Arbeitsverhältnisse in den Dienstleistungsberufen Pflege, Haushalt und Gastronomie

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Transkript:

Kantonsrat St.Gallen 61.16.33 Einfache Anfrage Lemmenmeier-St.Gallen vom 25. August 2016 Arbeitsverhältnisse in den Dienstleistungsberufen Pflege, Haushalt und Gastronomie Schriftliche Antwort der Regierung vom 8. November 2016 Max Lemmenmeier-St.Gallen erkundigt sich in seiner Einfachen Anfrage vom 25. August 2016 nach dem Umfang und den gesetzlichen Grundlagen für kurzfristige Arbeitsverhältnisse in Haushalt, Altenpflege und Gastronomie. Im Weiteren interessieren ihn Kontrolle, mögliche Massnahmen und gesetzgeberischer Handlungsbedarf betreffend missbräuchliche Arbeitsverhältnisse in den genannten Berufen. Die Regierung antwortet wie folgt: Kurzfristige Arbeitsverhältnisse entsprechen meist den Bedürfnissen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Dass z.b. für die Betreuung von Betagten zunehmend sogenannte Pendelmigrantinnen eingesetzt werden, hat vielerlei Ursachen. 1 Es besteht deshalb keine Veranlassung, kurzfristige Arbeitsverhältnisse grundsätzlich zu unterbinden. Hingegen ist anzustreben, dass in der häuslichen Pflege wie auch in kurzfristigen Arbeitsverhältnissen generell keine prekären Arbeitsbedingungen herrschen. Zu den einzelnen Fragen: 1. Für die Beschäftigung von EU/EFTA-Staatsangehörigen während bis zu 90 Tagen im Kalenderjahr besteht lediglich eine Meldepflicht gemäss Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681). Der Kanton St.Gallen führt keine Statistiken über die kurzfristigen Arbeitsverhältnisse in Haushalt, Altenpflege und Gastronomie. Das Staatssekretariat für Migration führt jedoch für die Kantone eine Statistik mit aktuellen Zahlen, die dem Kanton St. Gallen monatlich zugestellt wird. Darin werden die einzelnen Berufe nicht im Detail, sondern in Kategorien erfasst. So werden sämtliche Berufe in der Gastronomie (Koch, Servierpersonal usw.) dem «Gastgewerbe» zugeteilt. Die Altenpflege wird gemeinsam mit «Gesundheits-, Veterinärwesen, Heime und Kinderkrippen» aufgelistet und Arbeitsverhältnisse im Haushalt unter «Private Haushaltsdienstleistungen». Bei den privaten Haushaltsdienstleistungen wird jedoch nicht ausgewiesen, ob es sich um Reinigungsarbeiten, Kochen oder um Spitex-ähnliche Tätigkeiten handelt. Anzahl Arbeitstage der Meldepflichtigen aus EU-27/EFTA-Staaten im Kanton St.Gallen nach Wirtschaftszweig im Jahr 2015 1 Vgl. Bericht des Bundesrates vom 29. April 2015 in Erfüllung des Postulats Schmid-Federer 12.3266 vom 16. März 2012, Rechtliche Rahmenbedingungen für die Pendelmigration zur Alterspflege, Ziff. 2.1. 1/5

Total Arbeitnehmende bei einem Schweizer Arbeitgeber Selbständige Dienstleistungserbringende Entsandte Arbeitnehmende Gastgewerbe 29'446 29'197 38 211 Gesundheits-, Veterinärwesen, Heime, Kinderkrippen Private Haushaltsdienstleistungen Quelle: Staatssekretariat für Migration, Statistikdienst 15'390 14'550 359 481 4'400 3'781 191 428 2./3. Kurzfristige Arbeitsverhältnisse unterstehen wie alle Arbeitsverhältnisse den Art. 319 ff. des Obligationenrechts (SR 220; abgekürzt OR). Für kurzfristige Arbeitsverhältnisse von Bedeutung sind insbesondere die Bestimmungen über die Probezeit, die Kündigungsfristen, den wöchentlichen Ruhetag und die Ferien. Für die Probezeit kann eine beliebig kurze Kündigungsfrist vereinbart werden. Auch in befristeten Arbeitsverhältnissen ist die Vereinbarung einer Probezeit zulässig. Nach Ablauf der Probezeit muss eine Kündigungsfrist von wenigstens einem Monat eingehalten werden. Die Herabsetzung der Kündigungsfrist ist nur mittels Gesamtarbeitsvertrag im ersten Dienstjahr zulässig. Den Arbeitnehmenden muss nach Art. 329 OR jede Woche ein freier Tag gewährt werden. Auf den wöchentlichen freien Tag kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn dafür nach einer mehrwöchigen Periode ohne Freitage eine entsprechende Anzahl zusammenhängender freier Tage gewährt oder der freie Tag in zwei freie Halbtage aufgeteilt wird. In der Praxis können damit Hausangestellten nach zwei bis vier Sieben-Tage-Wochen die freien Tage am Stück gewährt werden. Bei Arbeitseinsätzen über Personalverleiher gelten bei befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen kurze Kündigungsfristen von zwei Tagen während der ersten drei Monate und von sieben Tagen vom vierten bis sechsten Monat (Art. 19 Abs. 4 des eidgenössischen Arbeitsvermittlungsgesetzes [SR 823.11; abgekürzt AVG]). In Arbeitsverhältnissen mit Personalverleihern müssen ausserdem die Bestimmungen des allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrags Personalverleih eingehalten werden. Auch auf kurzfristige Arbeitsverhältnisse ist das eidgenössische Arbeitsgesetz (SR 822.11) anwendbar, insbesondere die Arbeits- und Ruhezeitvorschriften. Vom Anwendungsbereich ausdrücklich vollständig ausgenommen sind allerdings unter anderem Tätigkeiten in privaten Haushaltungen, in der landwirtschaftlichen Urproduktion und in der gärtnerischen Pflanzenproduktion. Für Arbeitsverhältnisse im Gastgewerbe ist der allgemeinverbindliche Landes-Gesamtarbeitsvertrag für das Gastgewerbe zu beachten. Dieser regelt unter anderem Probezeit, Kündigungsfrist, Arbeitszeit, Ruhetage und die Mindestlöhne. Auf Arbeitsverhältnisse in landwirtschaftlichen Betrieben und Haushalten ist der Normalarbeitsvertrag (NAV) für landwirtschaftliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (sgs 513.2) anwendbar. Dieser beschränkt die Arbeitszeit auf zehn Stunden je Tag, definiert aber keine Höchstarbeitszeit je Woche. Er gibt ausserdem Anspruch auf eineinhalb freie Tage je Woche, wobei der ganze freie Tag einmal monatlich am Sonntag zu gewähren ist (Art. 15). Alle diese Bestimmungen sind auf das Alppersonal während der Alpzeit nicht anwendbar. Tätigkeiten in privaten Haushaltungen, sei es Haushaltführung oder Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen, unterliegen dem NAV für hauswirtschaftliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (sgs 513.1). Dieser beschränkt die Arbeitszeit auf neun Stunden je Tag und 50 Stunden je Woche (Art. 13) und gibt Anspruch auf eineinhalb freie Tage je Woche, wobei der ganze freie Tag nach Möglichkeit am Sonntag zu gewähren ist (Art. 15). {F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634}{F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634} 2/5

Die Bestimmungen in den NAV der Kantone sind durchwegs dispositives Recht. Sie greifen nur dort, wo zwischen den Vertragsparteien keine anderen Vereinbarungen getroffen wurden. Im Kanton St.Gallen müssen Abweichungen vom NAV ausdrücklich schriftlich vereinbart werden. Auf Bundesebene ist am 1. Januar 2011 die eidgenössische Verordnung über den Normalarbeitsvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Hauswirtschaft (SR 221.215.329.4; abgekürzt NAV-Hauswirtschaft) mit Mindestlöhnen in Kraft getreten. Deren Gültigkeitsdauer wurde am 13. November 2013 bis Ende des Jahres 2016 verlängert. Sie regelt den Mindestlohn von Hausangestellten in Privathaushalten. Die Tripartite Kommission des Bundes im Rahmen der flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr hat dem Bundesrat die nochmalige Verlängerung des NAV-Hauswirtschaft und eine gleichzeitige Anpassung der Mindestlöhne per 1. Januar 2017 beantragt. Die Schweiz hat am 12. November 2014 die Konvention Nr. 189 der Internationalen Arbeitsorganisation betreffend menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte (SR 0.822.728.9) ratifiziert. Damit verpflichtet sie sich, die rechtliche Lage der Hausangestellten bezüglich Entlöhnung, Regelung bzw. Beschränkung der Arbeitszeit, soziale Sicherheit und sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu verbessern und ihnen dieselben Bedingungen, wie sie sonstigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugestanden werden, zu garantieren. Aus Sicht der Regierung besteht deshalb keine Veranlassung, kurzfristige Arbeitsverhältnisse, die im gesetzlichen Rahmen liegen, zu unterbinden. Jedoch sind andere Massnahmen zu prüfen, um ausbeuterische Arbeitsverhältnisse zu vermeiden, beispielsweise durch bessere Information von Pflegenden, Betagten und Angehörigen. 4. Mit dem Vollzug der Flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit wurden verschiedene Akteure beauftragt: In Branchen mit einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag (ave GAV) haben die aus Vertretern der Sozialpartner bestehenden Paritätischen Kommissionen (PK) die Einhaltung der Bestimmungen zu kontrollieren, in Branchen ohne ave GAV überwacht die Tripartite Kommission (TPK) den Arbeitsmarkt. Es herrscht damit ein Vollzugsdualismus. Die Kontrollzuständigkeit regelt sich aufgrund der ausgeführten Tätigkeit. Ist diese einer Berufsbranche zuzuordnen, für die ein ave GAV vorliegt, ist die Kontrollzuständigkeit bei der entsprechenden Paritätischen Berufskommission. Für Tätigkeiten in der Gastronomie liegt ein allgemeinverbindlicher Landes-Gesamtarbeitsvertrag vor (vgl. Ziff. 2 und 3). Somit ist das zuständige Kontrollorgan der paritätische Berufsverband der Gastro Suisse. Über die Kontrolltätigkeiten der Berufsverbände können keine Angaben gemacht werden. Für alle übrigen Berufstätigkeiten beobachtet und überwacht die TPK den Arbeitsmarkt (vgl. Ziff. 5). Das kantonale Kontrollorgan ist beim Amt für Wirtschaft und Arbeit angesiedelt. Die Kontrollen werden vor Ort und/oder schriftlich vorgenommen. Dabei werden Lohnunterlagen auf branchen- und ortsübliche Entlöhnung überprüft. Kontrollen vor Ort in Privathaushalten werden eher zurückhaltend ausgeführt. Gehen Hinweise aus der Bevölkerung oder ähnlicher Berufsgattungen ein, sprechen die Kontrolleure an besagter Adresse vor. Dabei werden die Arbeitgebenden (sofern möglich) und die Angestellten zu ihren Lohn- und Anstellungsbedingungen befragt. Bei Feststellungen von missbräuchlichen Anstellungs- und Lohnbedingungen werden Lohnverhandlungen aufgenommen. 5. Für den Einsatz ausländischer Arbeitskräfte gelten je nach Staatsangehörigkeit verschiedene Voraussetzungen für eine Anstellung bei einem Schweizer Arbeitgebenden. EU-27/EFTA- {F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634}{F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634} 3/5

Staatsangehörige mit einer maximalen Einsatzdauer von 90 Tagen je Kalenderjahr unterstehen der Meldepflicht gemäss dem Bundesgesetz über die flankierenden Massnahmen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und über die Kontrolle der in Normalarbeitsverträgen vorgesehenen Mindestlöhne (eidgenössisches Entsendegesetz [SR 823.20; abgekürzt EntsG]). Bei EU-27/EFTA-Staatsangehörigen mit einer Einsatzdauer über 90 Arbeitstagen je Kalenderjahr und bei Drittstaatenangehörigen ist eine Arbeitsbewilligung notwendig. Falls eine Arbeitsbewilligung erforderlich ist, wird die Einhaltung des Mindestlohns bzw. der orts- und branchenüblichen Löhne vom Amt für Wirtschaft und Arbeit als Arbeitsmarktbehörde geprüft. In den übrigen Fällen werden im Rahmen der Arbeitsmarktbeobachtung Lohnkontrollen durchgeführt. Die TPK hat zur Aufgabe, den Arbeitsmarkt generell zu beobachten. Die Geschäftsstelle führt detaillierte Abklärungen (v.a. Lohnerhebungen) durch und ist zuständig für die Kontrolle von Lohn- und Arbeitsbedingungen in Branchen, in denen kein ave GAV besteht. Sie kontrolliert die Einhaltung von zwingenden NAV und prüft, ob die orts- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Stellt die TPK nach Art. 360b OR fest, dass in einer Branche oder einem Beruf die orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne und Arbeitszeiten wiederholt in missbräuchlicher Weise unterboten werden, kann sie mit Zustimmung der Vertragsparteien die Allgemeinverbindlicherklärung des für die betreffende Branche geltenden GAV beantragen (Art. 1a des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen [SR 221.215.311; abgekürzt AVEG]). Falls kein GAV vorliegt, kann die TPK den Erlass eines befristeten NAV beantragen, der Mindestlöhne vorsieht. Nachdem für das Gastgewerbe bereits vor vielen Jahren ein GAV bundesweit allgemeinverbindlich erklärt wurde, besteht für diese Branche keine kantonale Regelungsmöglichkeit mehr. Für die Kontrolle der Einhaltung der gesamtarbeitsvertraglichen Bestimmungen sind grundsätzlich die Vertragsparteien zuständig (Art. 257a Abs. 1 OR). 6. Die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse liegt ausschliesslich beim Bund (Art. 122 Abs. 1 der Bundesverfassung [SR 101; abgekürzt BV]). Der Bund hat auch von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, Vorschriften betreffend Arbeitnehmerschutz, Arbeitsvermittlung und Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen zu erlassen (Art. 110 Abs. 1 BV). Die Kantone haben damit keine eigenständigen gesetzgeberischen Kompetenzen im Bereich des privaten Arbeitsvertragsrechts und des Arbeitnehmerschutzes. Sie können lediglich dort Regelungen erlassen, wo ihnen der Bund diese Kompetenz ausdrücklich zuweist. So können die Kantone bereits bestehende kantonale Gesamtarbeitsverträge auf Antrag der Vertragsparteien allgemeinverbindlich erklären (Art. 1 i.v.m. Art. 7 Abs. 2 AVEG]). Im Bereich der landwirtschaftlichen und hauswirtschaftlichen Arbeitsverhältnisse besteht vor allem Regelungsbedarf bezüglich Arbeitszeit, Ruhezeit und Bereitschaftsdienst. Da mit den NAV der Kantone kein zwingendes Recht gesetzt werden kann, ist hier gesetzgeberisches Handeln des Bundes vonnöten. Dazu wird auf die in Ziff. 5 des erwähnten Berichts «Rechtliche Rahmenbedingungen der Pendelmigration zur Alterspflege» genannten Lösungsmöglichkeiten verwiesen. Darin werden verschiedene Lösungsansätze aufgezeigt, die dem Bundesrat Ende des Jahres 2016 vorgelegt werden sollen. Zu den möglichen Lösungsansätzen gehören die Schaffung einer neuen Verordnung zum Arbeitsgesetz, ein ave GAV Betreuungsdienstleistung, eine Verstärkung der bestehenden kantonalen NAV oder die Schaffung {F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634}{F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634} 4/5

eines nationalen NAV mit zwingenden Bestimmungen oder die Unterstellung unter das Arbeitsgesetz. Auch diskutiert wurden eine Aufklärungspflicht der Arbeitgebenden sowie Informations- und Sensibilisierungsmassnahmen. In Bezug auf Informations- und Sensibilisierungsmassnahmen hat das Gesundheitsdepartement auf kantonaler Ebene für den Bereich der Pflege (Care migration) ein Projekt lanciert. Dabei ist der Einbezug des Departementes des Innern für die Situation der stationären Langzeitpflege vorgesehen. {F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634}{F67EEFB8-9B2B-411F-B09B-A60B993E4634} 5/5