Monatsbericht Februar



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Transkript:

Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina Monatsbericht Februar 1 - Die Sicherheitslage im Kosovo 2 - Aktualisierung: Die Situation der Frauen im Kosovo 3 - Aktualisierung: Dokumente 1 - Die Sicherheitslage im Kosovo Die gewalttätigen Übergriffe im Februar 2001 im Kosovo selbst sowie in Südserbien und seit kurzem auch im Nordwesten Mazedoniens haben die Hoffnungen auf einen ruhigen stabilisierten Südbalkan in den Augen der westlichen Politiker sowie auch der UNMIK- Verwaltung und der humanitären Organisationen in der Provinz reduziert, wenn nicht sogar zunichte gemacht. Es ist offensichtlich, daß hier Kräfte am Werk sind, die ihr Ziel - die Destabilisierung der Region - mit allen Mitteln durchsetzen wollen. Dabei scheuen sie sich weder vor Gewalttaten an der Zivilbevölkerung noch an den internationalen KFOR-Truppen. Trotz der hohen Anzahl an Gewalttaten in der Provinz selbst, in Südserbien und in Mazedonien, mit mehr Toten in einigen Wochen als im ganzen vergangenen Jahr, handelt es sich dennoch in altbewährter Tradition vor allem um einen Medienkrieg, auf den nicht nur die sogenannten Befreiungstruppen der ehemaligen UCK, die UCPMB (Befreiungsarmee von Presevo, Medveca und Bujanovac) und die neu gegründete AKSH (Befreiungsarmee der Albaner in Mazedonien), sondern auch die serbischen 1 und mazedonischen Sicherheitskräfte setzen. So ereifert sich die serbische Nachrichtenagentur Stimme Kosovos über die offene Zusammenarbeit der Friedenstruppe KFOR mit den albanischen Terroristen 2, während die mazedonischen Medien laut einer albanischen Tageszeitung schrieben, daß kosovarische Terroristen sich auf einen Angriff gegen die mazedonische Armee vorbereiteten 3. Die Antwort der internationalen Presse auf den Anschlag auf einen serbischen Bus am 13. Februar, bei dem 11 Menschen getötet und über 40 schwer verletzt wurden, (wiederum in Koha Ditore 4 veröffentlicht) verschlimmert diesen Medienkrieg noch. Angeblich werden die Albaner jetzt als der Hauptgrund für Instabilität im Balkan angesehen und man spricht vom Abzug der humanitären Hilfe und Isolation der Provinz. 1

Ein Beispiel für den Medienkrieg und die damit verbundene Benutzung von Zivilisten stellt das folgende Beispiel dar: Eine junge Albanerin aus Presevo 5, die seit 3 Jahren in Pristina lebt, fährt am Wochenende oft mit dem Bus nach Presevo, um ihre Familie zu besuchen. Vor einigen Wochen wurde dieser Bus bei der Rückkehr in den Kosovo auf südserbischer Seite von serbischen Polizisten 5 Stunden lang festgehalten. Alle Lichter des Busses wurden abgeschaltet, so daß die Passagiere stundenlang in der Dunkelheit umherliefen und die albanische UCPMB den Bus augenscheinlich beschossen. In den Augen der Zivilisten benutzten die Serben sie als menschliches Schutzschild. Der Vertreter von Medecins sans Frontieres jedoch, der sich in der Nähe befand, sah, wie serbische und albanische Medien, anscheinend vorbereitet, die Situation ausschlachteten. Noch vor einigen Monaten sagten alle albanischen Flüchtlinge aus Südserbien, die ich befragte, aus, daß sie nur mehr Rechte in ihren Heimatorten, nicht aber an den Kosovo angeschlossen werden wollten. Dies scheint sich nach einigen jetzigen Aussagen geändert zu haben. Die Versprechungen der serbischen Regierung zu Reformen, auf die die politische Vertretung der UCPMB ablehnend reagierte, scheint auch die albanische Bevölkerung nicht mehr glauben zu wollen. Was auch immer diesen Meinungsumschwung bewirkt hat, er verstärkt jedenfalls den in den nächsten Abschnitten beschriebenen Trend. Es ist natürlich wichtig herauszufinden, wer nun wirklich hinter all diesen Unruhen und Anschlägen steckt, aber man darf eines nicht vergessen: Kriege entstehen meist nicht durch Fakten, sondern durch subjektive Wahrnehmungen. Von Krisen betroffene Menschen neigen nicht dazu, nach objektiver Berichterstattung zu suchen, sondern hören auf die Medien, die ihre Seite verteidigen. Die Drohungen der internationalen Gemeinschaft und die Propaganda in den Medien bewirken eher das Gegenteil der gewünschten Reaktion: Sie beunruhigen die Zivilbevölkerung zwar, provozieren aber vor allem erneut das uralte Gefühl der Albaner, ungerecht behandelt und wieder in die Opferrolle gedrängt zu werden. Anstatt damit ein Ablehnen der Befreiungstruppen durch die Bevölkerung zu erreichen, schaffen sie das Gefühl: Alle sind wieder gegen uns, wir müssen zusammenhalten und uns wehren. Zusätzlich entsteht die Überzeugung, daß die Serben mal wieder stärker und schlauer waren, womit alle bisherigen Bemühungen der Versöhnung nutzlos geworden sind. Dies wird ganz deutlich durch die Tatsache, daß kein einziger Bürger die Gewalttaten gegen die serbischen Zivilisten öffentlich verurteilt hat, und daß vereinzelte Angriffe auf alle Minderheiten (vor allem auf Serben, Ashkali und Roma) zunehmen. Die vom Nachfolger Dr. Kouchners, Hans Haekkerup, geforderte Entwaffnung der Bevölkerung, mit Androhung von 20.000 DM Strafe für unerlaubten Waffenbesitz, hat bisher nichts gebracht. Im Gegenteil: Es herrscht allgemein verhaltene Spannung und Ablehnung. Auch die Verhandlungen Serbiens mit Mazedoniens über eine Verschiebung der Grenze - einige Dörfer im Süden des Kosovo sollen künftig zu Mazedonien gehören - tragen ihren Teil zur Verstimmung der Bevölkerung bei. 2

Mittlerweile flüchten Albaner aus Mazedonien in den Kosovo. Wenn deren Zahl auch nicht groß ist, so schaffen sie doch ein neues Phänomen: Die Befürchtungen der internationalen Gemeinschaft vor einem Großalbanien werden sich sicher nicht bewahrheiten, dafür aber sieht alles nach der Entstehung eines ultranationalistischen Großkosovo aus! Es scheint, daß für alle Albaner der Region diese kleine Provinz zum einzigen Zufluchtsort vor den Feinden der Albaner geworden ist. Ein gefährliches Verbundenheitsgefühl gegen den Rest der Welt ist entstanden, daß sich sicherlich zu einem großen Risiko für die gesamte Region entwickeln kann. Das Agieren vor allem der KFOR wirkt orientierungslos, was zur Folge hat, daß alle Seiten dies weidlich für ihre Propaganda ausnutzen. Dazu muß allerdings gesagt werden, daß die Bevölkerung bei der Aufklärung der vielen Attentate in keinster Weise hilft, sei es aus Angst oder stiller Billigung. Die geplante Rückführung aller Serben für Juni diesen Jahres ist unter diesen Umständen undenkbar. Auch die Rückkehr von anderen Minderheiten sollte auf keinen Fall forciert werden. 2 - Aktualisierung: Die Situation der Frauen Nachdem in den letzten Wochen viele Einzelanfragen bezüglich der Situation der Frauen im Kosovo bei uns eingingen, werde ich in diesem Bericht die Aussagen des letzten Berichtes (Juni 2000) über Frauen aktualisieren und um einige Themen erweitern. Prostitution Alarmierend waren die häufiger angesprochenen Bedenken, daß im Kosovo albanische alleinstehende Rückkehrerinnen zur Prostitution gezwungen würden. Deshalb beginne ich mit diesem Thema. Woher dieses Gerücht auch immer stammt, es stimmt ganz offensichtlich nicht. Gordon Moon, der Chef der UNMIK Abteilung gegen Prostitution und Menschenhandel 6, bestätigte dies noch einmal. Die Zahl albanischer Prostituierter im Kosovo ist sehr gering, wobei diese alle auf freiwilliger Basis arbeiten. Hingegen ist der Kosovo zu einem der Zentren von Menschenhandel überwiegend aus Moldavien, der Ukraine, Rumänien und Bulgarien geworden. In den fast hundert sogenannten Night Clubs arbeiten 260 Prostituierte, von denen nur 3 Albanerinnen sind. 98% dieser Mädchen werden zur Prostitution gezwungen. Erst vor zwei Wochen hat die internationale Polizei 150 dieser Mädchen in Zusammenarbeit mit IOM (International Organisation for Migration) in ihr Heimatland repatriiert, aber laut Gordon Moon kommen in dem Maße in dem sie zurückgeschickt werden auch wieder Neue in die Provinz. Das Geschäft mit diesem Menschenhandel ist einfach zu lukrativ, wobei es sich bei den Zuhältern ausschließlich um Kosovoalbaner handelt. Die Mädchen antworten in ihren von wirtschaftlichen Krisen geschüttelten Ländern auf Zeitungsannoncen, meist für Italien, in denen Stellen als Kindermädchen, Bedienungen in Restaurants, usw, angeboten werden. Endstation für sie sind heruntergekommene 3

Wohnungen, oft Kellergewölbe, in denen man ihnen ihre persönliche Dokumente abnimmt und sie zum Teil wochenlang einsperrt. Auch wenn einige relativ menschenwürdig behandelt werden, so wird doch der Großteil dieser sehr jungen Mädchen schwer mißhandelt und vergewaltigt. Bei den Kunden handelt sich ebenso um einheimische wie Männer von internationalen Organisationen. Die Preise für den Kundenservice starten bei 20 DM und steigen bis zu 1000 DM, wovon die Mädchen nur freie i Unterkunft und Verpflegung bekommen. Manche erhalten ein Gehalt von ungefähr 500 DM pro Monat für ihre Darstellungen als Striptease Tänzerinnen. Prostitution und Zuhältertätigkeit sind zwar illegal im Kosovo, aber Strafen von mehr als 10 Tage Gefängnis gab es bis vor kurzem nicht. Glücklicherweise hat sich dies inzwischen geändert. Seit dem 12. Januar 2001 kann man für Menschenhandel von Minderjährigen 15 Jahre Gefängnisstrafe, für Erwachsene 3 bis 5 Jahre bekommen. Außerdem hat die Polizei endlich das Recht, diese sogenannten Night-Clubs zu schließen. Viele Anfragen betreffen auch sogenannte Entführungen von jungen Albanerinnen. Dabei handelt es sich so gut wie immer um romantische Entführungen, das heißt, daß junge Mädchen mit von der Familie nicht akzeptierten Freunden durchbrennen 7. Kosovo Women s Initiative Seit letztem Jahr gibt es die von UNHCR ins Leben gerufene Kosovo Women s Initiative. Die Projekte reichten von Näh- und Computerkursen für Frauen bis zu rechtlicher und psychologischer Beratung und Betreuung. Bis vor kurzem beteiligten sich viele ausländische Organisationen daran, darunter auch der Malteser Hilfsdienst aus Deutschland, doch seit diesem Jahr ist das Budget erheblich reduziert worden. Derweil liegt die 0Koordination bei Louisa Cremonese 8 vom UNHCR. Die übrig gebliebenen Implementierungsorganisationen sind IRC (International Rescue Committee), International Triangle, Concern und ICMC. Am interessantesten ist sicher die Arbeit der zuletzt genannten Organisation, die, wie das schon in Bangladesh erfolgreich ausgeführte Programm, Kleinkredite an Frauen vergibt, die einen Handel eröffnen wollen. Der Höchstsatz beträgt beim ersten Kredit 750 $, nach korrekter Rückzahlung kann sich diese Summe verdoppeln. Mit dem geringen Budget, das der KWI noch zur Verfügung steht, werden ab jetzt sogenannte lokale Ratsversammlungen und bestehende lokale Frauenorganisationen finanziert werden. Lokale Frauenorganisationen Zwei der wichtigsten lokalen Frauenorganisationen sind das Zentrum für den Schutz von Frau und Kind in Pristina 9 (mit Zweigstellen in jeder größeren Stadt im Kosovo) und i 4

NORMA, eine Gruppe von weiblichen Juristen, die sich vor allem um legale Probleme von Frauen kümmert. Die erst genannte Organisation hat multiple Aufgaben, dieser Bericht aber wird vorwiegend über die Unterbringung von mißhandelten oder schwangeren Frauen informieren, da wir viele Anfragen dies betreffend haben. a) Mißhandelte Frauen Im Kosovo gibt es kein Frauenhaus nach westlichem Modell. Von ihren Männern geschlagene Frauen können im Shelter der Organisation Zuflucht finden, aber da dieser sehr klein ist und die finanziellen Mittel sehr beschränkt sind, beträgt die maximale Aufnahme einige Tage. Frauen, die uneheliche Kinder erwarten, können in Ausnahmefällen bis zu einem Monat bleiben. Die Organisation bietet psychologische und gynäkologische Beratung, kann aber ansonsten keinen Schutz vor Gewalt bieten. Im Kosovo geschehen Fälle von Mißhandlungen an Frauen sehr häufig. Dazu tragen sicherlich Kriegstraumata, aber vor allem Arbeits- und Perspektivlosigkeit der Männer bei. Die Polizei berichtet von 2 Fällen pro Tag allein in Pristina. Die Reaktion der männlichen lokalen Polizisten ist zumeist folgende: Was hat die Frau verbrochen, um solche Schläge zu verdienen? Bisher gibt es keine Ausbildung der lokalen Polizei diese Fälle betreffend. Interviews mit weiblichen lokalen Polizistinnen wurden leider von den Bestimmungen der internationalen Polizei so erschwert, daß ich schließlich aufgeben mußte. NORMA 10 vertritt diese mißhandelten Frauen vor Gericht, sollten sie sich trauen, deren Dienste in Anspruch zu nehmen. Bis jetzt arbeiteten die 14 Rechtsanwältinnen unentgeltlich, wollen aber in Zukunft Honorar verlangen, wenn ein Fall vor dem Gericht gewonnen wurde. b) Sorgerecht für Kinder Laut jugoslawischem Gesetz sind Frauen und Männer vor dem Gesetz gleichberechtigt. Die Realität sieht jedoch anders aus. Wir bekamen viele Anfragen, ob die Kinder einer geschiedenen oder verwitweten Frau von der Familie des Mannes weggenommen würden. Dies geschieht tatsächlich, in den Städten ebenso wie auf dem Land. Meist jedoch mit Zustimmung der Frau. Denn: Der Großteil der kosovarischen Frauen besitzt weder eine Ausbildung noch einen Arbeitsplatz und kann somit ihre Kinder meist nicht ernähren. In der Regel geht die Frau zurück zu ihrer Familie, wenn die Ehe gescheitert oder der Ehemann gestorben ist. Es wird von ihr erwartet, daß sie so schnell wie möglich wieder heiratet, meist einen Mann in der gleichen Situation, der vielleicht eigene Kinder hat und in den wenigsten Fällen ihre Kinder akzeptieren würde. Aus diesem Grund ist es meist einfacher für die Frau, ihre Kinder bei der Familie des Mannes zu lassen, auch aus Erbschaftsgründen. Der Besitz des Vaters der Ehefrau geht normalerweise auf ihre Brüder über, während ihre Kinder von der Familie des Mannes erben werden. Eine Frau hat laut Gesetz Anrecht auf Erbschaft. In der Realität jedoch erheben die wenigsten Frauen Anspruch auf dieses Recht 11. 5

c) Bigamie Bei den Fällen die von NORMA bearbeitet werden, handelt es sich meist um die oben beschriebenen Probleme, aber oft auch um Fälle von Bigamie. Vorweg: Es ist sehr schwer für eine geschiedene oder verwitwete Frau einen neuen Ehemann zu finden, der ihre Existenz sichert. Ist eine Frau aber nicht einmal geschieden, so sind ihre Aussichten auf eine neue Ehe gleich null. Eine Vertreterin von UNMIK erzählte folgenden Fall: Frau X (möchte nicht mit Namen genannt werden) ist verheiratet und hat 3 Kinder. Ihr Mann geht aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland, um dort zu arbeiten. Nach Jahren findet Frau X heraus, daß ihr Mann in Deutschland eine deutsche Frau geheiratet hat. Sie geht zu UNMIK, damit man ihren Mann auffindet, der mittlerweile spurlos verschwunden ist. Doch nach ein paar Tagen zieht sie diese Aufforderung zurück. Angst vor der Familie des Mannes? Wir wissen es nicht mit Sicherheit, fest steht, daß Frau X alleine, nicht geschieden mit 3 Kindern dasteht und keine Aussicht auf neues Eheglück hat. Dies ist kein Einzelfall, laut NORMA, die uns gebeten haben, bei der Suche nach solchen Männern in Deutschland behilflich zu sein, da sie keine Möglichkeit zum Kontakt mit deutschen Behörden haben. d) Uneheliche Kinder Uneheliche Kinder gelten im Kosovo als entehrend und werden öfter mit dem Ausschluß aus der Familie gestraft. Die Mutter gilt als Hure und hat wenig Aussichten auf eine Heirat. Einige Frauen tragen das Kind dennoch aus und lassen es in der Klinik zurück, da es im Kosovo kein Waisenhaus gibt. Diese Kinder werden erstaunlich schnell adoptiert, allerdings nur die männlichen. Im Moment leben noch 32 Waisen in der Uniklinik Pristina 12. Leider konnte uns der zuständige Arzt keinen Termin gewähren. Nach den Aussagen einer Mitarbeiterin von UNMIK, die letztes Jahr bei der Ernährung dieser Kinder mit half, haben die wenigen Schwestern nicht genug Zeit, sich wirklich um die Babys zu kümmern 13. In Pristina gibt es einige Ärzte, die in ihren Privathäusern Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Leider sind die hygienischen Zustände katastrophal. Vor einem dieser Häuser, das sich in der Nähe unseres Büros befindet, hängen z.b. tagtäglich gewaschene Einweghandschuhe im Garten. Alarmierend ist jedoch, daß trotz der oben genannten Möglichkeiten viele Frauen einen dritten Weg wählen. So berichten UNMIK und KFOR von einer ansteigenden Zahl von ausgesetzten Säuglingen, was meistens im Tod der Kinder endet 14. Anscheinend ist der soziale Druck auf unverheiratete Mütter größer als angenommen, aber sicherlich trägt auch deren aussichtslose wirtschaftliche Lage zu solchen Verzweiflungstaten bei. e) Mutterschaftsurlaub 6

Der Mutterschaftsurlaub für im öffentlichen Dienst tätige Kosovarinnen betrug bis vor kurzem 2 Tage. Mittlerweile bekommen die Frauen 42 Tage Urlaub. Der Mutterschaftsurlaub für bei internationalen Organisationen arbeitende Frauen variiert je nach Organisation. Save the Children zum Beispiel gewährt 3 Monate Urlaub unter Beibehaltung der Arbeitsstelle. 3 - Aktualisierung: Dokumente In den letzten Monaten sind fast 2000 gefälschte Pässe von der internationalen Polizei konfisziert worden. Dies hat als Ursache, daß viele Albaner nicht persönlich einen Paß bei den jugoslawischen Behörden in Pristina beantragen wollen 15, einen Mittelmann hoch bezahlen (bis zu 700 DM), der dann meist einen gefälschten Paß bringt. Viele der oft ahnungslosen Menschen stehen dadurch vor einem Dilemma: Sie standen kurz vor der Übergabe eines Visums für ein westliches Land, das jetzt natürlich verfällt. Zudem ist das jugoslawische Büro in Pristina bis auf weiteres geschlossen, da die Fabrik in Belgrad, die das Papier für Pässe herstellt, momentan nicht arbeitet. Die Wartezeit für UNMIK Reisepässe kann sich bis zum Ende des Jahres 2001 hinziehen. Zuerst muß man einen Personalausweis im Rathaus beantragen. Wartezeit: 3-4 Wochen. Mit diesem beantragt man den Reisepaß. Wartezeit: unbestimmt. Zuerst bekommen Menschen einen Ausweis, die überhaupt keine Papiere mehr haben. Von UNHCR Berlin bekamen wir die Anfrage, ob man beim jugoslawischen Büro in Pristina Bestechungsgeld zahlen muß, und das die Wartezeit sehr viel länger als 3 bis 4 Wochen dauert. Die erste Frage kann ich verneinen. Die Wartezeit kann allerdings bis zu 3 Monate dauern. Christina Kaiser Pristina, den 1. März 2001 1 Gespräch mit einem Mitarbeiter des belgischen Medecins sans Frontieres, stationiert in Vranje, Südserbien 2 Stimme Kosovos, 18. Februar 2001 3 in Koha Ditore, 22. Februar 2001 4 Koha Ditore veröffentlicht zum großen Teil Auszüge aus der internationalen Presse 5 Gespräch am 19.02.2001, möchte nicht mit Namen genannt werden 6 Gespräch am 20.02.2001 7 laut Aussagen von Einheimischen wie auch von Gordon Moon 8 Gespräch am 26.02.2001 9 Gespräch am 19.02.2001 10 Gespräch am 22.02.2001 11 Angaben aus persönlichen Gesprächen mit Frauen und aus: Women 2000, An Investigation into the Status of Women s Rights in Central and South-Eastern Europe and the Newly Independent States, International Helsinki Federation for Human Rights. Die Berichte 7

in diesem Buch stammen ausschließlich von einheimischen Frauen. Sehr lesenswert. 12 Zentrum für den Schutz von Frau und Kind 13 ich werde diesen Fall weiter verfolgen. 14 UNMIK-KFOR Press Briefing: 19.02.2001 15 noch vor einigen Wochen stand an der Tür eines Albaners, der persönlich seinen Paß beantragte: Verräter, du bist der nächste. 8

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