STUDIE. MEHR Grünes auf der. Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten mit Hilfe der EFRE-Förderung

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STUDIE 2012 MEHR Grünes auf der grünen Wiese Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten mit Hilfe der EFRE-Förderung

TAURUS ECO Consulting GmbH im Auftrag des WWF Deutschland Impressum Herausgeber: WWF Deutschland, Berlin Stand: September 2012 Projektverantwortung: Julia Steinert/WWF Deutschland, Peter Torkler/WWF Deutschland Kontakt: julia.steinert@wwf.de, peter.torkler@wwf.de Autoren: Klaus Sauerborn, Christian Schlump, Anne Keller Redaktion: Thomas Köberich/WWF Deutschland Gestaltung: Thomas Schlembach/WWF Deutschland Produktion: Maro Ballach/WWF Deutschland Druck: medialogik GmbH, Karlsruhe Papier: MundoPlus (100 % Recyclingpapier) ISBN 978-3-931653-27-9 2

INHALTSVERZEICHNIS 1 Die Notwendigkeit für eine umweltschonende Förderung gewerblicher Infrastruktur 4 2 Förderung gewerblicher Infrastruktur in der europäischen Struktur- und Kohäsionspolitik 6 2.1 Wirtschaftsnahe Infrastruktur mehr als nur Gewerbeflächen und Straßen 6 2.2 Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur in Deutschland 8 3 Anforderungen und Konzeption einer umweltschonenden Gestaltung der gewerblichen Infrastruktur 11 3.1 Flächennutzung Wie dem steigenden Verbrauch begegnen? 13 3.1.1 Empfehlungen zum Flächenverbrauch 17 3.1.2 Good Practice 1: Flächenkreislaufwirtschaft 18 3.1.3 Good Practice 2: Regionaler Gewerbeflächenpool 19 3.2 Energieverbrauch gewerblicher Gebäude hohe Einsparpotenziale 20 3.2.1 Empfehlungen Gebäudesektor 22 3.2.2 Good Practice 3: Energieoptimiertes Bauen im Neubau Nullemissionsfabrik SOLVIS 23 3.2.3 Good Practice 4: Nachhaltige Energieplanung/Fernwärme-/Fernkälte-Systeme 24 3.3 Energieverbraucher-IT Was kann Green IT zum Klimaschutz beitragen? 25 3.3.1 Empfehlungen IT 26 3.3.2 Good Practice 5: Das grüne Rechenzentrum 27 3.4 Mobilität und Verkehr Gütertransport & Co. im Fokus 28 3.4.1 Empfehlungen Mobilität 30 3.4.2 Good Practice 6: Mobilitätsmanagement im Industriepark 31 3.4.3 Good Practice 7: Güterverkehr von der Straße auf die Schiene 32 3.5 Vernetzung und Kooperation Synergien durch Zusammenarbeit am Standort 33 3.5.1 Empfehlungen Vernetzung und Kooperation 35 3.5.2 Good Practice 8: Stoffstrommanagement/Zero Emission Park 35 3.5.3 Good Practice 9: Sustainable Industrial Sites 36 4 Fünf Schritte zur grünen Förderung gewerblicher Infrastruktur: Empfehlungen des WWF zur zukünftigen EU-Struktur- und Kohäsionspolitik 38 Literaturverzeichnis 42 Anhang 45 Mehr Grünes auf der grünen Wiese Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten 3

1 Die Notwendigkeit für eine umweltschonende Förderung gewerblicher Infrastruktur Die europäische Struktur- und Kohäsionspolitik beansprucht weit über 300 Mrd. Euro. Das ist rund ein Drittel des Finanzvolumens des gesamten EU-Budgets. 1 Ein beträchtlicher Teil dieser Mittel wird für Infrastrukturmaßnahmen aufgewendet: Verkehrs- und Energienetze, Wasser- und Abwassersysteme, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Gewerbegebiete und Technologiezentren u. Ä. Mit der Vorlage des Budgetentwurfs (mehrjähriger Finanzrahmen) 2 und der Vorschläge für die Verordnungen der Struktur- und Kohäsionsfonds 3 für die Jahre 2014 2020 im Jahr 2011 ist die Fortschreibung der EU-Struktur- und Kohäsionspolitik aktuell in eine wichtige Phase eingetreten. Auf der Grundlage dieser Dokumente bereiten die Mitgliedsstaaten und ihre Regionen aktuell die inhaltliche Ausrichtung der Regionalpolitik für die nächsten sieben Jahre vor und setzen somit den inhaltlichen Rahmen für die Förderung in den europäischen Regionen. Auch zukünftig wird die Förderung der für die Entwicklung der Wirtschaft bedeutsamen Infrastrukturen hohe thematische Priorität genießen. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, EFRE (Artikel 3 und 5 des Entwurfs der EFRE-Verordnung für die Förderperiode ab 2014), sollte in folgende Infrastrukturbereiche vorrangig investieren: Einrichtungen, die grundlegende Dienstleistungen für die Bürger in den Bereichen Energie, Umwelt, Verkehr und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bereitstellen (mit Einschränkungen in reicheren Regionen) Soziales wie Gesundheit und Bildung Ausbau von Forschung und Innovation Entwicklung intelligenter Niederspannungsverteilersysteme Ausbau regionaler Mobilität durch Anbindung sekundärer und tertiärer Knotenpunkte ans Transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) Entwicklung umweltfreundlicher Verkehrssysteme mit geringen CO 2 - Emissionen und Förderung nachhaltiger städtischer Mobilität Sanierung und wirtschaftliche Belebung benachteiligter städtischer und ländlicher Gemeinschaften Gerade der Kohäsionsfonds, der in den wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen zum Einsatz kommt, akzentuiert die Umwelt- und Verkehrsinfrastrukturen. Explizit werden im Artikel 3 des Verordnungsentwurfs des Kohäsionsfonds folgende Aufgabenbereiche genannt: Ein großer Teil des Infrastrukturausbaus ist mitverantwortlich für vielerlei ökologische Schäden und Belastungen. Förderung der Energieeffizienz öffentlicher Gebäude und der Nutzung erneuerbarer Energien in öffentlichen Infrastrukturen Förderung von Strategien zur Senkung des CO 2 -Ausstoßes für städtische Gebiete Entwicklung umweltfreundlicher Verkehrssysteme mit geringen CO 2 - Emissionen und Förderung einer nachhaltigen städtischen Mobilität Ein Teil dieser Infrastrukturen, wie zum Beispiel die Abwasserreinigung, trägt ganz unmittelbar zur Verbesserung der Umweltqualität bei. Andere können dazu beitragen, wenn beispielsweise der Ausbau von Energienetzen den erneuerbaren Energien zur verbesserten Einspeisung und Versorgung verhilft. Ein großer Teil des Infrastrukturausbaus ist aber mitverantwortlich für vielerlei ökologische Schäden und Belastungen: Flächenversiegelung, Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts und der Bodenqualität, Zerschneidung 4

von Lebensräumen von Flora und Fauna, Emission von CO 2 und anderen Schadstoffen (u. a. durch Förderung nicht nachhaltiger Verkehrskonzepte). Dabei zeigen viele Praxisbeispiele zur umweltschonenden Gestaltung von Infrastrukturen, dass es auch anders geht, dass sich die Umweltbelastungen im Vergleich zum konventionellen Ausbau oftmals stark verringern lassen. In ihren Verordnungsvorschlägen stellt die EU-Kommission zwar Anforderungen an die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im Umweltschutz (der Artikel 8 des Entwurfs der Allgemeinen VO nennt im Einzelnen Ressourceneffizienz, Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Katastrophenresistenz und Risikoprävention und -management). Konkrete Empfehlungen oder Vorgaben, wie diese im Bereich der Infrastruktur verwirklicht werden sollen 4, bleibt sie jedoch schuldig. Der WWF Deutschland möchte mit dieser Studie daher aufzeigen, wie die europäische Regionalpolitik im Bereich der Förderung wirtschaftlicher Infrastruktur zukünftig stärker auf Ziele der umweltschonenden Gestaltung und Nutzung ausgerichtet werden kann. Deutschland befindet sich aktuell in der bedeutendsten Planungsphase für die kommende Förderperiode. Die Bundesländer liefern dem Bund ihre Vorstellungen über die inhaltliche Ausrichtung und Prioritätensetzung, so dass es von großer Bedeutung ist, umweltschonende Alternativen zum bisherigen Einsatz der europäischen Fördermittel aufzuzeigen und den Bundesländern an konkreten Beispielen die Weichenstellung hin zu einer nachhaltigen Entwicklung auch im Bereich der gewerblichen Infrastruktur darzustellen. Ziel ist es dabei herauszuarbeiten, wie mit bestehenden Konzepten und Praxisbeispielen für exemplarisch ausgewählte Handlungsfelder die gewerbliche und wirtschaftsnahe Infrastruktur umweltschonend gestaltet werden kann. Die vorliegende Studie wendet sich dabei folgenden Handlungsfeldern zu: Flächennutzung und -gestaltung, Energieeffizienz der Gebäude, Mobilität und Verkehr sowie Potenziale der Kooperation und Green IT. Die vorliegende Untersuchung will zur Beantwortung der Frage beitragen, auf welche Weise die Gestaltung wirtschaftlicher Infrastrukturen zum Erreichen eines übergeordneten Ziels, der Verwirklichung einer Green Economy, beitragen kann. Unter Green Economy wird eine Wirtschaftsweise verstanden, die ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Profitabilität und soziale Inklusion verbindet. Neben den institutionellen Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung war die Green Economy eine von zwei Schwerpunkten der Rio+20-Konferenz der Vereinten Nationen, die im Juni 2012 in Rio de Janeiro stattgefunden hat (UNEP 2011a). Die vorliegende Studie geht wie folgt vor: Hinführung zum Thema Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur sowie Finanzdatenanalyse des Bereichs Gewerbliche Infrastruktur in der aktuellen Förderperiode der EU-Regionalpolitik. Dabei wird die Bedeutung der Infrastrukturförderung in der europäischen Struktur- und Kohäsionspolitik herausgearbeitet Eine qualitative, fachliche Analyse, um Probleme, Trends und Umweltanforderungen darzustellen und Schlussfolgerungen daraus abzuleiten Darstellung von Good Practice-Beispielen 5, um Handlungsmöglichkeiten auf der Grundlage verwirklichter Projekte aufzuzeigen Empfehlungen für die zukünftige Förderung, die sich aus der Analyse und den Beispielen ergeben Mehr Grünes auf der grünen Wiese Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten 5

2 Förderung gewerblicher Infrastruktur in der europäischen Struktur- und Kohäsionspolitik Betrachtet man das Finanzvolumen, so stellt die Struktur- und Kohäsionspolitik der Europäischen Union gefolgt von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Förderzeitraum 2007 2013 mit ca. 344 Mrd. Euro den größten Haushaltsposten dar. Als Teil der EU-Regionalpolitik ist ihr seit 1986 die Aufgabe zugedacht, die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede in Europa zu verringern und den Zusammenhalt der Regionen zu festigen (Kohäsion). Die Infrastrukturförderung verschiedener Art ist ein Schwerpunkt der Struktur- und Kohäsionspolitik, wobei der Straßenbau traditionell den größten Anteil hat. 2.1 Wirtschaftsnahe Infrastruktur mehr als nur Gewerbeflächen und Straßen Definition In diesem Policy Paper werden die Begriffe wirtschaftsnahe und gewerbliche Infrastruktur synonym verwendet. Dem Verständnis nach handelt es sich um Infrastruktur, die gegenüber der privatwirtschaftlichen Produktion unmittelbar in Vorleistung geht. Sie deckt wesentlich mehr als den Flächenaspekt ab. Wirtschaftsnahe Infrastruktur wird häufig auch für andere Zwecke als für rein wirtschaftsbezogene in Anspruch genommen. So können zum Beispiel Verkehrswege, Energienetze oder Telekommunikationsleitungen auch im Rahmen des privaten Konsums oder Freizeitverhaltens genutzt werden. Häufig steht sie allen interessierten Nutzern diskriminierungsfrei zur Verfügung und kann als öffentliches Gut bezeichnet werden. In Anlehnung an die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur durch die Bund-Länder- Gemeinschaftsaufgabe in Deutschland (GA) und die Maßnahmen, die über die Struktur- und Kohäsionspolitik der EU in diesem Kontext kofinanziert werden, umfasst gewerbliche Infrastruktur nach unserem Verständnis folgende Aspekte: Wiederherrichtung von Brachen für die gewerbliche Nutzung, Altlastensanierung Erschließung von Industrie- und Gewerbegebieten Errichtung und Ausbau von Verkehrsverbindungen für die Anbindung von Gewerbegebieten an das (überregionale) Verkehrsnetz (d. h. Straße, Schiene, Wasser- und Luftweg) Errichtung und Ausbau von Wasserversorgungsleitungen und von Anlagen zur Beseitigung bzw. Reinigung von Abwasser Aufbau von Energieversorgungsleitungen Aufbau von Kommunikationsverbindungen (IT) Errichtung und Ausbau von Gewerbezentren einschließlich Gründungs- und Transfereinrichtungen Regionale Entwicklungskonzepte, Planungs- und Beratungsleistungen; Kooperationsnetzwerke und Clustermanagement zur Unterstützung der regionalen/überregionalen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und wirtschaftsnahen Institutionen Infrastruktur aus dem Bereich Forschung und technologische Entwicklung (FTE) wie z. B. Forschungs-, Entwicklungs-, Erprobungszentren 6

Ziel der Förderung ist es, durch wettbewerbsfähige, wirtschaftsnahe Infrastrukturen das unternehmerische Handeln zu unterstützen und Impulse für regionales Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu generieren. Die Förderung von Aspekten, die nur von Unternehmen und nicht der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden können, ist in Deutschland ausgeschlossen. Die Erhebung von Erschließungsgebühren (z. B. für Straßen) ist im Baugesetzbuch, in den Kommunalabgabengesetzen und kommunalen Satzungen geregelt (vgl. SMWA 2011; vgl. GABLER Wirtschaftslexikon 2011). Stellenwert der Förderung von wirtschaftsnaher Infrastruktur im Rahmen der EU-Struktur- und Kohäsionspolitik Den finanziellen Stellenwert gewerblicher Infrastruktur in Deutschland bzw. in Europa im Rahmen der europäischen Struktur- und Kohäsionspolitik stellen die Planzahlen für die aktuelle Förderperiode 2007 2013 dar. Die Zuordnung erfolgt anhand der definierten Ausgabenkategorien (Codes) nach Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1828/2006 der Kommission. Allerdings gibt es für die Förderung von wirtschaftsnaher Infrastruktur keine eigene Ausgabenkategorie. Vielmehr können solche Ausgaben einer Reihe von Codes zugeordnet werden wie z. B. dem Schienenverkehr (16), der Sanierung von verschmutzten Industriegeländen und Flächen (50) oder auch im Bereich der integrierten Projekte zur Wiederbelebung städtischer und ländlicher Gebiete (61). Die Kategorienauswahl für die nachfolgende Darstellung erfolgte in Deutschland anhand einer Analyse von ausgewählten Operationellen Programmen (OP). In diesen wurde zumindest teilweise angegeben, über welche Ausgabenkategorien die Förderung erfolgt ist und ob die Maßnahmenbereiche der vorangestellten Definition entsprechen. Für die Förderung der gewerblichen Infrastruktur im Rahmen der Struktur- und Kohäsionspolitik kommen insgesamt 28 Ausgabenkategorien in Betracht. 6 Ein Teil der Ausgaben hat expliziten Umweltbezug. Da eine Unterscheidung nach Codes in ökologisch nachhaltige bzw. ökologisch nicht nachhaltige Gewerbeinfrastruktur nicht möglich ist, lassen sich an dieser Stelle keine Finanzdaten über umweltschonende Infrastruktur in der gewerbebezogenen Struktur- und Kohäsionspolitik benennen. Was die konkrete finanzielle Verteilung auf die oben angesprochenen Ausgabenkategorien angeht, herrscht in Europa starke Heterogenität (siehe Abbildung 1). So spreizen sich die zur Verfügung stehenden Mittel in den EU- 27-Staaten zwischen knapp 15 Mio. Euro (für Luxemburg) und 35,5 Mrd. Euro (für Polen). Prozentual variieren die Werte ebenfalls sehr stark. In Österreich stehen lediglich ca. 6 Prozent der Mittel für Gewerbeinfrastruktur zur Verfügung, in der Slowakei sind es über 56 Prozent. Es fällt auf, dass besonders in den neuen Mitgliedstaaten in Osteuropa (die einen großen Teil der Konvergenz-Gebiete ausmachen) die prozentualen Werte sehr hoch sind. Ein Grund dafür sind die beträchtlichen Mittelanteile, die in Verkehrsinfrastruktur sowie in die Bereiche Wasserbewirtschaftung und -verteilung (Code 45) und Abwasserbehandlung (Code 46) fließen. Im EU-Durchschnitt stehen von den ca. 344 Mrd. Euro der aktuellen Förderperiode gut 42 Prozent potenziell für Gewerbeinfrastruktur zur Verfügung. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass mit den Finanzmitteln der erfassten Ausgabenkategorien auch Projekte gefördert werden, die nicht unbedingt primär als gewerbliche Infrastruktur fungieren. So dienen zum Beispiel die Wasserversorgung und die Abwasserreinigung primär der Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung und der Umweltqualität. Mehr Grünes auf der grünen Wiese Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten 7

60 50 40 30 20 10 0 Abbildung 1: Potenziell zur Verfügung stehende Fördermittel der EU-Struktur- und Kohäsionspolitik (Quelle: eigene Darstellung nach DG REGIO 2010) 2.2 Förderung wirtschaftsnaher Infrastruktur in Deutschland In Deutschland nimmt die Förderung gewerblicher Infrastruktur sowohl quantitativ (in Bezug auf die EFRE-Mittel bzw. Nennungen in OPs) wie auch qualitativ einen beachtlichen Stellenwert ein. Ein Blick auf die Operationellen Programme zeigt, dass die Erwähnung dieses Themenbereichs in Förderschwerpunkten oder Prioritätsachsen wie z. B. Optimierung der wirtschaftsnahen Infrastruktur zur Stärkung und Ausschöpfung regionaler Wachstumspotenziale (Schwerpunkt 3 EFRE-OP Brandenburg), Ausbau und Verbesserung der Infrastruktur für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum (EFRE-OP Sachsen, Prioritätsachse 5) oder auch Wirtschaftsnahe Infrastrukturförderung über Revitalisierung von Brachen in bestimmten Entwicklungsräumen (OP Hamburg, Prioritätsachse 2) in ausnahmslos allen OPs zu finden ist. Mit 26,4 Prozent rangiert Deutschland im Mittelfeld der potenziellen finanziellen Ausstattung und sticht weder positiv noch negativ hervor. Zum Teil werden die Anforderungen an die Nachhaltigkeit recht konkret und anspruchsvoll formuliert. Ein Beispiel: Im Maßnahmenbereich 2.1.2 der EFRE-Förderung in Baden-Württemberg sollen unter dem Titel Zukunfts fähige Stadtentwicklung zunächst brachliegende Flächen (einschließlich der Gebäude) revitalisiert und wieder nutzbar gemacht werden. Dabei gilt das Interesse der sparsamen Inanspruchnahme von Flächen und der nachhaltigen Stadtentwicklung. Die Erschließung neuer Gewerbegebiete wird grundsätzlich nicht gefördert. Bei der Projektauswahl kommen vielmehr solche Projekte in den Genuss vorrangiger Förderung (vgl. Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg 2007, S. 134 f.), die folgende Kriterien erfüllen: rationeller Einsatz von Energien»»»» Verwendung erneuerbarer Energien» Einsatz nachwachsender Rohstoffe» Anwendung umweltfreundlicher Bauweisen 8

Das Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt, wie sich konkrete Förderauswahlkriterien definieren lassen, die zu einer umweltschonenden Gestaltung der Gewerbeinfrastruktur beitragen. Oft finden sich allerdings keine konkret formulierten Förderziele oder Schwerpunkte in den OPs, sondern sehr offen gehaltene Maßnahmen. In Deutschland spielt zudem die finanzielle Förderung über die Bund-Länder- Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) für kommunale wirtschaftsnahe Infrastruktur eine zentrale Rolle. Durch den Ausbau einer leistungsfähigen Infrastruktur sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich Unternehmen ansiedeln und die Wettbewerbsfähigkeit strukturschwacher Regionen gestärkt wird. Jährlich stellt das BMWi für die Regionalförderung rund 600 Mio. Euro bereit, ein Großteil für Gewerbeinfrastruktur (vgl. BMWi 2011). Zu hoch sind die Subventionen, die derzeit noch immer in nicht nachhaltige Gewerbeinfrastrukturen fließen. Zu hoch sind die Subventionen, die derzeit noch immer in nicht nachhaltige Gewerbeinfrastrukturen fließen. Das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) berichtet z. B., dass zwischen 1991 und 2006 lediglich 3 Prozent aller Infrastrukturförderungen für die Wiederherrichtung von Brachflächen eingesetzt wurden hingegen ganze 20 Prozent für die Erschließung neuer Industrie- und Gewerbegelände. Diese Entwicklung steht in Deutschland im Widerspruch zum Ziel, bis zum Jahr 2020 die zusätzliche Flächeninanspruchnahme auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Aktuell sind es immer noch 94 Hektar pro Tag (vgl. UBA 2008; UBA 2011). Anforderungen der zukünftigen EU-Struktur- und Kohäsionspolitik Ab 2014 soll die zukünftige Struktur- und Kohäsionspolitik inhaltlich an der Strategie Europa 2020 ausgerichtet werden, die ihre Prioritäten im intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum sieht. Die Relevanz der Themen Umwelt- und Klimaschutz wird durch das Kernziel Klimawandel und Energie (Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent; Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 Prozent; Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent) und die Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa zum Ausdruck gebracht (vgl. Europäische Kommission 2010). Diese Ausrichtung deckt sich mit dem Ziel einer Green Economy, wie es von den Vereinten Nationen (UNEP) formuliert wurde. Dabei geht es darum, Wachstum und Beschäftigung durch öffentliche und private Investitionen zu fördern, die CO 2 -Emissionen zu reduzieren, Energie- und Ressourceneffizienz zu steigern und den Verlust der Biodiversität und der Vielfalt des Ökosystems zu stoppen. Die Bereiche erneuerbare Energien, Verkehr und Gebäude werden besonders betont (vgl. UNEP 2011b). Nach dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Allgemeine Verordnung (Artikel 8) sollen die Mitgliedstaaten und die Kommission sicherstellen, dass dem Umweltschutz bei der Vorbereitung und Umsetzung der Partnerschaftsvereinbarungen und Programme durch folgende Förderanforderungen Genüge getan wird (vgl. KOM(2011) 614 endgültig 2011): Ressourceneffizienz Klimaschutz»»»» Klimawandelanpassung»Katastrophenresistenz» Risikoprävention und -management Mehr Grünes auf der grünen Wiese Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten 9

Bisher allerdings bringt der Artikel 8 nicht klar genug zum Ausdruck, dass es nicht allein um die Förderung positiver, sondern auch um die Vermeidung möglicher negativer Umwelteffekte geht. Bisher allerdings bringt der Artikel 8 nicht klar genug zum Ausdruck, dass es nicht allein um die Förderung positiver, sondern auch um die Vermeidung möglicher negativer Umwelteffekte geht. Dabei könnte die Ergänzung des Artikels um das Prinzip des Mainstreamings 7 für Klarheit sorgen. Beim Klimaschutz schlagen die Verordnungen vor, gewisse Budgetanteile zur Verringerung der CO 2 -Emissionen in allen Wirtschaftssektoren verbindlich vorzuhalten (vgl. KOM(2011) 614 endgültig 2011, Artikel 4). Das zielt primär auf die Steigerungen der Energieeffizienz, den Anteil der erneuerbaren Energien und auf die Energienetze (Smart Grids). Weitere thematische Prioritäten mit Umweltrelevanz (vgl. KOM(2011) 615 endgültig 2011, Artikel 9) betreffen die Förderung der Klimawandelanpassung sowie Risikoprävention und Risikomanagement; für den EFRE spezifiziert als Unterstützung gezielter Investitionen zur Anpassung an den Klimawandel sowie zur Förderung von Investitionen zur Bewältigung spezieller Risiken, Sicherstellung des Katastrophenschutzes und Entwicklung von Katastrophenmanagementsystemen (vgl. KOM(2011) 614 endgültig 2011, Artikel 5); des Umweltschutzes und der Ressourceneffizienz; für den EFRE spezifiziert als Förderung von Investitionen in der Abfall- und Wasserwirtschaft, Schutz und Förderung des Kulturerbes, Erhaltung der Biodiversität, Bodenschutz und Förderung von Ökosystemdienstleistungen einschließlich NATURA 2000 und grüner Infrastrukturen; der Nachhaltigkeit im Verkehr und die Beseitigung von Engpässen in wichtigen Netzinfrastrukturen; für den EFRE spezifiziert u. a. als Entwicklung umweltfreundlicher Verkehrssysteme mit geringen CO 2 -Emissionen. Was die Ziele und die thematischen Prioritäten anbelangt, so wurden die Umweltaspekte in den Vorschlägen der EU-Kommission für die Förderperiode 2014 2020 umfassend berücksichtigt. Der Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur ist davon in vielfältiger Weise betroffen. Wie aber lassen sich diese Anforderungen in die verschiedenen Infrastrukturen der Förderbereiche integrieren? Wie lassen sich geeignete Kriterien für die Ausgestaltung bestimmen und wie lassen sich Projekte in ihrer Umweltrelevanz bewerten und in die Programme integrieren? Bei diesen Fragen besteht noch Konkretisierungsbedarf, der in den künftigen Programmen und Förderrichtlinien geklärt werden muss. Dergleichen Bedarf wird auch im Positionspapier des NGO-Netzwerks Greening the Cohesion Policy (vgl. NGO Network 2011) an verschiedenen Stellen angemeldet. Überdies wird darin auch die verbesserte Integration von Umweltaspekten gefordert wie auch geeignete administrative Verfahren und Governance-Strukturen für deren Umsetzung. Photovoltaikanlagen sind heute weit verbreitet. Sie sind eine umweltschonende und preisgünstige Energiequelle. Gewerbepark; Zero Emission Park. SOLVIS GmbH 10

3 Anforderungen und Konzeption einer umweltschonenden Gestaltung der gewerblichen Infrastruktur Dennoch gilt grundsätzlich, dass zahlreiche ökologisch bedeutsame Maßnahmen auch ökonomische Vorteile nach sich ziehen. Die vorliegende Untersuchung legt im Nachhaltigkeitskontext ihren Fokus auf eine umweltverträgliche Entwicklung von gewerblicher Infrastruktur, d. h.: Keine bzw. eine untergeordnete Rolle spielen Aspekte der Ökonomie (z. B. Rentabilität von Investitionen in Anlagen zur Steigerung der Energieeffizienz) und Soziales (z. B. Einrichtungen zur betrieblichen Kinderbetreuung). Dennoch gilt grundsätzlich, dass zahlreiche ökologisch bedeutsame Maßnahmen auch ökonomische Vorteile nach sich ziehen. So hilft beispielsweise die Energieeffizienz dabei, dauerhaft Kosten zu senken (vgl. Brückner 2007, S. 3). In der Literatur und diversen Studien wird überwiegend von einer umweltverträglichen, ressourcenschonenden bzw. ökologisch ausgerichteten Gewerbeflächenentwicklung gesprochen, wobei hier oft der Schwerpunkt auf die Fläche gelegt wird (vgl. Brückner 2007, S. 5). Um zu verdeutlichen, dass die Fläche nur ein Problembereich von vielen ist, wird nachfolgend von einer umweltverträglichen oder umweltschonenden Gewerbeinfrastruktur gesprochen. Industrie- und Gewerbeflächen nehmen in Deutschland erhebliche Flächen in Anspruch und deren Energieverbrauch ist enorm. Industrie und Wirtschaft haben mit einem Anteil von 40 Prozent den Hauptanteil an der globalen Umweltbelastung zu verantworten. So gesehen gehen Treibhauseffekt und damit auch der Klimawandel hauptursächlich auf deren Tun und Lassen zurück (vgl. Wolf 2010, S. 643). Vor diesem Hintergrund gilt es, die Negativeffekte, die durch den Betrieb von gewerblicher Infrastruktur entstehen, einzudämmen bzw. ihnen vorzubeugen. Die vorliegende Untersuchung illustriert Bereiche und Möglichkeiten, die eine umweltverträgliche Entwicklung der Gewerbeinfrastruktur fördern. Das Ausmaß der Anforderungen bei einer umweltgerechten Sanierung oder Neubebauung ist von Fall zu Fall verschieden. Die Realisierung eines jeden Projekts glückt durch die Verbindung von spezifischen Maßnahmen mit einem individuell angepassten Gesamtkonzept. Aufgrund der inhaltlichen und organisatorischen Komplexität empfiehlt sich eine ganzheitliche Herangehensweise, die alle Aspekte des jeweiligen Projekts zu einem integrierten Handlungs- und Strategiekonzept zusammenführt (vgl. Brückner 2007, S. 5 f.). Bereits vor über 20 Jahren wurden Überlegungen angestellt, wie sich industrielle Infrastruktur ökologischer gestaltet lässt. Gefragt wurde seinerzeit auch, welche Kooperationsmöglichkeiten bestehen, um die Unternehmenseffizienz zu steigern, ohne dass die Umweltverträglichkeit leidet. Damals wurde das Konzept der Eco-Industrial Parks eingeführt eine Idee, die heute in den Zero Emission Parks weiterlebt. Eco-Industrial Parks und Zero Emission Parks Die umweltverträgliche Entwicklung von gewerblicher Infrastruktur wird in den sogenannten Eco-Industrial Parks und Zero Emission Parks beispielhaft umgesetzt. Die Idee, die hinter Eco-Industrial Parks steht, kam Anfang der 1990er Jahre aus den USA. Das Konzept sieht vor, dass sich verschiedene Industrie- und Serviceunternehmen (eines Gewerbegebiets) zusammenschließen und gemeinsam ihre Öko-Effizienz steigern, indem sie durch Kooperation ihre Leistung aus Sicht der Umwelt und Wirtschaft verbessern. Das gelingt Mehr Grünes auf der grünen Wiese Gewerbliche Infrastrukturen umweltschonend gestalten 11

durch die Zusammenarbeit untereinander im Hinblick auf natürliche Ressourcen und Abfallprodukte, die das Unternehmen A produziert, um von Unternehmen B weiterverwendet zu werden (vgl. Haggar 2007, S. 97 ff.). Im Projekt Zero Emission Park sollen schädliche Nebenwirkungen und besonders der hohe CO 2 -Ausstoß auf null reduziert werden. Im Vordergrund steht hier nicht der einzelne Betrieb, sondern das Gesamtgebiet. Nicht nur die Senkung des Energieverbrauchs oder der Einsatz erneuerbarer Energien sind Ziele des Projekts, sondern eine ganzheitlich ökologisch, ökonomisch und soziale Entwicklung und Orientierung der Industrie- und Gewerbegebiete. Dabei werden alle Bereiche, die eine nachhaltige moderne Stadtentwicklungspolitik berühren, in der Projektumsetzung berücksichtigt: Energie, Verkehr, Mobilität, Gebäudestrukturen, Flächenmanagement, Sozialstrukturen sowie infrastrukturelle und städtebauliche Anforderungen für Industrie- und Gewerbegebiete und deren Integration in die Stadtentwicklung (vgl. Zero Emission GmbH 2011). Im Zusammenhang mit umweltschonender Gewerbeinfrastruktur besteht eine große Themenvielfalt, die verschiedene Bereiche abdeckt. Grundlegend ist die Flächennutzung, d. h. der Grad der Versiegelung, die vorhandenen Freiflächen und die eventuelle Bodenbelastung. Weitere wichtige Aspekte sind die Verkehrsanbindung und die Art der Bebauung. Zur Verkehrsanbindung gehört weitaus mehr als die Straßen- oder Schienenanbindung für Personenund Güterverkehr. Hinzu kommen Themen wie Mobilitätsmanagement oder Warenlogistik. Eine umweltschonenende Gewerbeinfrastruktur findet auch in den Immobilien selbst einen entsprechenden Ausdruck: Um eine möglichst hohe Energieeffizienz zu erreichen, spielen aus ökologischer Sicht die Auswahl der Baumaterialien und die Dämmung eine zentrale Rolle. Darüber hinaus: Regen- und Brauchwassernutzung sowie der Einsatz erneuerbarer Energieträger wie z. B. Photovoltaik und Solarthermie. Übergreifend relevant für Verkehr, Logistik, Energie und Stoffströme sind Vernetzung und Kooperation. Das gilt auch für den IT-Bereich. Zusammenarbeit erzeugt Synergien. Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Bereichen ist nicht immer trennscharf möglich. So ist das Thema Energie beispielsweise nicht nur für den Gebäudeund IT-Bereich relevant, obwohl es an den entsprechenden Stellen primär in diesen Zusammenhängen erwähnt wird. In der vorliegenden Untersuchung können nicht alle oben genannten Aspekte ausgebreitet werden. Deshalb wurden Schwerpunkte gesetzt und Bereiche zusammengefasst. In den Kapiteln 3.2 bis 3.5 werden die Themen Flächennutzung, Energie/Gebäude, Green IT, Mobilität und Verkehr sowie Vernetzung und Kooperation aufgegriffen. In den einzelnen Unterkapiteln wird zunächst auf die Probleme, Trends und Umweltanforderungen des jeweiligen Bereichs eingegangen. Anschließend folgen Good Practice-Beispiele, die entweder im Rahmen der Struktur- und Kohäsionspolitik kofinanziert wurden oder potenziell über diese förderfähig wären. Innenentwicklung vor Außenentwicklung: Die Revitalisierung alter Brachflächen für die gewerbliche Nutzung verhindert weiteren Flächenverbrauch. Hartmut910/pixelio 12