Haltung und Zucht von Lacerta lepida lepida DAUDIN Erfahrungen aus Terrarien- und Freilandhaltung

Ähnliche Dokumente
Pantherschildkröten: Geochelone pardalis von Martin Fahz

LYGODACTYLUS WILLIAMSI

Köhlerschildkröten: Geochelone carbonaria von Martin Fahz

Gelege von Smaragdeidechsen (Lacerta bilineata) aus den Kantonen Tessin und Genf: Evidenz für Anpassung der Inkubationszeit ans unterschiedliche Klima

Wir konnten bei unseren bisherigen Nachzuchtgeckos interessante Ergebnisse vermerken.

Der Leopardgecko Eublepharis macularius Anfängertier und Liebling der Profis

Größe: Beide Geschlechter werden gleich groß, maximal 75 mm. KRL mm SL mm

Private Haltung und Zucht von Mississippi Alligatoren (Alligator mississippiensis) Von Uwe Ringelhan

Erfolgreiche Haltung und Nachzucht von Basiliscus basiliscus und Basiliscus plumifrons

Haltung und Zucht der Pazifikboa Candoia paulsoni paulsoni Markus Borer und Lorenz Meier

Der Regenwurm. Der Gärtner liebt den Regenwurm, denn überall wo dieser wohnt, wachsen Blumen, Sträucher und Bäume wunderbar.

DIE BARTAGAME, ZWERGBARTAGAME & AUSTRALISCHE TAUBAGAME

Braune Waldschildkröte (Indische Waldschildkröte): Manouria emys phayrei von Martin Fahz

Haltung und Nachzucht von Furcifer polleni (PETERS, 1873)

Pfeilgiftfrösche. Wie sehen Pfeilgiftfrösche aus und sind sie wirklich giftig?

Paul Bauer. Brut und Aufzucht von Rassegeflügel

Die Griechische Landschildkröte

Waldeidechse. Zootoca vivipara (JACQUIN, 1787)

Fragebogen zu Schlangenfütterung und Haltung

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Tagfalter in Bingen Der Kaisermantel -lat. Argynnis paphia- Inhalt

Haltung und Zucht von Lacerta laevis troodica WERNER, 1936

Erste Nachzuchten der Hinterindische Landschildkröte Manouria impressa (GÜNTHER, 1882)

PAROEDURA PICTA Infos zum Madagaskar Großkopfgecko - Hobbyzucht und mehr PAROEDURA-PICTA.de

DOWNLOAD. Lineare Texte verstehen: Das Schneckenterrarium. Ulrike Neumann-Riedel. Downloadauszug aus dem Originaltitel:

Bericht über die Haltung von Manouria impressa

Sach~ und Fachkundenachweis des Verbandes Bayerischer Rassegeflügelzüchter e.v. Brut und Aufzucht von Rassegeflügel Vortrag Paul Bauer

Die Stockwerke der Wiese

Meine erste Brut Japanischer Legewachteln.

Stefan Grabbe Friedrich-Rese-Str Vienenburg 05324/1064. Nachzucht Stumpfkrokodil (osteolaemus teraspis)

Haaniella scabra (REDTENBACHER, 1906) Bemerkungen zur Zucht

Zacken-Erdschildkröte: Geoemyda spengleri von Udo Schews

Das ist ein Siebenpunkt-Marienkäfer beim Abflug.

LEBENSRAUM AQUARIUM. Wichtige Überlegungen und Voraussetzungen allgemein und zu unserem Aquarium: BILD. Schuljahr 2012 /2013

BARTAGAMEN HALTUNG. Allgemeines. Haltung

Winter-Rallye Tiere im Winter

Projekt EMI Stand der Erfahrungen 2014

Tiere im Winter. OPEL-ZOO Georg von Opel - Freigehege für Tierforschung Seite 1

Einige Bemerkungen zur Inkubation von Schildkröteneiern. von Herbert Becker

Lampropeltis ruthveni. Ein Haltungs- und Erfahrungsbericht

Klasse der Säugetiere

Tagfalter in Bingen Der Admiral -lat. Vanessa atalanta- Inhalt

aus dem Auracher Storchennest: Das erste Ei im Auracher Storchennest am 21. März 2015

Liebe macht blind. Krötenwanderung

Die Pamphylische Smaragdeidechse, Lacerta pamphylica Sc h m i d t l e r, 1975

Wiese in Leichter Sprache

Tagfalter in Bingen Der C-Falter -lat. Nymphalis c-album- Inhalt

Hundertfüßer im Terrarium

Ist der Elefant ein kleines Tier?...

Informationen zum Gelbsteißsittich (Textsammlung bis 2014 aus )


STS-MERKBLATT. Blauzungenskinke. Tiliqua gigas ssp. und Tiliqua scincoides chimaerea

Guten Tag! Schön, dass du heute unser Museum erforscht.

DIE EIDECHSE, Jg. 11, H. 1, S. 5-13, Bonn, 15. Mai 2000 TORSTFN PANNER

Meeresschildkröten. Ein Vortragsdossier des WWF Schweiz. WWF Schweiz. Hohlstrasse 110 Tel.: +41 (0) Zürich

Tagfalter in Bingen Das Landkärtchen -lat. Araschnia levana- Inhalt

Fischarten-Datenblatt

Tagfalter in Bingen. Der Magerrasen-Perlmutterfalter -lat. Boloria dia- Inhalt

Download. Lesekompetenz testen in der 3. Klasse. Sachtext. M. Bettner (Hg.), E. Dinges (Hg.), Martina Knipp. Downloadauszug aus dem Originaltitel:

Aufzuchtsbecken für südostasiatische und nordamerikanische Wasser und Sumpfschildkröten. von Herbert Becker

1,3 Zuchtgruppe Agrionemys horsfieldii. Meine Erfahrungen mit der Schildkrötenhaltung. von Oliver Gebauer

Reptilien- und Amphibienbeobachtungen Naturus-Reise vom bis

So sehen die Schüler aus der Mittelstufe die Bartagame. Wir wollen uns bei ihnen für Die Bartagame bedanken. Zurzeit bauen wir das Terrarium.

Russische Landschildkröten

Wüstenrennmäuse. Haltung. Käfiggröße: - für 2 Gerbile mind. 60x30x30 cm

Ein Jahr auf Bird Island

Tagfalter in Bingen. Der Große Fuchs -lat. Nymphalis polychloros- Inhalt

WEIDEWELT Positionen 1. Freilandhaltung im Winter ist bei richtiger Weideführung tierschutzgerecht und naturschutzkonform


Haltung und Nachzucht des Smaragdwarans (Varanus (Odatria) prasinus)

Vorschau. Filmen: Unser Wohnort, unser Schulhaus. Arbeitsblatt 1.1. Haltet hier eure Ideen zum Filmeinstieg fest:

Eine zweite Art der Gattung Phlogophora Treitschke, 1825: Phlogophora lamii spec. nov. (Lepldoptera, Noctuidae) von

Der Schwalbenschwanz legt 50 bis 80 Eier auf die Futterpflanzen. Als Futterpflanzen kommen alle Doldenblütler in Frage.

DOWNLOAD. Sachtexte für Erstleser Wenn es Nacht wird 3. Ein spannender Sachtext mit differenzierten. Kröte. Andrea Behnke

STS-MERKBLATT. Grüne Wasseragame Physignathus cocincinus

Die Sehnsucht des kleinen Sterns wurde grösser und grösser und so sagte er zu seiner Mutter: Mama, ich mache mich auf den Weg, um die Farben zu

Kleiner Beutenkäfer. Gekommen um zu bleiben?

Anwendung der Raubmilben im Hühnerstall

Tagfalter in Bingen. Der Kleine Fuchs -lat. Nymphalis urticae- Inhalt

Tagfalter in Bingen Der Distelfalter -lat. Vanessa cardui- Inhalt

Auszugsweise Veröffentlichung mit Genehmigung des Oeko-Forums der Stadt Luzern

Marlies Busch. Bartagamen

Klimatische Gegebenheiten im Verbreitungsgebiet

Stoffe und ihre Eigenschaften

Wie du siehst, lässt es sich hier gut leben. Aber lasse dich nun überraschen, was bei Alfred auf dem Hühnerhof so alles passiert...

Kaiserpinguin. Ein Vortragsdossier des WWF Schweiz. WWF Schweiz. Hohlstrasse 110 Tel.: +41 (0) Zürich

!Er hat kurze Ohren.!Er hat viel Fell auf den Füssen. Sein Fell ist grau.

SO MÖCHTEN WIR NICHT LEBEN!!!

Peckoltia compta (L134), ein Zuchtbericht

Sand. von Stefan Schöner

Gut zu wissen. Kauf und Aufbewahrung der Mittel. Wie wähle ich das richtige Mittel aus? Wie erkenne ich, ob ich das richtige Mittel gefunden habe?

Selber Kompost machen

Tiere im Teich - Frühling

Hearing zum Wildtierhandel

Freilandquiz für 4. Klassen (Teil 1: Amphibien und Reptilien Seite 1)

Klassenarbeit - Reptilien

Langjährige Haltung und Zucht. der. Cuora galbinifrons

Tagfalter in Bingen. Der Große Schillerfalter -lat. Apatura iris - Inhalt

1. Schau dir die unten aufgeführte Tabelle genau an.

Transkript:

DIE EIDECHSE, H. 6 (1991), S. 3-10 Haltung und Zucht von Lacerta lepida lepida DAUDIN Erfahrungen aus Terrarien- und Freilandhaltung ANDREAS HAHNE & REINER FENSKE E i n 1 e i t u n g Die Perleidechse (Lacerta lepida DAUDIN, 1802) ist mit einer Gesamtlänge von 70 bis 80 cm unsere größte europäische Eidechsenart. In der Literatur werden sogar Tiere mit Gesamtlängen von 90 cm erwähnt. So können Männchen mit Kopf-Rumpflängen von 20 cm bei erhaltenen Originalschwanz Gesamtlängen von 60 bis 65 cm und Weibchen mit Kopf-Rumpflängen von 16 bis 19 cm Gesamtlängen von 50 bis 55 cm erreichen. Dabei wird nicht ausgeschlossen, daß Einzelexemplare auch besonders groß werden können. Bis vor einiger Zeit wurde die nordwestafrikanische Berbereidechse unter dem Namen Lacerta lepida pater als Unterart der Perleidechse betrachtet. Doch zeigten Kreuzungsversuche, daß der genetische Abstand zwischen beiden Formen über das Unterartniveau hinausgeht. Daher wird L. pater heute als eigene Art anerkannt, die in zwei Unterarten NW-Afrika nördlich der Sahara besiedelt (L. p. pater LATASTE, 1880: Tunesien und Algerien sowie das Tassili-Gebirge in der algerischen Sahara; L. pater tangitana BOULENGER, 1889: Marokko). L. lepida besiedelt die gesamte Iberische Halbinsel (ausgenommen die Hochgebirgslagen der Pyrenäen und den nordwestlichen Küstenbereich Spaniens), den Mittelmeer-Küstenbereich Frankreichs und die ligurische Küste in NW-Italien. In Frankreich gibt es Inselvorkommen zwischen dem Zentralmassiv und der Atlantikküste. Der nördlichste bekannte Fundort befindet sich auf der Ile d' Oleron. Z.Zt. werden von der Perleidechse drei Unterarten anerkannt, nämlich L. l. lepida DAUDIN, 1802, die den überwiegenden Teil des Artareals besiedelt (ausgenommen die Verbreitungsgebiete der beiden anderen Unterarten), L. lepida iberica LÓPEZ SEOANE, 1884, aus dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel, und L. lepida nevadensis BUCHHOLZ, 1963, aus SO-Spanien. Ziel dieses Aufsatzes ist es, über unsere Erfahrungen bei der Haltung und Zucht von L. lepida lepida zu berichten. D i e T i e r e Es handelt sich um eine Gruppe von 2,2 Tieren der F 1 -Generation, deren Eltern aus Portugal stammten. Von den ersten Tieren, die wir betreuten, ist bis heute das Männchen übriggeblieben, das mittlerweile ca. 12 Jahre alt ist. Es hat bei einer Kopf-Rumpflänge von 21 cm eine Gesamtlänge von 59 cm und wiegt 250 g. Seine Rückenzeichnung besteht aus einem grünen Rautenmuster, das sich bis zum Schwanz hinzieht; die Flanken werden von vier Reihen blauer Perlen verziert. D a s Z i m m e r t e r r a r i u m Der optische Eindruck eines Terrariums spielt wohl für jeden Terrarianer eine wichtige Rolle, und so ließen wir uns bei dessen Einrichtung auch von diesem Gesichtspunkt leiten. Jedenfalls sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Man sollte jedoch versuchen, soweit es möglich ist, den Tieren die Umgebung so zu gestalten, wie sie diese in der freien Natur auch vorfinden. Zunächst wurde es mit einer Bodenheizung, mit Quarzsand, übereinandergeschichteten Kalksteinplatten, farbigen Flußsteinen, Krüppelkiefern, Heidekraut und, im Hintergrund, mit hohen Korkeichenstämmen ausgestattet.

Im Nachhinein erwies sich die Verwendung des Quarzsandes als Fehler. Er sieht zwar optisch gut aus, ist aber zu feinkörnig. Zu feiner Sand aber setzt sich in die Nasenlöcher der Tiere, die dann niesen müssen. Er wurde durch normalen Flußsand ersetzt, und fortan fühlten sich die Eidechsen offensichtlich wohler. Auf die Bodenheizung wurde ebenfalls verzichtet, da es die Perleidechsen lieber etwas kühler und feuchter haben, als zu trocken und heiß. Sehr wichtig ist eine direkte Wärmequelle, unter der sie sich aufheizen können. Deshalb wurde an einem Korkeichenast ein Klemmspot mit einem 60 Watt starken Punktstrahler befestigt, der auf eine ca. 30 cm entfernte Kalksteinplatte gerichtet ist. Messungen an angestrahlten Punkt ergaben eine Temperatur von 35 C. Am Tage ist dies der Vorzugsplatz der Eidechsen. Über dem Terrarium befinden sich zusätzlich 2 Leuchtstoffröhren (Farbe 11 von Osram), die es vollständig ausleuchten. Eine Zeitschaltuhr sorgt dafür, daß sich das Licht um 9 Uhr an- und um 21 Uhr ausschaltet. Eine Trinkschale vervollständigt die Einrichtung. Über das Trinkwasser wird wasserlösliches Vitamin D 3 verabreicht, um gegen Rachitis vorzubeugen. Aus dem gleichen Grund sollten die Eidechsen etwa alle 4 Wochen 30 Min lang mit UV bestrahlt werden (Ultravitalux von Osram). Als Bepflanzung dienen Tilandsien und andere Bromelien sowie künstlicher Efeu. D a s F r e i 1 a n d t e r r a r i u m Das Freilandterrarium ist ca. 5 m 2 groß und befindet sich auf dem Balkon. Eingerichtet ist es mit Flußsand als Bodengrund, mit Kalksteinplatten, alten Weinreben, Krüppelkieferbüschen und Heidekraut. Als Hintergrund dienen Eichenrinde und Korkeichenstämme. Außerdem befindet sich ein kleiner Wasserbehälter im Terrarium. Bei Außenterrarien sollte man allerdings nicht die Gefahr aus der Luft (Elstern, Krähen und evtl. Turmfalken) und vom Boden (Katzen, Marder usw.) unterschätzen. Deshalb wurde das Freilandterrarium mit einem grünen - in jedem Gartenbaufachhandel erhältlichen - Vogelnetz abgesichert. B e o b a c h t u n g e n b e i d e r H a 1 t u n g u n d Z u c h t d e r P e r 1 e i d e c h s e n Von Anfang an war das schon erwähnte große Männchen dominant und stellte dies auch immer wieder unter Beweis. Immer wieder versuchten jüngere Männchen die "Vorherrschaft" im Terrarium zu gewinnen; es ist aber bis heute keinem gelungen. Oft herrschen tagelang Ruhe und Eintracht. Doch plötzlich, von einem Moment zum anderen, kann alles vorbei sein, und der Rivale wird so durch das Terrarium gejagt, daß der Sand nur so spritzt. Dabei kam es auch zu Bißverletzungen, die mit Lebertransalbe behandelt wurden. Wenn die Territorialkämpfe zu arg werden, empfiehlt es sich überzählige Männchen herauszunehmen. Dies gilt vor allem für die Paarungszeit im April und Mai. Eine mehrmonatige Winterruhe ist für alle europäischen Echsen und deren Lebensrhythmus einfach erforderlich. Auch halbjährigen Jungtieren konnte diese nichts anhaben. In den letzten 3 Jahren wurden die Eidechsen im ungeheizten Keller bei 6-12 C überwintert. Obgleich die Überwinterungsdauer 4 Monate betrug, gab es keine Probleme. Als Überwinterungsbehälter diente ein Maurerbottich aus Plastik, der bis zur Hälfte mit einem Gemisch aus Flußsand und Walderde gefüllt wurde. Er wurde, bis auf einen kleinen Luftschlitz, mit einer Glasscheibe abgedeckt und mit einer Wolldecke abgedunkelt. Die Erde muß durch wöchentliches Übersprühen leicht feucht gehalten werden, denn die Feuchtigkeit spielt für die Eidechsen bei der Überwinterung eine große Rolle. Eine vorherige Winterruhe ist für die erfolgreiche Zucht europäischer Eidechsen im Allgemeinen unbedingt erforderlich. Dennoch ist die Zucht der Perleidechse mehrfach auch ohne dieselbe gelungen. Auch eines unserer Weibchen schritt ohne Winterruhe erfolgreich zur Fortpflanzung. Die Kopulation dauert bei L. 1. lepida zwischen 5 und 8 Min. Es ist zu vermuten, daß die Anzahl der Eier pro Gelege vom Alter und der Größe der Weibchen abhängig ist. so konnten wir beobachten, daß Jungweibchen ca. 6-8 und adulte Weibchen bis zu 23 Eier ablegen. Vor der Eiablage sind die Weibchen sehr unruhig und vertreiben andere Tiere aus ihrer Nähe. Dabei

beobachteten wir, daß auch die Männchen angegriffen oder durch Kopf nicken zum Verlassen des Standortes genötigt wurden. Zur Eiablage wurde stets ein feuchterer Ort in Freilandterrarium bevorzugt. Nach der Ablage scharrt das Weibchen sofort einen Sandhügel über die Eier, um deren Austrocknung zu verhindern. Z e i t i g u n g d e r E i e r u n d A u f z u c h t d e r J u n g t i e r e Sicher mußten schon viele Terrarianer bei der Zeitigung von Reptilieneiern Lehrgeld bezahlen. Auch uns ging es so. Doch wir lernten aus anfänglichen Fehlern, und seit 1988 schlüpften die Jungtiere Jahr für Jahr regelmäßig. Das zeigt, daß wir die richtige Methode gefunden haben. Wir überführen die frisch abgelegten Eier in einen Brutbehälter. Dieser selbstgebaute Behälter (vgl. Skizze auf der folgenden Seite) ist eine Grundlage für unsere guten Zuchterfolge. Er besteht aus einem Blumentopf aus Ton, der etwa zur Hälfte mit Kies (Ø 5 mm) gefüllt ist. Darauf liegt eine etwa 1 cm dicke Lage Aquarienfilterwatte, und über dieser befindet sich eine 8-10 cm hohe Schicht Vermiculit (Schornsteindichtungsmasse). In letztere werden die Eier gebettet und vollständig von ihr bedeckt. Der Topf steht in einer ca. 15 cm hoch mit Wasser gefüllten großen Plastikschale auf 1 cm hohen Korkstücken. Im Kies Ist ein Heizkabel verlegt, das das Wasser erwärmt und gleichzeitig für eine Luftfeuchtigkeit von 90% sorgt. Oben wird der Topf mit einer Glasscheibe abgedeckt, die auf 0,5 mm hohen Korkstücken liegt, um die Luftzirkulation zu ermöglichen und Schimmelbildung zu verhindern. Wichtig ist, daß der Wasserspiegel niemals über die Kiesschicht hinausreichen darf. In diesem Fall würde das Vermiculit wie ein Schwanz wirken und das Wasser ansaugen. Für die Eier wäre dies ein schnelles Ende. Die Zeitigung der Eier dauert 78 bis 86 Tage. Meistens zieht sich der Schlupf eines Gelges über 3 bis 4 Tage hin. 1988 schlüpften aus einem Gelege von 7 Eiern 6 gesunde Jungtiere, die 11,3 cm lang und 2,5 g schwer waren. Seitdem kommt es jährlich zweimal zum Schlupf von Jungtieren, und Ihre Anzahl beläuft sich mittlerweile auf 50Stück. Sind die jungen Perleidechsen erst einmal da, ist es auch nicht immer leicht, das richtige Futter zur richtigen Zeit zu haben. Als bestes Aufzuchtfutter haben sich kleine Grillen und Heimchen bewährt. Im Sommer werden Spinnen und Heuschrecken zugefüttert, die besonders gern angenommen werden. Die Aufzucht erfolgt in einem kleinen Terrarium, um die Tiere besser unter Kontrolle zu haben. Einmal pro Woche werden sie mit UV-Licht bestrahlt, damit sie nicht rachitisch werden. Die Aufzucht der jungen Perleidechsen hat uns besonders viel Freude bereitet, denn jede unterscheidet sich in ihrem Charakter, ihrer Färbung und Größe von den anderen. Interessant ist, daß bei den noch nicht einmal einjährigen Jungtieren bereits Paarungen zu beobachten waren.

V e r b 1 e i b d e r J u n g t i e r e Mit zunehmendem Alter wächst das Futterbedürfnis der kleinen Perleidechsen enorm. Deshalb und auch aus Platzmangel mußten sie nach etwa einem halben Jahr abgegeben werden. Wir gaben sie u.a. dem Zoo Duisburg, dem Tierpark Leverkusen und einigen wirklich engagierten Terrarianern, wo sie inzwischen bereits für weitere Nachzuchten sorgten. Alle Tiere sind bei der zuständigen Naturschutzbehörde gemeldet; ferner wird ein Zuchtbuch geführt, in dem die Bestandszu- und abgänge exakt dokumentiert werden. Demzufolge werden jedes Jahr für die Jungtiere die notwendigen Papiere beantragt. Die Eidechsen dürfen, wenn eine Ausnahmegenehmigung vom Vermarktungsverbot vorliegt (es handelt sich um die F 2 -Generation), auch an Dritte abgegeben werden. F u t t e r t i e r z u c h t Die Möglichkeit, immer genügend und qualitativ gutes Futter anbieten zu können, ist eine der wichtigsten Bedingungen für eine erfolgreiche Haltung und Zucht von Eidechsen. Deshalb legten wir auf die Futtertierzucht besonderen Wert. Voraussetzung dafür ist zunächst ein geeigneter Raum. Wir entschieden uns für den Heizungskeller, wo wir die Zuchtbecken aufstellten. Sie sind mit Holzspänen, Eierkartons, je einem Trinkgefäß (mit Wasser gefülltes Reagenzglas, das mit einem Wattebausch verschlossen ist) und Klemmspot (40 Watt) eingerichtet. Als Eiablagebehälter dient eine ca. 10x10x8 cm große Schale, die mit einem Torf-Sandgemisch gefüllt ist. Unter diesen Bedingungen werden Heimchen, Grillen und Schaben gezüchtet. Die erfolgreiche Zucht ägyptischer Wanderheuschrecken mußten wir wegen allergischer Reaktionen auf den staubigen Kot dieser Tiere aufgeben. Großen Wert legen wir auf die Ernährung der Futtertiere, denn alles, was sie fressen, kommt letztlich auch den Perleidechsen zugute. So werden sie in Winter mit Obst und Möhren und in Sommer mit frischem Gras, Löwenzahn und selbst angebauten, ungespritzten Salat gefüttert. Zusätzlich füttern wir mit Hunde- und Katzentrockenfutter sowie Kalk (im Zoofachhandel erhältliche Sepiaschalen). Man kann auch Weintrauben, Bananenstückchen und kleine Schälchen mit Honig und Joghurt anbieten. Vor einen halben Jahr wurde ein Klimaschrank aufgestellt. In diesen sorgt ein mit einem Aquarienheizstab beheizter Wasserbehälter für eine Luftfeuchte von 50-60 %. In diesem Schrank werden Mehlwürmer und gleichzeitig frisch geschlüpfte Heimchen aufgezogen, wobei die optimale Kombination von Luftfeuchte und Wärme für ein schnelles Wachstum der Futtertiere sorgt. Um den Perleidechsen besondere Leckerbissen zukommen zu lassen, wenn ihr Futterbedürfnis am größten ist (nach der Winterruhe und während des Freilandaufenthaltes in Hochsommer), werden dann ägyptische Wanderheuschrecken, große Schaben sowie nestjunge Mäuse und Ratten zugefüttert. S c h 1 u ß b e m e r k u n g Allen Terrarianern, die sich mit der Zucht von Reptilien beschäftigen, wünschen wir auf diesem Wege viel Erfolg. Denn nach unserer Auffassung sind gerade sie es, die in einer Zeit, in der überall auf der Welt riesige Biotope durch Industrie, Müllberge, Gifte, sauren Regen usw. zerstört werden, zur Erhaltung der besonders bedrohten Arten und somit etwas zum Naturschutz beitragen. 1) Die Scblußbemerkug stellt die Meinung der Autoren dieses Beitrags dar, und es ist ihr gutes Recht, diese zu publizieren. Die Redaktion legt jedoch wert auf die Feststellung, daß sie die Zucht von Reptilien in Terrarium nur sehr bedingt und unter ganz speziellen Voraussetzungen als Beitrag zur Erhaltung besonders bedrohter Arten ansieht. D a n k s a g u n g Der Erstautor möchte sich bei seiner Familie bedanken, ohne deren Hilfe und Verständnis ein Hobby in dieser Größenordnung wohl nicht möglich wäre. Außerdem danken die Autoren den Herren Prof. Dr. HANS-GEORG HORN, Sprockhövel, Dr. R. FRÖHLICH, Lübeck, Dr. ECKEHARD WOLFF, Tierpark Hellabrunn, München und Frau ANDREA FUNKE, Krefeld, für Ihre tatkräftige Unterstützung bei der Abfassung dieses Beitrages.

Verwendete Literatur ARNOLD, E.N. & J.A. BURTON (1983): Pareys Reptilien- und Ampbibientührer Europas. - Hamburg, Berlin (Parey), 270 S. BISCHOFF, W. (1991). Übersicht der Arten und Unterarten der Familie Lacertidae 3. Die Gattung Lacerta. - DIE EIDECHSE, Bonn/Bremen, 3: 5-16. BISCHOFF, W., M. CHEYLAN & W. BÖHNE (1984): Lacerta lepida Daudin, 1802 - Perleidechse. In: BÖHME, W. (Hrsg.): Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas, Band 2/1, Echsen II (Lacerta). - Wiesbaden (Aula), S. 181-210. ENGELMANN, W.-W., J. FRITZSCHE, R. GÜNTHER & F.J. OBST (1985): Lurche und Kriechtiere Europas. - Leipzig, Radebeul (Neumann), 420 S. FRIEDERICH, U. & W. VOLLAND (1981): Futtertierzucht. - Stuttgart (Ulmer), 168 S. LANGERWERF, B.A.W.A. (1979): Die erfolgreiche Zucht nichttropiscber Echsen. - elaphe, Berlin, 1979(1): 2-5. LILGE, D. & H. van MEUREN (1979): Grundlagen der Terrarienhaltung. - Hannover (Landbuch). MATEO, J.A. & J. CASTROVIEJO (1991): Varation morphologique et revision taxonomique de l'espece Lacerta lepida DAUDIN, 1802 (Sauria, Lacertidae). - Bull. Mus. natn. Hist. nat, Paris, ser. 4, 12(3-4): 691-704. MERTENS, R. (1929): Beiträge zur Herpetologie Tunesiens. - Senckenbergiana, Frankfurt/M., 11: 291-310. NIETZKE, G. (1978): Die Terrarientiere (Band 1 und 2). - Stuttgart (Ulmer). RUTSCHKE, J. (1989): Erfahrungen bei langjährige Haltung und Zucht von Lacerta lepida lepida DAUDIN, 1802 unter besonderer Berücksichtigung des UV-Einflusses auf die Vitalität der Jungtiere. - herpetofauna, Weinstadt, ll(60): 25-31. STETTLER, P.H. (1981): Handbuch der Terrarienkunde (2. Aufl.). - Stuttgart (Kosmos), 228 S. Verfasser: ANDREAS HAHNE, Bürgermeister-Kassebeere-Straße 16, D(W)-3456 Eschershausen; REINER FENSKE, Krahestraße 39, D(W)-4000 Düsseldorf.