Passivhaus-Komponenten Strategien für den breitenwirksamen Einsatz bei der Gebäudemodernisierung

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Passivhaus-Komponenten Strategien für den breitenwirksamen Einsatz bei der Gebäudemodernisierung Dr. Burkhard Schulze Darup, Architekt, Augraben 96, D-90475 Nürnberg Tel. (0049) 911 / 83252-62, schulze-darup@schulze-darup.de Die Tagungsreader der letzten Passivhaustagungen dokumentieren die exponentielle Entwicklung des Einsatzes von Passivhauskomponenten bei der Gebäudesanierung. Die Anzahl der Beiträge und der darin beschriebenen Projekte haben sich von Jahr zu Jahr intensiv weiter entwickelt. Die Thematik hat in kurzer Zeit auf alle relevanten Fachkonferenzen ausgestrahlt und fehlt heute bei keiner fundierten diesbezüglichen Veranstaltung. In Fachkreisen ist unbestritten, dass die zukunftsfähige Umsetzung energieeffizienter Gebäudesanierung eine win-win-situation aus ökologischökonomischer Sicht darstellt. Der Ansatz von jährlich 1,4 Mrd. Euro Fördermitteln für diesen Sektor in den Koalitionsvereinbarungen trägt dieser Entwicklung Rechnung. Dem breitenwirksamen Einsatz steht aus technischer Sicht nichts entgegen, von entscheidender Bedeutung sind vor allem Umsetzungsstrategien. Abb. 1 WBG (2003): Jean-Paul- Platz, Nürnberg, Heizwärmebedarf von 204 auf 26 kwh/(m²a) Abb. 2 WBG (2004): Ingolstädter Straße, Nürnberg, von 180 auf 24 kwh/(m²a) Abb. 3 Beschäftigungsgesellschaft ELAN (2005), Fürth, von 420 auf 40-15 kwh/(m²a) 1 Faktor 10 mit Passivhaus-Komponenten Bei der Gebäudesanierung können grundsätzlich die gleichen Komponenten eingesetzt werden, wie sie sich beim Passivhaus-Neubau seit Jahren bewährt haben. Dadurch reduziert sich der Energiebedarf in etwa um den Faktor 10 um 90 Prozent auf ein Zehntel des Ausgangsbedarfs. Es gilt allerdings die Komponenten an die individuellen Anforderungen eines jeden Sanierungsobjektes anzupassen. Es gibt ein hohes Potenzial an innovativen Systemlösungen, die zunehmend auf die Belange der Modernisierung zugeschnitten sind. In Tabelle 1 werden charakteristische Standards für den Einsatz von Passivhauskomponenten bei der Gebäudesanierung angegeben und mit Kostenwerten aus abgewickelten Projekten hinterlegt. Die Wirtschaftlichkeit der Einzelmaßnahmen

zeigt sich vor allem bei den Dämmmaßnahmen: die Kosten pro eingesparter Kilowattstunde liegen im Bereich von ein bis vier Cent, also deutlich geringer als für die Bereitstellung von Wärme (5 7 Cent/kWh). Tabelle 1 Passivhaus-Komponenten bei der Sanierung Bauteil Standard EnEV Passivhaus-Kompon. Mehrinvest. Wirtschaftlichkeit (Zielvariante) Zielvariante Dämmung Kosten pro Dämmung Kosten pro pro m² pro m² / eingesp. WLG 040 m² Konstr WLG 035 m² Konstr. Konstr WF 4) KWh 6) Wand 10 cm 57 20 cm 70 13 10 0,01-0,04 Dach 16 cm 27 25-30 cm 36 9 5 0,01-0,03 Kellerdecke 8 cm 25 20 cm 37 12 6 0,02-0,04 Fenster U w =1,5 260 U w =0,8 370 110 28 W/(m²K) W/(m²K) 0,06-0,10 Lüftung Abluft 1) 20 4) WRG 2) 55 4) 0,05-0,12 35 Wärmebrücken 10 Luftdichtheit 6 Gebäudetechnik 1,3-2,0 3) 1,1-1,2 3) 5) 0,01-0,04 Regener. Energ. Ausnahme hoher Anteil 0,07-0,20 CO 2 -Reduktion 30-50% 85-95% Mehrinvestition 100 1) Ventilatorgestützte Abluftanlage (Mindeststandard aus hygienischen Gründen) 2) Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG), Wärmebereitstellungsgrad? WBG,t,eff?80 % 3) Anlagenaufwandszahl der Heizanlage (ohne regenerativen Bonus) 4) Kosten pro m² Wohnfläche 5) Bei der Gebäudetechnik ist auf Grund der niedrigen Leistungsanforderung Einsparpotenzial gegeben 6) Wirtschaftlichkeit: Kosten pro eingesparter kwh der Zielvariante gegenüber EnEV-Standard 2 Mehrinvestition und Wirtschaftlichkeit Die Mehrinvestition für Passivhauskomponenten gegenüber dem EnEV-Standard (s. Tabelle 1) können für die relevanten Konstruktionen beziffert werden auf Grundlage der Auswertung zahlreicher Projekte. [DBU 2003 / WBG 2005 / WBG 2006]. Sie betragen bei optimierter Planung 90 bis 150 pro m² Wohnfläche (Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.). Allerdings gibt es auch Beispiele, wo auf Grund ungünstiger Ausgangsfaktoren, aufwändiger Standards und der Angebotssituation für die Ausführung deutlich höhere Kosten angefallen sind. Darüber hinaus gibt es den Effekt der Angstpreise. Dagegen hilft nur die Qualifizierung der Bauwirtschaft am besten durch learning by doing um auf diesem Weg flächendeckend kostenoptimierte Lösungen anbieten zu können. Die umfassende Darstellung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist eine entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche Entscheidungsfindung bei energieeffizienten Sanierungsvorhaben. Um die komplexen Sachverhalte für die Investoren transparenter zu gestalten, wurde im Rahmen des Forschungsvorhabens

EnergieRegion Faktor 10 durch die Fa. Ingsoft eine Software zur zielgerichteten Unterstützung von Entscheidungsträgern entwickelt [etz 2006 / ingsoft 2006]. Das Programm ermöglicht eine detaillierte Eingabe bezüglich der Kosten und zur energetischen Berechnung des Gebäudes. In einer Light-Version wird die Kubatur des Gebäudes durch den Anwender grob umrissen, auf deren Grundlage dann eine vereinfachte energetische Berechnung durchgeführt wird. Die Betrachtung kann für bis zu 3 Varianten gleichzeitig erfolgen, um so die direkten Auswirkungen von unterschiedlichen Sanierungsstandards auf die finanzielle Entwicklung des Objektes erkennen zu können. Bei der Berechnung werden finanztechnische, steuerliche und mietrechtliche Rahmenbedingungen einbezogen. Zudem sind aktuelle Förderprogramme hinterlegt, für die eine automatische Aktualisierung über das Internet durchgeführt wird. EnEV 140% EnEV Neubau Standard KfW 60 Standard KfW 40 150 300 450 600 Sonstige Kosten Heizung Wand Fenster Dach Lüftung Kellerdecke Abb. 4 Kostenvergleich von vier Sanierungsvarianten [Ingsoft 2006] 3 Geeignete Förderungen In den vergangenen Jahren wurde energetische Gebäudesanierung vor allem durch das KfW-CO 2 -Gebäudesanierungsprogramm gefördert. Durch die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung ergibt sich eine ungeheure Chance für eine sinnvolle Ausrichtung der Sanierungstätigkeit: Förderregularien, die z. B. auf EnEV- Basis die Fördersumme proportional zur Energieeinsparung ausrichten, führen zu sinnvoll konfigurierten Sanierungskonzepten. Dabei könnte die bisherige Breitenförderung mit gezielter Unterstützung innovativer Techniken sinnvoll kombiniert werden. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass Top-Runner- Entwicklungen auch in der Baubranche erfolgreich dazu führen, die Qualität in der Breite zu heben. Sinnvolle Fördersummen lassen sich durch die Betrachtung der dargestellten Mehrinvestitionen in Verbindung mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung ableiten. Geht

man davon aus, dass die Mehrinvestitionen zwischen EnEV-Standard und einem Gebäude mit einem Jahresprimäreneriebedarf 50 % unter EnEV-Standard bei optimalen Planungen 100 pro m² Wohnfläche und im Mittel 140 /m² betragen (vgl. Werte in Tabelle 2, Spalte 3), so liegen sinnvolle Zuschussbeträge bei knapp der Hälfte dieser Mehraufwendungen. In der Tabelle ist ein Szenario dargestellt, wie dieser Effekt auf Grundlage des bisherigen Instrumentariums des KfW-CO 2 - Gebäudesanierungsprogramms und darin betriebenen Modellvorhaben fortgeschrieben werden könnte. Tabelle 2 Förderszenario als Fortschreibung des KfW-CO 2 -Gebäudesanierungsprogramms: degressive Förderung proportional zur Energieeinsparung Einsatz von Passivhaus- Komponenten Mehrinvestition i. Mittel pro m² Wohnfläche Darlehenssumme durch KfW pro m² Wohnfläche (1) Teilschulderlass (2) Planungsbonus als Zuschuss pro Projekt (3) San-Standard /m² /m² 2007 2008 2009 2010 EnEV-Neubau Referenz 250 30% 25% 20% 15% EnEV 20 % 50 300 30% 25% 20% 15% EnEV 30 % (X) 70 350 30% 25% 20% 15% 1000 EnEV 40 % (X) 100 400 30% 25% 20% 15% 2000 EnEV 50 % X 140 450 30% 25% 20% 15% 3000 EnEV 60 % X 180 500 30% 25% 20% 15% 4000 (1) Darlehenssumme analog zum bisherigen CO 2-Gebäudesanierugnsprogramm / NEH-im Bestand (2) Degressives Element zur Motivationssteigerung, möglichst kurzfristig zu investieren (3) Zuschuss für Planungsmehraufwand bei hoher Energieeffizienz pro Projekt Zusätzlich zur bisherigen Darlehensgewährung mit Teilschulderlass ist eine Zuschussförderung für viele Bereiche eine unabdingbare Fördergrundlage. Die Zuschusshöhe kann dabei deutlich unter den barwerten Förderbeträgen des Darlehenprogramms liegen. Zuschüsse sind für Privatbauherren und Wohnungswirtschaft gleichermaßen wirtschaftlich hoch interessant. Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt derzeit noch in den erhöhten Planungsaufwendungen für hoch energieeffiziente Gebäude: eine Zusatzförderung für die Planung, ggf. auch als Vorabförderung hilft effizient die Motoren der Energieeffizienzbewegung zu motivieren: die Planer. Es gibt weitere sinnvolle Förderansätze wie das Konzept der Initiative Jetzt, das durch das Passivhaus Institut Darmstadt erstellt wurde. Es bietet eine äußerst sinnvolle und einfache Form des Steuerabzugs proportional zur eingesparten Energiemenge.

4 Netzwerke und Öffentlichkeitsarbeit Förderprogramme können sich nur dann angemessen entfalten, wenn durch eine sinnvolle Struktur wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden kann. In den letzten Jahren hat die Deutsche Energieagentur in Verbindung mit der KfW eine zentrale Rolle bei diesen Aufgaben eingenommen und in Zusammenarbeit mit regionalen Partnern ein weit verzweigtes Beratungs- und Qualitätssicherungsnetz aufgebaut. Angesichts der gewaltigen Aufgaben, die vor uns liegen, erscheint es angebracht, dieses Netz zielstrebig zu ergänzen. Wichtig ist dabei eine leistungsfähige zentrale Struktur, unterstützt von bundesweit agierenden Instituten und Institutionen. Die regionalen Partner stellen jedoch die eigentliche Arbeitsebene dar und benötigen dafür hohe eigene Gestaltungsfreiheit. Eine gute Multiplikatorwirkung wird vor allem durch breit gefächerte Netzwerke erzielt, z. B. durch intensive Zusammenarbeit von Energieagenturen, regionalen Instituten und Akteuren aus der Bauwirtschaft sowie vor allem engagierten Planungsbüros. In den Regionen mit gut funktionierenden Netzwerken (z. B. ProKlima / Hannover; E2A / Metropolregion Rhein-Neckar; ARGE der Energieagenturen / Bayern) konnte ein deutlich überdurchschnittliches Ergebnis bei der Akquise von Projekten im Rahmen des dena-modellvorhabens NEH-im-Bestand erzielt werden. (s. Abb. 5) 1400 1200 1000 800 EnergieRegionFaktor 10 Bayern NEHB-Projekte 600 400 200 0 m² Wohnfläche 1 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Projekt 100 Abb. 5 dena-projekt NEH-im-Bestand (Phase 2): Verteilungsschlüssel der 110 Projekte 5 Forschung und Qualifizierung Trotz zahlreicher erfolgreicher Modellprojekte besteht ein hoher Forschungs- und Entwicklungsbedarf für die Durchsetzung hoher Energieeffizienz in der Breite. Mittelund langfristig angelegte Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen führen regelmäßig zu dem Ergebnis, dass Passivhauskomponenten eine ökonomisch zukunftsfähigere Lösung

darstellen als bisher übliche Standards. An diesem Punkt müssen Forschungsansätze intensiviert werden mit dem Ziel, hocheffiziente Technik möglichst zeitnah und breitenwirksam einsetzen zu können. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Qualifizierung der Akteure: das gilt für Planer gleichermaßen wie für Handwerk, Industrie und vor allem die kaufmännische Entscheidungsebene inklusive der Finanzierungsinstitute. Das Forschungsvorhaben EnergieRegion Faktor 10 in der Metropolregion Nürnberg [etz 2006] hat sich dieses Aufgabenspektrum zum Inhalt gemacht und verbindet gemeinsame Qualifizierung und Öffentlichkeitsarbeit sowie Projektentwicklung mit der Weiterentwicklung von Komponenten durch beteiligte Industriepartner. Die Ergebnisse sollen anhand von Projekten umgesetzt werden und dafür sorgen, dass die erforderlichen Mehrinvestitionen für die Passivhauskomponenten in einem kostengünstigen Rahmen liegen, der bundesweit reproduzierbar ist. 6 Projektentwicklung und Modellprojekte Passivhaus- Aufstockung 14 kwh/(m²a) Sanierung mit Passivhaus- Komponenten 25 kwh/(m²a) Abb. 6 WBG-Sanierung 2006: Bernadottestraße 42 48 in Nürnberg (Baujahr 1961) Ausgehend von den ersten Pilotprojekten hat sich eine hohe Dynamik an neu sanierten Gebäuden mit einer jährlichen Steigerungsrate über 100 % eingestellt. In Planerkreisen etabliert sich die Technik zusehends, sodass mit weiteren vergleichbaren Zuwachsraten zu rechnen ist. Das Modellvorhaben NEH-im- Bestand der Deutschen Energieagentur hat mit Fördermitteln der KfW wichtige Impulse für diese Entwicklung gegeben. Nach zwanzig Projekten in der ersten Phase 2004/2005 sollen in der jetzt anstehenden zweiten Welle weitere 110 Sanierungsvorhaben umgesetzt werden. Wenn diese Impulse durch eine angepasste

Fördersituation verstetigt werden, ergibt sich daraus in den nächsten Jahren ein nachhaltiger Innovationsschub. Für eine große Zahl von potenziellen Bauherren kann durch eine zusätzliche Zuschussförderung eine hohe persönliche Motivation initiiert werden. In der Wohnungswirtschaft wird nicht mehr nur in der Dimension von Einzelleuchttürmen gedacht, sondern städtebauliche Projektentwicklung mit hoher Energieeffizienz auf die Tagesordnung gesetzt. Sowohl die LUWOGE Ludwigshafen und die GAG Mannheim denken in diesen Kategorien als auch die WBG in Nürnberg. Dort wurde Ende 2005 ein entsprechender EU-Concerto-Antrag für ein Baugebiet am Nordostbahnhof mit 300 zu sanierenden Wohnungen auf den Weg gebracht. In einem weiteren Wohngebiet mit 1000 Wohneinheiten wird derzeit ein erstes Gebäude mit Passivhauskomponenten saniert und Wohnungen im Passivhaustandard als Aufstockung neu errichtet. Das Rahmenkonzept für die Sanierung des gesamten Gebietes wird demnächst erstellt, wobei die Erfahrungen des Pilotvorhabens einfließen werden. Der Einsatz hochenergieeffizienter Techniken wird angestrebt. Voraussetzung für eine breite Umsetzung sind allerdings angepasste Förderregularien. 7 Schlussfolgerungen Es wird allgemein erkannt, dass der Bereich der Gebäudesanierung eine hervorragende Chance für Arbeitsmarkt-, Umwelt- und Stadtentwicklungspolitik der nächsten zwei Jahrzehnte darstellt. Das Ziel der hohen Verbreitung hocheffizienter Sanierungstechniken lässt unter ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Aspekten Gewinne entstehen:?? die Konjunktur wird gezielt angeregt und regionale Arbeitplätze geschaffen?? der Wohnungswirtschaft wird der Abbau ihres Sanierungsstaus ermöglicht?? die avisierten 50er- und 60er-Jahre Quartiere werden städtebaulich aufgewertet?? der Industrie wird ein breites Anwendungsspektrum für Innovationen eröffnet?? durch die Fördermitteln wird ein hohes Investitionsvolumen stimuliert?? eingesparte Sozialkosten lassen Fördermittel zu 100 % zurückfließen und?? Mehrwertsteuereinnahmen ergänzen den Rückfluss nachhaltig?? hoher Komfort und Behaglichkeit statt Kondenswasser- und Schimmelprobleme?? CO 2 -Reduktion mit sehr günstigem Kosten-Nutzen-Verhältnis?? deutliche Reduktion des Ressourcenverbrauchs fossiler Energieträger als Grundlage für nachhaltige Volkswirtschaft sowie globalen Interessenausgleich, der eine Voraussetzung für ein weltweites friedliches Miteinander darstellt.

8 Quellen [DBU 2004] [etz 2006] [ingsoft 2006] [PHI 2003] Schulze Darup, Burkhard (Hrsg.): Energetische Gebäudesanierung mit Faktor 10. Forschungsbericht DBU-Projekt 19208, Projektpartner: PHI Darmstadt, ZEBAU Hamburg, IEMB Berlin, 4 Industriepartner; Deutsche Bundesstiftung Umwelt Osnabrück 2004 EnergieRegion Faktor 10. Forschungsvorhaben in der EnergieRegion Nürnberg mit Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft; Beteiligte: etz Nürnberg, Architekturbüro Schulze Darup, ebök Tübingen, ARGE Faktor 10 (Aerex-Maico, Knauf, Marmorit, Rehau), Ingsoft Nürnberg 2005-2006 Beratungssoftware zur Energetischen Gebäudesanierung im Rahmen EnergieRegion Faktor 10 [etz 2006], Ingsoft Nürnberg 2005-2006 Feist, Wolfgang; John, Markus; Kah, Oliver: Passivhaustechnik im Gebäudebestand Qualitätssicherung für das Bauvorhaben Jean-Paul- Platz 4 in Nürnberg. Passivhaus Institut Darmstadt 2003 [wbg 2005] Schulze Darup, Burkhard (Hrsg.): Projektbericht Jean-Paul-Platz 4 in Nürnberg. Zusammenstellung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung durch das Passivhaus Institut Darmstadt, FIW München, AnBUS Fürth und Architekturbüro Schulze Darup, Nürnberg 2005 [wbg 2006] Schulze Darup, Burkhard (Hrsg.): Projektbericht Ingolstädter Straße 139/141 in Nürnberg. Zusammenstellung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung im Auftrag der WBG Nürnberg, Nürnberg 2005