Anwendung und Ausführung des ebooster von BorgWarner Knowledge Library
Knowledge Library Anwendung und Ausführung des eboosters von BorgWarner Mit dem elektrisch angetriebenen Verdichter, dem ebooster, ergänzt BorgWarner konventionelle Aufladungskonzepte. I m unteren Drehzahlbereich sorgt er für mehr Ladedruck und damit ein besseres Anfahrverhalten. Daraus resultieren eine gesteigerte Leistung und ein niedrigerer Verbrauch aufgrund eines geringeren Gegendrucks sowie ein reduzierter Anfettungsbedarf unter Volllast. Von Dr. Hermann Breitbach, Leiter Entwicklung Aufladung Pkw, BorgWarner Turbo Systems GmbH, Dietmar Metz, Projektleiter Entwicklung ebooster, BorgWarner Turbo Systems GmbH, Dr. Sascha Weiske, Bereich Vorentwicklung Thermodynamik Aufladung, BorgWarner Turbo Systems GmbH und Gerd Spinner, Bereich Vorentwicklung elektrische Antriebe, BorgWarner Turbo Systems GmbH Elektrisch unterstützte Aufladung wird attraktiv Im Automobilbau werden seit den 1 960er- Jahren Turbolader in Serie im Pkw verwendet, zunächst bei Ottomotoren, dann mit großem Erfolg bei Dieselmotoren. Die Drehmomentund die Leistungssteigerung erlaubten Downsizing und Downspeeding. Damit wurde das Ansprechverhalten der Turbolader eine H e- rausforderung. N eben Verbesserungen der Lader selbst wurden alternative Konzepte untersucht, etwa die Kombination von Turbolader und mechanischem Lader, mehrere Turbolader in Reihen- oder Parallelschaltung oder auch elektrisch unterstützte Turbolader [1 ]. tromotortechnik ein hohes Trägheitsmoment. Die Antriebsleistung wurde in transienten Vorgängen weitgehend in der Beschleunigung des Laufzeugs aufgebraucht. Gleichzeitig war die aus dem Bordnetz zur Verfügung stehende Energie geringer als heute. Mit zunehmender Elektrifizierung, besserer Leistungselektronik, kompakteren Elektromotoren und leistungsfähigeren Mikroprozessoren zur Ansteuerung sind nun durchaus Antriebsleistungen von 2,5 kw bei 1 2 V und 5 kw bei 48 V denkbar. Die elektrisch unterstützte Aufladung wird damit wieder attraktiv, insbesondere elektrisch angetriebene Verdichter [3]. Der Einsatz von elektrisch unterstützten Aufladeaggregaten ist seit den 1 990er-Jahren wiederholt untersucht worden. Mit einem 1 2-V- Bordnetz und dem damaligen Entwicklungsstand von Leistungselektronik und Mikroprozessoren wurden Antriebsleistungen um 2 kw dargestellt [2]. In elektrisch unterstützten Turboladern hat die Kombination aus Verdichter, Turbine, Welle und damals eingesetzter Elek- Einsatz des elektrisch angetriebenen Verdichters am Motor BorgWarner hat einen elektrisch angetriebenen Verdichter, den ebooster, entwickelt, um im unteren Drehzahlbereich Ladedruck und Anfahrverhalten zu verbessern, und zwar ohne negative Rückwirkung auf den Ladungswechsel, da kein Aufstauen des Abgases durch eine zusätzliche Turbine erfolgt. Dies ist bei klopf- 1
begrenzten Ottomotoren ein entscheidender Vorteil. Die Entkopplung des eboosters von der Abgasseite erlaubt eine flexible Positionierung, bietet gegenüber mehrstufiger Turboaufladung Vorteile im Aufheizen der Abgasnachbehandlung und bei der Wärmeabstrahlung in den Motorraum. Die bevorzugte Position des eboosters ist hinter dem Turboladerverdichter. Hier ist die Leistungsaufnahme durch das verringerte Druckverhältnis geringer, ebenso die erforderliche Kennfeldbreite. So kann über einen größeren Drehzahlbereich elektrisch aufgeladen werden. Die Anordnung vor ATL kann zudem die effektiv nutzbare Kennfeldbreite des ATL- Verdichters verringern, da durch geänderte Eintrittsbedingungen eine Betriebspunktverschiebung in Richtung Pumpgrenze erfolgt. Der ebooster kann bei gleicher Leistung, also gleichem Turbolader, das Anfahrverhalten verbessern. Alternativ kann das Anfahrverhalten konstant gehalten und eine Turbine mit geringerem Aufstauverhalten gewählt werden. Daraus ergeben sich eine Leistungssteigerung und ein Verbrauchsvorteil aufgrund des geringeren Gegendrucks sowie ein geringerer Anfettungsbedarf in der Volllast. Tabelle 1. Gegenüberstellung der Motorkonzepte Der folgende Vergleich zeigt das Potenzial eines 1 2-V-eBoosters mit 2 kw Leistung an einem Dieselmotor. Basis ist ein 2, 0-l-Motor mit einstufigem ATL, der über eine variable Turbinengeometrie (VTG) verfügt. Gegenübergestellt werden zwei leistungsgleiche 1, 6-l-Motoren mit VTG-Turbolader und nachgeschaltetem ebooster sowie zweistufiger Aufladung, wie in Tabelle 1 dargestellt. Die Aufladung wurde für jede Konfiguration optimiert, wie in Bild 1 veranschaulicht. Der 1,6-l-Motor hat einen nach ATL (5) und vor Ladeluftkühler (1 ) verbauten ebooster (6). Beim sogenannten R2S -System (regulated two-stage) ist die Hochdruckstufe (5) als VTG ausgeführt. Bild 1. 2,0-l-Basismotor (oben), 1,6-l-Downsizingkonzept mit R2S (links) sowie VTG und ebooster (rechts) 2
Das R2S-System erreicht ebenfalls das Zieldrehmoment, allerdings entnimmt die Hochdruckstufe aus dem Abgasstrom etwa doppelt so viel Energie wie der ebooster elektrisch aufnimmt, wie in Bild 3 (oben) zu sehen ist. Stammt die elektrische Energie aus Rekuperation, ist dies in der Gesamtbilanz vorteilhaft für den ebooster, sonst für die R2S-Aufladung. Bild 2. Volllastvergleich der Motorkonzepte (oben) und zusätzliche Motorleistung über der elektrischen Leistung des eboosters (unten) Das Ansprechverhalten der Konzepte wurde mit Lastsprüngen bei 1 500/min bewertet, wie in Bild 3 (unten) dargestellt. Die VTG-Schaufeln bleiben weitgehend geschlossen (Öffnung erst bei 5 % Dynamikabstand zur Pumpgrenze), die ebooster-drehzahl wird auf den Zielladedruck geregelt. Die Drehmomentkurven zeigen zunächst den Vorteil des 2, 0-l-Motors. Mit Einsatz des eboosters steigt der Drehmomentgradient, Bild 2 (oben) zeigt das Drehmomentdefizit des 1,6-l-Motors mit VTG ohne ebooster, da der Lader zur Leistungserreichung für höheren Ladedruck an der Volllast ausgelegt wurde und damit in der Teillast die Pumpgrenze schneller erreicht. Mit dem ebooster kann das fehlende Drehmoment kompensiert werden. Die dazu jeweils aus dem Bordnetz erforderliche elektrische Leistung ist in Bild 2 (oben) angegeben. Bild 2 (unten) zeigt bei 1 400/min die Steigerung der Motorleistung über der elektrischen Leistung des eboosters. Es ergibt sich ein Verstärkungsfaktor von etwa sieben bis zehn durch die zusätzliche Verbrennungsluft. Mit erhöhtem Luftmassenstrom steigt auch die Turbinenleistung, die VTG-Schaufeln können weiter geöffnet werden, der Turbinenwirkungsgrad steigt, die Ladungswechselverluste sinken, was sich verbrauchsmindernd auswirkt. Bild 3. Vergleich der Antriebsleistung R2S- Turbine gegenüber ebooster (oben) und Lastsprung bei 1 500/min aus 25 Nm Startdrehmoment (unten) 3
das Volllastmoment wird gegenüber dem 2,0-l-Motor und sogar dem 1,6-l-Motor mit der R2S-Aufladegruppe schneller erreicht. Die R2S-Aufladegruppe kann die hohen Ladedrücke allerdings auch stationär halten, was mit dem ebooster nicht möglich ist. Bild 4 (oben) zeigt einen FTP-75-Fahrzyklus mit Leistungsaufnahme des eboosters, berechnet mit einem Längsdynamikmodell für ein Oberklassefahrzeug mit einem Leistungsgewicht von 1 3kg/kW und Sechsganggetriebe. Der ebooster wird mit 2 kw und einer Leerlaufdrehzahl von 6000/min betrieben. Im Zyklus werden im Mittel circa 21 0 W elektrische Leistung benötigt. Der ebooster ist etwa die Hälfte der Zeit im Leerlauf. Wird er stattdessen abgeschaltet, werden rund 1 3 W eingespart. Mit dem ebooster werden höhere Niederdruck-AGR-Anteile gefahren und es ergeben sich Ladungswechselvorteile. Es werden 4 % Verbrauchsvorteil erreicht, mit nur leichten Nachteilen bei den NO x -Emissionen gegenüber der R2S-Variante. Leichte Vorteile bei der Partikelemission werden erwartet, die Verweildauer des Luftverhältnisses an der Rußbegrenzung wurde um circa 5 % gesenkt. Anforderungen an den elektrisch angetriebenen Verdichter Aus der ebooster-funktion ergeben sich klare Anforderungen für die Gestaltung: - minimiertes Trägheitsmoment des Antriebsmotors - geringe elektrische und mechanische Verluste - Motor muss robust gegen Wärmebelastung sein - integrierte Leistungselektronik - effiziente Leistungselektronik (bei 5 kw Leistung bedeutet jedes Prozent Wirkungsgradverlust 50 W Wärme) - ebooster-varianten sind modular für 1 2 und 48 V darzustellen - NVH muss im Konzept berücksichtigt sein. Bild 4. FTP-75-Zyklus mit elektrischer Leistung des eboosters (oben) und Hochlauf des eboosters aus Grunddrehzahl und Halten (unten) 4
Gestaltung des elektrisch angetriebenen Verdichters Die oben genannten Anforderungen bestimmen die Konzeptentscheidungen zum ebooster. Als Antrieb wurde ein bürstenloser Permanentmagnetmotor gewählt, weil er effizienter als ein Asynchronmotor oder eine Switched-Reluctance- Maschine ist. Für lange Einschaltzeiten muss der Motor temperaturrobust sein, daher wurden Samarium-Kobalt-Magnete ausgewählt, die bis über 300 C magnetisch stabil sind. Gleichzeitig benötigt dieser Motortyp keine Magnetisierungsleistung von der Leistungselektronik, was sich positiv auf deren Baugröße und Verlustleistung auswirkt. Bei der Auslegung des Motors wurde ferner darauf geachtet, dass das Drehmoment über die Motorumdrehung gleichmäßig ist, Rastmomente und damit auch die vom Motor ausgehende hochfrequente Geräuschanregung sind gering. Bild 4 (unten) zeigt das schnelle Hochlaufen des Motors aus einer Leerlaufdrehzahl von 6000/min und aus einer Halteposition im Stand. Aus dem Leerlauf sind nach 230 ms 90 % der Zieldrehzahl erreicht, aus dem Stand nach etwa 250 ms. Elektronik und Lagerung sind so ausgelegt, dass der ebooster dauerhaft im Leerlauf betrieben oder stillgelegt werden kann. Bei der Auslegung der Betriebsdrehzahl ist zu beachten, dass die Energie eines Rotors quadratisch mit der Drehzahl steigt. Es war also eine Optimierung vorzunehmen zwischen einem großen, schnell hochlaufenden Motor mit niedriger Drehzahl in Kombination mit einem großen Verdichter und einem kleinen, hochdrehenden Motor mit kleinem Verdichter und längerer Hochlaufzeit. Der Kompromiss wurde mit 70.000/min so gewählt, dass insgesamt ein kompaktes Package mit etwa gleichem Durchmesser von Motor- und Verdichterseite erreicht wird. Der 48-V-eBooster ist insgesamt nur circa 1 70 mm lang (inklusive Verdichterstutzen), bei einem Durchmesser der Spirale von 1 35 mm. Tabelle 2. Produktspezifikationen des eboosters 5
Der Stator wurde ebenfalls für die Anforderung hoher Verfügbarkeit und langer Einschaltzeiten durch hohe Kupferfüllungsgrade und eine gute Wärmeabfuhr an das Gehäuse thermisch optimiert. Für eine geringe Wärmeentwicklung wurde die Leistungselektronik mit Bauelementen niedrigster Widerstandsklassen und hocheffizienten Kondensatoren bestückt, die CAN- Schnittstelle ist integriert. Eine gute Anbindung der Platine an das Gehäuse sorgt für eine effiziente Wärmeabfuhr. Zur Bauteilkühlung wurden Luft- und Wasserkühlung untersucht. Für eine einfache Fahrzeugintegration ist eine Luftkühlung vorzuziehen. Allerdings reicht die Luftkühlung nur für den 1 2-V-eBooster, bei 48 V war nur eine Wasserkühlung zielführend. Mit diesen Konzeptansätzen wurden schließlich hervorragende Eigenschaften des eboosters erreicht. Die in Tabelle 2 aufgezeigten Werte zu Einschalt- und Betriebszeiten sind typische Werte, die je nach Kühlwasser- und Lufttemperatur sowie den Umgebungstemperaturen im Fahrzeug variieren können. Bei insgesamt günstigen Betriebsbedingungen sind beim 48-V-eBooster Dauerleistungen von circa 2 kw darstellbar. Zusammenfassung Der ebooster von BorgWarner ergänzt die konventionelle Aufladung. Schon bei niedrigen Motordrehzahlen kann Ladedruck in sehr kurzer Zeit bereitgestellt werden, das transiente Ansprechen des Motors wird verbessert. Der ebooster eröffnet damit auch ein Potenzial zur Leistungssteigerung des Verbrennungsmotors. Bei entsprechender Auslegung des Gesamtsystems aus ebooster und Turbolader sind eine Verbrauchs- und vor allem beim Dieselmotor eine Schadstoffminderung darstellbar. Literaturhinweise [1 ] Arnold, S. et al.: Design and Development of e-turbo for SUV and Light Truck Applications. DEER-Konferenz, 2004 [2] Münz, S. et al.: Der ebooster Konzeption und Leistungsvermögen eines fortgeschrittenen elektrisch unterstützten Aufladesystems. 7. Aufladetechnische Konferenz, Dresden, 2002 [3] Spinner, G. et al.: BorgWarner s ebooster the new generation of electric assisted boosting. 1 8. Aufladetechnische Konferenz, Dresden, 201 3 Um in der Fahrzeugapplikation sicherzustellen, dass der ebooster immer verfügbar ist, wenn er angefordert wird, hat BorgWarner eine Simulation entwickelt, die die Temperatur und Verfügbarkeit des eboosters sicher vorhersagt. Auf deren Basis kann ein Lastmanagement erfolgen. Die niedrigere Stromaufnahme ist ein Vorteil des 48-V-eBoosters. Für hubraumstärkere Motoren sowie um größere Vorteile im Anfahrverhalten und im Verbrauch darzustellen, wird die höhere ebooster-leistung benötigt. Ü ber Simulation kann der Energiebedarf ermittelt werden, sodass der Fahrzeughersteller seine elektrische Infrastruktur frühzeitig prüfen kann. Kontakt Email: technology@borgwarner.com Weitere Informationen unter borgwarner.com 6