Jahresbericht Beratungsstelle nach SGB XII. Evangelische Kirche Bottrop

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Transkript:

Evangelische Sozialberatung Bottrop Hilfe für Menschen in Wohnungsnot Kirchhellener Straße 62a I D-46236 Bottrop Telefon: 02041-28038 I Fax: 02041-180494 E-Mail: sekretariat@esb-bottrop.de www.esb-bottrop.de I www.koluesch.de Evangelische Kirche Bottrop Beratungsstelle nach 67-69 SGB XII

Evangelische Sozialberatung Bottrop (ESB) Hilfe für Menschen in Wohnungsnot Die ESB ist eine Beratungsstelle für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen. Wir bieten seit 1986 soziale Beratung und persönliche Hilfe in sozialen Schwierigkeiten. Unsere Aufgabe ist es, Lebensverhältnisse zu stabilisieren, dauerhafte Wohnlösungen zu finden und abzusichern. Wir wollen erreichen, dass wohnungslose Menschen wieder aus eigener Kraft am Leben in der Gesellschaft teilnehmen können. Unsere offene Beratung kann ohne Anmeldung, kostenlos und unabhängig der Konfession in Anspruch genommen werden. Bei Bedarf bieten wir eine längerfristige, persönliche Hilfe zur Bewältigung umfassender Problemlagen. Praktische Hilfe Unser kompetentes Team leistet praktische Hilfe: Wir helfen, Mietverhältnisse zu sichern und eine Wohnung zu finden. Dazu unterhalten wir auch vier eigene Wohngruppen. Wir helfen bei der Regulierung von Schulden oder der Einkommenssicherung. Wir beraten zu Rechten und Pflichten bei Sozialhilfe, Arbeitslosengeld I und II (Hartz IV) und anderen Sozialleistungen und helfen, diese Rechte durchzusetzen. Zudem klären wir die berufliche Situation und unterstützen bei der Suche nach Arbeit und Beschäftigung. Menschen ohne eigenes Konto bieten wir unsere freiwillige Geldverwaltung an. Wir sichern die Akutversorgung bei Krankheiten und bieten Rat bei Suchtproblemen. Seit dem Winter 1993/1994 versorgen wir in unserer Suppenküche Kolüsch saisonal von Mitte Dezember bis März bis zu hundert wohnungslose und arme Menschen in Bottrop. Politische Ziele Ziele unserer Arbeit sind die Verwirklichung des Rechts auf Wohnraum und die Verbesserung der Lebenssituation von Wohnungslosen und Menschen mit geringem Einkommen. Deswegen setzen wir uns vor Ort in kirchlichen und kommunalen Arbeits- und Gesprächskreisen für die Interessen armer und ausgegrenzter Menschen ein. Mit unserer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit machen wir auf das Problem der Wohnungsnot aufmerksam und wollen Vorurteile abbauen. Evangelische Sozialberatung Bottrop (ESB) Hilfe für Menschen in Wohnungsnot Kirchhellener Straße 62a D-46236 Bottrop Telefon: 02041-28038 Fax: 02041-180494 E-Mail: sekretariat@esb-bottrop.de www.esb-bottrop.de www.koluesch.de 1

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer, 2012 war für ein ereignisreiches Jahr die ESB. Ein großes lokalpolitisches Thema waren vor allem die Sozialkürzungen in Bottrop. Die Stadtspitze Bottrops wollte unter anderem bei Wohnungslosen und Armen sparen, um die Vorgaben des Stärkungspaktes II des Landes NRW einzuhalten. Zwar wurden nicht alle Vorschläge umgesetzt, dennoch stehen wir und viele soziale Projekte in der schwierigen Lage, dass wir zukünftig mit weniger Mitteln mehr Menschen helfen müssen. Denn die Schere zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft geht weiter auseinander. Unser Wunsch, dass unsere Arbeit eines Tages überflüssig werden könnte, ist angesichts von Niedriglöhnen, zunehmender Armut und Sozialkürzungen in weite Ferne gerückt. Unser Team hat sich 2012 personell sehr verändert. ESB-Mitbegründer Wolfgang Kutta ist in die Ruhephase seiner Altersteilzeit gegangen. Christian Kempelmann ist als neuer Sozialarbeiter zur ESB gestoßen. Auch in der Geschäftsstelle kam es zu Veränderungen. Beschäftigt haben uns weiterhin Probleme mit der Übernahme der Wohnkosten für Hartz-IV- und SozialhilfebezieherInnen. Preisgünstiger Wohnraum ist und bleibt in Bottrop knapp, die Mietrichtwerte der Stadt sind zu niedrig bemessen und die restriktive Verwaltungspraxis des Jobcenters führt für die Betroffenen zu Folgeproblemen. Die seit 2010 stark gekürzten Finanzmittel im Bereich der Arbeitsförderung führen dazu, dass es für Menschen in Wohnungsnot und Armut immer schwieriger wird, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Energiepreise steigen stetig weiter und werden für Menschen mit geringem Einkommen zunehmend existenzbedrohend. Das Ende 2011 eingeführte Sozialticket ist mit 30 Euro pro Monat zu teuer und behindert die Mobilität von Armen und Wohnungslosen in unserer Stadt. Als um so wichtiger betrachten wir unsere Beratung und sozialanwaltliche Lobbyarbeit. Viele BottroperInnen sehen dies auch so und unterstützen uns finanziell und tatkräftig. Das sehen wir als Bestätigung für unsere Arbeit. Ohne Ihre zuverlässige Hilfe wäre unsere Arbeit für wohnungslose und arme Menschen in Bottrop nicht möglich. Vielen Dank dafür! Claudia Kretschmer und Christian Kempelmann für das ESB-Team 2

Unsere Beratungsarbeit in Zahlen Die ESB hat 2012 insgesamt 524 Menschen (376 Männer und 148 Frauen) beraten und betreut. Das sind fünf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Wie in den Vorjahren bilden die 30- bis 49-Jährigen sowie die jungen Menschen unter 26 Jahren die größte Gruppe an Ratsuchenden. Rund Zweidrittel der Ratsuchenden haben schon einmal zu früheren Zeiten bei uns um Hilfe nachgefragt. Unsere Statistiken bestätigen unsere Beobachtungen der letzten Jahre, dass junge Erwachsene und Personen mit Migrationshintergrund überproportional von Wohnungslosigkeit betroffen sind und die Problemlagen komplexer werden. 2012 waren in Nordrhein-Westfalen (NRW) mehr als 18.000 Menschen ohne eigene Wohnung. Davon lebten 650 Menschen auf der Straße, rund 11.000 Menschen in Obdachlosenunterkünften und über 7.300 in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Alle Zahlen sind höher als 2011. Damit bestätigt sich der Trend zunehmender Wohnungslosigkeit, den die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) seit 2008 feststellt. Der Dachverband der Wohnungslosenhilfe erwartet, dass die Zahl der Menschen in Wohnungsnot bis 2015 um weitere 15 Prozent steigen wird. Während NRW seit 2011 wieder eine jährliche, landesweite Wohnungsnotfallstatistik hat, lässt eine bundesweite Statistik weiter auf sich warten. Die Bundesregierung verweigert ohne glaubwürdige Argumente die Einführung einer bundesweiten Wohnungsnotfallstatistik, die Umfang und Entwicklung der Wohnungslosigkeit und Zwangsräumungen abbilden soll. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine gemeinsame kleine Anfrage aller drei Oppositionsfraktionen (SPD, Grüne, Die Linke) im Bundestag vom Juli 2012 hervor. Dabei wird eine solche Statistik von der Wohnungslosenhilfe und der Fachwelt seit mehr als dreißig Jahren gefordert. 3

Entwicklungen 2012 Veränderungen im Team Im ESB-Team haben 2012 einige personelle Veränderungen stattgefunden. Ende Oktober 2012 ist ESB-Mitbegründer Wolfgang Kutta in die Ruhephase seiner Der 33-jährige Diplom-Sozialwissenschaftler arbeitet seit acht Jahren in der Wohnungslosenhilfe. Angefangen hat er als Student in einer stationären Wohnungsloseneinrichtung im Nachtdienst. Nach dem Studium arbeitete er in der Zentralen Anlauf-, Beratungs- und Vermittlungsstelle (ZABV) der Duisburger Wohnungslosenhilfe. Später betreute er ambulant ehemals Obdachlose in eigenen Wohnungen. 2009 wechselte er als Sozialarbeiter in den stationären Bereich zurück, wo er bis zuletzt beschäftigt war. Der Stadtspiegel Bottrop hat Christian Kempelmann am 27. Dezember 2012 in einem großen Artikel porträtiert. Altersteilzeit gegangen. Der gebürtige Bochumer begann 1983 in der Wohnungslosenhilfe in Bottrop zunächst im Sozialamt der Stadt Bottrop. 1986 gründete er gemeinsam mit Engagierten aus Kirche und Politik die ESB als Anlaufstelle für Menschen in Wohnungsnot mit. Zusammen mit seiner Kollegin Claudia Kretschmer gründete er 1993 die Suppenküche Kolüsch, die seither jeden Winter warme Mahlzeiten an wohnungslose und arme Menschen verteilt. Am 30. September 2012 fand der offizielle Abschied von Wolfgang Kutta im Rahmen eines Gottesdienstes zum Erntedankfest in der Martinskirche mit anschließendem Kirchencafé statt. Am 1. November 2012 begann Christian Kempelmann als Sozialarbeiter bei der ESB. Auch das Sekretariat wurde zum 1. September 2012 mit Carina Dill neu besetzt. Im Oktober 2012 verabschiedete sich auch Stefan Fischmann von der ESB. Er war über viele Jahre über verschiedene Maßnahmen der Arbeitsförderung bei der ESB beschäftigt und hat zahlreiche Aufgaben übernommen wie das Energiesparprojekt, die Betreuung des Gartenprojekts und die Begleitung der Ferienfreizeit, Fahrdienste etc. 4

Umbau der Beratungsstelle Ab Mitte Oktober 2012 wurde die ESB von Grund auf renoviert. Der Umbau war nach 25 Jahren nötig geworden, um die Anlaufstelle für Menschen in Wohnungsnot an veränderte Anforderungen in der Beratung anzupassen. Wir haben unsere Lagerräume aufgelöst, die Raumaufteilung neu zugeschnitten und so mehr Platz in den mittlerweile sehr beengten Räumlichkeiten geschaffen. Der ursprünglich für sechs Wochen angesetzte Umbau zog sich schließlich über fast drei Monate bis ins Jahr 2013 hin. Die ESB war in dieser Zeit provisorisch im ersten Obergeschoss im selben Haus untergebracht, Postanschrift und Telefonnummer blieben gleich. Wir haben versucht, die Beeinträchtigungen für Ratsuchende so gering wie möglich zu gestalten. Sozialkürzungen in Bottrop Ein großes Thema waren 2012 die Sozialkürzungen in Bottrop. Die Stadtspitze Bottrops wollte unter anderem bei Wohnungslosen und Armen sparen, um die Vorgaben des Stärkungspaktes II des Landes NRW einzuhalten. Zahlreiche soziale Projekte Initiativen waren betroffen, darunter Kolüsch sowie die Heiligabendfeier für alte, einsame und wohnungslose Menschen im Evangelischen Gemeindehaus, welche die Arbeitsgemeinschaft Kontakte seit vielen Jahren organisiert. Die Verwaltungsspitze der Stadt Bottrop hat im Juli 2012 eine umfangreiche Liste mit Kürzungsvorschlägen für die Haushaltsberatungen im Herbst vorgelegt. Neben umfangreichen Einschnitten ab 2013 in den Bereichen Bildung, Kultur und Sport sah die Kürzungsliste auch einen sozialen Kahlschlag vor, der 5

insbesondere Wohnungslose und Arme in unserer Stadt treffen sollte: Die Vorschläge sahen unter anderem das Ende des Bottrop- Passes und der Fortschreibung des Sozialberichtes, die Streichung der Zuschüsse für die Suppenküche Kolüsch, die Heiligabendfeier für arme, alte und einsame Menschen, den Behindertenfahrdienst, den Blindenverein, die Betreuung für Asylsuchende, die Selbsthilfegruppen, die Schwangerenkonfliktberatung und für die Tagesstätten für Ältere vor. nur noch einen Zuschuss in Höhe 4.000 statt wie bisher 8.000 Euro pro Saison. Die ESB hat im Rahmen des Bottroper Netzwerks gegen Armut und soziale Ausgrenzung gegen die Sozialkürzungen protestiert. Das Netzwerk hat in einem offenen Brief Stellung bezogen und seine Sorge über die zahlreichen Streichungen im sozialen Bereich zum Ausdruck gebracht. Diese Stellungnahme erschien als Artikel Armut eine Stimme geben in der Bottroper Lokalausgabe der Westdeutschen Allemeinen Zeitung (WAZ). Am 25. September 2012 hat der Rat der Stadt Bottrop über das Kürzungspaket entschieden. Das Kürzungspaket ist im Großen und Ganzen wie angekündigt durchgewunken worden. Kolüsch erhält ab der Wintersaison 2013/2014 Kosten der Unterkunft: Höhere Mietrichtwerte für Erwerbslose und Arme Die zu niedrigen Mietrichtwerte der Stadt und die Übernahme der Mietkosten durch das Jobcenter und das Sozialamt beschäftigen uns seit Jahren. Infolge eines Urteils des Bundessozialgerichts musste die Stadt Bottrop wie alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Mietrichtwerte für BezieherInnen von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe erhöhen. Kommunen hatten alleinlebenden LeistungsbezieherInnen fünf Quadratmeter mehr als Berechnungsgrundlage zugestehen müssen. Haushalte erhalten dadurch künftig 26 Euro mehr für die Miete pro Monat. www.wohnkosten.esb-bottrop.de 6

Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und die Arbeitsuche - gerade in einer Region wie dem Ruhrgebiet. Doch für Wohnungslose und Arme sind Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht bezahlbar. Soziale Einrichtungen und Initiativen sowie Gewerkschaften fordern seit Jahren ein Sozialticket in vielen Städten in NRW. Nach monatelanger Hängepartie einigten sich Politik und Verkehrsbetriebe im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) darauf, ab 1. November 2011 endlich ein landesweites Sozialticket einzuführen. Das Ticket gibt es seitdem im VRR-Gebiet für 29,90 Euro. Es basiert auf dem Ticket 1000 der Preisstufe A und kostet damit etwa die Hälfte des normalen Preises. Als Modellprojekt sollte es zunächst bis Ende 2012 laufen. Sozialticketinitiativen, DGB und Sozialprojekte halten das geplante VRR-Ticket für zu teuer. Sie fordern einen Preis von 15 Euro, den sich Menschen mit wenig Einkommen auch leisten können. Nur so viel ist im Hartz-IV-Regelbedarf für den öffentlichen Nahverkehr vorgesehen. Am 27. September 2012 entschied der VRR- Aufsichtsrat über die Fortsetzung des Sozialtickets als Regelangebot ab 2013. Bislang war es lediglich ein Pilotprojekt. Nach Protesten von Fahrgästen, die sich durch die Bezeichnung SozialTicket als Hartz-IV- BezieherInnen diskriminiert fühlten, sollte das Ticket zukünftig MeinTicket heißen und in einem neutralen Design gestaltet werden. In der Vergangenheit hatte der VRR dies abgelehnt. Am Monatspreis von 29,90 Euro ändert sich nichts. Zudem sind Wohngeldberechtigte ausgeschlossen und es bietet mit dem Tarifgebiet A eine zu kurze Reichweite. Lediglich sechs Prozent aller 850.000 Anspruchsberechtigten nutzten Ende 2012 das Sozialticket im VRR. Verkehrsbetriebe und Verbund hatten eine jahresdurchschnittliche Nutzerquote von 14 Prozent erwartet. Anspruchsberechtigt sind BezieherInnen von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Wohngeld, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Jugendhilfe (SGB VIII) sowie Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz. www.sozialticket.esb-bottrop.de 7

Angebote & Projekte Wohngruppenarbeit und Wohnraumvermittlung Die ESB unterstützt Wohnungslose auf dem Weg zurück ins geregelte Leben, indem sie bürgt, sucht, vermittelt, betreut und seit 1985 auch selbst Wohnungen vermietet. Seit 2000 haben wir vier Wohnungen im Stadtteil Bottrop-Eigen angemietet. Anders als kommunale Obdachlosenunterkünfte, die sich meist am Rande der Städte befinden, liegen unsere Wohnungen inmitten der Gesellschaft. In Zweierwohngruppen mit Einzelzimmern und Gemeinschaftsküche können Wohnungslose ihre Lebenssituation stabilisieren, soziale Kompetenzen stärken und ihre Isolation durchbrechen. Mit regulären Mietverträgen ausgestattet, zahlen die aktuell sieben BewohnerInnen von ihren jeweiligen Einkünften die Miete. Seit einigen Jahren stellen wir fest, dass unsere Wohngruppen von Betroffenen weniger nachgefragt werden, sie bevorzugen eigene Wohnformen. Wir gehen daher davon aus, dass unsere Wohngruppenarbeit nicht ausgeweitet werden muss. Wir sollten allerdings den Bestand halten, da die derzeitigen BewohnerInnen sich dort langfristig und zufrieden eingerichtet haben. Zudem erhalten wir uns die Möglichkeit kurzfristig auf Notfälle reagieren zu können und auf eigenen Übernachtungsplätze zurückgreifen zu können. www.wohngruppen.esb-bottrop.de Freiwillige Geldverwaltung Viele Wohnungslose haben Schulden und somit einen negativen SCHUFA-Eintrag. Im Alltag führt dies zu zahlreichen Problemen. Es ist für sie schwierig, überhaupt ein Girokonto einzurichten oder Miet- und Stromverträge abzuschließen. Wer nicht am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen kann, ist von der Teilhabe an vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen. Daher bietet die ESB seit vielen Jahren rund 100 KlientInnen Servicekonten und andere Möglichkeiten im Rahmen der freiwilligen Geldverwaltung an. Über speziell eingerichtete Servicekonten in Kooperation mit der Volksbank Kirchhellen besteht mit den jeweiligen InhaberInnen die Vereinbarung, über diese Konten monatlich pünktlich die fällige Miete, Energiekosten und sonstige Zahlungen sicherzustellen. Außerdem helfen wir bei der Regulierung von Schulden und der Korrespondenz mit GläubigerInnen. Des Weiteren wollen wir verhindern, dass Menschen aufgrund von Zahlungsverpflichtungen inhaftiert werden, indem wir dabei helfen, Ratenzahlungen zu vereinbaren und umzusetzen. Wir kümmern uns um die materielle Existenzsicherung und geben Unterstützung bei Behördenangelegenheiten. Ziel des Angebotes ist es, Menschen eine Zukunftsorientierung zu ermöglichen und Hilfestellung in finanziellen Notsituationen zu geben. Die Geldverwaltung beruht auf freiwilliger Basis, wobei wir darauf achten, dass (finanzielle) Vereinbarungen eingehalten werden. Oder aber als Lernfeld eingeübt werden sollen. 8

2012 haben wir 113 Menschen im Rahmen der freiwilligen Geldverwaltung betreut. Im Jahr zuvor waren es 90. Diese etwas höheren Zahlen als in den Vorjahren erklären sich damit, dass fünf KlientInnen verstarben und die jeweiligen Konten neu vergeben wurden. Zwei weitere KlientInnen lösten die freiwillige Geldverwaltung ohne Angabe von Gründen auf. Auch diese Konten sind neu vergeben worden. Ein weiterer Grund für die gestiegenen Zahlen sind die Personen, die um Mithilfe baten, da sie ihren Leistungsscheck vom Jobcenter nicht bei der Bank einlösen konnten, da sie keine gültigen Ausweispapiere besaßen. Es gibt in Bottrop keine Vergünstigungen mehr für LeistungsbezieherInnen von Hartz IV oder Sozialhilfe bei der Beantragung eines Personalausweises. Sie müssen mittlerweile die üblichen Gebühren in Höhe von 28,80 Euro (bis zum 24. Lebensjahr: 22,80 Euro) entrichten. Hinzu kommen noch Kosten in Höhe von rund 7,50 Euro für die Erstellung von Passbildern. Diese Kosten können viele Arme aufgrund anderer Zahlungsverpflichtungen nicht aufbringen, mit der Folge, dass sie ihre Schecks nicht einlösen können. www.servicekonten.esb-bottrop.de Energiearmut und -sparberatung Aufgrund stark steigender Energiepreise bleiben Energieschulden und -sperren zentrale Themen unserer Beratungsarbeit. Energieversorger klemmen Haushalten mit geringen Einkommen immer häufiger den Strom ab Energiearmut ist auch in Deutschland Realität. Botrops Energiegrundversorger, die Emscher-Lippe-Energie (ELE), hat 2012 nach eigenen Angaben rund 800 Bottroper Haushalten die Stromzufuhr gesperrt. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: Die 55.000 Haushalte in der Stadt erhielten im letzten Jahr etwa 38.000 Mahnungen - zum Teil mehrfach an eine Adresse. Nach unseren eigenen Erfahrungen reichen bei 95 Prozent aller in unserer Geldverwaltung erfassten Haushalte mit Hartz-IV- oder Sozialhilfebezug die vom Gesetzgeber in den Regelsätzen festgelegten Anteile nicht aus, um die Kosten für Haushaltsstrom zu decken. Die ESB hatte von Juli 2009 bis September 2011 eine Energiesparberatung für Haushalte mit geringem Einkommen angeboten, welche wir leider aufgrund der massiven Sozialkürzungen der Bundesregierung einstellen mussten. Die rot-grüne Landesregierung hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, sich für einen Energiesozialtarif für Haushalte mit geringem Einkommen einsetzen zu wollen. Doch die Initiative blieb bislang aus. Nach wachsendem Druck von Sozial-, Schuldner- und Verbraucherberatungsstellen hat das Land NRW im Mai 2012 das Modellprojekt NRW bekämpft Energiearmut aufgelegt. Beginnend zum 1. Oktober 2012 wurde an fünf Standorten unter Verantwortung der Verbraucherzentrale Netzwerke und Beratungsangebote zum Umgang 9

mit Energieschulden unter Beteiligung kommunaler Energieversorger aufgebaut. Weitere drei Standorte sollen 2013 folgen. Dabei handelt es sich um eine aufsuchende Energiesparberatung. Wir hoffen, in die Förderung dieses oder eines ähnlichen Programms aufgenommen zu werden. www.energiearmut.esb-bottrop.de Pakete für wohnungslose Menschen in Haft Das Leben im Gefängnis ist trist, besonders für wohnungslose Menschen, die draußen selten jemanden haben, der an sie denkt. Vor allem Feiertage wie Ostern und Weihnachten oder der eigene Geburtstag, die Menschen normalerweise im Kreise ihrer Familie verbringen, sind hinter Gittern meist unerträgliche Tage. Umso mehr Freude bringt ein Paket denjenigen, welche diese Feiertage hinter Gittern verbringen müssen. Die ESB versendet deshalb seit Jahren Pakete zu diesen besonderen Anlässen an Menschen in Haft. Wir stellen Pakete aus Kaffee, Gebäck, Tabak, Süßigkeiten und Briefmarken zusammen und verschicken sie an betreute Insassen in Haftanstalten in ganz NRW. Die ESB kümmert sich besonders um Menschen, die in Bottrop auf der Straße lebten, bevor sie inhaftiert wurden und um mittellose Gefangene. 30 Inhaftierte waren 2012 dankbar über einen kleinen Gruß von draußen. Die ESB hält zu zahlreichen Inhaftierten regelmäßig schriftlichen Kontakt. Dazu versenden wir Briefmarken, um einen Briefwechsel überhaupt erst zu ermöglichen und aufrechterhalten zu können. So erfahren wir einiges über Langeweile, Einsamkeit und Traurigkeit der Inhaftierten bis hin zur Verzweiflung, aber auch über ihre Aktivitäten im Gefängnis. So ist ein ESB-Klient als Schuster tätig und produziert für den Sommer Flip Flops, die über die Justizvollzugsanstalt bezogen werden können. www.haftpakete.esb-bottrop.de Kolüsch Bottroper Restaurant der Herzen Seit 1993 betreibt die ESB saisonal in den Wintermonaten die Suppenküche Kolüsch. Bis zu hundert wohnungslose und arme Menschen in Bottrop erhalten hier werktäglich in der kalten Jahreszeit ein kostenloses warmes Mittagsessen und soziale Hilfen. Bei Bedarf stehen unsere erfahrenen Fachkräfte mit Rat und Hilfe zur Verfügung und bieten Unterstützung bei Problemen. Am 6. Dezember 2011 starteten wir in die 19. Wintersaison 2011/2012, die bis zum 16. März 2012 andauerte. Kolüsch erhielt wieder zahlreiche Unterstützung in finanzieller und tatkräftiger Hinsicht. Ab Januar 2012 halfen elf SchülerInnen der Marie-Curie-Realschule einmal die Woche bei der Essensausgabe. 10

Die 15- bis 17-Jährigen engagierten sich im NRW-weiten Schulprojekt sozialgenial, das junge Menschen ermutigt, sich ehrenamtlich zu betätigen. Im Februar waren die Kolüsch-Gäste zum wiederholten Male in die Kulturkneipe Passmanns in der Kirchhellener Straße zum Essen eingeladen. In den eiskalten Winterwochen im Februar 2012 hat die ESB einen Spendenaufruf gestartet, dem viele Bottroperinnen und Bottroper nachgekommen sind. Wir haben zahlreiche Kleider- und Lebensmittelspenden erhalten, die wir verteilen konnten. In dieser Saison ging die Geschirrspülmaschine kaputt. Doch auch so etwas kann das eingespielte Kolüsch-Team bestehend aus hauptamtlichen ESB-MitarbeiterInnen und ehemals wohnungslosen freiwilligen HelferInnen nicht mehr so leicht aus der Fassung brigen. Dann werden halt hundert Teller und Tassen täglich per Hand gespült und abgetrocknet. Seit der 19. Saison ist Petra Beßler Chefin vom Dienst in Kolüsch. Sie hat Erich Skoda abgelöst, der diese Aufgabe viele Jahre wahrgenommen hatte. Am 11. Dezember 2012 starteten wir in die 20. Wintersaison der Suppenküche, die bis zum 15. März 2013 dauerte. Wir sind stolz darauf, dass Kolüsch bereits seit 20 Jahren besteht und große Solidarität in Bottrop erfährt. Gleichzeitig sind wir bestürzt, dass Kolüsch in unserer heutigen Gesellschaft notwendiger denn je ist. Die Schere zwischen Arm und Reich vergrößert sich zunehmend. Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Wohnungslosen wieder, wovon insbesondere Kinder, junge Erwachsene und Alleinstehende betroffen sind. Kolüsch ist seit 20 Jahren weit mehr als eine Suppenküche. Wir bieten eine restaurantähnliche Atmosphäre, Geselligkeit und natürlich ein offenes Ohr. An diesem bewährten Konzept halten wir auch zukünftig fest, obwohl die Stadt Bottrop uns ab der Wintersaison 2013/2014 den Zuschuss von 8.000 auf 4.000 Euro pro Saison halbiert. Daher sind wir mehr denn je auf die Solidarität der BottroperInnen angewiesen. www.koluesch.de 11

Ferienfreizeit nach Edam Seit 1990 organisiert die ESB jedes Jahr im Spätsommer eine sozialpädagogisch betreute Ferienfreizeit für (ehemals) Wohnungslose auf einem ehemaligen Bauernhof in dem niederländischen Ort Edam. Zwei Wochen lang erleben 14 ehemals und aktuell Wohnungslose einen Alltag fern ab von den Problemen, die sonst ihren Alltag prägen. Die Mitreisenden sparen das ganze Jahr für diese Freizeit. Der Westfälische Herbergsverband unterstützt die Fahrt finanziell. Die diesjährige Ferienfreizeit vom 3. bis 17. September 2012 fand unter einem besonderen Zeichen statt. Denn es sollte aufgrund von Wolfgang Kuttas Abschied die letzte Ferienfreizeit sein. Entsprechend melancholisch war die Stimmung. Aus diesem Grund gab es neben dem wie immer abwechslungsreichen Gemeinschaftsprogramm ein Abschiedsfest mit buntem Kulturprogramm. Hierzu waren weitere (ehemalige) Wohnungslose aus Bottrop und all diejenigen eingeladen, welche die ESB-Ferienfreizeit seit ihrem Bestehen tatkräftig unterstützt haben. Zunächst entführte uns die niederländische Straßentheatergruppe Sam Shine in eine Traumwelt und verzauberte uns für einen Moment mit Wunder, Ästhetik und Humor. Mit ihrem Stelzenakt Die Wunschfee führte uns eine Fee in einem atemberaubenden Kostüm ein speziell choreographiertes Theater- und Musikstück vor. Dabei integrierte sie die ZuschauerInnen, indem sie deren Wünsche entgegennahm. Anschließend animierte der professionelle Gitarrist Jan To aus dem Nachbarort Volendam Zuhörerlnnen zum Mitsingen und Mitmachen. Er bildete bei seinen Auftritten im Laufe des Abends eine Band aus Anfängerlnnen und Fortgeschrittenen, die bekannten Rock n Roll singen und spielen. Für das leibliche Wohl war im Rahmen eines Barbecues gesorgt. www.ferienfreizeit.esb-bottrop.de Gemüse- und Nachbarschaftsgarten Die ESB bewirtschaftet seit dem Frühjahr 2010 einen zu ihren Wohngemeinschaften gehörenden Garten. Die vormals brachliegende Fläche wird von Menschen mit geringem Einkommen der Siedlung im Stadtteil Bottrop-Eigen unter Anleitung von erfahrenen Kräften bepflanzt und genutzt. Der Garten ist zugleich ein Treffpunkt, um die neuen BewohnerInnen in die 12

Zechensiedlung zu integrieren und die Nachbarschaft miteinander in Kontakt zu bringen. So wie Ihr das macht, wird das nichts, unkte ein deutsch-türkischer Nachbar, als im Frühjahr wieder die Vorbereitungen für die Gartensaison anliefen: Bäume und Sträucher wurden gestutzt, Unkraut gejätet, der Boden umgegraben, Saat ausgesät und Setzlinge gepflanzt. Viele helfende Hände wurden aktiv. Einige Gemüsesorten und Blumen waren bereits im Winter auf den Fensterbänken vorgezogen worden. Als die Saat aufging, staunte der Nachbar nicht schlecht. Die Ernteerfolge waren so groß, dass nicht nur die fleißigen GartenhelferInnen sich selbst versorgen konnten, sondern auch die NachbarInnen. Und natürlich erhielt auch der skeptische Nachbar seinen Teil. Aber auch die Teilnehmer unserer Ferienfreizeit profitierten von der reichhaltigen Ernte aus dem Garten. Frisch geerntetes Gemüse fand seinen Weg nach Holland und war Bestandteil der einen oder anderen selbst zubereiteten Mahlzeit vor Ort. Zwei geerntete Kürbisse wurden in Edam präsentiert. Der Apfelbaum, den die holländischen Campingplatzbetreiber uns 2010 zum Start des Gartenprojekts schenkten, trug 2012 zum ersten Mal zwei Äpfel. Nach getaner Gartenarbeit wurde das eine und das andere Mal der Grill angeworfen. GartenhelferInnen, BewohnerInnen der ESB-Wohngruppen und NachbarInnen saßen einträchtig zusammen und genossen das Siedlungsleben. www.gartenprojekt.esb-bottrop.de 13

Netzwerk- und Gremienarbeit Netzwerkarbeit Auf Mitinitiative der ESB wurde Anfang 2008 das Bottroper Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung gegründet. Das Netzwerk aus anderen sozialen Einrichtungen und Gewerkschaften versteht sich als Lobby für Menschen, die von Armut betroffen oder bedroht sind. Ziel ist es, auf lokaler Ebene sozialpolitische Verbesserung für die Betroffenen zu erreichen. Das Netzwerk konnte sich seitdem als dauerhafter Arbeitskreis mit einer breiten Beteiligung etablieren. 2012 haben sich fünfmal die TeilnehmerInnen aus den verschiedenen Bottroper Einrichtungen und Organisationen getroffen, um sich über soziale Probleme und deren Lösung in unserer Stadt auszutauschen. Themenschwerpunkt waren die Probleme mit dem Jobcenter Arbeit für Bottrop, die Umsetzung des Bildungs-und Teilhabepakets vor Ort, die städtischen Sozialkürzungen im Rahmen des sogenannten Stärkungspaktes, Wohnraumsicherung sowie die Fortschreibung des Bottroper Sozialberichts. Es wurde von vielen Problemen mit und durch das Jobcenter sowohl aus der Sicht der LeistungsbezieherInnen als auch der SozialarbeiterInnen selber berichtet. Sowohl der Zugang zum SGB-II-Hilfesystem, insbesondere zur Leistungsabteilung, als auch die Leistungsgewährung selbst stieß auf große und vielfältige Kritik. Das Netzwerk hat daher eine Arbeitsgruppe gebildet, um in einen regelmäßigen Austausch mit VertreterInnen des Jobcenters zu treten. ESB-Mitarbeiterin Claudia Kretschmer ist dabei. Dieser Vorschlag wurde vom Jobcenter positiv aufgenommen. Am 9. Februar 2012 fand das erste Treffen statt. Neben den drei VertreterInnen des Netzwerkes nahmen der Bereichsleiter der Leistungsabteilung sowie drei TeamleiterInnen teil. In diesem Rahmen haben wir unter anderem die unzureichende Erreichbarkeit der MitarbeiterInnen sowie die Notfallsprechstunde thematisiert. Ein breit diskutiertes Thema war das von der Bundesregierung 2011 eingeführte Bildungsund Teilhabepaket. Einerseits sind die Leistungen in der Öffentlichkeit kaum bekannt, was sich in niedrigen Antragszahlen niederschlägt. Wir erwarten, dass Sozialamt und Jobcenter LeistungsbezieherInnen stärker informieren. Andererseits sind die Leistungen derart bürokratisch, dass sich die TeilnehmerInnen des Netzwerks erst selbst mit der komplizierten Materie vertraut machen mussten. Am 25. September 2012 hat der Rat der Stadt Bottrop das Kürzungspaket zur Konsolidierung des städtischen Haushalts beschlossen. Das Netzwerk hat dazu in einem offenen Brief Stellung bezogen und seine Sorge über die zahlreichen Streichungen im sozialen Bereich zum Ausdruck gebracht. Diese Stellungnahme erschien als Artikel Armut eine Stimme geben in der WAZ Bottrop. Weitere Themen im Netzwerk waren häusliche Gewalt, Wohnraumsicherung, das Bottroper Jugendamt und die Fortschreibung des Bottroper Sozialberichts. Am 7. Juli 2012 hat die neue Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bottrop von ihren Aufgaben und ihrer Arbeit berichtet. 14

Gremienarbeit Die ESB gehört dem Netzwerk der Arbeitsgemeinschaft Arbeit für Bottrop (AfB) an und nutzt dieses Forum, um Verbesserungen für Arbeitslosengeld-II-BezieherInnen zu erreichen und kritische Fragen nach der Verwaltungspraxis des Jobcenters zu stellen. Diplom-Sozialarbeiter Wolfgang Kutta ist seit 2005 für die kleinen Fraktionen (DKP, ÖDP, Bündnis 90/Die Grünen) des Rats der Stadt Bottrop im Jobcenter-Beirat tätig. Darüber hinaus gehört er dem sechsköpfigen Ausschuss für sozial erfahrene Bürger im Sozialamt der Stadt Bottrop an, in dem Widersprüche gegen die Verwaltung beraten werden. Nach seinem Übergang in die Ruhephase der Altersteilzeit nimmt er diese Funktion weiterhin war. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Die ESB war 2012 mit ihrer Wohnungslosenarbeit in zahlreichen lokalen und überregionalen Medien präsent. Einerseits werden unsere regelmäßigen Pressemitteilungen von der Lokalpresse gern aufgegriffen, andererseits erhalten wir aufgrund unserer Expertise zu sozial- und wohnungspolitischen Themen zahlreiche Presseanfragen. Mehrere Radiound Fernsehbeiträge sind in Regionalsendern ausgestrahlt worden. www.pressespiegel.esb-bottrop.de de und koluesch.de sind gut frequentiert. Wir aktualisieren und erweitern unser Online- Angebot fortlaufend. Aufgrund zahlreicher Nachfragen hatten wir im September 2010 Spendendosen für die Suppenküche Kolüsch anfertigen lassen. Diese haben wir auch 2012 an engagierte UnterstützerInnen versandt, um diese auf Infotischen bei Gemeinde- oder Straßenfesten, auf Ladentheken, Lokaltresen oder ähnlichem aufzustellen. Als Give-Away haben wir 2012 ESB-Aufkleber erstellt und drucken lassen. Zudem haben wir die gut nachgefragten Lesezeichen mit unterschiedlichen Motiven neu aufgelegt. Ausblick auf 2013 Noch sitzt das ESB-Team im Provisorium. Die Mitte Oktober 2012 begonnen Umbauarbeiten in den Räumen der ESB sind immer noch abgeschlossen. Zwar sind wir wieder in unseren Büroräumen im Erdgeschoss, dass es bleibt noch viel zu tun. Themenschwerpunkt werden 2013 die Energiearmut und Energiesparberatung, die Übernahme der Wohnkosten für GrundsicherungsbezieherInnen und die Auswirkungen des städtischen Kürzungspakets sein. Der ESB-Newsletter erschien 2012 vier Mal. Themen waren die Suppenküche Kolüsch, die sozialpädagogische Ferienfreizeit nach Edam sowie die Personalwechsel im ESB-Team. Unsere beiden Internetauftritte esb-bottrop. 15

Team 2012 Wolfgang Kutta (Diplom-Sozialarbeiter), bis Oktober 2012 Claudia Kretschmer (Diplom-Sozialarbeiterin) Christian Kempelmann (Diplom-Sozialwissenschaftler), seit November 2012 Sylvia Schmidtke (Sekretariat), bis August 2012 Carina Dill (Sekretariat), ab September 2012 Nina Perret (Honorarkraft), bis September 2012 Fabian Luthe (Honorarkraft), seit Oktober 2012 Christian Schröder (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Fundraising) Carina Dill (Bundesfreiwilligendienst/Mini-Job), bis August 2012 Stefan Fischmann (Bundesfreiwilligendienst), bis Oktober 2012 Tobias Schmittenbecher (Praktikum/Bundesfreiwilligendienst), seit Mai 2012 MitarbeiterInnen im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit: Igor Baier Holger Kowallik Petra Beßler, seit Dezember 2012 und das ehrenamtliche Team von Kolüsch 16

Impressum Jahresbericht 2012 Herausgeber: Evangelische Sozialberatung Bottrop Hilfe für Menschen in Wohnungsnot Kirchhellener Straße 62a D-46236 Bottrop Telefon: 02041-28038 Fax: 02041-180494 E-Mail: sekretariat@esb-bottrop.de www.esb-bottrop.de www.koluesch.de Beratungsstelle nach 67-69 SGB XII Die ESB ist eine Einrichtung der Evangelischen Kirche in Bottrop Redaktion: Christian Schröder, Claudia Kretschmer Gestaltung: Christian Schröder Fotos: Petra Beßler (S. 12 rechts), Tim Feldeisen (S. 6 links, 13), Guido Frebel (S. 2 oben, 4 links, 7, 10, 11), Karin van Hintenveld (S. 12 links), Claudia Kretschmer (2 unten, 4 rechts), Photocase (S. 5, 6 rechts, 9, 15), (CC) flickr.com (Daquella Manera/flickr.com, S. 3) Mai 2013 Spendenkonto: Sparkasse Bottrop (BLZ 424 512 20) Konto 2089 17