Definition der neuen Selbständigen 3. Neue Selbständige ( 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) 3.1 Definition der neuen Selbständigen Selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit und (oder) aus Gewerbebetrieb erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist.... ( 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) Was sind selbständig erwerbstätige Personen? Eine ausdrückliche gesetzliche Definition, was darunter zu verstehen ist, gibt es nicht. Sicher lässt sich daher wohl nur sagen, dass diese Personen Einkünfte aus einer aktiven Tätigkeit erzielen müssen. Keine SV-Pflicht als neuer Selbständiger entsteht durch eine rein passive Tätigkeit, wie z.b. das Erzielen von Kapitaleinkünften durchveranlagung von Kapital, durch Einkünfte aus der vorübergehenden Verpachtung eines Betriebes oder für Einkünfte aus der Überlassung von Patentrechten. Was sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb? ( 23 EStG) Darunter fallen vor allem Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Dies aber nur dann, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft, noch als selbständige Arbeit anzusehen ist. Was sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit? ( 22 EStG) Darunter fallen vor allem Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit: a) Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit b) Einkünfte aus der Berufstätigkeit der ¾ Ziviltechniker ¾ Ärzte, Tierärzte und Dentisten ¾ Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder ¾ Unternehmensberater, Versicherungsmathematiker, Schiedsrichter im Schiedsgerichtsverfahren ¾ Bildberichterstatter und Journalisten ¾ Dolmetscher und Übersetzer c) aus therapeutischer psychologischer Tätigkeit, aus der Tätigkeit als Hebamme sowie aus der Tätigkeit im medizinischen Dienst. 131
II. GSVG: Neue Selbständige Unter welchen Voraussetzungen ist man also neuer Selbständiger? z Eine Person erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit und verfügt über keine Gewerbeberechtigung (und ist daher auch nicht Mitglied der Wirtschaftskammer). ¾ Es liegt auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits eine Pflichtversicherung vor (Subsidiaritätsklausel). ¾ Es liegt keine Ausnahme von der Versicherungspflicht vor (z.b. durch Nichterreichen der Versicherungsgrenze). Was bedeutet Subsidiaritätsklausel? Das heißt, dass die Pflichtversicherung als neuer Selbständiger nur aushilfsweise besteht, nämlich dann, wenn nicht bereits eine andere Pflichtversicherung vorliegt. Beispiel: Ein Fachbuchautor (= neuer Selbständiger) hält einen Vortrag bei einer Einrichtung der Erwachsenenbildung. Diese schließt mit ihm einen freien Dienstvertrag ab. Daher fällt er mit diesen Einkünften unter die ASVG-Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer und ist mit diesen Einkünften kein neuer Selbständiger. Unter den Begriff neue Selbständige fallen daher unter anderem: ¾ Alle Personen, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder gewerblicher Tätigkeit erzielen und die noch nicht pflichtversichert sind. Darunter fallen Personen, die auf Grund von Werkverträgen arbeiten, sofern sie nicht Mitglied einer Kammer sind, und auch Personen, die eine gewerbliche Tätigkeit ohne Gewerbeberechtigung durchführen (z.b. auch Pfuscher ). ¾ Personen, die auf Grund eines freien Dienstvertrags tätig sind und deren Arbeitgeber eine Privatperson ist (z.b. nebenberufliche Nachhilfelehrer). ¾ Personen, die auf Grund eines freien Dienstvertrags tätig sind, aber über eigene wesentliche Betriebsmittel verfügen oder ihre Tätigkeit im Wesentlichen nicht persönlich erbringen. ¾ Selbständig erwerbstätige Kommanditisten. Darunter fallen nur Kommanditisten, die unternehmerisch tätig sind. Wenn also Geschäftsführungsbefugnisse ausgeübt werden, die über die gesetzlich zustehenden Mitwirkungsrechte an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, die also auch Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens betreffen, kann Versicherungspflicht als neuer Selbständiger vorliegen. Steht nur die Beteiligung am Vermögen und die Verzinsung des Kapitals im Vordergrund, liegt damit keine Erwerbstätigkeit vor und besteht keine Sozialversicherungspflicht. Kommanditisten, deren Gesellschaftsverhältnis vor dem 31. Juni 1998 begründet wurde, sind generell nicht sozialversicherungspflichtig, egal ob sie selbständig erwerbstätig sind oder nicht. 132
Werkvertrag Kommanditisten können bei reiner Kommanditistenstellung auch in einem echten oder freien Dienstverhältnis stehen. Die Versicherungsträger prüfen in der Praxis schon bei der Anmeldung, ob nicht Versicherungspflicht bei der GKK besteht. Beispiel: Der Inhaber einer Schischule gründete mit Schilehrern eine Kommandit-Erwerbsgesellschaft (KEG). Die Schilehrer stellten ihre Befähigung und ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Schlussendlich entschied der VwGHm, dass sich die Schilehrer in einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Schischule befanden. Die Tatsache des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrags und dass die Schilehrer Kommanditisten waren, änderte nichts an der Einstufung als echte Dienstnehmer (VwGH vom 2.4.2008, 2007/08/0240). ¾ Komplementäre einer Kommanditgesellschaft (KG). Darunter fallen persönlich haftende Gesellschafter ( Komplementäre ) einer Kommanditgesellschaft, die Mitglieder der Wirtschaftskammersind. ¾ Gesellschafter einer Offenen Gesellschaft (OG). 3.2 Werkvertrag Wenn jemand sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, so entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag. ( 1151 ABGB) Personen, die mittels Werkvertrags auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit mit im Wesentlichen eigenen Betriebsmitteln selbständige Einkünfte erzielen und nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit sozialversichert sind, sind als neue Selbständige pflichtversichert. Entscheidend für die Einstufung als neuer Selbständiger ist daher, ob der Werkvertrag im Rahmen einer Gewerbeberechtigung (Gewerbeschein) durchgeführt wird oder nicht. Falls das Werk im Rahmen eines Gewerbescheines erbracht wird, ist die Person kein neuer Selbständiger, sondern ein alter Selbständiger. Allerdings ändert sich dadurch an der Versicherungspflicht nichts. Sowohl mit als auch ohne Gewerbeschein ist ein Werkvertragsnehmer im GSVG versichert. 133
II. GSVG: Feststellen der Versicherungspflicht 4. Feststellen der Versicherungspflicht Ob neue Selbständige SV-Beiträge zahlen müssen oder nicht, hängt davon ab, ob die Versicherungsgrenze überschritten wird. 4.1 Versicherungsgrenze Was ist die Versicherungsgrenze? Das ist die Grenze, ab deren Überschreiten die Pflichtversicherung als neuer Selbständiger im GSVG eintritt. Unterschreitet der selbständig Erwerbstätige diese Grenze, entsteht keine Pflichtversicherung in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung. Wie ermittelt sich die Versicherungsgrenze? Die Versicherungsgrenze ermittelt sich aus dem Gewinn der betrieblichen Tätigkeit als neuer Selbständiger zuzüglich bestimmter Hinzurechnungsbeträge (siehe Abschnitt II Punkt 8.2) Wie hoch ist die Versicherungsgrenze? ( 4 Abs. 1 Z 5 u. 6 GSVG) Es gibt eine Versicherungsgrenze, bei deren Überschreiten die SV-Pflicht für neue Selbständige beginnt: I. Bei ausschließlicher Tätigkeit als neuer Selbständiger 4.988,64 E II. Bei nicht ausschließlicher Tätigkeit als neuer Selbständiger 4.988,64 E Diese Versicherungsgrenze gilt im Jahr 2016. Die Versicherungsgrenze ändert sich mit Beginn eines jeden Jahres. Sie beträgt nämlich das 12fache der im jeweiligen Jahr geltenden Geringfügigkeitsgrenze. 4.2 Vorläufige Beurteilung der Pflichtversicherung neuer Selbständiger Wie wird die Versicherungspflicht festgestellt, wenn nicht feststeht, ob der neue Selbständige die Versicherungsgrenze überschreiten wird? Problem: Die Pflichtversicherung und die damit zusammenhängende Meldeverpflichtung für neue Selbständige beginnt bereits bei Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit (siehe 134
Vorläufige Beurteilung der Pflichtversicherung neuer Selbständiger Abschnitt II Punkt 6.11). Dies allerdings nur dann, wenn die Versicherungsgrenze überschritten wird. Ob diese Grenze überschritten wird, kann aber erst im Nachhinein bei Vorliegen des entsprechenden Einkommensteuerbescheides oder sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweise festgestellt werden. Bis zur Erlassung von Einkommensteuerbescheiden für das vorangegangene Kalenderjahr können unter Umständen zumindest ein bis zwei Jahre vergehen. Einerseits weiß daher der Versicherte oft erst im Nachhinein, ob überhaupt eine Pflicht versicherung bestanden hat, andererseits ist es für die Wirksamkeit einer Sozialversicherung unbedingt erforderlich, von vornherein zu wissen, ob Versi cherungsschutz gegeben ist oder nicht. Es nützt einem Versicherten nichts, wenn er im Nachhinein z.b. krankenversichert ist, aber im Zeitpunkt der Krankheit keine Leistungen der Sozialversicherung in Anspruch nehmen kann, da er als nicht pflichtversichert gilt. Lösung: Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen ( 2 Abs. 1 Z 4 GSVG). Durch diese gesetzliche Regelung ist das Problem dahingehend gelöst, dass der Eintritt der Pflichtversicherung von der Erklärung des neuen Selbständigen, ob er die Versicherungsgrenze überschreiten wird oder nicht, abhängt. Die Entscheidung, welche Erklärung abgegeben wird, hängt rein von den persönlichen Bedürfnissen des neuen Selbständigen ab. Es gibt keinerlei Sanktionen, wenn sich die jeweilige Erklärung im Nachhinein als nicht richtig erweist. 135