Weltweite Charta für Essstörungen: 1)

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Transkript:

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.v. Präambel: Diese weltweite Charta wurde im Juni 2006 auf dem Weltkongress der Academy for Eating Disorders (AED) in Barcelona verabschiedet. Sie wird von der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen DGESS e.v. unterstützt. Diese Charta beinhaltet die Rechte und berechtigten Erwartungen von Menschen mit Essstörungen und zeigt, dass es auf der ganzen Welt gemeinsame Prinzipien gibt, die Essgestörte, ihre Angehörigen und ihre Behandler und Unterstützer verbinden. Die Charta ist der Beginn einer konzertierten Aktion, die die Regierungen, die öffentliche Gesundheitsversorgung und alle jene, die sich für Essgestörte und ihre Angehörigen einsetzen und sie unterstützen, dazu aufruft, die angegebenen Standards der Behandlungsqualität, der Aufklärung und Prävention umzusetzen. Der DGESS e.v. Vorstand Weltweite Charta für Essstörungen: 1) Rechte und Erwartungen von Menschen mit einer Essstörung und deren Angehörigen Präambel ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS Essstörungen Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, die Binge Eating Störung und verwandte Störungen ernste psychische Erkrankungen sind, die verheerende Auswirkungen auf das physische, psychische und soziale Wohlbefinden von Millionen Menschen allen Alters und deren Familien und sonstige Bezugspersonen haben. Anorexia nervosa hat eine der höchsten Sterblichkeitsraten aller psychischen Erkrankungen ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS die bestmögliche Behandlung eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Behandelnden, der PatientIn und deren Familien und Bezugspersonen einschließt ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS PatientInnen mit einer Essstörung und deren Angehörige ein Recht haben in Behandlungsentscheidungen einbezogen zu werden und in respektvolle, fortlaufende Kommunikation mit den Behandelnden bezüglich wichtiger behandlungsbezogener Information und Entwicklungen einbezogen zu werden ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS Patientinnen und Patienten mit Essstörungen ein Recht auf evidenzbasierte Behandlung von hoher Qualität haben, die von kompetenten Behandlern in angemessener Intensität und Dauer erbracht wird 1) ins Deutsche übersetzt von Manfred Fichter und Monika Brandstätter Stand: 10.01.07 1

ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS PatientInnen das Recht auf vollständige Bezahlung der Behandlung, (durch Krankenversicherung oder staatliche Stellen) spezialisierte Essstörungsbehandlung zum frühestmöglichen Zeitpunkt haben ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS diese Charta allgemeingültige Ideale und Behandlungsstandards fordert, welche von der Regierung, dem Gesundheitswesen und der Öffentlichkeit angestrebt werden sollen NEHMEN DIE UNTERZEICHNER HIERMIT DIESE CHARTA AN UND RUFEN ALLE BETEILIGTEN AUF SIE UMZUSETZEN. u.a. Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.v. (DGESS) Österreichische Gesellschaft für Essstörungen (ÖGES) Academy of Eating Disorders (AED) Entwicklung der Charta Diese Charta stellt für Menschen mit einer Essstörung und deren Angehörige eine Liste ihrer grundlegenden Rechte und angemessenen Erwartungen bezüglich Essstörungsbehandlung und essstörungsbezogenen Dienstleistungen zusammen. Sie wurde durch die Zusammenarbeit zwischen der Academy of Eating Disorders (AED), anderen wissenschaftlichen Gesellschaften für Essstörungen und PatientInnen und Angehörigenorganisationen weltweit erstellt. Der Inhalt basiert auf den Ergebnissen einer großen internetgestützten Umfrage der Hauptinteressensgruppen (Betroffene und deren Angehörige sowie EssstörungsexpertInnen, welche im Jahr 2006 durchgeführt wurde. Dieses Dokument wurde mit dem Wissen erstellt, dass die Qualität und der Zugang spezialisierter Beratungs- und Behandlungsleistungen nicht weltweit gleich sind. Die Charta ist daher eher eine Perspektive als ein Vertrag. Die Charta kann Betroffenen und deren Nahestehenden als Hilfsmittel hilfreich sein bei der Suche nach geeigneten Behandlungsverfahren und einrichtungen. Sie soll ihnen helfen, nicht hilfreiche, veraltete und unprofessionelle Behandlungsmaßnahmen in Frage zu stellen. Diese Charta stellt der Gesundheitspolitik und den Behandlungseinrichtungen die grundlegenden Bausteine für die Entwicklung von Behandlungsprogrammen mit hoher Qualität zur Verfügung. Dieses Dokument geht von der Haltung aus, dass Partnerschaft zwischen PatientInnen und deren Angehörigen und dem behandelnden Team mit Rechten und Pflichten für alle Beteiligten für jede qualitativ gute Behandlungseinrichtung und Praxis unerlässlich ist. Recht von PatientInnen und Angehörigen (der Begriff Angehöriger wird hier in Bezug auf jedwede Familienmitglieder, Partner oder andere Nahestehende einer Person mit einer Essstörung verwendet.) Stand: 10.01.07 2

I. RECHT AUF KOMMUNIKATION/PARTNERSCHAFT MIT DEN BEHANDLERN II. RECHT AUF UMFASSENDE DIAGNOSTIK UND BEHANDLUNGSPLANUNG III. RECHT AUF ERREICHBARE, HOCHWERTIGE, VOLL FINANZIERTE UND SPE- ZIALISIERTE BERATUNG UND BEHANDLUNG IV. RECHT AUF RESPEKTVOLLE, GUT INFORMIERTE, ALTERSGEMÄßE UND SI- CHERE BEHANDLUNGSSTANDARDS V. RECHT DER ANGEHÖRIGEN, INFORMIERTE, WERTGESCHÄTZTE UND RES- PEKTIERTE BEHANDLUNGSRESOURCEN ZU SEIN VI. RECHT DER ANGEHÖRIGEN AUF GUT ZUGÄNGLICHE, GEEIGNETE UNTER- STÜTZUNG UND AUFKLÄRUNG I. Kommunikation/Information mit den Behandlern Wie bei allen körperlichen und seelischen Erkrankungen haben EssstörungspatientInnen ein Recht darauf, dass ihr Zustand ernst genommen wird. PatientInnen haben ein Recht darauf, einfühlsam und respektvoll behandelt zu werden. Patientinnen haben ein Recht darauf, dass ihnen ihre Krankheit, die auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren, die Gesundheitsrisiken, Prognose und Behandlungsmöglichkeiten in verständlichen Begriffen nahegebracht werden und, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, Fragen zu stellen und Sorgen bezüglich ihrer Erkrankung oder deren Behandlung zu besprechen. PatientInnen haben das Recht auf vollständige Erklärung und Begründung von Regeln und Bestimmungen der Behandlungseinrichtung. PatientInnen haben das Recht, aktiv in die Entscheidungen bezüglich ihrer Behandlung eingebunden zu werden. Hinsichtlich Evaluation und Planung von Behandlungseinrichtungen: Der Input der PatientInnen und der Angehörigen soll bei der Planung und dem Aufbau künftiger spezialisierter Behandlungseinrichtungen berücksichtigt werden. Die PatientInnen und Angehörigen sollen routinemäßig in die Evaluation von Behandlungseinrichtungen einbezogen werden. II. Umfassende Diagnostik und Behandlungsplanung PatientInnen haben ein Recht auf umfassende Erfassung ihrer körperlichen, emotionalen und sozialen Bedürfnisse. PatientInnen haben ein Anrecht darauf, dass ein Behandlungsplan erstellt wird. Stand: 10.01.07 3

III. Leicht zugängliche, hochwertige, voll finanzierte, spezialisierte Behandlung PatientInnen sollen erwarten dürfen, von einem Arzt oder Therapeuten behandelt zu werden, der in Diagnostik und Behandlung der körperlichen und seelischen Aspekte ihrer Krankheit kompetent ist. PatientInnen haben ein Recht darauf, dass es leicht zugängliche und spezialisierte Behandlungseinrichtungen für sie gibt. PatientInnen sollen das Recht auf gleichen Zugang zu voll finanzierter, spezialisierter Behandlung haben. IV. Voll-informierte, altersgemäße und sichere Behandlungsstandards PatientInnen haben ein Recht darauf, über die Evidenzgrundlage jedweder Behandlungen, die ihnen angeboten werden, informiert zu werden, einschließlich der potentiellen Vor- und Nachteile sowie über alternativer Behandlungsmöglichkeiten. In angemessenem Rahmen haben PatientInnen ein Recht darauf, über die Behandlungsergebnisse informiert zu werden, die in einer bestimmten Behandlungseinrichtung erzielt werden und darüber, wie diese mit zu publizierten Ergebnissen vergleichbar sind. PatientInnen sollen so früh wie möglich auf Gesundheitsrisiken aufmerksam gemacht werden und diese sind bei Behandlungsentscheidungen zu berücksichtigen. PatientInnen können erwarten, dass ihre Behandlung sowohl ihren Ernährungszustand und Allgemeinzustand, als auch ihre seelische Gesundheit und Lebensqualität berücksichtigt. PatientInnen können erwarten, dass die Behandlung auch einen Schwerpunkt auf Rückfallprävention beinhaltet. PatientInnen können erwarten, dass die Behandlungsdauer der Art und Schwere ihrer Krankheit entspricht. Hinsichtlich stationärer Rehabilitation und Krankenhausbehandlung PatientInnen sollen in der am wenigsten einschränkenden Umgebung - abgestimmt auf bestehendes körperliches Risiko - behandelt werden. Kinder und Jugendliche sollen in altersentsprechenden Behandlungseinrichtungen behandelt werden. Drohungen, Nötigung oder Bestrafung haben keinen Platz in der Behandlung von Essstörungen. Stand: 10.01.07 4

In lebensbedrohlichen Situationen, in denen Hospitalisierung und/oder Zwangsernährung gegen den Willen der Betroffenen für deren Gesundheit und Sicherheit unerlässlich ist, sollen diese Behandlungsmaßnahmen in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden. Darüber hinaus sollen diese mit der größtmöglichen Achtung für die Würde der Betroffenen und nur nach sorgfältigem Abwägen aller verfügbaren Alternativen durchgeführt werden. Hinsichtlich ambulanter Behandlung: PatientInnen haben ein Recht darauf, informiert zu werden, wie sie in Krisensituationen erforderliche Hilfe finden können. Hinsichtlich des Wechsels zwischen Einrichtungen: PatientInnen haben ein Recht zu erwarten, dass die Behandler ihnen helfen, den Übergang von einem Krankenhaus in ihr Leben im heimatlichen Umfeld vorzubereiten und zu bewältigen. PatientInnen haben ein Recht zu erwarten, dass bei einem Wechsel zu einer anderen Einrichtung ein umfassender schriftlicher Bericht übermittelt wird. V. Recht der Angehörigen als informierte, geachtete und respektierte Ressourcen in die Behandlung eingebunden zu sein Angehörige haben das Recht mit Empathie und Respekt behandelt zu werden. Betreuende haben das Recht als Ressource und geschätzte Partner in der Behandlung der ihnen nahestehenden Person gesehen zu werden. In angemessener Weise sollen Angehörige in die Diagnostik und Behandlung der Betroffenen eingebunden werden. Die genaue Art und das Ausmaß der Einbindung der Angehörigen soll sowohl die Wünsche der PatientIn, als auch der Angehörigen berücksichtigen. Angehörige sollen in angemessener Weise darüber informiert sein, wenn die mit der Essstörung einer Betroffenen verbundenen Risiken hoch sind. Ist die Betroffene im heimatlichen Umfeld, sollten Hinweise gegeben werden, wie mit diesen Risiken umzugehen ist. VI. Recht der Angehörigen auf leicht zugängliche Unterstützung und Aufklärung Angehörigen soll Unterstützung angeboten werden, um ihre stützende Rolle zu erleichtern. Angehörige haben ein Recht darauf, Informationen und Aufklärung über die Krankheit der ihnen nahestehenden Person zu erhalten. Stand: 10.01.07 5

DIESE CHARTA FORDERT DIE VERANTWORTLICHEN FÜR POLITIK UND GESUNDHEITSVERSORGUNG DAZU AUF: Die Gesellschaft aufzuklären und zu informieren, durch Maßnahmen, die o Essstörungen enttabuisieren, das Verständnis für sie fördern, vermitteln, dass eine Essstörung als Krankheit ernst zu nehmen ist und das Bewusstsein über die Ursachen von Essstörungen schärfen o das öffentliche Bewusstsein für die Anzeichen und Symptome von Essstörungen steigern o umfangreiche Informationen über Beratungs- und Behandlungseinrichtungen zur Verfügung stellen Dies beinhaltet: Die Zusammenarbeit mit den Medien, um genaue Informationen über Essstörungen zur Verfügung zu stellen und zu helfen, die kulturelle Perspektive in Bezug auf Fragen zu Körperwahrnehmung, Gewicht und Ernährung zu verändern Die Entwicklung wirkungsvoller Präventionsprogramme z.b. an Schulen und Universitäten Aufklärung und Schulung hinsichtlich der Erkennung und Behandlung von Essstörungen in den Gesundheitsberufen für Personen, die auf unterschiedlichen Ebenen tätig sind, um die Qualität der Versorgung zu verbessern Schaffung der notwendigen Anzahl bedarfsgerechter spezialisierter Behandlungseinrichtungen Zugang der Betroffenen zu vollständig erstatteter, spezialisierter Beratung und Behandlung Finanzielle Förderung von Forschung über Essstörungen Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen DGESS e.v. empfiehlt Befürwortern dieser weltweiten Charta für Essstörungen, die Website der Österreichischen Gesellschaft für Essstörungen www.oeges.or.at aufzusuchen. Dort ist eine extra Seite eingerichtet, in der man sich namentlich als Befürworter für diese Initiative eintragen kann. Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen DGESS e.v. unterstützt diese Initiative nachhaltig. Stand: 10.01.07 6