Ins Paradies? Zum zweiten Mal konnten Schülerinnen und Schüler des 5. und 6. Jahrgangs der Konrad-Duden- Schule die Kinder- und Jugendbuchautorin Iris Lemanczyk ganz nah in der alt ehrwürdigen Aula erleben. In zwei aufeinander folgenden Lesungen wird sie gebührend von je 70 jungen Stimmen mit Guten Morgen Frau und dann Stille empfangen. Die Autorin lacht herzlich und ergänzt sie heiße Iris Lemanczyk, also Iris, ihr Nachname sei zu kompliziert, der kommt nämlich aus Polen. Sie hat polnische Wurzeln, wurde aber in Kirchheim/Teck bei Stuttgart geboren. Von Anfang an hören die Schülerinnen und Schüler gespannt zu, wie sie im Plauderton von sich, ihrem Leben erzählt. Sie spricht davon, wie sie nach dem Studium der Germanistik und Geographie immer wieder in die Ferne zieht und das Außergewöhnliche sucht. Bereits 52 Länder habe sie bereist und noch so viele gäbe es zu entdecken. Von Anbeginn lädt sie die Schülerinnen und Schüler ein, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Gemeinsam konstruiert sie mit den Jungen und Mädchen den Tag eines Autors und gibt ihnen somit Einblick in ihre Arbeit. Einmal heimgekehrt von einer langen Reise, verspürt sie den unnachgiebigen Drang ein Buch zu schreiben und so die eigenen Erfahrungen aus den Reisen weiterzugeben. Festgehalten werden die Erlebnisse in einem Notizbuch aus dem nach und nach die einzelnen Geschichten entstehen. Auch zeigt sie Dinge, die sie auf ihren Reisen gesammelt und mitgebracht hat. Auch hier dürfen die Schülerinnen und Schüler mutmaßen, um was für Gegenstände es sich handelt, da sie keineswegs eindeutig zuzuordnen sind. Dann hält sie ihr jüngstes, gerade vor zehn Wochen erschienenes Buch in den Händen und liest den Titel Ins Paradies Ins Paradies? vor. Von den Kindern möchte sie erfahren Was ist für euch das Paradies?. Auch hier lässt die Autorin Raum fürs Gespräch und die Schülerinnen und Schüler können frei ihre Gedanken äußern. Für viele ist das Paradies ein Traumstrand mit Palmen und glasklarem Wasser, aber auch eine Welt ohne Krieg - ein Platz, an dem die Menschen in Frieden und ohne Angst leben können. Dann beginnt sie von Adnan zu erzählen, einem 13-Jährigen Jungen, der mit seiner Familie in Tunesien lebt. Seine Mutter ist arbeitslos, sein Vater Invalide, da er bei einer Demonstration gegen einen früheren Machthaber von einem Polizisten mit einem Knüppel auf den Kopf geschlagen wurde. Die Not der Familie ist groß. Deshalb soll Adnan allein nach Europa reisen, irgendwie sein Onkel bezahlt dafür 1000, die Adnan in seiner Unterhose versteckt, um sich dann auf den Weg zu machen. Er soll auf einem Boot nach Lampedusa geschleust werden und von dort weiter ins vermeintliche Paradies nach Deutschland. Nach einer lebensgefährlichen Überfahrt in einem überfüllten Flüchtlingsboot erreicht Adnan gemeinsam mit einer neuen Freundin namens Dhura, die auch allein unterwegs ist, die italienische Insel. Doch wie soll es weitergehen? Noch lange sind sie nicht an ihrem Ziel Deutschland noch in weiter Ferne. Bedrückend still ist es, als die Autorin von der Überfahrt liest, und schildert wie ein junger Mann auf dem Flüchtlingsboot über Bord gerät, unter größten Bemühungen Adnans nicht gerettet werden kann und ertrinkt. Dabei sah die Reise doch aus wie in einem Reiseprospekt. Das Wasser still und klar, am Horizont das rettende Ufer. Erst nach diesem Verlust wird den Menschen auf dem Boot klar, dass sie sich in Lebensgefahr befinden. Ein Jugendbuch, das auf Tatsachen beruht und die aktuelle Geschichte Tunesiens sowie zwei
Schicksale von minderjährigen Flüchtlingskindern beleuchtet. Es ist nicht verwunderlich, dass die bedrückende Stille schnell umschlägt in eine aufwühlende Diskussion, da doch auch unsere Schülerinnen und Schüler so viel zu diesem Thema wissen und erzählen möchten. Ganz hinten in der letzten Reihe sitzt stumm ein kleiner syrischer Junge neu in einer 6. Klasse. Viel versteht er von dem was an diesem Morgen passiert noch nicht vielleicht zum Glück. (Für Presse raus!) Ob sie denn auch schöne Bücher schreibe, möchte eine Schülerin schließlich wissen. Die Autorin lacht und erwidert du meinst mit Prinzessinnen und so nein, eher nicht. Es seien schon eher Bücher zum Nachdenken, wahre Geschichten mit erdachten Figuren, die teils grausam sind aber auch schöne Stellen enthalten können, so auch Shi Wu und die Kinderdiebe - eins das ebenfalls besondere Aufmerksamkeit weckt. Am Ende wird die Autorin mit großem Applaus bedacht und auch die Lehrerinnen und Lehrer bedanken sich für einen eindrucksvollen Vormittag, mit einer Autorin und ihren Geschichten, die in anderen fernen Ländern spielen, auf Tatsachen beruhen und den Schicksalen, die plötzlich ganz nah und greifbar werden. (geschrieben von Silvia Wolf)
Eindrücke Iris Lemanczyk findet einleitende Worte zu ihrem Jugendbuch Ins Paradies?
Die Buchautorin Iris Lemanczyk mit neuer Fangemeinde ihres Buches Ins Paradies? Kleine Zuhörer aus der F5.1!
(Begeisterte Gesichter, hier Schülerinnen der Klasse F5.1 (von links: Celina Mehra, Maria Leftheroudis, Blerta Ferizaj und Noreza Arshad), bei der Lesung von Frau Lemanczyk in der Aula.)
Die Autorin im Gespräch mit Caterina Lacopo, Esma Nur Saglam und Christina Pavlidis.
Autorenlesung im Rahmen der Osthessischen Jugendbuchwoche an (Bild oben: Frau Lemanczyk beantwortet die Fragen der interessierten Schülerinnen und Schüler.) (Bild unten: Wer etwas zu sagen hatte erhob sich, um besser gehört zu werden.) Fotos: Silvia Wolf