Soforthilfe für Flüchtlinge, Witwen und Waisen in Nigeria

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Transkript:

Trägervereine Mission 21: Basler Mission BM Evangelische Mission im Kwango EMIK Herrnhuter Mission HM Soforthilfe für Flüchtlinge, Witwen und Waisen in Nigeria 1. Hintergrundinformationen zu Nigeria und zur aktuellen Lage 1.1. Allgemeine Landesinformationen Wegen seiner grossen Bevölkerungszahl von circa 175 Millionen Menschen, seinem Ressourcenreichtum, seiner Wirtschaftskraft und seinem politischen Einfluss ist Nigeria eines der wichtigsten Länder Afrikas und auch international von strategischer Bedeutung. Die Bevölkerung Nigerias besteht aus circa 500 verschiedenen Ethnien. Die grössten unter ihnen sind die Hausa im Norden, die Igbo im Südosten und die Yoruba im Südwesten. Während die Hausa überwiegend muslimischen Glaubens und die Igbo überwiegend christlichen Glaubens sind, verteilen sich die Yoruba zu etwa gleichen Teilen auf die beiden Religionsgemeinschaften. Insgesamt gehören gut 90% der Bevölkerung zu jeweils etwa der Hälfte dem Christentum oder dem Islam an. Die übrige Bevölkerung gehört den traditionalen Religionen an, die besonders im Süden und Nordosten des Landes zu finden sind. 1

Politisch hat das Land seit seiner Unabhängigkeit 1960 eine Reihe von Militärdiktaturen erlebt, die lediglich von kürzeren demokratischen Perioden unterbrochen wurden. Politische, wirtschaftliche, ethnische und religiöse Rivalitäten führten zu ständigen Militärputschen und Regierungswechseln. Verstärkt wurde dieser Prozess durch die Entdeckung grosser Erdölvorkommen im Süden und vor der Küste des Landes. Die Frage der Kontrolle dieser für die Wirtschaft des Landes zunehmend entscheidenden Ressource wurde zu einem der Hauptauslöser gewaltsamer Regierungswechsel. 1999 kehrte Nigeria schliesslich zur Demokratie zurück und hat seitdem diesen Weg trotz zahlreicher Widrigkeiten unbeirrt beschritten. Seit 1999 schien ein ungeschriebenes Gesetz zu bestehen, nach dem die Präsidentschaft zwischen einem christlichen und muslimischen Vertreter alternieren sollte. Nach dem frühen Tod des zweiten, muslimischen Präsidenten, Umaru Yar Adua, übernahm allerdings sein christlicher Stellvertreter Goodluck Jonathan die Präsidentschaft. So ist es nicht verwunderlich, dass die wesentlichen Oppositionsparteien muslimisch dominiert sind und ihre Basis im Norden des Landes haben. Im Februar 2013 schlossen sich vier grosse Oppositionsparteien zur All Progressive s Party (APC) zusammen, die nun die regierende People s Democratic Party (PDP) erfolgreich herausgefordert hat. Gewonnen hat die Wahl der frühere Militärdiktator Muhammadu Buhari, der bereits bei der letzten Wahl vor fünf Jahren gegen Jonathan Goodluck angetreten ist. Die Erwartungen an den neuen Präsidenten sind enorm, es ist jedoch noch zu früh zu sagen, ob er sie erfüllen kann. Klar ist aber, dass es für die Lösung der Probleme eher eine Regierung der Nationalen Einheit und nicht zwei etwa gleich grosse, politisch verfeindete Lager bräuchte. Trotz der Einnahmen aus dem Erdölsektor gelang es der Regierung bisher nicht, den Reichtum an Ressourcen in Wohlstand für die grosse Mehrheit der Bevölkerung umzusetzen nicht zuletzt wegen der allgegenwärtigen Korruption. Die Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur sind in einem äusserst schlechten Zustand. Viele Nigerianerinnen und Nigerianer besonders auf dem Land haben keinen Zugang zu qualitativ ansprechender Gesundheitsvorsorge und Bildung. Die Landwirtschaft ist deutlich unterentwickelt, mit negativen Auswirkungen auf Ernährung und Beschäftigung. Die Infrastruktur des Landes ist in einem desolaten Zustand, besonders in ländlichen Regionen. Viele Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, das Strassennetz wird nicht angemessen unterhalten und die Stromversorgung ist äusserst unzuverlässig. In grossen Teilen der Bevölkerung macht sich ein wachsender Unmut über diese prekären Verhältnisse breit. Auch über die ungerechte Verteilung der Güter. Denn das interne Ungleichgewicht ist enorm: Während etwa 125 Millionen Nigerianerinnen und Nigerianer von weniger als 1,25 USD am Tag leben, besitzen die reichsten 12 Nigerianer ein Vermögen von 60 Milliarden USD. Die sozio-ökonomischen Indikatoren sprechen ihre eigene Sprache. Die Alphabetisierungsquote liegt insgesamt bei 61 Prozent, bei deutlich niedrigeren Zahlen für die weibliche Bevölkerung. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 53 Jahren. Kinder und Müttersterblichkeitsraten zählen zu den höchsten weltweit, und Unter- und Mangelernährung bei Kindern ist weit verbreitet. Der 2

Index der menschlichen Entwicklung ist denn auch einer der niedrigsten der Welt: Nigeria liegt an 152. Stelle von insgesamt 187 Ländern. Ein enormes Problem ist das nach wie vor hohe Bevölkerungswachstum. 45 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre. Es wird eine Verdopplung der Bevölkerung auf 350 Millionen bis 2035 erwartet. 1.2. Boko Haram Wesentlich bestimmt wird die gegenwärtige Lage in Nigeria durch die Aktivitäten von Boko Haram. 2002 ursprünglich als innerislamische Reformbewegung gegründet, hat sich die Organisation nicht zuletzt bedingt durch gewaltsame Konfrontationen mit der nigerianischen Regierung und dem gewaltsamen Tod ihres Gründers Mohammed Yusuf seit 2009 zunehmend radikalisiert. Unter ihrem neuen Führer Abubakar Shekau kam es zum offenen Aufstand gegen die nigerianische Zentralgewalt. Seit 2012 ist der Konflikt zunehmend eskaliert. Neben moderaten Muslimen sind christliche Gemeinden und ihre Einrichtungen mittlerweile deutlich im Fokus der Aktivitäten von Boko Haram. Als Resultat ist das Christentum in weiten, besonders ländlichen Teilen des nordöstlichsten Bundesstaats Borno weitgehend verschwunden. Die angrenzenden Bundesstaaten Adamawa, Yobe und Gombe sind ebenfalls stark betroffen. Aber Boko Haram hat seinen Terror bereits bis in die Hauptstadt Abuja getragen. Die Gebiete im Nordosten, die unter der Kontrolle von Boko Haram stehen, wurden im August 2014 zu einem islamischen Staat erklärt. Das ultimative Ziel der Gruppe ist die Umwandlung von ganz Nigeria in einen islamischen Staat. Die erfolgreiche Bekämpfung von Boko Haram wird erschwert durch die Unterwanderung der Sicherheitskräfte, des Geheimdienstes und der Politik von Sympathisanten der Organisation. Die Armee, die zur Bekämpfung von Boko Haram herangezogen wird, ist oftmals unzureichend ausgerüstet und unterbezahlt, sodass die Kampfmoral entsprechend schlecht ist. Bei massiveren Angriffen ziehen sich die Militäreinheiten daher oftmals zurück. Auch von Seiten des ehemaligen Präsidenten Jonathan Goodluck war bislang kein eindeutiger Wille zu erkennen, der Gewalt von Boko Haram Einhalt zu gebieten. Boko Haram selbst scheint aus unterschiedlichen Interessengruppen zusammengesetzt zu sein. Im Wesentlichen lassen sich drei Motivationsstränge identifizieren, die einander teils überlagern, teils aber auch parallel zueinander laufen. So geht es Boko Haram zum einen um den Kampf für einen islamischen Staat und um die Reinigung der als zu lax empfundenen vorherrschenden islamischen Praxis. Zum anderen ist Boko Haram militanter Ausdruck eines Protests gegen die politischen und wirtschaftlichen Missstände des Landes und die Marginalisierung der Nordostregion. Und schliesslich ist Boko Haram nicht zuletzt auch ein Sammelbecken krimineller Elemente, für die Terrorismus angesichts der wirtschaftlichen Situation des Landes eine erträgliche Einnahmequelle darstellt. Typischerweise operiert Boko Haram in kleineren autonomen Gruppen; eine zentrale Kommandostruktur scheint nicht allzu stark ausgeprägt zu sein. 3

Verschärft wird der Konflikt durch seine zunehmende Internationalisierung. So erfährt Boko Haram inoffiziell breite internationale Unterstützung und Finanzierung von Europa über Afrika bis hin zur arabischen Welt. Zusätzlich hat sich Boko Haram vermehrt mit anderen regionalen und internationalen islamistischen Terrorgruppen vernetzt. Alle nördlichen Nachbarländer Niger, Tschad und Kamerun sind bereits in den Konflikt mit hineingezogen worden, sei es durch Menschen, die dort Zuflucht gesucht haben oder durch Übergriffe seitens Boko Haram. 1.3. Millionen Menschen sind auf der Flucht, mangelhaft versorgt, traumatisiert Das Ergebnis des äusserst gewaltsamen und grausamen Vorgehens von Boko Haram sind ungezählte Tote und Verletzte sowie aktuell rund 2 Millionen Binnenflüchtlinge. Sie sind nach oft tagelangen Fussmärschen in einigermassen sicheren Regionen angekommen. Sie haben Schlimmes erlebt. Kaum jemand, der nicht nahe Angehörige verloren hat. Andere wurden entführt, misshandelt oder zwangsverheiratet. Sie alle sind schwer traumatisiert und stehen vor dem Nichts. Sie sind mit Nahrungsmitteln unterversorgt, haben keine feste Unterkunft, kein Land, das sie bearbeiten können, kein Einkommen. Meist konnten sie nur das mitnehmen, was sie auf dem Leib trugen. Ein Ende des Leids der Menschen in Nordosten Nigerias ist noch nicht abzusehen. Weitere Tote, Verletzte und Flüchtlinge kommen täglich hinzu. Vom Konflikt in besonderer Weise betroffen sind Frauen und Mädchen. Sie sind Ziel von Entführung, Menschenhandel, Zwangsheirat und Vergewaltigung durch Boko Haram. Werden sie in solcher Weise Opfer der Terroristen, werden sie dafür vielfach gleichzeitig auch von ihren Familien und Gemeinschaften stigmatisiert und ausgestossen. Zudem sind sie in ihrer traditionellen Rolle zuständig für die Unterkunft, Ernährung und Gesundheit ihrer Familien und tragen daher in der aktuellen Notsituation die Hauptlast der Sorge für ihre Angehörigen. Besonders betroffen von der von Boko Haram ausgehenden Gewalt sind die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa und Gombe im Nordosten des Landes. Doch auch in den angrenzenden Staaten Jigawa, Kano, Katsina, Bauchi, Kaduna, Taraba, Plateau und Nassarawa schlägt Boko Haram immer wieder unvermittelt zu. Selbst die Hauptstadt Abuja und ihr Umfeld sind nicht sicher vor Anschlägen. In all den genannten Staaten sind Menschen auf der Flucht oder haben temporär Zuflucht gefunden. Die nigerianische Regierung hat lange Zeit das Ausmass und die Auswirkungen des Konflikts heruntergespielt und internationale Hilfe sogar ausgeschlagen. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2014 begann sie, nicht zuletzt aufgrund fortgesetzten nationalen und internationalen Drucks über ihre Nationale Nothilfeagentur (NEMA), 4

auf die Situation zu reagieren. Eigene Ressourcen wurden zur Versorgung der Flüchtlinge mobilisiert, die jedoch bei weitem nicht ausreichen, um den seitdem stark gestiegenen Bedarf zu decken. Zudem werden bisher nur jene 10 bis 15 Prozent der Flüchtlinge versorgt, die in Lagern leben. Im Februar 2015 erliess daher das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) einen Aufruf an die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung seiner Mission in Nigeria und den betroffenen Nachbarländern. Leider war die bisherige Reaktion sehr enttäuschend. Bis zum heutigen Tag sind lediglich 6.8 Millionen USD eingegangen. Der Bedarf wird mittlerweile auf 125 Millionen USD taxiert. Damit ist die Mission die am meisten unterfinanzierte des UNHCR. Da weder die nigerianische Regierung noch die internationale Gemeinschaft willens oder in der Lage sind, auf das Leid von aktuell rund zwei Millionen Menschen angemessen zu reagieren, sind die NGOs und insbesondere die Kirchen gefordert, den Notleidenden zu helfen. Gemeinsam mit der langjährigen Partnerkirche EYN («Kirche der Geschwister in Nigeria») sowie weiteren Partnern vor Ort engagiert sich Mission 21 daher in kurz-, mittel- und langfristig angelegten Hilfsmassnahmen, um der notleidenden Bevölkerung zu helfen. 2. Ziele des Engagements von Mission 21 Bei der Umsetzung der Soforthilfe für die Opfer von Vertreibung und Gewalt in Nordost-Nigeria setzt sich Mission 21 gemeinsam mit der «Kirche der Geschwister in Nigeria» (EYN) sowie weiteren Partnern vor Ort folgende Ziele. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Situation und den Bedürfnissen der vom Konflikt in besonderer Weise betroffenen Frauen und Mädchen: 2.1 Oberziele Kurzfristig: die Linderung der Not der von den Gewalttaten und der Vertreibung betroffenen Nigerianerinnen und Nigerianer seien sie Christen oder Muslime Mittel- bis langfristig: die Schaffung von positiven Lebensperspektiven und die Sicherung eines friedlichen Zusammenlebens der Bevölkerung im Nordosten des Landes Diesen Oberzielen sind folgende Teilziele zugeordnet. 2.2 Teilziele 2.2.1 Kurzfristig Verbesserung der Versorgung von Flüchtlingen mit dringend notwendigen Gütern Verbesserung der Unterbringung von Flüchtlingen Unterstützung der Flüchtlinge bei der Verarbeitung des Erlebten (Trauma- Arbeit) 5

2.2.2 Mittel- bis langfristig Schaffung von Lebensperspektiven: Den vom Konflikt Betroffenen sollen Perspektiven zur zukünftigen Existenzsicherung und eigenverantwortlichen Lebensgestaltung eröffnet werden. Frieden zwischen den Religionen: Christen und Muslimen in Nordnigeria sollen nachhaltige Wege zur Überwindung von Gewalt, zur Versöhnung sowie zum friedlichen Zusammenleben eröffnet werden. 3. Massnahmen Den oben genannten Zielen sind jeweils verschiedene Massnahmen zugeordnet: 3.1 Soforthilfe: Versorgung von Flüchtlingen mit lebensnotwendigen Gütern Mission 21 und EYN stellen rund 5'000 Flüchtlingsfamilien (circa 30'000 Personen) Grundnahrungsmittel, Kleidung und Artikel des täglichen Bedarfs zur Verfügung 3.2 Unterkunft: Flüchtlingslager und permanente Ansiedlung Aufbau von drei interreligiösen Flüchtlingslagern für circa 120 Familien Landkauf in Yola (Bundesstaat Adamawa) zur permanenten Ansiedlung von 170 Flüchtlingsfamilien Bau von 70 Wohneinheiten für diese 170 Flüchtlingsfamilien, Anlage eines Brunnens und Bau von 35 Latrinen Bereitstellung von Haushaltsgegenständen für circa 300 Flüchtlingsfamilien 3.3 Trauma-Arbeit / Verarbeitung des Erlebten: Geistliche Betreuung der Flüchtlinge und anderer Opfergruppen Schulung von Mitarbeitenden der Partnerorganisationen zur Traumaverarbeitung durch lokale und internationale Fachpersonen Angebote zur Traumaverarbeitung für die von Gewalt und Vertreibung betroffene Bevölkerung 3.4 Schaffung von Lebensperspektiven: Bereitstellung von Geräten für den Ackerbau sowie von Saatgut und Düngemitteln für rund 5'000 Flüchtlingsfamilien Spezifische Förderung von circa 200 Frauen durch Finanzierung von Schulungen und Ausbildungen, vor allem im handwerklichen Bereich Besondere Unterstützung von circa 1000 Kindern durch Bereitstellung von Schulgeldern und Schulmaterialien 3.5 Frieden zwischen den Religionen: 6

Gemeinsame Ansiedlung und Betreuung von christlichen und muslimischen Flüchtlingen in interreligiösen Flüchtlingscamps Einrichtung und Unterstützung von christlich-muslimischen Friedensgruppen in den Flüchtlingslagern und den von der Gewalt betroffenen Städten und Dörfern Advocacy Arbeit zur Förderung christlich-muslimischer Beziehungen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene 4. Zeitlicher Rahmen der Massnahmen 4.1 Bisherige Aktivitäten Bereits seit Juli 2014 werden in Kooperation mit lokalen Partnerorganisationen verschiedene Soforthilfemassnahmen durchgeführt. Dabei waren stets die oben erwähnten Oberziele und die entsprechenden Teilziele leitend. Entsprechend wurden erste Massnahmen zur Zielerreichung durchgeführt. Der Schwerpunkt lag in dieser Phase bei der Versorgung von rund 850 Flüchtlingsfamilien mit dringend lebensnotwendigen Gütern insbesondere mit Nahrungsmitteln. Darüber hinaus wurden bereits 40 Flüchtlingsfamilien in Jos angesiedelt und versorgt sowie erste Massnahmen bei der Unterstützung von Witwen und Waisen getroffen. Auch der Aufbau von christlich-muslimischen Friedensgruppen wurde bereits initiiert und begleitet. Zur weiteren Ausgestaltung des mehrjährigen Kriseninterventionsprogramms von Mission 21 ist eine Expertise in Arbeit, die im Juli 2015 abgeschlossen sein wird. Frauen und Kinder, insbesondere Mädchen, sind die Hauptleidtragenden des aktuellen Konflikts in Nigeria 4.2 Kurzfristige Massnahmen: 2015 Aufgrund der derzeitigen Situation stehen im Jahr 2015 zwei Massnahmen im Mittelpunkt: 1. Die Versorgung von Flüchtlingen mit lebensnotwendigen Gütern (siehe 3.1) 2. Der Bau von Flüchtlingscamps und einer permanenten Siedlung (siehe 3.2) Mit der Umsetzung dieser beiden Massnahmen wurde bereits begonnen. Aufgrund der hohen Dringlichkeit und des Ausmasses fliessen in diese beiden Massnahmen etwa 50 Prozent der vorgesehenen Gelder (rund 730 000 CHF). 7

Seit März/April 2015 wird diese Nothilfe durch ein Bündel flankierender Massnahmen begleitet. Die Aufarbeitung der erlebten Gewalt, des Verlustes von Familienangehörigen und von Angst und Schrecken ist für viele Menschen dringend notwendig, um nicht ernsthaft an der Seele zu erkranken. Durch professionelle Trauma-Arbeit werden diese Menschen in der Aufarbeitung ihrer Erlebnisse unterstützt und begleitet. Gleichzeit werden ihnen neue praktische Lebensperspektiven vermittelt durch unterstützende Massnahmen im Ackerbau, im Handwerk und in der schulischen Ausbildung (siehe 3.3 und 3.4). Bei den Massnahmen der Friedensarbeit gibt es unterschiedliche zeitliche Horizonte. Christlich-muslimische Friedensgruppen waren schon lange vor dem Ausbruch der terroristischen Gewalt im Rahmen der «Christian and Muslim Peace Building Initiative» der EYN entstanden. Diese Massnahmen müssen jetzt auf die neue Situation hin angepasst werden. Dieser Anpassungsprozess hat bereits begonnen und neue interreligiöse Gruppen sind am Entstehen. Auch in der Advocacy Arbeit zur Förderung christlich-muslimischer Beziehungen haben EYN und Mission 21 bereits langjährige Erfahrungen, die in der veränderten Lage zum Tragen kommen können. Diese Massnahmen werden verstärkt ab Mitte 2015 umgesetzt werden. Die gemeinsame Ansiedlung und Betreuung von christlichen und muslimischen Flüchtlingen in interreligiösen Flüchtlingscamps ist eine Massnahme, die erst nach dem Bau der Flüchtlingscamps und der permanenten Ansiedlung erfolgen kann. Erste Vorbereitungen dazu werden jedoch bereits getroffen, indem geeignete Familien ausgesucht werden. In der Tabelle sind die Massnahmen überblickartig in ihrer zeitlichen Planung dargestellt. Massnahmen Versorgung von Flüchtlingen mit lebensnotwendigen Gütern Bau von Flüchtlingscamps und Bau permanente Ansiedlung in Yola Zeitplanung Seit Juli 2014, solange notwendig Feb. 2015 - Sept. 2015 Traumaarbeit: Betreuung, Schulung, Kurse April 2015 Dez. 2015 Bereitstellung von Geräten etc. für den Ackerbau Ausbildung von Frauen Unterstützung von Kindern mit Schulgeld und - material Massnahmen der Friedensarbeit April 2015 Mai 2015 Juli 2015 Dezember 2015 Seit März 2015 Laufend 8

4.3 Mittel- bis langfristige Massnahmen: 2016 bis 2018 Aufgrund der aktuellen Lage rechnet Mission 21 damit, dass in den drei Jahren von 2016 bis 2018 in Nigeria ein mindestens ähnlich hoher jährlicher Mitteleinsatz notwendig sein wird wie im Jahr 2015. Folgende Szenarien sind dabei denkbar: a) In etwa gleich bleibende Stärke von Boko Haram, Anhalten von Gewalt und Terror durch Boko Haram, fortgeführte Besetzung der derzeit von Boko Haram kontrollierten Region durch die islamistische Terrorgruppe. b) Erstarken von Boko Haram, Vertreibung von noch mehr Christen und gemässigten Muslimen aus weiteren Regionen im Norden und Nordosten des Landes. c) Die militärische Stärke von Boko Haram lässt nach oder die nigerianische Regierung schafft es (mit oder ohne Unterstützung aus dem Ausland), Boko Haram empfindliche Niederlagen beizubringen. Die Rückkehr von Christen und Muslimen in ihre Heimat in derzeit besetzte Gebiete ist mindestens teilweise möglich. Bei all diesen Szenarien ist eine weitere Unterstützung der betroffenen Menschen notwendig. Die Hauptmassnahmen in diesen Szenarien sehen folgendermassen aus: Fazit: a) Die akuten Soforthilfemassnahmen werden zurückgehen. Stattdessen werden verstärkt Massnahmen notwendig, die den Menschen in ihrem neuen Umfeld Lebensperspektiven eröffnen (Ackerbau, schulische und berufliche Bildung). Hier müssen auch infrastrukturelle Massnahmen getroffen werden (Schulen, Begegnungszentren, Kirchen etc.). Auch in die interreligiöse Friedensarbeit und in die Trauma-Arbeit muss weiter investiert werden. b) Die Soforthilfemassnahmen im Bereich der Versorgung von Flüchtlingen mit lebensnotwendigen Gütern müssen verlängert und eventuell sogar erhöht werden. Ebenso wird der Bau weiterer Flüchtlingslager sowie permanenter Siedlungen notwendig werden. Auch bei allen anderen Massnahmen ist vermutlich ein höheres finanzielles Volumen notwendig. c) Viele der Herkunftsorte der Flüchtlinge sind nach dem Abzug von Boko Haram geplündert oder gar zerstört. Dies zeigt wenigstens der erste Augenschein von Orten, die von Regierungstruppen zurückerobert wurden. In diesem Fall stehen die Rückkehrer jenseits der Rückgewinnung ihres Grund und Bodens vor dem Nichts. In diesem Fall müssen Häuser wieder aufgebaut und Geräte für Haus und Acker angeschafft werden. Auch infrastrukturelle Massnahmen (Schulen, Strom, Gemeindezentren, Wasser etc.) werden wohl getroffen werden müssen. Auch wenn derzeit niemand vorhersagen kann, welches der oben beschriebenen Szenarien eintreten wird, steht fest, dass auch in den kommenden Jahren dringende Hilfsmassnahmen notwendig sein werden. Soweit dies die Situation zulässt, wird dabei der Schwerpunkt eher auf mittel- bis längerfristig wirksamen Interventionen liegen. Dazu führt Mission 21 nach Möglichkeit auch die reguläre 9

Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern im Rahmen ihres Kooperationsprogramms 2015-2018 fort. Wichtige Bereiche sind hier insbesondere die Unterstützung der Frauenarbeit, die Bildungsarbeit sowie die Friedens- und Versöhnungsarbeit. 5. Programmpartner Die beiden derzeit wichtigsten Programmpartner sind die «Kirche der Geschwister in Nigeria» (EYN) sowie die NGO «Lifeline Compassionate Global Initiative» (LCGI). Im Verlauf der weiteren Programmentwicklung in den Jahren 2015-2018 sind weitere Kooperationen im Aufbau. 5.1 Kirche der Geschwister in Nigeria Der Nordosten Nigerias ist die Heimatregion der «Kirche der Geschwister in Nigeria» (EYN), einer langjährigen Partnerkirche von Mission 21. Die EYN geht auf die 1923 begonnene Missionsarbeit der US-amerikanischen Kirche «Church of the Brethren» zurück und ist seit 1961 Partnerorganisation der Basler Mission bzw. von Mission 21. Sie ist eine traditionelle Friedenskirche, die sich um den friedlichen Dialog zwischen den Religionen bemüht. Mission 21 unterstützt mehrere soziale Projekte der EYN: die Frauenarbeit, die theologische Ausbildung von Laien und Pfarrpersonen, den Kampf gegen HIV/Aids sowie die interreligiöse Friedensarbeit. 5.2 Lifeline Compassionate Global Initiative «Lifeline Compassionate Global Initiative» (LCGI) ist eine interreligiöse NGO, die gleichermassen von christlichen und muslimischen Menschen geleitet wird und deren Arbeit beiden Religionsgruppen zugutekommt. Seit 2010 ist sie als Nichtregierungsorganisation staatlich anerkannt. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt im Aufbau konstruktiver, friedlicher Beziehungen zwischen christlichen und muslimischen Gemeinschaften durch konkrete Hilfe in den Bereichen Bildung und Ausbildung und der Förderung Einkommen schaffender Massnahmen. 6. Bewertung von Risiko und Nachhaltigkeit Im Hinblick auf die Durchführung der geplanten Massnahmen sind Risiken in verschiedenen Perspektiven abzuwägen. Zum einen bestehen Sicherheitsrisiken in Bezug auf die Gewährung von Soforthilfe für die Flüchtlinge, aber auch im Zusammenhang mit der Durchführung anderer Massnahmen. Diese Risiken sind nicht vollständig auszuschliessen, da die Beteiligten darauf angewiesen sind, sich in der skizzierten Projektregion zu bewegen, in der grundsätzlich immer wieder Gewalt ausgeübt werden kann. Einen umfassenden Schutz vor potenzieller Gewalt gibt es nicht. Wichtig sind hier die Zusammenarbeit mit den staatlichen Sicherheitskräften sowie die enge Anbindung an die lokale Bevölkerung. Dafür bieten die lokalen Partnerorganisationen ideale Voraussetzungen, da sie über einen nahezu 10

uneingeschränkten Zugang zur Bevölkerung an der Basis sowie ein ausgesprochen hohes Ansehen verfügen. Zusätzlich wird es aber immer wieder notwendig sein, Sicherheitsmassnahmen über das allgemein Übliche hinaus vorzunehmen, wie etwa die durch staatliche Kräfte gewährleistete Absicherung bei der Verteilung von Hilfsgütern. Die weitere Entwicklung der allgemeinen politischen Lage und damit auch der Sicherheit im Land kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt niemand mit Bestimmtheit vorhersagen. Die Beobachtung der Situation wird daher ein wesentliches Element der Arbeit bleiben. Entscheidend für den Erfolg und den friedlichen Verlauf der verschiedenen Interventionen ist die Einbeziehung unterschiedlicher Zielgruppen. Besonderes Augenmerk verlangt hier die Beteiligung christlicher und muslimischer Bevölkerungs- und Opfergruppen, um gemäss dem «Do No Harm-Prinzip» den Konflikt zwischen den Religionsgruppen nicht noch zu verstärken. Auch dazu bieten die breit verwurzelten Partnerorganisationen ideale Voraussetzungen. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Engagements ist die Anbindung der humanitären Massnahmen an die langfristige Arbeit mit den Partnerorganisationen von entscheidender Bedeutung; insbesondere die bereits seit über 50 Jahren bestehende Zusammenarbeit mit der «Kirche der Geschwister in Nigeria» (EYN). Das «Kooperationsprogramm Nigeria 2015-2018» von Mission 21 bildet den Rahmen für diese mittel- bis langfristige Zusammenarbeit. Das Engagement von Mission 21 ist per se von Nachhaltigkeit, Verbindlichkeit und Langfristigkeit gekennzeichnet und wird dies auch in Zukunft sein. Die Umsetzung der mittel- und langfristigen Ziele im Rahmen der vorliegend beschriebenen Massnahmen zur Krisenintervention wird dies ergänzen und begleiten. 7. Kontrolle und Evaluation Auch in diesem Bereich ist die langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den lokalen Partnerorganisationen von entscheidender Bedeutung. Es gibt aus dem Bereich des Programmmanagements erprobte Methoden der Kontrolle der Aktivitäten und der Finanzströme. Die entsprechenden Planungsinstrumente und eine darauf basierende regelmässige Berichterstattung sind die Grundlage für ein erfolgreiches Monitoring. Derzeit gibt es von der EYN wöchentliche und monatliche Aktivitätsberichte, die von regelmässigen Finanzberichten ergänzt werden. Für die Umsetzung und Begleitung der Arbeit vor Ort ist eine zuverlässige lokale Koordination und Supervision wesentlich. Dies geschieht über eine Koordinationsstelle sowohl von Mission 21 wie der US-amerikanischen Partnerorganisation «Church of the Brethren» mit Sitz in Jos (Plateau State). Die Finanzströme werden intern und extern auditiert, und die Abrechnungen werden in Basel geprüft. Besuche vor Ort seitens des zuständigen Programmverantwortlichen dienen der Kontrolle und dem Monitoring. Eine externe Evaluation der Arbeit ist nach Abschluss der ersten Projektphase 2015/2016 vorgesehen. 11