriche ggf. erkennbar; - nicht schlagschattenfrei Praxis Tipp 8 für Innenputze Solange das Merkblatt und die Vornorm (noch) nicht unumstritten a.r.d.bt. sind: Qualitätsklasse vereinbaren! Empfohlene Formulierung für die Baubeschreibung üblicher Wohnungen: Innenputz in Standardausführung (Q2) die Oberfläche ist mit einer Schlussbeschichtung z.b. mittlerer Raufaser; gefülltem Anstrich, mit grober Fellrolle aufgetragen o.ä. zu versehen. Damit werden auch unvermeidbare Anfangsrisse überdeckt. Praxis-Tipps - Zusammenfassung 1. Auf einfache Grundrissgestaltung und unkomplizierte Lastableitung achten! 2. Bei Bauweisen mit erwartbaren Verformungsdifferenzen und erhöhter Rissgefahr: konzeptionell rissüberbrückende Endbeschichtungen / Verkleidungen einplanen! 3. Materialwechsel (Mischbauweisen) meiden! 4. Die Grundkonzeption der Rohbaus auf die Rissempfindlichkeit der geplanten Oberflächenschichten (außen und innen) abstimmen! 5. Überbindemaße und Fugendicken sicherstellen = Maßordnung im Grund- und Aufriss auf Steinformate abstimmen und ggf. frühzeitig Bereitstellung von Sondersteinen veranlassen! 6. Wartezeiten einhalten! Anfangsverformungen möglichst abwarten! 7.Wo dies nicht durchsetzbar ist: Bauweise ändern: verformungsärmerer Untergrund oder rissunempfindlichere Oberflächenschichten! 8. Rissüberbrückende Oberflächenschichten vertraglich vereinbaren! Grundsatz Mauerwerksbauteile bilden gemeinsam mit den Oberflächenschichten eine sich gegenseitig bedingendes System, das bereits im frühen Planungsstadium zusammen gesehen und festgelegt werden muss. Unwägbarkeiten der späteren Nutzung sind durch vertragliche Regelungen zu minimieren. Dann sind Rissstreitigkeiten vermeidbar. Zuverlässiger Mauerwerksbau Mangelstreit vermeiden und sachgerecht beurteilen Praxistipps zur Vermeidung von grundsätzlichen, zu Rissen führenden Fehlern im Mauerwerksbau erläutert an typischen Fallbeispielen ENDE Kalksandstein - Sachverständigentagung 2012 Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald, Aachen Prof. Dr.-Ing. Rainer Oswald 13