Rede von Oberbürgermeister Fritz Schramma beim Empfang der Freunde des Kölnischen Stadtmuseums anlässlich des 80. Geburtstages von Jan Brügelmann, am Sonntag, 22. Juli 2001, im Kölnischen Stadtmuseum Lieber Jan Brügelmann, sehr geehrter Herr Dr. Schäfke, meine Damen und Herren, im selben Jahr, in dem sie, lieber Jan Brügelmann, das Licht der Welt erblickten, 1921, gab der letzte Türmer Deutschlands seinen Dienst auf. Er hatte im Nordturm der Göttinger Johanneskirche nach Feinden und ähnlichem Ausschau gehalten, musste aber dem Protest der Göttinger Bürger weichen. Denn: zu seinen Dienstpflichten gehörte 15minütiges Trompeten. Zwar ist Jan Brügelmann kein Trompeter im eigentlichen Sinne, aber als Türmer kann man ihn schon bezeichnen. Denn in seinem langen und erfolgreichen Leben hat er das Trompeten, das Aufmerksammachen auf Missstände und Gefahren zu seiner Devise gemacht. Und er ist gut damit gefahren zum Wohle der Stadt und zum Wohle seiner eigenen Person. Dass sein 80. Geburtstag heute von den Freunden des Kölnischen Stadtmuseums mitgefeiert wird, ist nicht verwunderlich. Denn Sie, lieber Jan Brügelmann, führen diesen Verein seit der Gründung im Jahre 1968. Und: Jan Brügelmann ist auf seine eigene Art und Weise ein 68er. Diese Jahreszahl wird heute gern für eine Generation in Anspruch genommen, die Institutionen und Wertvorstellungen unserer Gesellschaft in Frage gestellt hat. Es waren Jahre, in denen Denkanstöße und Diskussionen in Bewegung gesetzt wurden, die bis heute nachwirken. Und die unkonventionellen Ideen, das Beschreiten neuer Wege, den Überblick über die aktuellen Ereignisse zu haben, und vor Gefahren und Fehlentwicklungen zu warnen, das hat Ihr Leben ausgezeichnet. Damit sind Sie für mich ein besonderer 68er. 80 Jahre sind Sie vor kurzem geworden. Achtzig, das ist acht mal zehn. Acht Bereiche sind es auch, die in seinem Leben eine bedeutende Rolle gespielt haben: Die Brügelmann schen 8 K s. Das sind Köln, der Karneval, die Kommunalpolitik, der 2
2 Kaufmann Jan Brügelmann, die Kultur, das Eintreten für Klarheit, die Kirche, und die Kräuter, womit ich Natur im weitesten Sinne meine. Diese acht K s haben Sie mit viel Engagement betrieben. Ein Engagement, das Jan Brügelmann zu einem Beispiel des Bürgers in der Demokratie macht. Ein Beispiel wie es leider viel zu selten umgesetzt wird. Kölner ist Jan Brügelmann nicht nur als Sohn seines Vaters Otto Brügelmann, der zusammen mit Josef Klersch im Jahre 1932 die Veedelszöch initiiert hat. Kölner ist er in seinem ganzen Leben durch sein Eintreten für die Kölner Seele, und das Kölner Brauchtum. Und zu dieser Kölner Seele und dem Kölner Brauchtum gehört der Karneval. 32 Jahre lang, von 1961 bis 1993 da fehlte nur noch ein Amtsjahr bis zur jecken 33 haben sie die Leitung des Förderkreises der Schul- und Veedelszöch inne gehabt. Und diese Jahrzehnte waren nicht einfach. Denn Brauchtum war lange Jahre mehr ein Schimpfwort als ein Wert, den man zu schätzen wusste. Es zeugte von dem Mut und der geistigen Unabhängigkeit Jan Brügelmanns, sich auch in diesen Jahren für die Schul- und Veedelszöch eingesetzt zu haben. Es zeugte in Köln auch von Mut, Diskussionen auszulösen, kritische Fragen zu stellen, die den Karneval betreffen. In Situationen gesellschaftlichen Wandels, besonders 1974 und erneut im Jahre 1988 hat Jan Brügelmann kritische Fragen gestellt. Kritische Fragen, als es um eine neue Standortbestimmung des Kölner Karnevals ging. Und diese notwendigen, kritischen Fragen haben Diskussionen ausgelöst, die bis heute nachwirken. Unermüdlich hat er darauf hingewiesen, dass es sehr schwierig ist, Karneval und Brauchtum mit entsprechenden Zuschauerzahlen, Quoten und dem Umsatz als Wirtschaftsfaktor einzuordnen. Jan Brügelmann s Ziel war in diesem Jahrzehnt schon immer, die Kölsche Eigenart, die Kölsche Originalität im eigentlichen Sinne zu bewahren. Dafür ist er in Gesprächen und Diskussionen auf Mitgliederversammlungen und in Pressekonferenzen vehement und mit Erfolg eingetreten. Und dafür sind wir ihm alle sehr dankbar. Und als echter 68er Revolutionär hat sich Jan Brügelmann gezeigt, als er während einer Prinzenproklamation, die ihm zu wenig kölsch vorkam, lautstark Ostermann- Lieder angestimmt hat. 3
3 lieber Jan Brügelmann, zu Ihrem Leben gehört als drittes K die Kommunalpolitik. Der Einsatz für die Stadt Köln, der Einsatz für seine Partei, die FDP, ist wohl die zentrale Triebfeder des Handelns von Jan Brügelmann. Er ist seit Jahrzehnten Mitglied in der FDP, war lange Jahre stellvertretender Kreisvorsitzender und ist seit 1998 Ehrenmitglied. 15 Jahre lang, von 1969 bis 1984 war Jan Brügelmann im Rat der Stadt Köln tätig. In den letzten fünf Jahren waren Sie als Bürgermeister ein glänzender Repräsentant der Stadt und ihres traditionsreichen bürgerlichen Selbstbewusstseins. Verantwortung in der Demokratischen Gemeinschaft der Bürger zu übernehmen, für Jan Brügelmann war dies selbstverständlich. In den Reihen der Kölner Unternehmer ist dies selten geworden. Im 19. Jahrhundert hingegen war dies fast selbstverständlich, wie ein Blick auf die Verzeichnisse der Ratsmitglieder zeigt. Jan Brügelmann schließt sich hier also an Kölner Tradition an, aber er bereichert diese Tradition um neue, Brügelmann sche Ansätze. Zu Köln gehört seit Jahrhunderten der Handel. Und der Kaufmann Jan Brügelmann ist als viertes K zu nennen. Seit 181 Jahren, ist in Köln die Firma F. W. Brügelmann & Söhne zu Hause. 181 Jahre in einem Wirtschaftszweig, der sich in den letzten 50 Jahren gewandelt hat wie kein anderer: 181 Jahre in Textilproduktion und Textilhandel. Diese Jahrzehnte als Familiengesellschaft erfolgreich zu überstehen, das war eine Leistung, zu der Jan Brügelmann entscheidend beigetragen hat. Auf veränderte Marktlagen zu reagieren, neue Wege zu gehen etwa gehört in die lange Reihe schwieriger Entscheidungen, die den Erfolg des Unternehmens in einem veränderten Markt gesichert haben. Betrachtet man den enormen Wandel der Kölner Wirtschaft in den letzten 200 Jahren, so wird diese Leistung um so bewundernswerter. Kulturförderung, Einsatz für das kulturelle Erbe der Stadt, gehört seit jeher zum erfolgreichen Unternehmertum Kölns. Und daher ist es nicht verwunderlich, dass die Kultur als fünftes K das Leben von Jan Brügelmann geprägt hat. Am augenscheinlichsten wird dieses in seiner langjährigen Tätigkeit für die Freunde des Kölnischen Stadtmuseums. In seinen mehr als 30 Jahren als Vorsitzender sind etwa 10 Mio. DM zu Gunsten des Museums eingenommen worden. Viele Aktivitäten des Museums sind in den schwierigen Zeiten der letzten Jahre nur durch diese Unterstützung möglich gewesen. Und auch hierfür gilt Jan Brügelmann unser herzlichster Dank. 4
4 Möglich geworden ist dies alles durch das sechste K in seinem Leben: Klarheit, ein offenes Wort. Das nachhaltige Eintreten für die Wahrheit, für das als richtig erkannte, und Kritik an Missständen, sie gehören neben maßvollem Auftreten und offenen Zuhören zu den wesentlichen Charakterzügen von Ihnen, lieber Jan Brügelmann. Und diese Klarheit hat Sie zu einem verlässlichen Partner für alle Beteiligten gemacht. Auch hier sind Sie auf ganz besondere Art und Weise ein 68er. Ist das Eintreten für die Wahrheit für Sie doch das höchste Gut und Movens Ihres Handelns. Diese Klarheit im Leben, hängt sicherlich auch eng mit dem Einsatz für das siebte K, die Kirche zusammen. Denn Sie haben sich in Ihrem langen Leben nicht nur für die städtische Gemeinde der Bürger engagiert, sondern auch für die evangelischen Kirchengemeinden in Köln. Jan Brügelmann war 29 Jahre lang Mitglied des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Bayenthal, 16 Jahre Mitglied der Kirchenleitung im Rheinland und 12 Jahre Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Lange Amtszeiten, die für ihn und seine Arbeit sprechen. wenn Sie fleißig mitgezählt haben, dann wissen Sie, dass wir nun zum achten K kommen, den Kräutern. Ich gestehe, Kräuter als Schlagwort für Natur überhaupt zu wählen, ist eher aus der Not geboren, den achten Punkt auch mit K beginnen zu lassen. Der Natur ist Jan Brügelmann auf verschiedene Arten verbunden. Da ist zum einen Golf zu nennen. Sie haben sich immer wieder dafür eingesetzt, Golf für ein breiteres Publikum zu öffnen. So als langjähriger Vorsitzender des Marienburger Golf-Clubs. Und als Präsident des Deutschen Golfverbandes bzw. Präsident des Europäischen Golfverbandes. In die Natur führen auch weitere Tätigkeiten. Sie sind Vorsitzender des Vereins Haus des Waldes, und seit dem letzten Jahr der zweite stellvertretende Vorsitzende des Kölner Tierschutzvereines, auch eine Variante von Natur wenn vielleicht auch nicht gerade von Kräutern. diese enorme Vielzahl an verantwortlichen Ämtern, sein Eintreten für Wahrheit und Klarheit, sein Dasein als 68er im eigenen, im Brügelmann schen Sinne, seine Verdienste um die Stadt Köln und um die Bundesrepublik haben ihn 1993 zum Träger des Bundesverdienstkreuzes gemacht. 5
5 Wir sind heute hier versammelt, um einem Mann zum Geburtstag zu gratulieren, der auf beeindruckender Art und Weise für ein Köln steht, das den Einsatz für andere nicht scheut. Und der für sich selbst viel Gewinn daraus zieht, wie man am strahlenden Auftreten unseres Jubilars bis heute merken kann. All dies wäre aber nicht möglich gewesen, ohne die Unterstützung seiner lieben Frau, der ich am Schluss meiner Rede dafür auf das herzlichste danken möchte. Ich habe im Leben viel Glück gehabt, sagt Jan Brügelmann über sich selbst. Für sein nächstes Lebensjahrzehnt wünsche ich Ihnen, dass dieses Glück erhalten bleibe. Alles Gute!