Exportweltmeister = Transportweltmeister? Die Lufthansa Cargo Gruppe am Luftfrachtstandort

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Transkript:

Karl-Heinz Köpfle Dr. Rüdiger Munzert Exportweltmeister = Transportweltmeister? Die Lufthansa Cargo Gruppe am Luftfrachtstandort Deutschland Karl-Heinz Köpfle Lufthansa Cargo AG Dr. Rüdiger Munzert Lufthansa Cargo AG

Vorwort Vor gut einem dreiviertel Jahr hatten wir im Rahmen des Kolloquium Luftverkehr die Möglichkeit, Lufthansa Cargo als Teil des weltweiten Transportmarktes und als wichtig(st)en Akteur am Luftfrachtstandort Deutschland vorzustellen. Damals, Ende 2009, war die Branche noch in tiefer Krise. Die Finanzkrise, die sich zur Wirtschaftskrise in der Realwirtschaft entwickelt hatte, sorgte für eine zurückgehende Güternachfrage, die Anbieter reagierten mit einer sukzessiven Leerung der Lager ohne Nachbestellungen, und die weltweiten Transporte gingen in einer nie gekannten Geschwindigkeit und Stärke zurück. Zur Drucklegung dieses Artikels, im Spätsommer 2010, hat sich all dies bereits ins Gegenteil verkehrt, und die Luftfrachtnachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Dies ist uns Anlass, ein Update zu geben und unsere Einschätzungen v.a. des letzten Kapitels ( Ausblick 2010 ) kurz zu kommentieren: die These von der zunehmende Volatilität des Luftfrachtmarktes hat sich in 2010 wieder deutlich bewiesen; auch der Aufschwung übersteigt nochmals die bisher gekannten Amplituden der branchentypischen Schwankungen ebenso hat sich die postulierte Frühindikatorfunktion der Luftfrachtmengen für die weltweite Konjunkturentwicklung bestätigt; ab Jahresende 2009 stiegen die Transportmengen wieder, und in 2010 boomte dann die Konjunktur unter den genannten Unsicherheitsfaktoren haben sich einige als bislang unkritisch herausgestellt (z.b. das Auslaufen staatlicher Konjunkturprogramme oder die Ölpreisentwicklung), andere stehen weiter im Raum (Nachtflugverbot) und wieder andere haben sich vergleichsweise unvorhersehbar neu ergeben (Besteuerung des Luftverkehrs durch die deutsche Bundesregierung) die in 2009 getroffenen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen der LH Cargo haben sich in der Tat als effektiv erwiesen; so liegt das Halbjahresergebnis 2010 von LH Cargo mit 144 Mio. EUR deutlich 52

über demjenigen vergleichbarer Wettbewerber (z.b. Air France/KLM Cargo -52Mio. EUR, Singapore Airlines Cargo 38 Mio. EUR) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lufthansa Cargo AG gut aufgestellt ist, in einem volatilen Umfeld die führende Rolle des Luftfrachtstandorts Deutschland auch durch kommende Krisen hinweg zu bewahren. Damit kann sie weiterhin einen gewichtigen Beitrag zu Beschäftigung und Einkommen weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus leisten. Voraussetzung ist allerdings, dass die deutsche Politik mitspielt und die Belastungen gering hält. Karl-Heinz Köpfle Rüdiger Munzert 1 Die Lufthansa Cargo auf einen Blick Der Markt für Luftfrachttransporte besteht aus einer großen Vielzahl von Teilnehmern. Nachfrager sind im wesentlichen die Spediteure. Als Anbieter treten Passagierfluggesellschaften (Vermarktung des Raumes in den Bellies der Flugzeuge), reine Frachtairlines (Einsatz von Frachtflugzeugen) sowie solche Gesellschaften auf, welche beide Angebotsarten kombinieren. Die Lufthansa Cargo AG, eine einhundertprozentige Tochter der Lufthansa AG, gehört zu den wenigen großen Gesellschaften weltweit, die Belly- und Frachterkapazität aus einer Hand anbieten. Mit ca. 4.600 Mitarbeitern weltweit erwirtschaftete sie vor der Finanzkrise 2,9 Mrd. EUR Umsatz und ein operatives Ergebnis von 164 Mio. EUR. Dabei beförderte sie 1,7 Mio. t Fracht und Luftpost. Dies geschieht mit 19 eigenen Frachtflugzeugen, den ca. 500 Bellies der Lufthansa Passage, einem ausgedehntem Luftfrachtersatznetz auf der Straße (Lkws), mit Chartereinsätzen sowie den Flugzeugen der Tochterunternehmen JADE (Shenzen, China) und Aerologic (Leipzig). Lufthansa Cargo ist positioniert als hochqualitativer Premiumcarrier sowie als Vollsortimenter (u.a. Beförderung von Tieren, diebstahlgefährdeter Waren und Wertfracht, Gefahrgut sowie temperaturgeführten Gütern). Durch dieses breite Angebot zählt Lufthansa Cargo zu einer der größten internationalen Frachtfluggesellschaften weltweit (vgl. Abb. 1). 53

Airfreight Airline Ranking 10000 9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 Korean Air Cathay Pacific Airways Lufthansa Singpore Airlines Federal Express Emirates Air France Scheduled Freight Tonne-Kilometres [2008] Carglux UPS Airlines China Airlines British Airways KLM Abb. 1. LH Cargo in Vergleich des internationalen Luftfrachttransport der Airlines (Quelle: IATA WATS 53rd Edition, S. 88) Airfreight Airport Ranking 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 FRANKFURT, DE (FRA) ww Rank 8 PARIS, FR (CDG) ww Rank 10 LONDON, GB (LHR) ww Rank 15 AMSTERDAM, NL (AMS) ww Rank 17 LUXEMBOURG, LU (LUX) ww Rank 25 Loaded and Unloaded Cargo and Mail in thousand Metric Tonnes [2009 cum Nov] Abb. 2. Frankfurt im Vergleich der europäischen Luftfrachthubs (Quelle: Airport Council International, Zahlen veröffentlicht am 15. Feb. 2010) 54

Deutschland und Europa sind für LH Cargo die Heimatmärkte, und speziell in Frankfurt, dem Hub der meisten Passageverkehre und Frachter, wird viel Fracht aufgenommen: ca. 140 Konsolidierer (Spediteure, welche Frachtaufkommen bündeln und gesammelt, also konsolidiert, der Airline übergeben), zählt LH Cargo dort zu ihrer Kunden. Frankfurt ist damit unter anderem dank Lufthansa Cargo mittlerweile der größte Konsol- und Luftfrachtknoten in Europa. 2 Die Entwicklung der Luftfrachtbranche Im langjährigen Mittel hat sich in Bezug auf die Luftfracht ergeben, dass gemessen am Gewicht etwa 1-2 Prozent der Exporte eines Industrielandes per Luft transportiert werden, hingegen etwa 30-35% bei der Betrachtung am Wert. Diese Affinität hochwertiger Güter zur Luftfracht ist leicht nachzuvollziehen: einerseits verteuert bei geringwertigen Gütern der vergleichsweise teure Lufttransport diese so stark, dass sie nicht mehr (in großer Menge) abgesetzt werden können; andererseits ist gerade bei hochwertigen Gütern die Kapitalbindung, die Diebstahlgefährdung und häufig auch die Dringlichkeit so hoch, dass man sie nicht dem langwierigeren Seetransport aussetzen möchte. Abb. 3. Anteil Luftfracht am weltweiten Handel, Anteil LH Cargo an der weltweiten Luftfracht (Quelle: Seabury Trade Database, Grafik durch LH Cargo) 55

Deutschland sollte damit als Exportweltmeister auch Transportweltmeister sein. Exportweltmeister ist gleich Transportweltmeister stimmt dies wirklich? Ein Blick auf die Exportstatistiken kann zunächst einmal das geläufige Bild von Deutschland als weltweitem Exportweltmeister ein Stück weit gerade rücken: wohl stimmte dies noch bis ins Jahr 2008; in 2009 jedoch überholte China Deutschland, indem es in der globalen Wirtschaftskrise bei den Exporten deutlich weniger einbrach als Deutschland. Die Situation zu Ende 2009 veranschaulicht Abb. 4. Wenn man unterstellt, dass der spezifische Wert chinesischer Güter (gemessen in USD/kg) jedenfalls nicht wesentlich höher ist derjenige deutscher Güter, so ist China also auch nach Gewicht Exportweltmeister (Exportdaten nach Gewicht liegen leider nicht vor). Geht man zudem davon aus, dass jedes exportierte Kilogramm auch transportiert werden muss, und lässt Binnentransporte sowie Importe außer Acht, dann müsste wohl China als Transportweltmeister gelten. 1 World Merchandise Export by Economy 2009 (Top 12) 1.400.000 1.200.000 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 0 China Germany United States Japan Netherlands France Italy Belgium South Korea United Kingdom Hong Kong, CN Canada Million US-Dollars Abb. 4. Exporte nach Gewicht (Quelle: WTO, World Merchandise Trade, Quarterly Data, http://www.wto.org/english/res_e/statis_e/quarterly_world_exp_e.htm Stand 18.03.2010) 1 Transportmengen hier definiert nach ihrer Quelle, nicht nach dem Sitz des durchführenden Transportunternehmens. 56

Wie sieht das aber nur für den Teilbereich der Lufttransporte aus. Hat hier Deutschland dank der Hochwertigkeit seiner Güter vielleicht sogar die Nase vorn? Abb. 5 zeigt hierzu zunächst einmal auf der Granularität von Verkehrgebieten (Nordamerika, Mittel-/Südamerika, Europa, Afrika, Mittlerer Osten, Asien) die Luftfrachtströme. Gut zu erkennen ist die Unpaarigkeit derselben; dieser Unterschied zur Passagierluftfahrt ( der Passagier kommt in der Regel zurück ) stellt, nebenbei bemerkt, eine der großen Herausforderung des weltweiten Frachtgeschäftes dar. Abb. 5. Anteil Luftfracht am weltweiten Handel, Anteil LH Cargo an der weltweiten Luftfracht (Quelle: Seabury Trade Database, Grafik durch LH Cargo) Zur exakten Beantwortung unserer Frage wollen wir nun noch die Luftfrachtaufkommen (Exporte in transportierten Tonnen) im Länderranking ansehen. Airfreight Exports w orldwide in Metric Tonnes O rigin CWT 2009 Origin CWT 2009 United States of America 2.587.310 Netherlands 640.276 Hong Kong SAR,PRC 1.878.591 United Kingdom 631.328 China, People's Republic of 1.526.563 France 620.032 Germany 1.342.333 Thailand 568.069 Japan 1.219.898 Singapore 490.161 Korea, Republic of 999.459 India 584.679 United Arab Emirates 825.514 Italy 404.936 Chinese Taipei 710.049 Malaysia 334.850 CWT = Chargeable Weight in Metric Tons Abb. 6. Luftfrachtaufkommen nach Ländern (Quelle: IATA Freight Forecast 2009) 57

Dies beantwortet nun unsere Frage: Deutschland ist also nach Quellaufkommen keinesfalls Luftfrachtweltmeister. China könnte es sein, wenn man Mainland China sowie Hong Kong zusammenzählte. Tut man diese nicht, so liegen die USA vorne. Zu fragen allerdings wäre, ob die Ursprungslandfrage die richtige ist, oder ob nicht vielmehr diejenige Nation auf dem Siegertreppchen zu sehen ist, deren Unternehmen letztendlich die weltweiten Transporte durchführen. Dank Lufthansa Cargo werden sieben Prozent der weltweiten Luftfracht von einem deutschen Unternehmen befördert. Dies bedeutet Platz drei im weltweiten Vergleich (vgl. oben Abb. 1). Das weltweite Luftfrachtaufkommen ist in hohem Masse konjunktursensibel. Dies lässt sich anhand der jährlichen Veränderungsraten beider Größen in den letzten Jahrzehnten gut ablesen (Abb. 7). Zu erkennen sind drei Phänomene: erstens ein im Mittel höheres Wachstum der Lufttransporte als des BIP; zweitens ein leichter Vorlauf der Luftfrachtveränderungen (Frühindikatorfunktion in Bezug auf die weltweite Wirtschaftsentwicklung); sowie drittens sehr ausgeprägt auch eine deutlich höhere Amplitude der Luftfracht. Abb. 7. Korrelation von BIP- und Luftfrachtwachstum (Quelle: Global Insight, IATA, Grafik durch LH Cargo) 58

Das höhere Wachstum der Luftfracht erklärt sich aus der im Zeitablauf steigenden Güte der weltweit produzierten Güter. Damit steigt ihre Wertigkeit und parallel die Affinität zur Luftfracht (vgl. die Ausführungen im ersten Absatz dieses Kapitels). Der Vorlauf sowie die Amplitude erklären sich mittels der folgenden Grafik (Abb. 8). Abb. 8. Der Einfluss der Konjunktur auf die Luftfracht (Quelle: Darstellung der LH Cargo) Das Zusammenwirken dieser Effekte hat in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 wieder einmal prototypisch funktioniert leider, muss man aus dem betriebswirtschaftlichen Blick der LH Cargo sagen. Allerdings führt derselbe Mechanismus auch dazu, dass Lufthansa Cargo mittlerweile wieder zuversichtlich in die nahe Zukunft sieht. 59

Abb. 9. Konjunktur und Konjunkturprognosen (Quelle: diverse Wirtschaftsforschungsinstitute, Zusammenstellung und Darstellung durch LH Cargo) 3 Aktuelle Lage des Unternehmens Lufthansa Cargo leidet, wie alle Unternehmen der Branche, unter dem in der Krise massivsten Erlöseinbruch in seiner Geschichte (vgl. Abb. 10). Abb. 10. Erlöseinbrüche 2009 bei wichtigen Luftfrachtcarriern (Quelle: Quartalsberichte/-Veröffentlichungen der genannten Airlines, Zusammenstellung und Darstellung durch LH Cargo) 60

Lufthansa Cargo hat auf diesen Einbruch schnell und massiv reagiert. Zunächst wurden, den Erlösausfällen folgend, die Kosten rasch und drastisch reduziert. Vier der neunzehn Frachter standen schnell in der Wüste (nicht nur im übertragenen Sinne; wegen der klimatischen Bedingungen werden trockene Wüstenflughäfen bevorzugt zum längerfristigen Abstellen von Flugzeugen genutzt [Korrosionsschutz]). Die von der Bundesregierung angebotene Flexibilität in Bezug auf Kurzarbeit wurde schnell in Anspruch genommen, die Sachkostenbudgets wurden beschnitten und weitere flankierende Maßnahmen durchgeführt. In einem zweiten Schritt wurde die Auslastung der Kapazitäten gesteigert, durch massive Vertriebsanstrengungen einerseits, sowie das ein oder andere preisliche Zugeständnis an die Kunden andererseits. Zum dritten Quartal 2009 überraschte LH Cargo dann den Markt mit einer deutlichen Preiserhöhung von ca. 25% gerechnet auf die extrem geringen Sommerraten. Es stellte sich heraus, dass diese Preisanpassung auf dem Markt durchsetzbar war, so dass mittlerweile eine verhalten positive Aussicht für 2010 besteht. Abb. 11. Die vier Etappen der Krisenbewältigung bei LH Cargo (Quelle: LH Cargo) Trotzdem, oder gerade deswegen hat sich das Unternehmen nun vorgenommen, die Erkenntnisse aus der Krise in den Dauerbetrieb zu überführen, um so mit neugewonnener Flexibilität und nicht zuletzt auch mit verbesserter Kostenposition seine führende Stellung im Luftfrachtmarkt in den kommenden Jahren zu behaupten bzw. weiter auszubauen. 61

4 Ausblick 2010 Der weltweite Luftfrachtmarkt hat im Jahre 2009, bezogen auf seine Verkehrsleitung (gemessen in Flight Ton Kilometers Transported, FTKT), fünf Jahre an Wachstum verloren die FTKT 2009 entsprechen ziemlich exakt denen von 2003. 2010 wird für LH Cargo ein Stabilisierungsjahr werden. Bei hoffentlich steigender Verkehrsleistung geht es darum, wieder die sprichwörtliche Schwarze Null zu erreichen. Dazu setzt das Unternehmen auf verbesserte und verschlankte Strukturen und Prozesse (Umsetzung des Lean-Gedankens, Herstellung Gruppen- und Plattformsteuerungsfähigkeit, Komplexitätsreduzierung, Einkaufsprojekte), auf Verbesserungsmaßnahmen im Bereich Vertrieb und Produkt (Durchsetzung erlösverbessernder Maßnahmen am Markt, Erreichen der Mengenziele, Sicherstellung der Qualität) sowie nicht zuletzt auf Personalmaßnahmen (weitere Steigerung von Produktivität und Flexibilität, tarifliche Maßnahmen und einen Personalabbau von zehn Prozent durch kooperative Angebote zu freiwilligem Ausscheiden, Sonderurlaub, Teilzeit etc.). Ob diese Anstrengungen reichen werden, das Unternehmen wieder in die Gewinnzone zu bringen, hängt von vielen Faktoren ab. So werden als besondere Unsicherheitsfaktoren gesehen die Entwicklung der Konjunktur nach dem Auslaufen diverser staatlicher Förderprogramme im In- und Ausland, die Entwicklung von Ölpreis und Eurokurs, die Entwicklung des Wettbewerbsumfeldes nach Anzahl und Aggressivität von Unternehmen und ihrer möglichen Frachter-Reaktivierungen, sowie eventuell gar eine mögliche Trendumkehr hin zu vermehrten Local Sourcing anstatt weiterer Globalisierung. Von besonderer Bedeutung für Lufthansa Cargo am Standort Frankfurt ist darüber hinaus die finale Entscheidung in Bezug auf ein eventuelles Nachtflugverbot bzw. Nachtflugeinschränkungen. Eine gewisse Anzahl an Nachtflügen ist für eine Bedienung der Kunden in den von der verladenden Wirtschaft gewünschten Zeitfenstern ( Nachtsprung ) sowie für eine kosteneffiziente Umlaufplanung der Flugzeuge unabdingbar. Mögliche Einschränkungen verschlechtern die komparative Wettbewerbsposition der LH Cargo deutlich, und werden zu einem gerin- 62

geren Wachstum, im Extremfall sogar einer Schrumpfung des Unternehmens aber auch des Luftracht-Standortes Frankfurt führen. 5 Die weitere Strategie der LH Cargo Um im internationalen Umfeld weiter einen Spitzenplatz einzunehmen, implementiert die Lufthansa AG, aber auch die Lufthansa Cargo AG eine Multi-Carrier und Multihub-Strategie. So fliegen mittlerweile unter dem Dach der LH Cargo nicht mehr nur Lufthansa Cargo-Maschinen (MD11F, Hub Frankfurt), sondern auch Jade-Frachter (744F, Hub Shenzen) und Aerologic-Freighter (777F, Hub Leipzig). Schon lange belädt die LH Cargo darüber hinaus die dezentralen Interkontinentalflüge der Lufthansa (München, Düsseldorf). Zudem arbeitet LH Cargo mit der Swiss Cargo zusammen, und bereitet sich auf die frachtseitige Kooperation bei den weiteren vom Konzern übernommenen Airlines vor (Austrian Airlines, SN Brussels, bmi). Begleitet wird dies von einer seit langem verankerten strategischen Innovationsführerschaft der LH Cargo in seiner Branche. Die aktuellen Innovationsfelder liegen in den Bereichen e-business (e-freight), elektronische Ortung (RFID und GPS/GSM) und Umwelt (z.b. LightWeightContainer). Die Innovationstätigkeit wird in einem eigenen Team gezielt gebündelt und vorangetrieben. Seine Marktführerschaft wird LH Cargo auch in einem weiteren, in den letzten Jahren massiv in den Blickpunkt gerückten Feld ausbauen: dem der Luftfrachtsicherheit. Alle Hubs sind bereits zu sog. Security Hubs ausgebaut, viele Stationen sind als Premium Security Stations aufgerüstet, und überall sind weit mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt. In 2010 wird LH Cargo zudem den Dialog mit der Branche fortsetzen, und u.a. wieder Security Conferences ausrichten. Dies alles dient dem klaren strategischen Ziel der Lufthansa Cargo AG: unabhängig von der möglichen Exportweltmeisterposition Deutschlands setzt LH Cargo alles daran, seine Position auf dem Siegerpodest der international Luftfracht zu erhalten und weiter auszubauen. 63