Reitsport nach wie vor weder gewalt- noch dopingfreie Zone!

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Transkript:

AS SCHWEIGEN ER SPRITZEN Reitsport nach wie vor weder gewalt- noch dopingfreie Zone! Gedopt wird, wo Geld fliesst und leider hat sich das bisher kaum geändert! Wie ein roter Faden begleitet die medikamentöse Leistungssteigerung den skandalösen und stetig gewaltsamen Drill der sog. Sportpferde. Die umfangreiche Geschichte von Dauerskandalen, Doping und Tierquälerei zusammenzufassen, wäre Stoff um ganze Bücher zu füllen und man darf vermuten, dass sich der Großteil pferdeschinderischer Maßnahmen immer noch hinter verschlossenen Türen abspielt. Dennoch sind die öffentlich bekannten Spitzen des Eisberges mehr als alamierend. Allein die Chronik des Jahres 2009 ist erschreckend. Herr Beerbaum, Pferde sind keine Sportgeräte! 2009- der verdiente Zusammenbruch der Elite Der oft genutzte Satz da hat jemand seinen Beruf verfehlt hat selten so gut gepasst. Die Spitzensportler des Reitsportes beweisen seit Jahren mit nahezu regelmäßiger Verlässlichkeit, dass sie vielleicht doch besser im Radsport aufgehoben wären. Der Radsport eine sportliche Disziplin, bei der man sich selbst schnell kaputt machen kann, aber wenigstens keine unschuldigen Opfer missbraucht. Die fünfmalige Olympiasiegerin Isabell Werth und sog. Vorzeigereiterin der internationalen Elite sorgte im Jahr 2009 für einen neuen Dopingfall, der die internationale Presse lange beschäftigte. Mühe mit der Schadensbegrenzung musste sich daraufhin besonders die FN (deutsche reiterliche Vereinigung) geben, die einerseits schnell einige reiterliche Köpfe rollen lies, die andererseits mit Sicherheit ihre eigene Verantwortung hinsichtlich der zweifelhaften Karrieren ihrer Spitzensportler nicht abstreiten konnte, hatten sie doch alle immer gut daran verdient. Tatsache ist, es starten nach wie vor von der FN geduldete internationale Reiter, die nicht nur in der Vergangenheit nachweislich gedopt haben, sondern ganz selbstverständlich Pferde gewaltvoll misshandeln, um den gehobenen Ansprüchen des elitären Sportes zu entsprechen. Überfordernde Ansprüche, die auch die FN mitzuverantworten hat. 16 resq Ausgabe 21/2011

Ein paar wenige Highlights der nationalen Reiter- Vergangenheit kurz und bündig aus der öffentlichen Berichterstattung zusammengefasst: Paul Schockemöhle Der international hocherfolgreiche Springreiter und auch heute noch gefeierter Experte, geriet Anfang der 90iger Jahre erstmalig in die Kritik, weil er durch das schmerzhafte und tierquälerische Barren (siehe Infobox) seine Pferde zu höheren Sprüngen antrieb. Das bei Springpferden schon seit je her praktizierte Barren wurde erst auf öffentlichen Druck der Bevölkerung hin allgemein geächtet und zumindest offiziell aus den Trainingsplänen der deutschen Reiter gestrichen. Spätere Recherchen ergaben, dass auch weiterhin im Stall von Paul Schockemöhle und anderswo Pferde gebarrt wurden. Viele heutige Spitzenreiter entstammen seinem Trainingsstall und fielen dementsprechend unangenehm auf. Nebenbei machte Schockemöhle seinem Ruf weiterhin alle Ehre durch seinen tierfeindlichen Beitrag zur Agrarindustrie: Schockemöhle betrieb Legebatterien (Eierproduktion durch Massentierhaltung in Käfigen). Er baute auch die Massentierhaltung von Pferden eindrucksvoll aus. Sein Gestüt Lewitz beherbergt heute ca. 2000 Sportpferde, jährlich kommen bis zu 500 Fohlen dazu und er überlässt auch dort Nichts dem Zufall. Die Produktion von zukünftig erfolgreichen Sportpferden wird mittels des umstrittenen Embryotransfers perfektioniert. Ulla Salzgeber wird 2003 ihr Weltcup-Sieg aberkannt. Bei ihrem Wallach Rusty wird Testosteron nachgewiesen. Meredith Michaels-Beerbaum wird 2004 der Start für Olympia verweigert, da im Weltcup-Finale ihr Pferd Shutterfly positiv auf Hydroxy-Promazin getestet wird. Ludger Beerbaum verliert 2004 mit der dt. Equipe die Goldmedaille, da bei seinem Pferd Goldfever die verbotene Substanz Betamethason nachgewiesen wird. Christian Ahlmann sorgt 2008 für sein zweijähriges Ausscheiden aus allen Mannschaften durch den Nachweis von Capsaicin bei seinem Pferd Cöster bei der Olympiade. Er wird darüber hinaus für 8 Monate gesperrt. Marco Kutscher wird 2008 nach der ersten Runde des olympischen Teamwettbewerbs ausgeschlossen, da sein Pferd eine verbotene Medikation erhielt. Isabell Werth Die angebliche Sauberfrau des deutschen Dressursportes wird 2009 suspendiert, nachdem sie anscheinend ihr an der Zitterkrankheit erkranktes Pferd Whisper durch die Gabe des verbotenen Beruhigungsmittels Fluphenazin (Psychopharmaka aus der Humanmedizin) zu sicherer Höchstleistung bringen wollte. Eine äusserst milde Strafe von sechs Monaten Sperre und ein Bußgeld um die tausend Euro waren das aus Tierschutzsicht bittere Ergebnis, danach konnte alles seinen geregelten Gang weitergehen. Wundern braucht einen das Strafmaß wohl weniger, denn erst eine Dopingstrafe von über sechs Monaten bringt nach dem Regeln des IOK (internationales olympisches Komitee) ein Startverbot für die nächsten olympischen Spiele mit sich. Auf Werth wollte man nicht verzichten. Hans Stihl Der praktizierende Tierarzt bei Isabell Werths Pferd hat nachweislich nicht den besten Ruf. Der Schweizer hatte Ulla Salzgebers Dressurpferd Rusty 2003 Testosteron verabreicht und damit für einen Dopingskandal gesorgt. In den 80er Jahren saß er in Frankreich sogar kurz in Untersuchungshaft, da er mit einem Kofferraum voller verbotener Medikamente erwischt worden war. i Barren & Blistern Während junge Pferde, die Sprünge noch nicht so gut einschätzen können, zum Überspringen (Zu-Hoch-Springen) neigen, beschränken sich erfahrene Pferde in der Regel auf die notwendige Sprunghöhe. Bei manchen Pferden kann das zum Problem werden, da sie die Beine nicht anziehen und Hindernisberührung oder den Abwurf der obersten Stange in Kauf nehmen. Solche Pferde kann man durch aktives Barren zu höherem Springen veranlassen. Nach dem Absprung des Pferdes wird die oberste Stange angehoben, damit das Pferd mit den Beinen an die Stange schlägt. Das Pferd lernt somit letztendlich durch Schmerzzufügung das Hindernis höher einzuschätzen, als es eigentlich ist. Die Stange wird entweder von versteckten Helfern angehoben oder mit Hilfe spezieller, mitunter auch vom Reiter ferngesteuerten Sprungauflagen. Das aktive Barren ist verboten, wird aber trotzdem im Training wie selbstverständlich angewendet. Für besonderes Aufsehen sorgten Anfang der 90er Jahre in Deutschland Filmaufnahmen des aktiven Barrens von Pferden im Stall von Paul Schockemöhle. Eine versteckte Kamera überführte Schockemöhle und seine Trainingshelfer. Dem Barren ähnlich ist das Einreiben der Röhrbeine mit einer sensibilisierenden Substanz, welche die Pferde Schmerzen bei Hindernisberührung empfinden lässt. Um Schmerzen zu vermeiden, springen sie höher. Dieses chemische Barren bezeichnet man als Blistern. Bei den Olympischen Springwettbewerben 2008 in Hongkong wurden vier Springreiter wegen der Anwendung der Substanz Capsaicin, die unter anderem sensibilisierende Wirkung hat, ausgeschlossen. Darunter auch der deutsche Springreiter Christian Ahlmann. Blistern ist ebenfalls verboten. Fotos: Fotolia.de 17

Tatort Arbeitsplatz Schläge, harter Sporeneinsatz und Rollkuren. In Aachen gab es 2004 zwei Verwarnungen, keine offiziellen versteht sich Richter Christoph Hess sprach mit den Trainern: Die Art und Weise, wie Dressurreiterin Isabell Werth und die oft durch harte Trainingsmethoden bei ihren Pferden auffallende Holländerin Anky van Grunsven ihre Pferde vorbereiteten, waren dem Publikum und dem Aufsicht führenden Steward negativ aufgefallen. Die üblichen praktizierten Rollkuren, auch Hyperflexion (siehe Infobox) genannt, wie die von Nicole Uphoff und Isabell Werth auf Basis ihres Trainings mit Dr. Uwe Schulten-Baumer, fällt da schon kaum noch ins Gewicht, da fast jeder erfolgsorientierte Reiter sie übernommen hat. Nur die besondere Brutalität wird am Rande hin und wieder wahrgenommen, sprich, wenn es zu auffällig vor Publikum getan wird. Was sonst auf den Trainingsplätzen und ganz besonders in den eigenen Trainingsställen mit den Tieren angestellt wird, bleibt natürlich meist ein gut gehütetes Geheimnis. Die Devise mit allen Mitteln zum Erfolg ist ganz sicher tägliches Pogramm und nicht selten erhalten wir schockierendes Recherchematerial anderer Tierschützer. so Nicola Welp, Mitarbeiterin von animal-peace Tierhof e.v. Reiter haben halt eine (gut bezahlte) Lobby, Pferde nicht! Es stellt sich letzten Endes die zynische Frage, wann man Doping zukünftig auch offiziell zum Teil des Sportes erklärt und die kleinen wohl notwendigen Strafen terminlich in den Turnier- und Buissnessplan mit einarbeitet. Karrieren können so bestens geplant, abgesichert und verwaltet werden. Die fast schon regelmäßigen Dopingskandale innerhalb der Reiterelite haben bisher mehr als deutlich gemacht, dass im Falle des Erwischtwerdens dem weiteren Aufstieg auf der Karriereleiter nichts Ernsthaftes im Wege steht. Sie reiten alle noch, sie sind erfolgreich und sie werden es Dank eines fahrlässigen, buissnessgeprägten Gesetzesumganges mit Doping wohl auch bleiben. Der Skandal um die in Kopenhagen von der FEI (internationale reiterliche Vereinigung) verabschiedete sog. Progressive List, die das Doping im Reitsport unauffällig legalisieren soll, hat das mediale Fass dann im Jahr 2009 endgültig zum Überlaufen gebracht. Die internationalen Nachrichten überschlugen sich. Es war zu erwarten, dass der starke Gegenwind, der dem Reitsport hinsichtlich der vielen Doping-Affären ins Gesicht wehte, für weiteren Sturm sorgen wird. Was nicht zu erwarten war, war die unverhüllte Skrupellosigkeit der reiterlichen Elite, die nun scheinbar offiziell beschloss: Wenn wir weiter mit sportlichen Erfolgen viel Geld verdienen wollen und das Dopingproblem nicht anders in den Griff kriegen, dann erlauben wir Doping doch einfach. Mit so viel Unverfrorenheit der FEI hatten nicht einmal Vertreter der nationalen Reitsportverbände gerechnet. Hochrangige Pferdesportvertreter, Fachmedien, Tierschützer und Tiermediziner zeigten sich deutlich entrüstet über den Inhalt der Progressive list, die Mitte November 2009 in Kopenhagen verabschiedet wurde. Die FN (deutsche reiterliche Vereinigung) selbst und auch 16 Tierärzte der FEI sprachen sich deutlich gegen diese Verabschiedung aus. Der Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, Breidow Graf zu Rantzau, drohte sogar, dass es zu einer Abspaltung der europäischen Reiternationen kommen kann, wenn die FEI die Liste durchbringt. Im Kampf gegen Doping schloß die FN demnach einen Boykott der Weltmeisterschaften 2010 in Kentucky nicht mehr aus. Die FN hatte gerade im letzten Jahr schwer mit einer Dopinglawine zu kämpfen und man stritt sich im Fokus der Öffentlichkeit darüber, wer denn nun schuld sei, dass der Pferdesport ähnlich wie der Radsport international nur noch mit Spritzen in Verbindung gebracht wurde. Dementsprechend war i Hyperflexion (Rollkur) Mit dem Begriff Rollkur wird beim Dressurreiten eine Trainingsmethode bezeichnet, die durch ein gewolltes Herabziehen des Pferdekopfes mit Hilfe der Zügel in Richtung Brust gekennzeichnet ist. Hierbei wirkt der Reiter derart stark auf die Zügel ein, dass er sein Pferd zum Senken des Kopfes und Einrollen des Halses zwingt. Neben starken Schmerzen im empfindlichen Maul verhärten sich die einzelnen Muskelpartien bis in den Rücken und das Pferd wird in eine extrem unnatürliche Haltung gepresst, die gesundheitliche Schäden hervorruft. Weiterhin wird der Orientierungssinn sehr eingeschränkt; das Pferd kann nicht nach vorne schauen und läuft während der gesamten Tortur fast blind. es nahezu unmöglich geworden sich der Progressive list auch nur ansatzweise anzuschliessen. Zu sehr hatte der Ruf gelitten, zu sehr bedroht ist die zukünftige Beteiligung der Sponsoren und zu groß der Druck der schockierten Öffentlichkeit als dass man jetzt auch nur einen Millimeter von der sog. Null-Toleranz- Lösung abweichen durfte. Ein Umstand, der zu begrüßen ist, auch wenn man der FN und anderen Reitsportvertretern den Tierschutzgedanken dabei wohl weniger abnehmen kann. Aufgrund des Druckes von Medien, Reitsportverbänden, Medizinern und engagierten Tierschützern gab die FEI dann am 18. Dezember bekannt, dass die Progressive list für das Jahr 2010 erst einmal auf Eis gelegt wird. Der unerwartete 18 resq Ausgabe 1/2011

Gegenwind hinsichtlich der tierschutzwidrigen Planungen war wohl doch zu groß. Vom Tisch ist sie damit allerdings noch nicht, denn bei der FEI- Jahresversammlung im November 2010 soll dann eine endgültige Entscheidung gefällt werden. Der Inhalt der sog. Progressive list ist eine Kriegserklärung für jeden Tierschützer und man sollte meinen auch für jeden gesunden Menschenverstand. Als wenn es nicht schon Verbrechen genug wäre, dass Pferde im Reitsport mit Gewalt zu gewinnbringenden Sportgeräten degradiert werden, man sie leider immer noch unbehelligt nötigen, prügeln und für den Erfolg quälen darf, sollen sie jetzt auch noch mit einem legalen Wunschzettel aus der pharmazeutischen Büchse der Pandora zu noch mehr Leistung gebracht werden. Mehr Charakterlosigkeit kann ein sog. Sport nicht mehr zeigen. Da erhält die allseits beliebte Floskel: Sport ist Mord eine grausam realitätsnahe Bedeutung, so Nicola Welp, Mitarbeiterin von animal-peace verfügen, war bisher immer großes Glück für den Reitsport, denn würden Pferde jammern und schreien, wäre der gesamte Pferdesport wie er heute ist sicherlich vor Publikum nicht durchführbar. Nun soll auch der geräuschlos sichtbare Schmerzzustand eines Pferdes mittels erlaubten Dopings endlich der Vergangenheit angehören. Die wachsende Pharmaindustrie sowie alle Nutznießer würden sicherlich wenig dagegen haben, soviel steht zweifelsfrei fest. kommentiert Nicola Welp die neue Vorgehensweise mit Hilfe der Progressive list. Stolperstein Tierschutzgesetz In europäischen Ländern gibt es nicht nur vehementen Gegenwind gegen die Verabschiedung in Kopenhagen, der empfindliche Inhalt der Liste wäre auch ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, nach dem einem Tier keine Leistung abverlangt werden darf, die es ohne Medikamente nicht erbringen kann. Das Tierschutzgesetz, welches im Pferdesport allerdings schon Am 9. Februar 2010 führte die FEI eine Sitzung mit Befürwortern und Gegnern der Hyperflexion durch, um eine endgültige rechtliche Bewertung dieser vorzunehmen. Im Rahmen der Sitzung wurde darauf hin folgendes Ergebnis erzieht: Jede Kopf- und Halsposition, die durch aggressive Kraft entstehe, sei nicht akzeptabel und müsse sanktioniert werden. Rollkur sei klar auf aggressives Reiten zurückzuführen und somit nicht akzeptabel. Dennoch gehört sie nach wie vor zu den allseits bewährten Trainingsmethoden, um ein Pferd in der Haltung gefügig zu machen. Bilder links: angewandte Rollkuren beim Pferd Tierhof e.v.. Frau Welp beobachtet seit fast 20 Jahren die nationale und internationale Reitsportszene und engagiert sich mit ihrem Verein und dessen Partnern in allen Bereichen für den Pferdeschutz. Die durch die Progressive list freigegebenen Substanzen sind vor allem Schmerzmittel sowie Entzündungshemmer, deren Nutzung zuvor als Doping galt. In Zukunft dürften Pferde, die Schmerzen zeigen oder durch Verletzung oder Erkrankung nicht zum Start zugelassen werden würden, schlichtweg fitgespritzt werden. Dass Pferde über keinen deutlichen akustischen Schmerzlaut seit Jahrzehnten kaum jemanden mehr zu interessieren scheint, beinhaltet in Deutschland ebenfalls, dass es verboten ist an einem Tier oder bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maßnahmen, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen können, anzuwenden. Würde sich jemand daran halten, gäbe es den Spitzensport mit Pferden ohnehin nicht mehr. Auch viele deutsche Tierärzte sind empört. Die Gesellschaft für Pferdemedizin (GPM), ein Verband deutscher Tierärzte lehnt die Liste vehement ab. Der Beruf-Ethos würde in Frage gestellt, wenn ein Tierarzt ein Pferd wettkampftauglich spritzen soll. 19

Der IJRC (Club internationaler Springreiter) im Spiel Im Kampf der Mächte des Pferdesportgeschehens machte der IJRC deutlich, dass sich die Mehrzahl der Elite-Springreiter für die Progessive list aussprechen. Das wundert nicht, hat man doch viele der prominenten Clubmitglieder eher als Dopingsünder und Pferdeprügler in Erinnerung als das man von erfolgreichen Sportlern sprechen dürfte. Die ehrgeizige Verbindung von Macht, Erfolg und mehr Verdienstmöglichkeiten spricht natürlich eine deutliche Sprache. Wir Reiter folgen weitgehend der umstrittenen Liste, berichtete Ijrc-Vizepräsident Ludger Beerbaum dem Sport-Informations- Dienst. Auch nicht verwunderlich, ist Beerbaum doch bereits des Dopings überführt worden wie viele seiner Kollegen auch. Weiterhin setzte er 2009 entgegen der Presse noch einen drauf : In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird. Im Laufe der Jahre habe ich mich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht. Weiterhin gab Beerbaum an, dass seine Pferde Sportgeräte seien und er nun mal keinen Streichelzoo betreibe. Schon 1994 fiel Ludger Beerbaum erstmalig öffentlich auf, als gegen ihn eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz lief. Über Monate solle er einem kranken Pferd Schmerzmittel verabreicht haben, um es turniertauglich zu halten. Jedes Mittel scheint recht, um die Tiere wie beliebig belastbare Sportgeräte einzusetzen, ob nun durch Barren, Prügeln oder auch mit Hilfe die chemische Keule. So wundert weiterhin nicht, dass ein international bekannter Veterinär-Tierarzt namens Vet. Dr. Leo De Backer sog. Sportler wie Beerbaum bei der Befürwortung der Progressive list unterstützt. De Backer scheint auf eine langjährige sowie sicherlich einträgliche Karriere im Bereich der chemischen Keulen im Pferdesport zurückzublicken. Ich habe einen Kofferraum voller Medikamente, die keiner nachweisen kann, behauptet der Belgier bereits im Jahre 1994. Er ist nach wie vor Nutznießer des großen Pferdesportes, verdient sein Geld als Chef-Veterinär auf dem Gestüt Zangersheide (Belgien), auf dem leistungsorientiert Spitzenpferde gezogen werden. Embryotranfers und mittlerweile geklonte, im Labor entwickelte Pferde (u.a. Abkömmlinge von ET oder auch Ratina / Olympiapferd unter Ludger Beerbaum) sind sein Geschäft. Er zeigt sich begeistert von den Retorten-Pferden: Was sich da getan hat in der Technik und Wissenschaft innerhalb weniger Jahre, ist unglaublich. Klonen ist auch im Pferdesport nicht mehr weg zu denken oder weg zu diskutieren. meinte der Belgier entgegen der Presse. i Wird ein Pferd durch Hilfszügel, z.b. Schlaufzügel oder durch Zügelhilfen, häufig länger anhaltend in Spannung versetzt oder zu stark beigezäumt, so können erhebliche Schmerzen oder Schäden entstehen. Ein derartiger Gebrauch von Führungshilfen ist tierschutzwidrig. [Richtlinie Tierschutz im Pferdesport, Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz] In einem Interview mit sport.ard.de erläuterte Prof. Wilhelm Schänzer vom Biochemischen Institut der Sporthochschule Köln, wie Doping im gesamten Pferdesport (Dressur-, Rennoder Springsport) funktioniert: In erster Linie mit anabolen Wirkstoffen, die Schnelligkeit und Schnellkraft der Tiere verbessern. Dann natürlich mit Schmerzmitteln, die es dem Pferd erlauben, trotz einer Verletzung zu starten. Es wird viel mit Kortikosteroiden gearbeitet, die gegen Entzündungen eingesetzt werden. In erster Linie erreichen die behandelnden Menschen, dass Verschleißerscheinungen ignoriert werden können. Ein Tier kann dann trotz Verletzung, die eigentlich eine Ruhepause nötig machen würde, im Wettkampf starten. Dem Pferd wird also nicht die nötige Zeit gegeben, beispielsweise eine Gelenk-Verletzung auszukurieren. Was dazu führen kann, dass langfristige, chronische Schäden am Bewegungsapparat entstehen. Der Sportchef des größten internationalen Turniers CHIO (Aachen), Frank Kempermann, äusserte sich gegenüber der Presse: Ich weiß nicht, wie ich den Pferdesport noch in der Öffentlichkeit verkaufen soll. Eine gute Frage, da auch die ersten Sponsoren reiterlicher Großveranstaltungen auf deutschem und internationalem Parkett entsetzt reagierten und über einen Rückzug aus dem Pferdesport nachdenken. Es ist verboten, an einem Tier oder bei sportlichen Wettkämpfen oder ähnlichen Veranstaltungen Maßnahmen, die mit erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind und die Leistungsfähigkeit von Tieren beeinflussen können, anzuwenden. [Tierschutzgesetz Paragraph 3, 1b:] 20 resq Ausgabe 1/2011

Nicola Welp findet abschliessend deutliche Worte hinsichtlich des zukünftigen Reitsportes: Zwei Beispiele aus dem Topf vieler Substanzen, die durch die Progressive list zum Gebrauch freigegeben werden: Flunixin: Flunixin gehört zu den nichtsteroidalen Entzündungshemmern. Es wird bei allen Schmerzzuständen, vor allem bei Knochenerkrankungen und starken Schmerzzuständen der Eingeweide verabreicht und besitzt eine entzündungshemmende und fiebersenkende Wirkung. Phenylbutazon (Wirkstoff bekannt durch das verbreitete Medikament Equipalazon) Phenylbutazon hat eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaft. Es wird als starkes Schmerzmittel u.a. bei Muskel-, Sehnenund Gelenkserkrankungen/Verletzungen verabreicht. Der Wirkstoff hat einerseits zwar sehr starke entzündungshemmende und schmerzlindernde Effekte, andererseits aber auch sehr schwere Nebenwirkungen. Es sollte daher nur wenige Tage verabreicht werden. Phenylbutazon soll bis zu einem Grenzwert von 8 Mikrogramm erlaubt sein. Der Wert liegt damit im Übrigen viermal so hoch wie vor dem gänzlichen Verbot in den 90er Jahren. Ausnahmslos jede Hochleistungsdisziplin im Pferdesport, ob Spring-, Renn- oder Dressursport verspricht schlichte Tierquälerei und praktiziert die Abwertung eines Lebewesens zu einem Sportgerät, welches ohne Rücksicht auf Verluste seinem Marktwert entsprechend zu funktionieren hat. Wir danken den Mitwirkenden des Pferdesport-Zirkus für ihre eigene moralische Demontage hinsichtlich der offensiven Show must go on - Methode, die wohl leider auch zukünftig anschaulich darstellen wird, was schon längst klar ist: ausschöpfen, was geht um Herrn Beerbaum die Ehre des letzten Wortes zuteil werden zu lassen. Es sind ja nur Tiere! Klar ist aber, dass wir sowie auch die zunehmende Masse an Gegnern dieser Art von Reitsport nicht locker lassen werden bis diese Tierschinderei ein Ende hat. Text: Nico Welp Dieses Mittel macht lahme Pferde fit. So etwas verstößt bei uns gegen das Tierschutzgesetz und wird mit einer Geldstrafe geahndet, sagte der FN-Jurist Joachim Wann gegenüber der Presse. Der Schweizer Tierarzt Dr. Markus Müller bezieht Stellung: Ein Pferd, das das Schmerzmittel Phenylbutazon braucht, ist nicht fit to compete, also nicht wettkampftauglich. Ludger Beerbaum gibt 2009 bezüglich des Umgangs mit Medikationen bei Pferden an: In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird. Im Laufe der Jahre habe ich mich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht. Weiterhin gab Beerbaum an, dass seine Pferde Sportgeräte seien und er nun mal keinen Streichelzoo betreibe. Fotos: Pferdehilfe Sonnenhof e.v. 21