Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 1

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Transkript:

Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Die Erläuterungen zur Erdbebenmikrozonierung der Region Basel liefern zusätzliche Erklärungen für die planenden Ingenieure über den Inhalt und die Entstehung der abgegebenen Informationen und Parameter. Weitere vertiefende Informationen können den verschiedenen Interreg III Berichten «Mikrozonierung am südlichen Oberrhein» oder spezieller Fachliteratur entnommen werden. Mikrozonierung Im Hinblick auf die Einschätzung möglicher Schäden an Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen durch ein Erdbeben sind lokal drei Faktoren wichtig: - der Untergrund und sein Einfl uss auf die Verstärkung von Bodenbewegungen (Erschütterungsfähigkeit), - der Zusammenhang zwischen den kritischen Resonanzfrequenzen des Untergrundes und denjenigen der Bauwerke und - die Bauweise, die Konstruktion, das Alter und der Zustand der Bauwerke. Die Analyse der jüngsten Beben hat insbesondere verdeutlicht, dass die Schadensintensität durch das Zusammenspiel dieser drei Faktoren bestimmt wurde. Das bedeutet, dass durch gezielte, auf die lokale Geologie abgestimmte bauliche Massnahmen, eine Begrenzung der Erdbebenschäden erreicht werden kann. Man nennt die Kartierung des geologischen Einfl usses auf die durch Erdbeben verursachten Bodenerschütterungen eine Mikrozonierung. Das Untersuchungsgebiet in der Region Basel wurde in Mikrozonen mit bis zu 3 Subzonen aufgeteilt. Innerhalb einer Mikrozone bzw. Subzone wird ein ähnliches Verhalten bei Erdbeben erwartet. Für die Zoneneinteilung wurden die Tektonik des Gebiets, die geologischen Informationen bezüglich der Lockersedimentzusammensetzung und Felsbeschaffenheit, sowie gemessene Eigenfrequenzen des lokalen Untergrundes verwendet. Für die Defi nition der Subzonen wurden die oberfl ächennahen Lockersedimente beurteilt. Innerhalb einer Zone können drei geologische Subzonen defi niert werden (Löss und Lehm, lockere holozäne Ablagerungen, ältere Ablagerungen). Die Einteilung in die drei geologischen Subzonen wurde angewandt, wenn die Mächtigkeit und Ausdehnung der jeweiligen Ablagerungen von Bedeutung sind. Für jede Mikrozone bezw. Subzone wird ein Antwortspektrum gegeben, welches die Erdbebeneinwirkung unter Berücksichtigung des geologischen Untergrundes und der gewählten Wiederkehrperiode festlegt. Antwortspektren Antwortspektren dienen zur Erdbebenbemessung von Bauwerken. Ein Antwortspektrum ist eine graphische Darstellung der Maximalantwort eines Einmassenschwingers unter der Wirkung eines gegebenen Zeitverlaufs der Bodenbewegung und aufgezeichnet in Funktion von dessen Schwingzeit. Generell werden zwei Arten von Antwortspektren unterschieden: geglättete Antwortspektren nicht geglättete Antwortspektren Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 1

Ein nicht geglättetes Antwortspektrum wird ausgehend von einer einzelnen Aufzeichnung der Bodenbewegung bei einem Erdbeben berechnet, wie in Abbildung 1 durch die blaue Linie dargestellt, dem Antwortspektrum der horizontalen Beschleunigung in Ost-West-Richtung am Standort Basel - St. Johann beim Geothermiebeben vom 8. Dezember 2006. Für jede der drei orthogonalen Richtungen der Bodenbewegung kann ein nicht geglättetes Antwortspektrum bestimmt werden. Geglättete Antwortspektren werden in Normen zur Definition des Bemessungsbebens verwendet. Ein geglättetes Antwortspektrum wird aus vielen nicht geglätteten Antwortspektren ausgemittelt. Meist wird eine vereinfachte Darstellung mit abschnittsweise parabolischem oder konstantem Verlauf des Antwortspektrums verwendet, wie in Abbildung 1 durch die rote Linie dargestellt. In dreifach logarithmischer Darstellung entspricht dies einem abschnittsweise konstanten Verlauf der drei Bewegungsgrössen Beschleunigung/Geschwindigkeit/Verschiebung mit zunehmender Schwingzeit (Newmark-Spektren). Ausgehend von der maximalen Bodenbeschleunigung ganz links in Abbildung 1 bei der Schwingzeit T = 0 folgt nach einem gewissen Übergangsbereich der Abschnitt konstanter Pseudo-Beschleunigung zwischen den sogenannten Eck- Schwingzeiten T B und T C. Anschliessend folgt zwischen T C und der Abschnitt konstanter Pseudo- Geschwindigkeit und über hinaus folgt der Abschnitt konstanter Verschiebung. Abbildung 1 Nicht geglättetes Antwortspektrum der horizontalen Beschleunigung in Ost-West-Richtung am Standort Basel - St. Johann beim Geothermiebeben vom 8. Dezember 2006 (blaue Linie) im Vergleich mit dem geglätteten, elastischen Antwortspektrum der Norm SIA 261 für Zone 3a und Baugrundklasse C (rote Linie), beide für eine äquivalente viskose Dämpfung von 5%. Bei der Berechnung von Antwortspektren wird eine gewisse Dämpfung beim zugrunde liegenden Einmassenschwinger angenommen. Im Hinblick auf die Verwendung in modernen Normen hat sich dafür eine äquivalente viskose Dämpfung von 5% eingebürgert. Bei einfach logarithmischer Darstellung wird meist die Beschleunigung auf der linearen Ordinate verwendet (Abbildung 1), wobei der Unterschied zwischen der sogenannten Pseudo-Beschleunigung und der Beschleunigung bei einer Dämpfung bis 5% vernachlässigt werden kann. Im vorliegenden Geoinformationssystem werden die geglätteten Antwortspektren verwendet. Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 2

Geglättete Antwortspektren Den Ausgangspunkt für die Bestimmung des elastischen Antwortspektrums in einer Zone der Mikrozonierung bilden die Spektralwerte der horizontalen Bodenbeschleunigung bei verschiedenen Frequenzen zwischen 0.5 und 10 Hz, gültig für einen Felsstandort und für eine gegebene Wiederkehrperiode. Das Gefährdungsniveau (Antwortspektrum) auf Fels wird für jede der Mikrozonen und die gewählte Wiederkehrperiode berechnet. Die Bestimmung eines zonenspezifischen Spektrums erfolgte durch Multiplikation des Felsspektrums (grüne Kurve in Abbildung 2, oben) mit den Verstärkungsfunktionen aus numerischen Modellierungen und aus Erdbebenaufzeichnungen. Nichtlineares Bodenverhalten wird vernachlässigt. Es wurden alle Verstärkungsfunktionen berücksichtigt, welche mit Hilfe von ein-, zwei- und dreidimensionalen Berechnungsmethoden erhalten wurden. Zusätzlich wurden alle Erdbebenregistrierung der letzten Jahre ausgewertet, um die numerischen Resultate zu überprüfen. Um allen Unsicherheiten Rechnung zu tragen wurde die Umhüllende der Medianwerte aus allen Verstärkungsfunktionen (beobachtet und berechnet) für die jeweilige Zone gewählt (blaue dicke Kurve in Abbildung 2, oben). Zur Vereinfachung wird nun die generelle Form des elastischen Antwortspektrums der Norm SIA 261 übernommen. Für jede Zone werden die Parameterwerte, wie sie in Tabelle 25 der Norm SIA 261 für die Standard-Baugrundklassen vorgegeben sind, durch eigene Werte ersetzt. Das Beschleunigungs- Antwortspektrum weist einen Plateaubereich mit dem Wert S a,max auf, und nimmt mit zunehmender Periode T zuerst mit T -1, dann mit T -2 ab. Die Berechnung der vereinfachten Kurve ist wie folgt: S a,max = max(sa 1 ) S v,max = max(sa 1 / ) S u,max = max(sa 1 / 2 ) T C = 2 (S v,max /S a,max ) = 2 (S u,max /S v,max ) T B <T<T C : Sa(T)=S a,max T C <T< : Sa(T)=S a,max (T C /T) <T : Sa(T)=S a,max (T C /T 2 ) Wobei Sa 1 der Umhüllenden der Medianwerte aus allen Werten entspricht (Abbildung 2 oben, blaue dicke Kurve), die Funktion Sa(T) die generelle Form des elastischen Antwortspektrums der Norm SIA 261 ist, und die Perioden T B, T C und den in der Tabelle 25 der SIA Norm defi nierten Perioden entsprechen. Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 3

T B S a,max T C S u,max T X Abbildung 2 Mikrozone Rheingraben Ost Subzone Pleistozän Abbildung oben: Berechnetes Beschleunigungs-Antwortspektrum für eine Wiederkehrperiode von 475 Jahren (blaue, dicke Kurve) als Funktion der Periode T. Die Umhüllende mit der klassischen generellen Form des Antwortspektrums für 475 Jahre Wiederkehrperiode entspricht der roten Kurve für den Periodenbereich von T=0.05s bis T x, und der blauen dünne Kurve von T x bis T=10s. Die Werte des Antwortspektrums für 2500 Jahre Wiederkehrperiode wurden durch den Faktor 1.4 dividiert und wiederum an die klassische Form des Antwortspektrums angepasst (blaue dünne Kurve von T=0.05s bis, rote Kurve von bis T=10s). Das gewählte kombinierte Antwortspektrum ist in roter Farbe gezeigt. Die schwarze Kurve zeigt zum Vergleich das Spektrum aus SIA 261, für die Baugrundklasse C in der Erdbebengefährdungszone 3a. Das Felsspektrum für eine Wiederkehrperiode von 475 Jahren ist in grün gezeigt. Die untere Abbildung zeigt das entsprechende Verschiebungs-Antwortspektrum. Aufgrund der Unsicherheiten der Messungen und Simulationen im langperiodischen Bereich der Antwortspektren soll dort eine gewisse Konservativität eingebaut werden. Dies ist umso mehr gerechtfertigt, da der langperiodische Bereich für die Auslegung besonders bedeutender Bauwerke wie Hochhäuser und grosse Brücken entscheidend ist. Zu beachten ist ferner, dass im langperiodischen Bereich mit einer überproportionalen Zunahme der Spektralwerte bei sehr starken Erdbeben zu rechnen ist. Da das 1356-Beben das stärkste bekannte Erdbeben im Raum Basel ist, drängt sich auf, dieses zumindest bei den Lifeline-Bauten in Bauwerksklasse III in Betracht zu ziehen. Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 4

Die Parameterwerte werden im Einzelnen für jede Zone folgendermassen bestimmt: 1. S a,max, T B und T C werden aus den bisherigen Simulationen und Messungen für eine Wiederkehrperiode von 475 Jahren bestimmt. 2. Das Produkt S*a gd wird aufgrund des Standard-Amplifi kationsfaktors von 2,5 aus S a,max zurückgerechnet, d.h. S*a gd = S a,max / 2,5. 3. Die maximale spektrale Verschiebung S u,max wird neu wie folgt bestimmt:s u,max wird aufgrund der Wiederkehrperiode des 1356-Bebens von ca. 2500 Jahren bestimmt und durch den Faktor 1.4 dividiert.der Faktor 1,4 entspricht dem Bedeutungsfaktor der Bauwerksklasse III. 4. ergibt sich neu als Schwingzeit im Schnittpunkt der Linie konstanter Pseudogeschwindigkeit ab T C sowie der Linie konstanter Verschiebung S u,max. Durch dieses Vorgehen wird etwas grösser als 2s. Schnittstelle zu den SIA-Tragwerksnormen Die Parameter des elastischen Antwortspektrums jeder Mikrozone ersetzen die entsprechenden Werte des Kapitels Erdbeben der Norm SIA 261 (2003). Das elastische Antwortspektrum, wie es in Ziffer 16.2.3 der Norm SIA 261 definiert ist, dient als Schnittstelle zu ingenieurseismologischen oder bodendynamischen Untersuchungen wie die vorliegende seismische Mikrozonierung. Im Allgemeinen werden dessen Parameter über die vergleichsweise grobe Einteilung in Erdbebengefährdungszonen und Baugrundklassen bestimmt, während die vorliegende Mikrozonierung eine präzisere Festlegung dieser Parameter erlaubt. Die Norm SIA 261 (2003) empfiehlt in Ziffer 16.2.2.3 ausdrücklich, eine seismische Mikrozonierung für die Bestimmung der Erdbebeneinwirkung zu verwenden, dort wo eine solche vorliegt. Konkret handelt es sich um die drei Schwingzeiten T B, T C und, den Amplifikationsfaktor S und den Bemessungswert der horizontalen Bodenbeschleunigung agd. Mit diesen fünf Parametern ist das elastische Antwortspektrum durch die Gleichungen (25) bis (28) der Norm SIA 261 (2003) vollständig beschrieben. Der generelle Verlauf und der Korrekturbeiwert für die Dämpfung bleiben unverändert. Aus dem elastischen Antwortspektrum lässt sich das massgebliche Bemessungsspektrum bestimmen unter Berücksichtigung des Verhaltensbeiwertes und des Bedeutungsfaktors des betrachteten Bauwerks (Gleichungen 30 bis 33) der Norm SIA 261 (2003). Analog können der Bemessungswert der Bodenverschiebung ugd gemäss Gleichung (29) sowie weitere Bemessungsgrössen, wie die Horizontalkraft auf nicht tragende Elemente (Gleichung 48), berechnet werden. Die Erdbebenbemessung geotechnischer Bauwerke erfolgt nach der Norm SIA 267 (2003) Geotechnik. Bei der Bestimmung der horizontalen Ersatzkraft (Gleichung 23) und der dynamischen Wasserdruckkraft (Gleichung 26) soll der Bemessungswert der horizontalen Bodenbeschleunigung agd durch das Produkt der beiden Parameter S mal agd der entsprechenden Mikrozone ersetzt werden. In der Norm SIA 267 (2003) fehlt der Amplifikationsfaktor S, da dieser erst in der späteren definitiven Fassung des Eurocodes 8 berücksichtigt wurde. Die Verbindlichkeit von konzeptionellen und konstruktiven Massnahmen gemäss Tabellen 27 und 28 der Norm SIA 261 (2003) ist abhängig von der Erdbebenzone und der Bauwerksklasse. Zu diesem Zweck soll zusammen mit der Mikrozonierung weiterhin die Zoneneinteilung gemäss Erdbebengefährdungskarte im Anhang F der Norm SIA 261 (2003) verwendet werden. Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 5

Geologische Phänomene Neben den erdbebenspezifischen Parametern sind auch weitere Informationen zum Untergrund für die Beurteilung der seismischen Gefährdung eines Bauwerks notwendig. Alle Datensätze geben einen momentanen Wissenstand bzw. Stand der Archivierung (2008) der ursprünglich verstreut vorliegenden geologischen Informationen und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Zudem können gewisse Datensätze nur in generalisierter Form dargestellt werden. Künstliche Auffüllungen / Deponien Künstliche Auffüllungen / Deponien sind für die Beurteilung eines Standortes wichtig, da es sich in den meisten Fällen um Bereiche mit tiefen Scherwellengeschwindigkeiten handelt und Setzungen nicht ausgeschlossen werden können. Drei Gruppen werden unterschieden: Keine grössere künstliche Auffüllung oder Deponie bekannt Liegt in der Nachbarschaft (~ 50 m) einer künstlichen Auffüllung oder Deponie Liegt im Bereich einer künstlichen Auffüllung oder Deponie Die exakte Ausdehnung einer Auffüllung ist oft nicht bekannt. Standorte in Nachbarschaft können somit direkt auf die Auffüllung zu liegen kommen. Für Auffüllungen mit einer Mächtigkeit kleiner als 10 m gilt das angegebene Antwortspektrum. Für Auffüllungen mit einer Mächtigkeit grösser als 10 m muss ein standortspezifisches Antwortspektrum mittels einer bodendynamischen Studie bestimmt werden. Falls Setzungen nicht ausgeschlossen werden können, sind besondere Untersuchungen zur Bestimmung der Erdbebeneinwirkung notwendig. Hanginstabilitäten (Rutschungen, Sackungen, Bergsturz & Steinschlag) Bei Hanglagen muss für die Beurteilung des Standorts eine mögliche Hanginstabilität berücksichtigt werden. Drei Gruppen werden unterschieden: Keine Hanginstabilitäten bekannt Liegt in Nachbarschaft (~ 50 m) einer Hanginstabilität Liegt im Bereich einer Hanginstabilität Die exakte Ausdehnung einer Hanginstabilität ist oft nicht bekannt. Standorte in Nachbarschaft können somit direkt auf die Hanginstabilität zu liegen kommen. Für Bereiche mit Hanginstabilitäten sind die entsprechenden kantonalen Vorschriften zu berücksichtigen. Dolinen Im Bereich von Dolinen oder Gebieten, wo in der Vergangenheit unterirdische Salzlaugungen stattgefunden haben, können die spezifischen Randbedingungen für die quantitative Erdbebenmikrozonierung stark ändern. Somit sind in diesen Bereichen zusätzliche ortspezifische Untersuchungen notwenig. Drei Gruppen werden unterschieden: Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 6

Keine Dolinen bekannt Liegt in Nachbarschaft (~ 50 m) einer Doline Liegt im Bereich (~ 10 m) einer Doline Die exakte Ausdehnung einer Doline ist oft nicht bekannt. Standorte in Nachbarschaft können somit direkt auf die Doline zu liegen kommen. Im Bereich einer Doline müssen zusätzliche Abklärungen zu möglichen Setzungen (Dolineneinsturz) unternommen werden. Salzlaugungsgebiete In Regionen, in welchen Salzabbau (Laugung) betrieben wird oder wurde, muss mit potenziellen Geländesenkungen gerechnet werden. Bei Neubauten muss die lokale geologische Information und aktuelle oder vorhergegangene Laugungstätigkeit abgeklärt werden. Die Grundlagendaten müssen via kantonale Fachstellen bezogen werden. (Information nicht im diesem GIS-System zugänglich) Literatur Mikrozonierung für die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, Optimierung der Form der Antwortspektren und der Anzahl der Mikrozonen, Abschlussbericht: Teilbericht B; 22. Juli 2009; Schweizerischer Erdbebendienst ETH Zürich, Wenk Erdbebeningenieurwesen und Baudynamik GmbH Zürich BGA Region 5, Interreg III: Erdbebenmikrozonierung am südlichen Oberrhein; 25. März 2006, Schweizerischer Erdbebendienst ETH Zürich, Angewandte und Umweltgeologie Universität Basel Verschiedene Teilberichte Verfahren zur Erstellung und Verwendung von Mikrozonierungsstudien in der Schweiz; 2004; Richtlinien des Bundesamts für Wasser und Geologie Projektverantwortliche Auftraggeber: Kanton Basel-Landschaft Sicherheitsdirektion Bevölkerungsschutz Kanton Basel-Stadt Justiz- und Sicherheitsdepartement Bearbeiter: Angewandte und Umweltgeologie, Universität Basel Schweizerischer Erdbebendienst (SED) Wenk Erdbebeningenieurwesen und Baudynamik GmbH Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftung durch unvollständige und fehlerhafte Daten sowie unsachgemässe Anwendung wird abgelehnt. Erläuterungen Erdbebenmikrozonierung Region Basel Seite 7