Schönungsmittel zur Minderung der Adstringens von Rotwein

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Transkript:

Glättende Schönung: Schönungsmittel zur Minderung der Adstringens von Rotwein Zur geschmacklichen Harmonisierung von Rotweinen ist oft eine Minderung ihrer Adstringens erforderlich. Dazu stehen unterschiedliche Schönungsmittel zur Verfügung, deren Wirksamkeit die Praxis vor zahlreiche Fragen stellt. Volker Schneider, Schneider-Oenologie in Bingen, hat einige klassische Präparate in Hinblick auf ihre Minderung übermäßig adstringierenden Tannins untersucht. Die geschmackliche Harmonisierung von Rotwein vor der Abfüllung ist eine gängige Praxis. Die dazu verfügbaren Maßnahmen umfassen eine Optimierung der Restsüße, eine Minderung der Säure und eine Korrektur der Adstringens. Bei der Mehrzahl der Rotweine steht in Deutschland meist die Aussteuerung des Wechselspiels zwischen Säure und Süße im Vordergrund. Dieses Vorgehen erweist sich als unzureichend, wenn es eine störend hohe Adstringens sensorisch nicht einzubinden vermag. Zur kurzfristigen Lösung dieses Problems sind Techniken der Mikrooxygenierung zu zeitaufwendig und und bei Weitem nicht für alle Rotweine geeignet (9). Daher kommt ein breites Spektrum von Schönungsmitteln mit mehr oder weniger Erfolg zum Einsatz. Adstringens wird hervorgerufen durch Tannin, wenn dieses in zu hoher Konzentration oder in schlechter Qualität im Wein vorliegt. Folglich zielen alle Schönungsmittel, die eine geschmackliche Glättung durch Reduzierung der Adstringens verfolgen, auf eine partielle Ausfällung von Tannin ab. Die Schönung mit Hühnereiweiß, besonders beliebt zur geschmacklichen Harmonisierung von im Barrique ausgebauten Weinen, ist davon nur ein Beispiel mit langer Tradition. Durch die Verfügbarkeit unzähliger konfektionierter Schönungsmittel auf Basis von Gelatine, Casein, Albumin oder PVPP hat sie an Bedeutung verloren. Die bevorstehende Deklarationspflicht von aus Eiern und Milch gewonnenen Schönungsmitteln engt das Spektrum der praktisch relevanten Präparate ein. Alternative, aus Weizen oder Erbsen gewonnene Präparate sind in der Entwicklung und zeigen teilweise noch erhebliche Wirkungsdefizite. Deshalb gewinnen die lange bekannten, aber in diesem Zusammenhang etwas in Vergessenheit geratenen Produkte wie Gelatine und PVPP wieder an Interesse. Sie fallen nicht unter die Deklarationspflicht. Während PVPP ein eindeutig definiertes Präparat darstellt, weisen die verschiedenen Gelatinen unterschiedliche Flockungs- und Fällungseigenschaften auf (4, 10). Anhand zweier unterschiedlicher Rotweine wurde daher untersucht, wie Wirkung und Unterschiede zwischen diesen Präparaten in Hinblick auf die Minderung der sensorisch wahrnehmbaren Adstringens einzustufen sind. Zusätzlich wurde die Aussagekraft analytischer Parameter, allen voran des Gesamtphenolgehaltes, für die Bemessung der Intensität der Adstringens untersucht. Dies erfolgte vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, die in der Praxis immer wieder bei der sensorischen Beurteilung von Adstringens und daraus abgeleiteten Behandlungsmaßnahmen auftreten (1). Adstringens ist kein Basalgeschmack wie bitter oder sauer, sondern eine irritierende Wahrnehmung mechanischen Ursprungs, die ein zum Teil lange anhaltendes Gefühl des Reibens, Scheuerns und der Trockenheit im Mund- und Rachenraum hinterlässt. Sie entsteht, wenn Proteine des Speichels durch Tannin oder andere Reaktionspartner denaturiert werden, wobei der Speichel seine schmierende Wirkung einbüßt (2). Sie trägt erheblich zur geschmacklichen Differenzierung der Rotweine bei und wird dort bis zu einem gewissen Ausmaß als positiv empfunden. Die Intensität ihrer Wahrnehmung ist nicht nur vom Tannin abhängig, sondern wird durch eine Reihe anderer Weininhaltsstoffe wie Säure, ph- Wert, Kalium, Mannoproteine und Alkohol beeinflusst (7). Unterschiede im Speichelfluss zwischen den Verkostern und kontextuale Einflüsse durch Übertragung der Adstringens von einem auf den nächsten Wein (carry-over) bewirken eine zusätzliche Varianz in der sensorischen Bewertung (3). Material und Methoden Die vergleichenden Schönungsversuche wurden an zwei trockenen Rotweinen durchgeführt. Es kamen drei Gelatinen (A, B und C) sowie ein PVPP (Divergan F) in unterschiedlichen Aufwandmengen zum Einsatz. Eine der Gelatinen (C) lag in flüssiger Form von 20 % vor; ihre Dosage wurde der Übersicht halber mittels des Faktors 5 auf g/hl Feststoff umgerechnet. Das PVPP wurde bewusst auch über den gesetzlichen Grenzwert von 80 g/hl hinaus dosiert. 1

Die Schönungsansätze erfolgten in jeweils 1 Liter unter konstantem Rühren während 15 Minuten, wobei die pulverisierten Gelatinen vorher in warmem Wasser vorgequollen wurden. Alle Gelatinen flockten vollständig aus. Nach Klärung durch Zentrifugation am Folgetag wurden die geschönten Varianten auf folgende Parameter untersucht: - Gesamtphenol nach Folin-Ciocalteu, ausgedrückt in Catechin-Einheiten. Dieser Wert umfasst alle phenolischen Substanzen und entspricht in Rotweinen der Summe von Tanninen und Anthocyanen. Er ist ein Index für die Intensität der Rotweinart, unterscheidet zwischen leichten und schweren Rotweinen und korreliert eng mit der sensorisch wahrnehmbaren Adstringens; - Anthocyane, ausgedrückt als Malvidindiglucosid; - monomere flavonoide Phenole, ausgedrückt als Catechin. Dieser Parameter umfasst im Wesentlichen niedermolekulare, nicht polymerisierte Bausteine des Tannins, insbesondere Catechine; - polymere Pigmente, die aus der Polymerisation von Anthocyanen und farblosen Phenolen hervorgehen; - Adstringens anhand einer Intensitätsskala von 0-10 durch 13 Prüfer, die vorgängig während zwei Tagen auf die sensorische Bemessung dieses Parametes geschult wurden. Die schulungsmäßige Modellierung von Adstringens erfolgte hierbei anhand von Aluminiumkaliumsulfat. Die zur Beurteilung von Tannin und Adstringens relevanten, phenolspezifischen analytischen Daten der Grundweine sind in Tabelle 1 dargestellt. Die sensorische Beurteilung der Weine legte für den tanninarmen Dornfelder einen Schönungsbedarf aufgrund der schlechten Qualität seines Tannins nahe, während sich in dem tanninreichen Spätburgunder ein Schönungsbedarf aus der Menge des Tannins heraus ergab. Sensorische Unterschiede zwischen Schönungsmitteln Zwischen den einzelnen Gelatinen können sich bei vergleichbarer Dosage deutliche Unterschiede in der Minderung von Adstringens als auch Gesamtphenol ergeben. Exemplarisch dafür stehen die in Abbildung 1 dargestellten Resultate für zwei Gelatinen bei Spätburgunder. Diese Unterschiede sind jedoch weder systematisch noch von einem auf den anderen Wein zu übertragen, sondern punktueller Natur und nicht vorhersehbar. Daraus kann sich im Einzelfall die Notwendigkeit eines Schönungsvorversuchs ergeben. Die Wirkung des PVPP auf die Adstringens war stark vom Wein abhängig, wie aus Abbildung 2 hervorgeht. Während es in dem Dornfelder ohne signifikanten geschmacklichen Effekt blieb, wurde die hohe Adstringens des tanninreichen Spätburgunders deutlich reduziert, ohne dass hierbei die Aufwandmenge (25-100 g/hl) eine Rolle spielte. Die Differenzen zwischen den Weinen mögen auf die unterschiedliche Qualität ihres Tannins zurückzuführen sein, wobei der Spätburgunder einen ungleich höheren Anteil monomerer bzw. niedermolekularer Tannine am Gesamtphenolgehalt als der Dornfelder aufweist. In den unbehandelten Varianten korrespondiert die stärkere Adstringens des Spätburgunders mit seinem deutlich höheren Gesamtphenolgehalt. Trotz der Heterogenität der sensorischen Ergebnisse soll eine konklusive Aussage über die Effektivität der einzelnen Präparate für die Praxis versucht werden. Dazu wurde die in den geschönten Varianten verbliebene Adstringens als Prozent der im unbehandelten Grundwein (100 %) wahrgenommenen Adstringens errechnet. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse als Mittelwerte über beide Weine. Daraus ergeben sich folgende Erkenntnisse: - Mit steigender Dosage des Schönungsmittels geht nicht zwangsläufig eine proportionale Minderung der Adstringens einher. Bezogen auf die Einwaage in g/hl, können geringe Dosagen die Adstringens überproportional stärker reduzieren als hohe Dosagen, wenn die sensorisch aggressivsten Tanninfraktionen bevorzugt ausgefällt werden. - Unbeschadet dessen können zur Minderung von Adstringens, welche auf eine hohe als Gesamtphenol gemessene Tanninkonzentration zurückgeht, erhebliche Aufwandmengen an Schönungsmittel erforderlich werden. Sie können im Einzelfall 50 g/hl Gelatine oder PVPP durchaus übersteigen. Die Ausfällung einer bestimmten Menge Tannins erfordert schlechthin eine entsprechende Menge an Eiweiß bzw. Schönungsmittel. 2

Analytische Veränderungen Die emotionale Nähe zum eigenen Wein und dem bevorzugten Schönungsmittel sowie die fast vollständige Vernachlässigung sensorischer Vergleiche mit Blindverkostung und Signifikanztests legen nahe, die Analytik zur Unterstützung der Sensorik heranzuziehen. Für die Beurteilung der Basalgeschmäcker "süss und "sauer geschieht dies in der Praxis durch die Bestimmung des Zuckers und der Säure. Analoge Messungen zur Beurteilung der Adstringens (1) haben sich im deutschsprachigen Raum bisher nicht eingebürgert. Dazu bietet sich die Bestimmung des Gesamtphenolgehaltes in Rotwein an. Gesamtphenolgehalt Zwischen Gesamtphenolgehalt und sensorisch wahrgenommener Adstringens ergab sich im vorliegenden Datensatz eine Korrelation mit r = 0,68, entsprechend einem Bestimmtheitsmaß von R 2 = 0,46. Das besagt, dass 46 % der Adstringens über den Gesamtphenolgehalt erklärt werden können. Dieser Zusammenhang entspricht dem, der aus ähnlich gelagerten Versuchen errechnet wurde ( 5, 6, 8). Im weitesten Sinn lässt er sich mit dem Zusammenhang zwischen Gesamtsäure und dem sauren Geschmack vergleichen. Unterschiede im Gesamtphenolgehalt von 100 mg/l zwischen den geschönten Varianten konnten sensorisch signifikant nachvollzogen werden. Der beachtliche Unterschied von 1454 mg/l Gesamtphenol zwischen den unbehandelten Grundweinen führte zu vollig unterschiedlichen Bewertungsmustern (Abb. 2). Er differenziert den leichten von dem schweren Rotwein. Es wird deutlich, dass der Gesamtphenolgehalt als die Sensorik stützendes Kriterium zur Bewertung von Rotweinen und deren Adstringens äußerst dienlich ist. Aus Abbildung 3 geht hervor, dass teilweise recht hohe Aufwandmengen an Schönungsmittel erforderlich sein können, um den Gesamtphenolgehalt wesentlich zu mindern. Dieses Verhalten korrespondiert weitgehend mit dem der Adstringens (Abb. 1). Die realisierten Aufwandmengen von bis zu 60 g/hl Gelatine führten zu Verlusten an Gesamtphenol von bis zu 12,5 % bei Spätburgunder und 22 % bei Dornfelder. Dem gegenüber zog PVPP nur eine Minderung von maximal 9 % nach sich. Diese Eckdaten erfordern eine nähere Analyse. Tabelle 3 zeigt die durchschnittliche Minderung von Gesamtphenol pro 10 g/hl Schönungsmittel in Abhängigkeit von der gesamten Aufwandmenge und dem einzelnen Präparat, gemittelt über beide Weine. Es ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gelatinen. Eine Dosage von 10 g/hl Gelatine führt zu einer Minderung des Gesamtphenolgehalts um ca. 80 mg/l. Dem gegenüber bewirken 10 g/hl PVPP nur eine Minderung um ca. 28 mg/l. Bei vergleichbarer Aufwandmenge ist der Wirkungsgrad von PVPP in Rotwein dem der Gelatine-Präparate stets unterlegen. Mit zunehmender Aufwandmenge nimmt der Wirkungsgrad aller Präparate, wiederum bezogen auf eine Dosage von 10 g/hl, tendenziell ab. Weiterhin liegt eine Abhängigkeit vom einzelnen Wein vor, wie Tabelle 4 zeigt. In dem Wein mit hohem Gesamtphenol, hier Spätburgunder, ist der Wirkungsgrad von je 10 g/hl Schönungsmittel geringer als in dem Wein mit geringem Gesamtphenolgehalt. Dies gilt sowohl für Gelatine als auch für PVPP, wobei die Überlegenheit der Gelatine in beiden Weinen wieder deutlich wird. Polymere Pigmente Polymere Pigmente sind für die visuelle Beurteilung von Rotwein von Bedeutung, weil sie weitgehend stabil und resistent gegen den ausbleichenden Effekt der schwefligen Säure sind. Besonders in älteren Rotweinen stellen sie den Hauptanteil der Farbe. Sie erfuhren im Rahmen der realisierten Schönungsspannen eine Abreicherung von bis zu 33 % bei Dornfelder bzw. 22 % bei Spätburgunder. Bei PVPP beschränkten sich die Verluste auf maximal 11 %, entsprechend dem allgemein geringeren Wirkungsgrad von PVPP in Rotwein. Gelatine C bewirkte eine signifikant stärkere Abreicherung als die beiden anderen Gelatine-Präparate. Abbildung 4 stellt die Größenordnungen dar, wobei die Daten für alle Gelatinen als Mittelwert zusammengefasst wurden. Die polymeren Pigmente korrelieren mit r = 0,68 mit der sensorisch wahrnehmbaren Adstringens. Somit geben sie keine über den einfacher zu bestimmenden Gesamtphenolgehalt hinausgehende Information. Andere Parameter 3

Die Verluste an Anthocyanen beschränkten sich im Rahmen der angewandten Schönungsspannen auf 13 %, wobei keine Unterschiede zwischen den Gelatinen auftraten. Ähnlich wurden monomere flavonoide Phenole um bis zu 12 % gemindert. Die Veränderungen stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Adstringens und erübrigen eine weitere Aufarbeitung dieser Parameter. Zusammenfassung Übermäßige Adstringens in Rotwein kann eine geschmackliche Harmonisierung durch Minderung überschüssigen Tannins erforderlich machen. Von den dazu zur Verfügung stehenden Schönungsmitteln gewinnen Gelatine und PVPP erneut an Bedeutung, weil sie von der bevorstehenden Deklarationspflicht allergener Präparate ausgeschlossen bleiben. Die sensorisch beurteilte Adstringens korreliert eng mit dem Gesamtphenolgehalt, welcher die Sensorik abzusichern vermag. Bezogen auf eine Dosage von 10 g/hl Trockensubstanz ist Gelatine, auch in flüssiger Form, tendenziell effizienter zur Minderung von Adstringens und Gesamtphenol als PVPP. Unterschiede zwischen den Gelatinen ergeben sich im Einzelfall, sind aber nicht extrapolierbar und verlieren an Bedeutung gegenüber dem Einflussfaktor Wein. Tanninreiche Rotweine mit hohem Gesamtphenol erfordern ungleich höhere Aufwandmengen zur Reduzierung der Adstringens als tanninarme Weine mit geringem Gesamtphenolgehalt. Grundsätzlich ist Gelatine zur sensorischen Glättung einseitig adstringierender Rotweine gut geeignet, wobei die Ergebnisse nicht auf Weißwein zu übertragen sind. Literatur 1. Cadéac G., Puig P., Sarthou P. (1992) : Définition d un indice de tannicité pour l élaboration des vins rouges. Revue des Œnologues, 64, 19-20. 2. Gawel R. (1998): Red wine astringency: a review. Austr. J. Grape Wine Research, 4, 74-95. 3. Guinard J.X., Pangborn R.M., Lewis M.J. (1986): Time course of astringency in wine upon repeated ingestion. Am. J. Enol. Vitic., 37, 1984-189. 4. Lagune L., Glories Y. (1996). Les gélatines œnologiques: caractéristiques, propriétés. Revue Fr. d Œnologie, 158, 19-22. 5. Schneider V. (1998): Herausforderung Rotwein: Das Tannin rheinhessischer Rotweine. Das Deutsche Weinmagazin, No. 3, 32-37. 6. Schneider V. (2003): Dornfelder: Welcher Inhalt sorgt für Qualität. Das Deutsche Weinmagazin, No. 02, 12-15. 7. Schneider V. (2007): Tannin und Adstringens der Rotweine, I: Sensorische Ausdrucksformen des Tannins. Der Winzer, No. 04, 28-32. 8. Schneider V. (2007): Tannin und Adstringens der Rotweine, II: Beurteilung des Tannins in der Qualitätskontrolle. Der Winzer, No. 05, 6-11. 9. Schneider V. (2007): Tannin und Adstringens der Rotweine, III: Tannin- und Redoxmanagement. Der Winzer, No. 06, 6-9. 10. Versari A. et al. (2000): Preliminary study of the interaction of gelatin- red wine compounds. Ital. Food & Beverage Technology, 20, 5, 17-21. 4

Tab. 1: Phenolspezifische analytische Daten der Rotweine. Dornfelder Spätburgunder Gesamtphenol, mg/l 1938 3392 Anthocyane, mg/l 193 288 monomere flavonoide Phenole, mg/l 495 1317 polymere Pigmente, mg/l 94 122 Tab. 2: Adstringens der mittels Schönungsmitteln behandelten Varianten als Prozent der im Ausgangswein wahrgenommenen Adstringens. Mittelwerte über beide Weine. Dosage, g/hl 0 10 20 25 40 50 60 75 100 Gelatine A 100 95,4 83,1 - - 77,9 - - 70,9 - - - - Gelatine B 100 86,2 82,7 - - 84,3 - - 67,2 - - - - Gelatine C 100 80,0 80,0 87,5 77,6 Mittelwert Gelatinen 100 86,3 83,1 - - 83,2 - - 71,9 - - - - PVPP 100 - - - - 84,0 - - 81,4 - - 83,7 85,0 Tab. 3: Durchschnittliche Minderung von Gesamtphenol (mg/l) pro 10 g/hl Schönungsmittel in Abhängigkeit von Aufwandmenge und Präparat. Mittelwerte über beide Weine. Dosage, g/hl Gelatine A Gelatine B Gelatine C PVPP 10 90 91 96 - - 20 86 81 76 - - 25 - - - - - - 32 40 73 80 74 - - 50 - - - - - - 31 60 71 75 64 - - 75 - - - - - - 25 100 - - - - - - 24 Durchschnitt 80,0 81,8 77,5 28,0 5

Tab. 4: Durchschnittliche Minderung von Gesamtphenol (mg/l) pro 10 g/hl Schönungsmittel in Abhängigkeit von Aufwandmenge und Wein. Mittelwerte über alle Gelatine-Präparate. Gelatine PVPP Dosage, g/hl Spätburgunder Dornfelder Spätburgunder Dornfelder 10 107 85 - - - - 20 97 79 - - - - 25 - - - - 52 30 40 71 70 - - - - 50 - - - - 35 23 60 70 56 - - - - 75 - - - - 31 19 100 - - - - 27 12 Durchschnitt 86,3 72,5 36,3 21,0 Abb. 1: Unterschiedliche Wirkung von zwei Gelatinen auf Adstringens und Gesamtphenolgehalt bei Spätburgunder. Adstringens, Gelatine A Adstringens, Gelatine B Gesamtphenol, Gelatine A Gesamtphenol, Gelatine B 9 3500 8 3400 Intensität Adstringens, 0-10 7 6 5 4 3 2 3300 3200 3100 3000 2900 2800 Gesamtphenol, mg/l 1 2700 0 0 g/hl 10 g/hl 20 g/hl 40 g/hl 60 g/hl Dosage 2600 6

Abb 2: Wirkung von PVPP auf die Adstringens von zwei Rotweinen. 9 Intensität Adstringens, 0-1 8 7 6 5 4 3 2 1 0 8,15 6,08 5,77 6,15 5,92 5,69 5,31 5,23 5,23 5,54 0 25 50 75 100 Dosage, g/hl Spätburgunder Dornfelder 7

Abb. 3: Minderung von Gesamtphenol (mg/l) von zwei Rotweinen durch Gelatine (Mittelwert von drei Präparaten) und PVPP. 4000 3500 Spätburgunder, PVPP 3000 Spätburgunder, Gelatine Gesamtphenol, mg/l 2500 2000 1500 Dornfelder, Gelatine Dornfelder, PVPP 1000 500 0 0 20 40 60 80 100 120 Dosage, g/hl Abb. 4: Minderung polymerer Pigmente (%) von zwei Rotweinen bei der Schönung mit Gelatinen (Mittelwert von drei Präparaten) und PVPP. 100 polymere Pigmente, % 90 80 70 60 50 40 30 Dornfelder, PVPP Spätburgunder, PVPP Spätburgunder, Gelatine Dornfelder, Gelatine 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Dosage, g/hl 8