Blutzuckermessung. was geht in den Geräten vor?

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Weitere Informationen finden Sie in der Bedienungsanleitung Ihres Blutzuckermessgeräts:

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Transkript:

Blutzuckermessung was geht in den Geräten vor? D Dr Andreas Thomas (Pirna) ist Physiker und Autor des "Diabetes-Journal- Forschungs-Buches". Für die EXTRA-Ausgabe beschreibt er, was eigentlich genau in Blutzuckermeßgeräten vor sich geht und mit welchen Neuerungen Menschen mit Diabetes bald rechnen können. D ie Blutzuckerselbstkontrolle als von Diabetiker n leicht auszuführende grundsätzlich bezahlbare Methode ist eine der größten Errungenschaften in der Diabetesbehandlung der letzten 25 Jahre. Sie ist die Voraussetzung für die Durchführung einer flexiblen Insulintherapie mit Dosisanpassung beim Essen und Sport, mit der Möglichkeit, den Blutzucker zu korrigieren - und damit für die Leistungsfähigkeit vieler Diabetiker in Beruf und Alltag. Welche Technologien haben uns nun diesen Fortschritt gebracht? Viele denken dabei zunächst an das Blutzuckermeßgerät. Oberflächlich ist die Frage nach den Vorgängen innerhalb dieser Black box für die meisten Geräte ziemlich einfach zu beantworten: Darin wird ein Strom gemessen. Nun ist aber klar, daß die Messung des Blutzuckers so einfach nicht zu erklären ist. Es stellt sich also die Frage, was mit dem Blut passiert, wenn es auf dem Teststreifen aufgetragen wurde, wie daraus ein Strom entsteht und wie dieser Strom dann in einen Blutzuckermesswert umgerechnet wird.? Die Unterschiede bei Geräten und Streifen Die Geräte für sich allein betrachtet sind relativ einfache Produkte der High-Tech- Electronic. Sie unterschei- 2 Diabetes-Journal Extra

Einzelstreifen- (Bsp. Wellion TrueTrack) und Mehrstreifenzuführung (Bsp. Ascensia Breeze) den sich zunächst im Design: also in Form, Größe und Farbe, in der Größe der Anzeige und in den Bedienfunktionen. Letzteres betrifft z. B. die Fähigkeit zum automatischen Start der Messung, die Art der Codierung (Codechip, Tastendruck oder automatisch), die Anzahl von Speicherplätzen und Tagebuchfunktionen sowie die Datenübertragung auf einen PC. Die Kriterien der Einsteiger Nach diesen Merkmalen werden besonders noch unerfahrene Diabetiker ihr Blutzuckermeßgerät oft auswählen. Die geringen funktionellen Unterschiede zwischen den Geräten der einzelnen Anbieter sind unter anderem Ausdruck des Bemühens, die Blutzuckermessung so einfach zu gestalten, daß grobe Meßfehler nahezu unterbleiben. Wer vor 15 Jahren seinen Blutzucker mit dem Reflolux messen durfte, wird die Vorzüge der heutigen Gerätegeneration sicher schätzen: Beispielsweise wird das Ascensia Elite von Bayer Vital völlig ohne Tastendruck bedient, und beim Ascensia Contour erfolgt die Codierung des Gerätes bei jeder Messung selbständig nach Einschieben des Teststreifens. Einfacher geht es nicht. Entscheidend: Teststreifen Damit sind wir bei der zweiten wichtigen Komponente der Blutzuckermeßsysteme: den Teststreifen. Sie bestimmen entscheidend das gesamte Handling, und hier gibt es wichtige Unterschiede wie die Einzelstreifen- oder Mehrstreifenzuführung in das Gerät, die benötigte Blutmenge, den Auftrag des Blutes (meist wird das Blut aufgesaugt), die Möglichkeit, Blut eventuell nachzudosieren, die Meßzeit und die einzuhaltenden Meßbedingungen (Temperaturbereich, Luftfeuchtigkeit). Die ersten 5 Punkte haben für den Betroffenen unmittelbar etwas mit dem Komfort bei der Handhabung zu tun. Wer häufig den Blutzucker mißt, wird es sicher sehr schätzen, wenn er nur eine Blutmenge von 1 µl und weniger benötigt. Außerdem kann man das Blut unter bestimmten Bedingungen auch am Unterarm oder Handballen entnehmen, ist also nicht unbedingt auf die strapazierte Fingerkuppe angewiesen - der Blutzucker darf sich aber zu diesem Zeitpunkt nicht stark ändern. Die Meßzeit ist wiederum für berufstätige Diabetiker ein wichtiger Faktor. Es bedarf also einiger Überlegungen, wenn man sich sein Blutzuckermeßgerät heraussucht. Auf jeden Fall ist die ganze Methodik der Blutzuckerselbstkontrolle als ein System von Gerät und Teststreifen zu verstehen, wobei sich das wesentliche Geheimnis der Messung auf dem Teststreifen befindet. Was passiert auf dem Teststreifen? Mit einfachen Worten: Auf dem Teststreifen geht Trockenchemie vor sich. Der Nachweis der zum Zeitpunkt der Messung befindliche Menge an Traubenzucker (oder chemisch ausgedrückt an Glukose) im Blut erfolgt dabei indirekt anhand der bei einer chemischen Reaktion entstandenen Menge an Reaktionsprodukten. Leider bedarf diese Methode der Entnahme von Blut. Andere unblutige Verfahren konnten bisher noch nicht ihre Tauglichkeit nachweisen. Bei der Reaktion auf dem Teststreifen wird die biochemische Einen umfassenden Überblick über vergangene und gegenwärtige Blutzuckermeßgeräte sowie alle interessanten Aspekte der Blutzuckerselbstkontr olle finden Sie in dem Buch Selbstkontrolle bei Diabetes von A. Thomas und H. Hasche, erschienen im Kirchheim-Verlag 2003, ISBN 3-87409-354-9 Diabetes-Journal Extra 3 > > > > > > > > >

Blutzuckermessung was geht in den Geräten vor? Teststreifen zur fotometrischen (links) und elektrochemischenauswertung (rechts) Umwandlung von Glukose mit Hilfe von Enzymen ausgenutzt. Enzyme sind Eiweißstoffe, die Reaktionen schneller verlaufen lassen. Dementsprechend lassen sich die angewendeten Verfahren auf dem Teststreifen unterscheiden nach dem verwendeten Enzym und der darauffolgenden chemischen Reaktion: Glukoseoxidase (GOD) Glukosedehydrogenase (GDH) nach der sich aus der Reaktion ergebenden Meßgröße: Farbveränderung auf dem Teststreifen (fotometrische Messung) Bestimmung der bei der Reaktion umgesetzten Elektronen (elektrochemische Messung). Die wichtigsten Schritte Im Prinzip zeigt diese Unterteilung die zwei wichtigsten Schritte der Glukosemessung, nämlich im ersten Teil die chemische Umwandlung von Glukose und im zweiten Teil den Nachweis der dabei entstehenden Reaktionsprodukte. Das Verfahren soll am vereinfachten Beispiel von Glukoseoxidase (GOD) erläutert werden, welche sich auf einer beträchtlichen Anzahl von Teststreifentypen befindet. Bei der durch die GOD beschleunigten Oxidation von Glukose entstehen die Stoffe "Glukonolacton" und "Wasserstoffperoxid" H 2 O 2 : Die eingetretene Verfärbung ist von der Menge an Wasserstoffperoxid abhängig und damit von der Menge der in der ersten Reaktion umgewandelten Glukose. Diese Verfärbung ist prinzipiell schon mit bloßem Auge sichtbar. Ältere Teststreifen wie Enzym GOD Glukose + H 2 O + O 2 Glukonolacton + H 2 O 2 Die Menge dieser Reaktionsprodukte entspricht dabei genau der Menge an Glukose, die umgewandelt wurde. Als günstig hat sich erwiesen, das Wasserstoffperoxid in einer zweiten nachgeschalteten Reaktion umzuwandeln und die dann entstehenden Komponenten zu messen. Das läßt sich mit zwei verschiedenen Methoden realisieren: entweder fotometrisch oder elektrochemisch. Fotometrisch? Elektronisch? Bei der fotometrischen Methode oxidiert das entstandene Wasserstoffperoxid mit Hilfe z. B. des Enzyms "Peroxidase" einen Farbstoff (den Indikator), der zunächst meist farblos ist: H 2 O 2 + Farbstoff reduz. Peroxidase Im Prinzip erfolgt hier ein Übergang von Elektronen auf den Farbstoff. Das äußert sich in der Verfärbung des Testfeldes - im Alltag kennen wir so etwas zum Beispiel von rostigem Eisen, welches eine andere Farbe hat als blankes Eisen. der Haemo Glucotest ließen sich durch Hinzuziehung einer Vergleichsskala visuell auswerten, was sich allerdings bei ungünstigen Lichtverhältnissen als sehr fehlerhaft erweisen konnte. Fotometrisch: objektiver Ein objektiveres Ergebnis erhält man über die fotometrische Messung der Färbung. Dazu wird in dem fotometrischen Meßgerät der Lichtstrahl einer Leuchtdiode auf das verfärbte Testfeld gerichtet. Ist dieses wenig verfärbt, wird viel Licht von diesem zurückgestrahlt; ist es stark verfärbt, erscheint es entsprechend weniger hell. Ein lichtempfindliches elektronisches Bauteil, der Farbstoff oxid. + 2 H 2 O fotometrische Sensor, mißt die Lichtstärke, die von dem verfärbten Testfeld zurückkommt - daraus bestimmt das Gerät den Wert für die Blutglukose und zeigt ihn an. Nach diesem Prinzip arbeiten heute noch die Systeme OneTouch und Glu- 4 Diabetes-Journal Extra

cotouch der Firma Lifescan sowie von der neueren Gerätegeneration das Accu-Chek Compact der Firma Roche. Alle anderen wesentlichen Systeme auf dem deutschen Markt weisen das in der ersten Reaktion entstandenes Wasserstoffperoxid elektrochemisch nach. Auch hier lassen sich bei der zweiten Reaktion unterschiedliche Möglichkeiten finden, worin sich wiederum auch die Teststreifen der verschiedenen Herstellerfirmen unterscheiden. Mit elektrischer Spannung Eine einfache Möglichkeit besteht im Anlegen einer elektrischen Spannung an eine Elektrode, wodurch es zum Übergang von Elektronen vom Wasserstoffperoxid an diese kommt: Wasserstoffperoxid + 700 mv Die freigesetzten Elektronen sorgen für einen kleinen Strom. Dessen Stärke ist um so größer, je mehr Elektronen vorhanden sind. Da die entstandenen Elektronen abhängig sind von der Menge der bei der chemischen Reaktion umgewandelten Glukose, ergibt sich aus der Messung des Stromflusses der Wert für den Blutzucker. Allerdings kann es, bedingt durch die relativ hohe Spannung, die an die Elektrode angelegt werden muß, zu Nebenreaktionen mit anderen Substanzen des Körpers oder auch mit Medikamenten kommen. Deshalb wird auf den gängigen Teststreifen ein Mediator ( Vermittler ) eingesetzt, an welchem eine weitere Reaktion erfolgt. Der Ein- H 2 O + 2 Elektronen fachheit halber wird hier auf genauere Erläuterungen verzichtet. Die neue Generation Viele Teststreifen der neuen Generation nutzen das Enzym "Glukosedehydrogenase" (GDH) für die Umwandlung von Glukose zu "Glukonolakton". Als Beispiele seine genannt das Ascensia Contour von Bayer Vital sowie FreeStyle und Precision Xtra von Abbott. Der Reaktionsmechanismus ist komplexer, weil auch Koenzyme eine Rolle spielen. Der Vorteil dieser Reaktion gegenüber der Verwendung von GOD besteht in der kleineren Spannung, die an die Elektrode angelegt werden muß: Dadurch werden Nebenreaktionen mit anderen Substanzen des Körpers vermieden. Die Spezifik für den Nachweis von Glukose ist folglich Kontinuierliche Glukosemessung im Vergleich zur herkömmlichen punktuellen Kontrolle des Blutzuckers Einen Überblick über unblutige Blutzuckermeßmethoden gibt das Diabetes- Forschungsbuch von A. Thomas, erschienen im Kirchheim- Verlag 2004, ISBN 3-87409-392-1 Diabetes-Journal Extra 5 > > > > > > > > >

Blutzuckermessung was geht in den Geräten vor? besser. Für die Betroffenen hat das den Vorteil, daß mit sehr geringen Blutmengen gemessen werden kann. Auch ist die Reaktion unabhängig vom Sauerstoff, weshalb es keine Probleme gibt, wenn der Blutzucker zum Beispiel während einer Wanderung im Hochgebirge bestimmt werden soll. Zusammenfassend darf festgestellt werden, daß sich die Entwicklung der Blutzuckermeßsysteme stets an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert hat. Vor vielen Jahren hätten selbst Diabetologen nicht geglaubt, daß man den Patienten eine vier- bis sechsmalige Selbstverletzung am Tag zumuten kann. Die geringe Blutmenge, die die Entnahme von Blut auch an anderen Körperstellen als den Fingern zuläßt, und der hohe Komfort bei der Messung haben der Blutzuckerselbstkontrolle Vorschub geleistet - und damit der modernen intensivierten Insulintherapie. liche Messung der Glukose zu verstehen. Erfahrene, täglich ihren Blutzucker kontrollierende Diabetiker wissen, daß selbst 5 bis 7 Messungen am Tag nicht ausreichen, um eine genaue Kenntnis über den Blutzuckerverlauf zu haben. In der Regel wird zu festgelegten Zeiten gemessen, d. h. vor Neues Glukosemonitoring Abschließend ist allerdings zu bemerken, daß der Traum von der unblutigen Messung trotz aller Fortschritte noch immer nicht in Erfüllung gegangen ist. Es gibt zwar nach wie vor ernsthafte Bemühungen, ein Durchbruch ist aber leider nicht in Sicht. Der kommt allerdings aus einer anderen Richtung, nämlich vom Glukosemonitoring: Darunter ist die ständige, d. h. kontinuierdem Essen, vor dem Schlafengehen und wenn das Gefühl besteht, daß der Blutzucker nicht im gewünschten Bereich liegt. Was dazwischen passiert, ist im Grunde genommen nicht bekannt. Einem Meßwert ist auch nicht anzusehen, ob der Zuckerspiegel steigt, gleich bleibt oder sich in Rich- Vergleich der grundsätzlichen Methoden der Blutzuckerselbstkon trolle (modifiziert nach Unterlagen der Firma Lifescan) 6 Diabetes-Journal Extra

tung einer Unterzuckerung bewegt. Die kontinuierliche Messung ist also von enormer Bedeutung. Mit dem Markteintritt des ersten Glukosesensors CGMS der Firma Medtronic-MiniMed steht ein solches Gerät im Prinzip zur Verfügung. Dabei wird eine miniaturisierte, mit einer Membran bedeckte GOD-Enzymelektrode (ähnlich dem Teststreifen) von dem Betroffenen selbständig unter die Haut geschoben. Gemessen wird die Glukose im Unterhautfettgewebe (in der zwischenzellulären Flüssigkeit) über einen Zeitraum bis zu drei Tagen. Die dabei auftretenden Abweichungen werden bei der Bewertung des Meßergebnisses berücksichtigt. Allerdings drifteten bei dem System die Meßwerte, weshalb diese nicht direkt als Glukosewerte angezeigt werden. Nur in Kliniken Deshalb kommt das Gerät nur in Kliniken und diabetologischen Praxen zum Einsatz. Ähnliches trifft auf das GlucoDay der Firma Menarini zu, das aber wegen seiner Baugröße und den Umständen beim Legen des Sensors von vornherein nur für den klinischen Einsatz vorgesehen ist. Mit der Weiterentwicklung des CGMS, dem Guardian von Medtronic-MiniMed, steht nun noch 2005 ein patientenorientiertes, alltagstaugliches Gerät zur Verfügung. Der wesentli- che Unterschied zum CGMS besteht in der online-anzeige der Meßergebnisse. Das heißt die Glukosewerte sind über einen Zeitraum von 5 Tagen jederzeit auf dem Gerät ablesbar. Voraussetzung ist die tägliche Kalibrierung des Sensors mit herkömmlicher Blutzuckermessung. Sicher kann der Sensor nicht sofort von einer großen Zahl Diabetiker angewendet werden - langfristig stellt er aber für die Diabetiker eine weitere Revolution bei der Blutzuckerüberwachung und Therapieführung dar. Abschließend noch eine Bemerkung: Auch wenn der Sensor unter die Haut geschoben werden muß und täglich noch blutige Kalibrierungsmessungen nötig sind: In dem Sinne, daß zur Gewinnung von täglich insgesamt 288 Meßwerten keine Blutentnahme erfolgen muß, handelt es sich doch wenigstens um eine nahezu unblutige Messung. Dr. Andreas Thomas Diabetes-Journal Extra 7 > > > > > > > > >