Matthäus 6, ausgelegt Matthäus 6,24-34: Sorgt euch nicht! 1

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Transkript:

Matthäus 6, 24-33 Für diese Woche gibt es als Hintergrundinformation eine Bibelarbeit von Prof. Ludwig Volz, die viele Hintergrundinformationen und Bedeutungen erschließt und somit eine gute Grundlage für den Austausch und die Diskussion bietet....ausgelegt Matthäus 6,24-34: Sorgt euch nicht! 1 1. Sorgen Unser Text ist aus der Bergpredigt genommen, die von Matthäus 5,1 bis 7,29 reicht. Unsere Einheitsübersetzung nennt sie 'Die Rede von der wahren Gerechtigkeit', was wohl auch auf den Vers 6,33 zurückzuführen ist, in dem von dieser Gerechtigkeit die Rede ist. Der Vers gehört zu unserem Sonntagsevangelium. Die Worte "sorgen" und "Sorge" durchziehen den ganzen Text des heutigen Sonntagsevangeliums. In Vers 25 heißt es: "Sorgt euch nicht..."; in Vers 27: "mit all seiner Sorge"; Vers 28: "Und war sorgt ihr euch..."; Vers 31: "Macht euch also keine Sorgen..." Schließlich Vers 34: "Sorgt euch also nicht..." und am Ende des Satzes: "wird für sich selbst sorgen". 2. Sorgen sind nicht gleich Sorgen Wir machen uns Sorgen um vielerlei, um weniger wichtige Dinge und um wichtige Dinge. Jesus meint, dass wir das unterscheiden sollten. Jesus verlangt, dass wir das Unwichtige oder weniger Wichtige vom wirklich Wichtigen trennen. Das fällt vielen sehr schwer. Was ist nun weniger wichtig und was ist wichtig? Im Sinne Jesu kann ich das nur unterscheiden, wenn ich an einen Gott glaube und ein Leben unter den Augen Gottes führen will. Jesus will uns lehren, dass der Mensch mit Leib und Leben bei Gott aufgehoben ist. Und das ist eben das Einzig-Wichtige. Glaube und lebe ich das, dann ergibt sich von daher eine Gelassenheit den äußeren und inneren Abläufen gegenüber, die mich vor schlimmer, zermürbender Sorge, die mein Leben ruinieren kann, bewahrt. Und darum geht es Jesus. Jesus will uns vor einer Sorge bewahren, "die in der Tiefe des Wesens wühlt, die keine ruhige Stelle, keine windstille Mitte des Wirbelsturms kennt. Einer, der begriffen hat, was das wirklich Wichtige ist, verfällt jener Sorge nicht", wie mein Lehrer H. Kahlefeld uns aufzeigte. 3. Das weniger Wichtige Jesus macht in Vers 25 klar, was das weniger Wichtige ist: "Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euern Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung?" 4. Eine Frohe Botschaft In Mt 11,5 bezeichnet Jesus seine Arbeit den fragenden Jüngern des Täufers gegenüber mit den Worten: "Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder..., und den Armen wird das Evangelium verkündet." Das Evangelium (Euaggelion) ist eine Botschaft, die froh machen soll, Frohbotshaft. Auch unsere Stelle mit den Aufrufen, sich nicht zu sorgen, soll eine froh machende Botschaft sein. Jesus will, dass das Leben der Armen freier wird von Angst, Kummer und Schmerz. Das Sorgen hat zwei Momente. Es spricht von der Angst des Herzens ums Dasein und von dem Sich-Mühen. Beides gehört zusammen. 'Sich Sorgen machen' ist ein Handeln aus Angst. Aber wer sich sorgt, kümmert sich auch um eine Sache. Er handelt, aber mit Kummer, Angst und Schmerz (vgl. U. Luz). Dass zunächst die Armen gemeint sind, zeigen die Beispiele. Wenn es in Vers 31 zusammenfassend heißt "Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen?" dann sind das ja die Sorgen der armen Leute. 1 Quelle: http://cms.bistum- speyer.de/www2/index.php?myelement=210767&mysid=0b956bb5eb6507d66fcd6b30483c3789 1

5. Das Wichtige Wenn Jesus nun positiv sagt, was seine Zuhörer statt dessen tun sollen, dann verwendet er nicht das Wort "sorgen". Er sagt nicht: "Sorgt euch um das Reich Gottes!" Er nimmt das Wort 'zeteo', welches zunächst 'suchen' heißt und sagt: "Sucht zuerst das Reich Gottes..." Damit der Zuhörer aber nicht meint, er solle nur auf das Reich Gottes warten, fügt Jesus die Worte "und seine Gerechtigkeit" hinzu. "Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit", oder - wie es die Einheitsübersetzung übersetzt - : "Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen". Durch den Zusatz "und seine Gerechtigkeit" geht es wiederum um ein Handeln, nämlich um ein Handeln, wie es dem Reich Gottes entspricht. Davon spricht die ganze Bergpredigt, als 'Rede von der wahren Gerechtigkeit'. Um wieder zu wissen, was diese Gerechtigkeit von uns will, rentiert es sich, die Bergpredigt von Mt 5,1 an neu zu lesen, alle die Stücke mit den Überschriften: Die Seligpreisungen. Vom Salz der Erde und Licht der Welt. Vom Gesetz und von den Propheten. Vom Töten und von der Versöhnung. Vom Ehebruch. Von der Ehescheidung. Vom Schwören. Von der Vergeltung. Von der Liebe zu den Feinden. Vom Almosen. Vom Beten - Das Vaterunser. Vom Fasten. Von der falschen und der rechten Sorge. Vom Richten. Von der Entweihung des Heiligen. Vom Vertrauen beim Beten. Die Goldene Regel. Von den zwei Wegen. Von den falschen Propheten. Vom Haus auf dem Felsen. Vielleicht geht es uns dann, wie den damaligen Zuhörern. Denn es heißt in 7,28f: "Als Jesus diese Rede beendet hatte, war die Menge sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie, wie einer der (göttliche) Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten." 6. Warum machen wir uns Sorgen? Wir werden zum Beispiel durch unseren Körper angestachelt, uns um Essen und Trinken und um Kleidung zu kümmern. Wir bekommen Hunger und Durst und frieren oder müssen uns vor Hitze schützen. Vielleicht haben wir auch Lust oder Gelüste etwas Gutes zu essen oder zu trinken und schön oder situationsgerecht gekleidet zu sein. Oft ist es die Ratlosigkeit des Menschen gegenüber den Gefährdungen des irdischen Daseins durch Natur- und Geschichtsprozesse, die in hilflose Angst und Verzweiflung führen kann und dann schlimme Sorgen hervorruft. Die Sorgen kommen also durch unser Dasein und Sosein. Wir sollen uns ihnen aber nicht einfach überlassen, weil ja über unserem Dasein und Sosein Gott, der Herr, steht, bei dem wir aufgehoben sind. Deshalb sagt Jesus: "Sorgt euch nicht..." 6.1 Meldet sich auch dieser unser Herr in unserem Leben? Ich meine, Augustinus spricht darüber in seinem wichtigen Buch 'Bekenntnisse'. Gleich zu Beginn seiner 'Bekenntnisse' spricht der hl. Augustinus von der Unruhe des Herzens. Er schreibt: "Herr, du bist groß... wir sollen dich loben aus fröhlichem Herzen; denn du hast uns auf dich hin geschaffen, und unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir". In anderer Übersetzung: "...denn geschaffen hast Du uns zu Dir, und ruhelos ist unser Herz, bis dass es seine Ruhe hat in Dir." 6.2 Wenn Augustinus von der Ruhelosigkeit des Herzens spricht, dann spricht er von einer Erfahrung, die er über Jahrzehnte gemacht hat. Etwa im Alter von 45 Jahren, als Augustinus bereits Bischof von Hippo war, in den Jahren 397 bis 401 n. Chr., schreibt er die Bekenntnisse ( Confessiones ), und darin in den ersten Sätzen von der Unruhe oder Ruhelosigkeit des Herzens. Wenn er gleich zu Beginn seines Buches von dieser Ruhelosigkeit schreibt, muss er sie wohl all die Zeit auf allen Stationen seines Lebens deutlich gespürt haben. 6.3 Diese Ruhelosigkeit stachelt den Menschen immer wieder an. Er will sich nicht abfinden mit dieser Unruhe, er sucht sein Herz zu beruhigen. So wird diese Ruhelosigkeit wohl auch zur Quelle der Sorgen, die der Mensch sich macht. Es geht hier um wesentliche Sorgen und nur der Glaube an Gott kann sie in die richtige Bahnen lenken. Denn der Mensch versucht - und bei Augustinus wird es zunächst nicht anders gewesen sein - Herr zu werden über diese innere Unruhe durch Geld und Besitz, den Mammon, wie es heute täglich beim Gespräch über die Managergehälter 2

gesehen werden kann. Auch mit Gleichgültigkeit und Lethargie oder Betäubung des kritischen Bewusstseins durch jegliche Mittel wie Alkohol, Drogen... versucht der Mensch, Herr über seine Herzensunruhe zu werden, wie viele Jugendliche heute zeigen. 6.4 Aber diese Sorge, die von der Unruhe des Herzens kommt, ist die eigentliche Sorge des Menschen. Sie wurzelt in der Tiefe des Menschen, kann durch keinerlei Besitz gestillt werden. Nur Gott kann sie letztlich stillen, auf was Augustinus deutlich hinweist. Es ist die eigentliche Existenzsorge. Sie reicht über unser irdisches Leben hinaus. Es ist die Sorge um unsere Existenz im Heil. Durch sie werden wir an Vers 33 verwiesen: "Euch muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wir euch alles andere dazugegeben." 7. Zu den einzelnen Versen Nachdem wir Grundsätzliches zu klären versucht haben, was das Thema 'Sorge' betritt, sollen nun noch einige Bemerkungen zu den einzelnen Versen gemacht werden. Der ganze Text ist voller Bilder. Er darf deshalb nicht wörtlich als Handlungsanweisung genommen werden. Wohl aber gibt er sehr deutlich die Richtung unseres Handelns an. Ihr zu folgen, will der Text uns anregen. Vers 6, 24: "Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon." Der Ausdruck "den einen hassen und den andern lieben" gehört zu dieser Bildersprache. Es will ein scharfes Entweder - Oder markieren. Gott dienen und dem "Mammon" dienen sind miteinander unvereinbar. "Der Ausdruck 'Mammon' bezeichnet Geld und Gut, den ganzen Besitz, und er scheint hier wie ein Gegengott, ein Götze, dem der Mensch verfällt, wenn er nicht zum kompromisslosen Gottesdienst (in der Suche nach dem Reich und seiner Gerechtigkeit) entschlossen ist - die deutlichste Absage an irdisches Gewinnstreben" (R. Schnackenburg). Von hier aus wird noch einmal verständlich, warum Jesus diese tiefste Sorge, die aus dieser inneren Unruhe kommt, die nur Gott stillen kann, für Essen und Kleidung ablehnt; sie käme dem Mammondienst nahe. Sie hat nur bei der Gottsuche ihren Platz. Deshalb ist es auch sinnvoll, diesen Vers 24 als Eingang zu den folgenden Versen zu benutzen, wie das Sonntagsevangelium das tut. Und so kann auch Vers 25 mit dem Rückbezug auf Vers 24 durch das "Deswegen sagen ich euch:" beginnen. Vers 25: "Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euern Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung?" a) Dieser Vers 25 und der Vers 33 sind die Verse, die an den Kern der Aussage Jesu heranführen. Die Verse 26 bis 32, die von der Kernaussage in 25 und 33 eingerahmt werden, sind "Zwischenstücke und sind als weisheitliches Gut von schlichter Frömmigkeit zu verstehen, das aus der jüdischen Lehre stammt und von den Lehrern der frühen Gemeinde zur Ergänzung und Illustration der Herrnworte Vers 25 und 33 herangezogen worden sind", wie H. Kahlefeld S. 181 mit Recht vermutet. b) Mit "Leben" wird hier der griechische Ausdruck 'psyche' übersetzt. Er meint hier die physische Existenz, das Leben, das durch Nahrung erhalten werden muss. So können in der Bibel zwar "Leben" und "Leib" unterschieden werden, jeder Begriff kann aber auch für den ganzen Menschen stehen. Der Mensch als Person ist mehr als Nahrung und Kleidung. c) Wer sich auf Gott verlässt, für den erhalten das Essen und die Kleider einen anderen Stellenwert als für den, der nicht an Gott als den Erhalter des Lebens glaubt, und sich dadurch - wie die Heiden (Vers 32) - beim täglichen Kampf ums Dasein allein auf sich gestellt sieht. Denn wenn der Mensch sein Leben, seine leibliche Existenz als von Gott gewollt ansehen kann, dann wird er auch seine täglichen Nöte bei ihm in guten Händen wissen (vgl. Ps 55,23; 127,2; 1 Petr 3

5,7). Ein solches Vertrauen auf die Güte Gottes entspricht der Haltung, die bei der Brotbitte des Vater-unsers erwartet wird: 'Unser tägliches Brot gib uns heute' oder "Gib uns heute das Brot, das wir brauchen" ( vgl. P. Fiedler, S. 180 ). d) Dass solches Vertrauen in großer Not möglich ist, habe ich selbst als Kind von 12 bis 15 Jahren in der Zeit großen Hungers und der Kleidernot nach dem Weltkrieg in der französisch besetzten Zone in den Jahren 1945-48 erlebt, wo ich immer wieder losgeschickt wurde, für die große Familie Kartoffeln zu erbetteln. Und ach - ich hatte meistens Glück. Zum Beispiel bei einer älteren Bäuerin, die ihren Mann im Krieg verloren hatte. Sie gab mir meistens auch noch ein Stück Brot. Bis auf den schrecklichen Tag, da sie sich im Stall neben ihrer Kuh erhängte. Das konnte ich bei dieser Frau nicht verstehen. e) Bei diesen Bettelgängen hatte ich ganz selbstverständlich alte Schuhe von meiner Oma an mit zwei Spangen und halbhohen Absätzen. Es gab keine anderen für die ständig wachsenden Füße. Gott sei Dank hatte ich von meinem so früh verstorbenen Vater noch ein Fahrrad. Verse 26-30: "Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? 27 Wer von euch kann mit alle seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern? 28 Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. 29 Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. 30 Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!" a) Es ist leicht ersichtlich, dass all diese Sätze in 26 bis 32 die Verse 25 und 33 mit wunderbaren Bildern aus der Natur erläutern wollen. Sie werben einerseits um das Vertrauen zu Gott und ermahnen die Gläubigen keine "Kleingläubige" zu werden; indem sie die größte Sorge, die tief aus dem Herzen kommt - siehe oben! - und nur Gott gehören darf, nicht auf Essen und Kleider verschwenden. b) Wir sollten die schönen Verse genießen und sie nicht pressen wollen, wie das im Laufe der Geschichte immer wieder geschah. So, dass zum Beispiel Ausleger meinten, die Verse würden das Arbeiten verbieten, weil es da in 26 heißt: "Sie säen nicht, sie ernten nicht..." und in 28: "sie arbeiten nicht und spinnen nicht". Dagegen argumentierten andere, vor allem protestantische Exegeten, dass man vermehrt arbeiten müsse, weil das doch in Gen 3,17-19 und vor allem bei Paulus in 2 Thess 3,10-12 stehe. c) Das Gras wird "ins Feuer geworfen", weil man es als Brennmaterial zum Kochen u.s.w. brauchte. "Kleingläubige" nennt Jesus diese Leute, die nicht lernen wollen, dass Gott für sie da ist und sorgt. Es ist als Warnung und Mahnung, sich zu besinnen, gemeint. Verse 31 und 32: "Macht euch also keine Sorgen und fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? 32 Denn um all das geht es den Heiden. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht." a) Die Verse sind eine Zusammenfassung. Man erwartet nun einen Aufruf zum Gottvertrauen. Aber Vers 32 bringt eine weitere Begründung. Von solchen Ängsten beherrscht zu werden, ist Ausdruck einer Einstellung, wie sie unter Heiden gelebt wird, die sich einem blinden Schicksal ausgeliefert wissen und deshalb dem Mammon dienen, dadurch suchen sie "all das" zu erlangen. b) Die Gefahr für Jesu Anhängerschaft besteht also, den Glauben ganz zu verlieren. Erst der Schlusssatz schließt einen Appell zum Gottvertrauen ein. Der himmlische Vater weiß um die Nöte derer, die sich an ihn halten. Allerdings heißt das nicht, dass er die Nöte beheben wird - die tägliche Erfahrung widerlegt das immer aufs Neue. Daher bleibt nur das Eine - diesen Nöten und den durch sie ausgelösten Ängsten im Glauben Stand zu halten. Und im Glauben sich um das 4

Nötige zu kümmern (vgl. P. Fiedler, S. 182). c) Es ist interessant, wie der Evangelist mit der Bezeichnung für Gott wechselt. In Vers 24 spricht er von "Gott", in Vers 26 von "euer himmlischer Vater". In Vers 30 ist es wieder "Gott", und in Vers 32 wieder "euer himmlischer Vater". Immer wenn es um das Vertrauen der Gläubigen geht, wird Gott "himmlischer Vater" genannt. Vers 33: "Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wir euch alles andere dazugegeben." Wörtlich übersetzt: "Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit und dies alles wird euch hinzugefügt werden". Nun endlich wird nicht mehr gesagt, was wir nicht tun sollen, sondern was wir tun sollen. Das ist also die Alternative zu dem "Sorgt euch nicht...!" Darüber haben wir oben im grundsätzlichen Teil schon gesprochen. Vers 34: "Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage." a) Dieser Vers kommt sehr überraschend nach der Mahnung, das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu suchen. Nun wird also doch noch von der Verantwortung gesprochen, die ein jeder täglich hat. Jeder muss sich ja darum kümmern, dass er etwas zu essen und zum Anziehen hat. Aber der Mensch soll nicht in der Zukunft leben, sondern in der Gegenwart. Die Last des Heute ist genug, meint das Evangelium. Deshalb auch im Vaterunser die Bitte, "Unser tägliches Brot gib uns heute" oder "Gib uns heute das Brot, das wir brauchen". b) Trotzdem bleibt der Inhalt schwierig. U. Luz meint in seinem Kommentar: "Eine eher optimistische und eine eher pessimistische Deutung des Verses stehen zur Wahl". Optimistisch kann der Vers meinen, im Heute voll zu leben. 'Lebe heute! Die Vergangenheit ist vergangen, die Zukunft gehört dir vielleicht nie!' (Wesley). 'Versuche den schmalen Weg, jeden Tag zu nehmen, als wäre er der letzte, und doch im Glauben... so zu leben, als gäbe es noch eine große Zukunft' (D.Bonhoeffer). c) U. Luz meint aber, die pessimistische Deutung sei wahrscheinlicher: "Alles Planen ist umsonst; der Mensch hat an der Last jeden Tages genug zu tragen. Auffällig ist dieser Vers, weil unmittelbar vorher vom Suchen des Reiches Gottes die Rede war. Das Nebeneinander beider Verse zeigt, wie im Urchristentum keineswegs die Hoffnung auf das Reich Gottes das Leben durchgehend bestimmte, sondern eschatologische Hoffnung und pessimistischer Realismus unmittelbar nebeneinander stehen konnten. Die menschliche Wirklichkeit ist auch hier komplexer als eine theologische Theorie". 8. Literatur: W. Trilling, Das Evangelium nach Matthäus, Patmos-Verlag, Düsseldorf 1962 R. Schnackenburg, Matthäusevangelium, Echter-Verlag, Würzburg 1991 H. Kahlefeld, Orientierung am Evangelium, Josef Knecht-Verlag, Frankfurt a. M. 1976 H. Kahlefeld, Die Gestalt Jesu in den synoptischen Evangelien, Josef Knecht-Verlag, Frankfurt 1981 Ulrich Luz, Das Evangelium nach Matthäus, Reihe EKK, Benziger/Neukirchener-Verlag, Zürich 2002 P. Fiedler, Das Matthäusevangelium, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 2006 5