Verhältnis zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof

Ähnliche Dokumente
2. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik - Art EUV. 3. Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

A. Grundlagen und Geschichte. I. Was ist Verfassungsrecht? STAATSRECHT

Rechtmäßigkeitsanforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung

Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Bundesgesetze vor Inkrafttreten

Zur Zulässigkeit einkommensunabhängiger Schulgelder an Ersatzschulen

Kompetenzübertragung im Rahmen der Bundessteuerverwaltung Möglichkeit einer Übertragung ohne die Zustimmung aller Länder

SACHSTAND. Die Informationsrechte des Abgeordneten. Tel.:

Erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bei Infrastrukturprojekten

V. Das Rechtsschutzsystem in der EG 1. Verfahrensübersicht

AUSARBEITUNG. Kommunales Wahlrecht für Ausländer (Drittstaater)

Finanzverfassung und europäisches Vergaberecht: Art. 106a GG

Ausnahmegenehmigung und Befreiung vom Bebauungsplan in Bezug auf die Informationsfreiheit

Vorabentscheidungsverfahren des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art EG-Vertrag

Deutscher Bundestag. Ausarbeitung. Stasiüberprüfung und Beamtenstatutsgesetz. Wissenschaftliche Dienste WD 3 005/10

Einzelfragen zu militärischen Beschaffungen durch Leasing

Frage zur Novelle des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten

Zur Eingliederung von Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung

Die Rolle des nationalen Richters und das Vorabentscheidungsverfahren

Zur Amtsbeendigung des Bundeskanzlers

Bedeutung der allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG im Zusammenhang mit Abschiebeverboten im Ausländerrecht

STAATSRECHT III TEIL 3: DEUTSCHLAND ALS EU-MITGLIED. Europäische Integration und Grundgesetz

Kooperation von Europaischem Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht im Bereich des Grundrechtsschutzes

Prof. Dr. Viola Schmid, LL.M. (Harvard) Übung Öffentliches Recht WS 2005/2006 Umwelt- und Technikrecht

Deutscher Bundestag. Ausarbeitung. Ist der Ausschluss einzelner politischer Gruppierungen vom Christopher Street Day rechtlich zulässig?

Aussetzen des Familiennachzugs zu international subsidiär Schutzberechtigten aus verfassungsrechtlicher Sicht

Zur Verfassungs- und Gesetzesmäßigkeit der Bahnprivatisierung

Rechtliche Zulässigkeit der Privatisierung

Zu den Grundrechten in der Weimarer Reichsverfassung

Videoaufzeichnungen aus Autobahntunneln nach dem Bundesdatenschutzgesetz

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand

Datenschutzregelungen in 31 Genossenschaftsgesetz

Deutscher Bundestag. Ausarbeitung. Sorbisch als Gerichtssprache vor dem Landgericht Görlitz. Wissenschaftliche Dienste WD /11

Einsatz der Bundeswehr im Innern Übernahme von hoheitlichen Aufgaben der Polizei durch die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe

Lärmvorsorge an Bundesautobahnen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bei einseitig zuschaltbarem Standstreifen

Rechtliche Durchsetzung des Rechts auf Privatsphäre eines Kindes

Außergerichtliche Reaktionsmöglichkeiten der Geschädigten auf ein medizinisches Gutachten der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrages Deutscher Bundestag WD /18

Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit von Regierungen in zeitlicher Nähe zu Wahlterminen

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Europarechtlich harmonisierte Steuern Deutscher Bundestag WD /17

Deutscher Bundestag. Ausarbeitung. Registrierungspflicht von Lobbyisten: Ahndung von Verstößen durch den Deutschen Bundestag?

Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Überprüfung der Genehmigung der vorläufigen Anwendbarkeit des Freihandelsabkommens CETA

I. Prozessgrundrechte

Zum eigenständigen Aufenthaltsrecht eines Ehegatten nach dem Aufenthaltsgesetz

Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundestagsfraktionen

Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des Bundestages im Falle eines so genannten dritten Griechenlandpaketes durch den Europaausschuss des Bundestages

- Sachstand Deutscher Bundestag WD 3-476/07

Europäische Union nach dem Unionsvertrag (1992) (sog. Tempel-/Säulenstruktur)

Deutscher Bundestag. Ausarbeitung. Zugang von Verbänden zu Gerichten in Umweltangelegenheiten Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Übereinkommen

V. Rechtsetzung der Europäischen Gemeinschaften. - Stufen des Gemeinschaftsrechts. zukünftig: geschriebene Verfassung?

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum EG- Recht und Vergleich mit den Ansätzen des polnischen Verfassungsgerichtshofs

Die akademische Selbstverwaltung in der Europäischen Union

Privatrechtliche Handlungsfähigkeit von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Examens-Repetitorium Europarecht. Staatsrecht III

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Gesetzliche Regelungen zu Interessenkonflikten Deutscher Bundestag WD /17

Entschädigung, Altersvorsorge und Altersversorgung hauptamtlicher Politiker in Deutschland

Zur Weisungsbefugnis des Leiters des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge

Überwachung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages durch den Verfassungsschutz

Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren im Hinblick auf das Tierschutzgesetz (TierSchG)

Wissenschaftliche Dienste. Ausarbeitung. Bund-Länder-Vereinbarungen nach Art. 91b GG Deutscher Bundestag WD /16

SAR-Werte mobiler Endgeräte. - Dokumentation -

Europarecht I (Grundzüge des Europarechts)

PÜ Europarecht. Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz im EU- Recht

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Archiv- und Urheberrecht Deutscher Bundestag WD /16

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Videoüberwachung im öffentlichen Raum Deutscher Bundestag WD /16

Transparenz im Gesundheitswesen

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Einzelfrage zur Flüchtlingspolitik Deutscher Bundestag WD /15

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Sanktionen bei Datenmissbrauch Deutscher Bundestag WD /18

Die Öffentlichkeitsbeteiligung bei Windparkvorhaben

Fragen zu städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen

Abtreibung. Frage 1: Vorlage (1/7) Vorlage (2/7) Übungen im Europarecht Fall 2 vom 3. Oktober Sich stellende Fragen.

Ausschreibungspflicht von Sondernutzungsverträgen Im Hinblick auf die EU-Konzessionsvergaberichtlinie

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Zweitwohnungsteuer bei Gartenlauben Deutscher Bundestag WD /18

Europäisches Prozessrecht

II Art. 6 Abs. 2 EUV. 5

Zum Verhältnis von Petitionsverfahren und laufendem Gerichtsverfahren

Zu den Zuständigkeiten beim Schutz vor Schienenlärm

Deutscher Bundestag. Ausarbeitung

Zu den Begriffen deutsches Volk, Deutsche und deutsche Volkszugehörigkeit im Grundgesetz

Zustimmungserfordernisse bei Veräußerungen von Liegenschaften des Bundes

Im Namen des Volkes. In den Verfahren über die Anträge festzustellen: 1. a) Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ist verfassungswidrig.

Sicherung der Bundesgrenzen aus föderaler Perspektive Anmerkungen zum Gutachten Migrationskrise als föderales Verfassungsproblem

Zum Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes

Das Tragen religiös begründeter Kopfbedeckungen von Richtern/Staatsanwälten bei Amtshandlungen

Fragen zum deutschen und israelischen Staatsangehörigkeitsrecht

Konkurrentenklagen von Bundesbeamten Entwicklung der Zahl im Zeitraum von 2007 bis 2011

Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes zu einer Gemeinschaftsaufgabe Ländliche Entwicklung

Demgegenüber ist die Europäische Gemeinschaft eine supranationale Organisation.

Art. 28 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995

Überhangmandate der CSU nach dem neuen Wahlrecht

Zur Feindstaatenklausel in der Charta der Vereinten Nationen

Leistungsausschluss von der Grundsicherung nach SGB II für Personen unter 50 Jahren

Deutscher Bundestag. Sachstand. Regelungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG) im Falle tot- und fehlgeborener. Wissenschaftliche Dienste

Konversatorium zum Grundkurs Öffentliches Recht I Staatsorganisationsrecht. Fall 2: Wiedereinführung der Todesstrafe

Deutscher Bundestag. Sachstand. Zuständigkeiten des Bundes bei Manövern und anderen Übungen ausländischer Streitkräfte in Deutschland

Die Richtlinien und Beschlüsse des G-BA im Verhältnis zu den sonstigen untergesetzlichen Normen in der Gestalt der Schiedsstellenpraxis

Einzelfrage zur Eigenkapitalerhöhung bei der Deutschen Bahn AG

Kurzinformation Anteil des Finanzsektors am Bruttoinlandsprodukt in Großbritannien, den USA und Deutschland

Zur Regelung neuer Pflichten bei medizinisch indiziertem Schwangerschaftsabbruch

Strafrechtliche Konsequenzen bei der Weitergabe von Informationen

Europarecht. V. Rechtschutz im Unionsrecht

Transkript:

Verhältnis zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof - Ausarbeitung - 2006 Deutscher Bundestag WD 3-183/06

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Verhältnis zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof Ausarbeitung WD 3-183/06 Abschluss der Arbeit: 10. Mai 2006 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag.

Inhalt 1. Einleitung 3 2. Zuständigkeit für Verfahren betreffend die Kompetenz- und Grundrechtskonformität von Gemeinschaftsrecht und Rechtsakten der Gemeinschaft 3 2.1. Sicht des BVerfG 4 2.2. Sicht des EuGH 5 3. Vorlageberechtigung und -verpflichtung nationaler Gerichte 5

- 3-1. Einleitung Sowohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) haben durch die sie konstituierenden Rechtssätze Kompetenzen zugewiesen bekommen. Die Zuständigkeit des BVerfG ist in Art. 93 Grundgesetz (GG) abschließend geregelt. Die Zuständigkeiten des EuGH sind in den Art. 226 ff. des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) geregelt. In Art. 240 EGV ist normiert, dass soweit keine Zuständigkeit des Gerichtshofes auf Grund des EGV besteht Streitsachen, bei denen die Gemeinschaft Partei ist, der Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte nicht entzogen sind. Es bestehen daher klare Kompetenzzuweisungen bezüglich Streitigkeiten, die entweder rein innerstaatlicher Natur sind oder bei denen die Gemeinschaft Partei ist. Problematisch sind jedoch die Fälle, in denen es um die Frage von Grundrechtskonformität von Gemeinschaftsrecht geht, namentlich welches Gericht in diesen Fällen die letzte Instanz darstellt. Daneben stellt sich die Frage, wann und inwieweit nationale Gerichte beim EuGH vorlageberechtigt oder sogar -verpflichtet sind. 2. Zuständigkeit für Verfahren betreffend die Kompetenz- und Grundrechtskonformität von Gemeinschaftsrecht und Rechtsakten der Gemeinschaft Dem EuGH ist nach Art. 220 EGV die Aufgabe zugewiesen, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrages zu sichern und nach Art. 230 EGV über die Rechtmäßigkeit von Rechtsakten der Gemeinschaft zu wachen. Über die vormals durch Art. 24 GG, heute durch Art. 23 GG erfolgte Übertragung von Rechtsschutzaufgaben auf die Gemeinschaft gelten jedoch die immanenten verfassungsrechtlichen Grenzen der Übertragung von Hoheitsrechten auch insoweit. Der EuGH ist daher auf die ihm durch den Vertrag zugewiesenen Aufgaben beschränkt. 1 Zu diesen Aufgaben zählt auch die Entscheidung bei Rechtsstreitigkeiten darüber, ob sich Akte von Gemeinschaftsorganen innerhalb der Grenzen der ihnen übertragenen 1 Günter Hirsch, Europäischer Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht Kooperation oder Konfrontation, NJW 1996, 2457, [2462].

- 4 - Befugnisse halten oder ob es sich um unzulässige Überschreitungen handelt (so genannte ausbrechende Rechtsakte). Problematisch ist allerdings die Frage, ob Entscheidungen des EuGH der Kontrolle nationaler Gerichte unterliegen können, wenn beispielsweise Grundsätze der nationalen Verfassungen berührt werden. 2.1. Sicht des BVerfG Das BVerfG hat diese Problematik in verschiedenen Entscheidungen angefangen mit dem Solange I-Beschluss 2 1974 über den Solange II-Beschluss 3 1986 bis hin zum Maastricht-Urteil 4 1993 - behandelt und folgende Rechtsansicht entwickelt: Solange die EG, insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH, einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaft generell gewährleistet, der dem vom GG als unabdingbar gebotenen Schutz im Wesentlichen gleichzusetzen ist, wird das BVerfG seine Gerichtsbarkeit nicht mehr ausüben und dieses (vom EuGH gesprochene) Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte des GG überprüfen. 5 Das BVerfG behält sich jedoch vor, bei in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichendem Grundrechtsschutz selbst die letztinstanzliche Entscheidungsbefugnis zu besitzen. Im Maastricht-Urteil spricht das BVerfG von einer Art Kooperationsverhältnis zum EuGH, wobei eine Art Arbeitsteilung vorgenommen wird. 6 Danach garantiert der EuGH den Grundrechtsschutz in jedem Einzelfall für das gesamte EU-Gebiet, das BVerfG beschränkt sich auf die generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards. 7 Für unabdingbar hält das BVerfG dabei den Wesensgehalt der Grundrechte. 2 BVerfGE 37, 271. 3 BVerfGE 73, 339. 4 BVerfGE 89, 155. 5 BVerfGE 73, 339. 6 Hirsch, NJW 1996, 2459. 7 BVerfG NJW 1993, 3047, [3048].

- 5-2.2. Sicht des EuGH Aus Sicht des EuGH kann dem EG-Recht keine nationale Rechtsvorschrift vorgehen, auch keine Verfassungsnorm und insofern auch keine Rechtsprechung eines nationalen Gerichtes. Dies wird damit begründet, dass die EG eine eigene Rechtsordnung, eigene Organe, eine eigene Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie internationale Handlungsfähigkeit und eigene Hoheitsrechte besitzt. Die Entscheidungen des EuGH sind demnach als endgültig zu betrachten. 3. Vorlageberechtigung und -verpflichtung nationaler Gerichte Wie bereits ausgeführt, ist der EuGH der letztinstanzliche Entscheidungsträger darüber, wie Gemeinschaftsrecht anzuwenden und auszulegen ist. Nationale Gerichte haben daher die Möglichkeit, zum Zwecke einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedsstaaten bei Auslegungs- und Anwendungsfragen von Gemeinschaftsrecht über das so genannte Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EGV die Frage dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen. Handelt es sich bei dem nationalen Gericht um ein Gericht, gegen dessen Entscheidung mit innerstaatlichen Rechtsmitteln nicht mehr vorgegangen werden kann, ist das nationale Gericht sogar zur Vorlage beim EuGH verpflichtet. Diese Verpflichtung trifft auch Gerichte, welche die entscheidungserhebliche Norm des Gemeinschaftsrechts für ungültig halten, 8 da die nationalen Gerichte keine Verwerfungskompetenz von EG-Recht haben. 9 Eine weitere Ausnahme liegt vor, wenn das Gericht die Aussetzung der Vollziehung eines auf sekundärem Gemeinschaftsrecht beruhenden nationalen Verwaltungsakts anordnen will. Hier muss dem EuGH vorgelegt werden, damit dieser die Frage nach der Gültigkeit des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsaktes behandeln kann. 10 Das BVerfG hat die Verpflichtung zur Vorlage zwar grundsätzlich anerkannt; es hat bislang jedoch in keinem Fall eine Notwendigkeit dazu gesehen. 11 8 EuGH Slg. 1987, 4199 = NJW 1988,1451, Foto-Frost-Entscheidung. 9 Vgl. http://www.jurawelt.com/studenten/skripten/eur/1823?stylelite=1 (Stand: 08.05.2006). 10 EuGH Slg. 1991 Band I, 415, Zuckerfabrik Suderdithmarschen-Entscheidung. 11 Martin Büdenbender, Das Verhältnis des Europäischen Gerichtshofs zum Bundesverfassungsgesetz, Köln 2005, 248.

- 6 - Eine ausnahmsweise Befreiung von der Vorlagepflicht eines letztinstanzlich entscheidenden Gerichtes liegt vor, wenn die Rechtsfrage bereits vom EuGH entschieden wurde oder die Auslegung derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. 12 Weitere Voraussetzung für eine Vorlage ist, dass die an den EuGH zu stellende Rechtsfrage für die Entscheidung des nationalen Gerichts entscheidungserheblich ist. 12 EuGH Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, CILFIT-Entscheidung.