Abtragungen im Kühlkreislauf von Schiffsmotoren (Kavitation) Martin Möser (06.04.2009) In das Kühlwasser von Hilfsdieselmotoren wurde jahrelang ein Korrosionsschutzöl gegeben, ohne dass irgendwelche Probleme aufgetreten wären. Um von Importen unabhängig zu sein, tauschte man das Öl gegen Kaliumdichromat aus, welches einen anerkannten Korrosionsinhibitor darstellt. Innerhalb von 1000 Betriebsstunden kann es zum Eintritt von Wasser in den Ölkreislauf. Der Ort des Durchbruchs war durch die sogenannte Öl- und Wasserleiste gegeben, welche als Verteilerstation zu den einzelnen Zylinderräumen dient. Die Leiste war aus einer Aluminium- Silizium-Legierung gegossen worden (G-AlSi10Mg). Die Abzehrungen fanden sich im Verwirbelungsgebiet hinter einer Messdurchführung, siehe Bild 1. Abzehrungen fanden sich auch an den Flanschen von Aluminiumrohrkrümmern, die aus einer Knetlegierung gefertigt worden waren (Bild 2). Bauteile aus Grauguss oder Stahl, die ebenfalls vom Kühlwasser durchströmt wurden, blieben dagegen vom Abtrag völlig unberührt. Bild 1: Verteilerleiste mit Kanälen für Wasser und Öl: starke Anfressungen im Wasserkanal im Verwirbelungsgebiet hinter einer Rohrdurchführung
Bild 2 starke Abzehrung auch an den Rohrflanschen hinter der Dichtung Näher untersucht wurden die Abzehrungsgebiete des Wasserkanals. Es fand sich dort zunächst ein scholliger Belag (Bild 3 und Bild 4). Mit EDX ließ sich u. a. Chlor nachweisen (Bild 5). Bild 3 fest haftender Belag mit scholliger Struktur 2
Bild 4 Belag bei höherer Vergrößerung (Ausschnitt aus Bild 3) Bild 5 Analyse zum Belag von Bild 3: Chrom und Aluminium stark, Silizium und Chlor mäßig 3
Wo der Belag fehlte, wurden Stängelkristalle sichtbar (Bild 6 und Bild 7). Diese bildeten teilweise regelrechte Netzwerke (Bild 8). Die Analyse der Dendriten ergab das Vorliegen i. w. von Silizium (Bild 9), also handelt es sich um primäre Siliziumkristalle. Die eutektische Matrix ist heraus gelöst worden. Bild 6 freiliegende Stängelkristalle (rechts im Bild) Bild 7 ein einzelner Stängelkristall 4
Bild 8 zahlreiche Dendritenäste Bild 9: Analyse zum Stängelkristall von Bild 7: Silizium = primärer Siliziumkristall (Aluminium aus der Unterlage) Diskussion: Das makroskopische Erscheinungsbild verweist auf Kavitation, während das mikroskopische Bild, im Gegensatz zu beispielsweise [1], eine selektive Korrosion zeigt. Der Widerspruch 1ässt sich dadurch erklären, dass offensichtlich die Kavitation nur bei Volllast wirksam geworden ist (Temperaturerhöhung). Wenn Teillast anlag, wurden die Kavitationsgruben zu Totwassergebieten, in denen sich stabile Beläge ausbilden konnten. Durch Anreicherung von Chloriden stellte sich dabei ein relativ aggressives Milieu ein mit der gefundenen selektiven Korrosion als Folge. 5
Dass Chloride bei Aluminium und seinen Legierungen Lochfraß auszulösen vermögen, ist bekannt [2, 3]. Besonders intensiv ist ihre Wirkung, wenn sich Beläge ausgebildet haben. Hinsichtlich des vorliegenden Falles ist damit noch nicht geklärt, warum es erst beim Übergang zum Inhibitor zur Kavitation gekommen ist. Man kann zunächst davon ausgehen, dass der Ölzusatz dämpfend auf die Ausbildung von Turbulenzen gewirkt hat. Aus der Annahme, dass die Kavitation nur unter Volllast auftritt, folgt als weitere Vermutung, dass aus irgendeinem Grund die Spitzentemperatur nun höher liegt. In einem anderen Fall war man durch eine Temperaturerhöhung von 6 o C (von 87 auf 93 o C) in den Kavitationsbereich gekommen. Diagnose: primär Kavitation, sekundär Chloridkorrosion (Lochfraß) in den Kavitationsgruben Als Maßnahmen wurden empfohlen, Kanten und Einsteckrohre stromlinienförmig ausbilden, um die Ausbildung von Turbulenzen zu vermeiden, siehe u. a. [4]. Weiterhin sollte die Kühlwassertemperatur begrenzt werden. Außerdem kann durch Einbau einer stärkeren Umlaufpumpe der Druck erhöht und somit die Kavitationstemperatur nach oben verschoben werden. Literatur [1] Pini, G. Weber, J.: Prüfung und Auswahl von Korrosionsinhibitoren. Werkstoffe und Korrosion 27 (1978) S. 425-431 [2] Heinrich, H.; Kanani, N.; Feller, H. G.: Lochfraßkorrosion und Lochmorphologie von Reinstaluminium in chlorid- und nitrathaltigen Elektrolyten. Aluminium 54 (1978) S. 124-128 und 198-202 [3] Huppatz, W.; Krajewski, H.: Untersuchungen zur Korrosionsresistenz von einigen gebräuchlichen Aluminiumwerkstoffen in Meerwasser. Werkstoffe und Korrosion 30 (1979) S. 673-684 [4] Bühler, H.-E.: Konstruktive und fertigungstechnische Maßnahmen zur Korrosionsverhütung an Rohrleitungen, Formstücken u.s.w. In: Korrosionsforschung für die Praxis. 2. Symposium Korrosion und Korrosionsschutz Willingen 1980, S. 327-329 6