Fallstudien und Musterlösungen Fallstudie III: Bereinigung des Beteiligungsportfolios 1
Fallstudie III Sie sind Mitglied in einer Projektgruppe eines mittelgroßen Mischkonzerns mit ca. 15.000 Beschäftigten im In- und Ausland. Der Konzern ist in mehrere Divisions gegliedert. Dazu gehören die Bereiche Sweets, Softdrinks, Brewery und Shipping. Unter den einzelnen Divisions werden jeweils etliche Tochtergesellschaften mit unterschiedlichen Produktsortimenten geführt. Der Vorstand hat beschlossen, dass das Beteiligungsportfolio des Konzerns zu bereinigen ist. Er will das Programm des Konzerns stärker fokussieren. Es sollen deshalb einige Unternehmen veräußert werden, deren Ertragspotenzial nicht mehr so attraktiv ist, um liquide Mittel für lukrative Neu-Akquisitionen zu generieren. Der Vorstand würde es bevorzugen, ggf. ganze Divisions zu veräußern und nicht nur einzelne Unternehmen. Seine Absicht ist es, einen möglichst hohen Verkaufserlös für einen Geschäftsbereich zu erzielen. Als Projektgruppe sind Sie vom Vorstand beauftragt worden, zunächst den Geschäftsbereich zu identifizieren, der sich als ganzes für eine Veräußerung anbietet. Er erwartet von Ihnen eine Rangfolge der Prioritäten für einen Verkauf. Die Stimmung auf den Märkten für Unternehmenskauf und -verkauf (Mergers & Akquisitions) ist durchwachsen. Es ergibt sich derzeit kein einheitliches Bild, ob das Marktniveau wieder wachsen wird, ob es so bleibt, wie es ist oder ob die Preise auf dem Markt weiter sinken werden. Analysten einer führenden Investmentbank schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass der Markt weiter zurückgeht auf 30 %. 20 % der Analysten sagen, dass es wieder aufwärts gehe. Doch viele sind auch der Auffassung, dass alles beim Alten bleibe. Der Bereich Sweets umfasst zwei Unternehmen, die die interne Abkürzung SW1 und SW2 tragen. Im Falle eines Verkaufs bei sinkenden Marktpreisen würden SW1 und SW2 jeweils 4 Mio. EURO erbringen. Wenn der Markt sein Niveau hält liegen die Erlöse für SW1 bei 8 Mio. EURO und für SW2 bei 7 Mio. EURO. Sollte sich tatsächlich ein Aufschwung abzeichnen, könnten für SW1 10 Mio. EURO und für SW2 9 Mio. EURO am Markt erzielt werden. Unter der Division Softdrinks sind drei Unternehmen zusammengefasst: SD1, SD2 und SD3. Im worst case lassen sich mit SD1 4 Mio. EURO, mit SD2 2 Mio. EURO und mit SD3 3 Mio. EURO erlösen. Der best case würde 11 Mio. EURO für SD1 bzw. 7 Mio. EURO jeweils für die beiden anderen Unternehmen dieser Division erbringen. Sollte der Markt jedoch konstant bleiben, wird der Verkauf von SD1 5 Mio. EURO in die Kassen des Konzerns spülen. Hingegen könnten mit dem Verkauf von SD2 2 Mio. EURO eingebracht werden. SD3 würde einen Erlös von 4 Mio. EURO erbringen. Im Bereich Brewery sind zwei weitere Unternehmen beheimatet: B1 und B2. B1 ist gut aufgestellt und würde je nach Marktlage 6, 7 bzw. 8 Mio. EURO beim Verkauf erlösen. B2 hingegen 3 Mio. EURO im schlechtesten Falle. Bleibt das Marktniveau mindestens auf dem bestehenden Niveau, so könnte ein Verkaufspreis von 9 Mio. EURO erzielt werden. Die einzige Reederei SH1 (Bereich shipping ) im Portfolio des Konzerns ist in der Branche als effizientes und Erfolg versprechendes Unternehmen angesehen. Mit ihrem Verkauf könnten sich bei schwächerem Markt 11 Mio. EURO erwirtschaften. Bei einer weiter konstant laufenden Entwicklung wären es voraussichtlich 15 Mio. EURO. Und sollten die Märkte wieder anspringen, so ließen sich wahrscheinlich sogar 16 Mio. EURO erlösen. Welche Division sollte der Vorstand bei seinen Verkaufsplänen vordringlich Beachtung schenken? Welche Erwartungswerte ermitteln Sie? 2
Entscheidungskriterien in der Fallstudie: Ein Entscheidungskriterium Verkaufserlös in Rahmenbedingungen/Restriktionen in der Fallstudie: Verkauf nur ganzer Divisionen zulässig 3
Alternativen in der Fallstudie: a) Division Sweets, bestehend aus SW1 und SW2 b) Division Softdrinks, bestehend aus SD1, SD2 und SD3 c) Division Brewery, bestehend aus B1 und B2. d) Division Shipping, bestehend aus SH1. 4
Umweltzustände in der Fallstudie: a) Preise steigen, 20% b) Preise bleiben wie bisher, 50% c) Preise sinken, 30% 5
Ergebnisse der Alternativen in der Fallstudie: a) Sweets Verkaufserlös der Division in Mio. : Umweltzustand Preise steigen Preise bleiben Preise fallen Eintrittwahrscheinlichkeit 20% 50% 30% Verkaufserlös 10 + 9 = 19 8 + 7 = 15 4 + 4 = 8 6
Ergebnisse der Alternativen in der Fallstudie: b) Softdrinks Verkaufserlös der Division in Mio. : Umweltzustand Preise steigen Preise bleiben Preise fallen Eintrittwahrscheinlichkeit 20% 50% 30% Verkaufserlös 11 + 7 + 7 = 25 5 + 2 + 4 = 11 4 + 2 + 3 = 9 7
Ergebnisse der Alternativen in der Fallstudie: c) Brewery Verkaufserlös der Division in Mio. : Umweltzustand Preise steigen Preise bleiben Preise fallen Eintrittwahrscheinlichkeit 20% 50% 30% Verkaufserlös 8 + 9 = 17 7 + 9 = 16 6 + 3 = 9 8
Ergebnisse der Alternativen in der Fallstudie: d) Shipping Verkaufserlös der Division in Mio. : Umweltzustand Preise steigen Preise bleiben Preise fallen Eintrittwahrscheinlichkeit 20% 50% 30% Verkaufserlös 16 15 11 9
Lösung der Fallstudie mit der Bayes-Regel: Umweltzustände Preise steigenbleiben gleichfallen Division 20% 50% 30% Erwartungswert "Sweets" 19 15 8 13,7 "Softdrinks" 25 11 9 13,2 "Brewery" 17 16 9 14,1 "Shipping" 16 15 11 14 Reihenfolge der Verkaufsvorschläge: Brewery Sweets oder Softdrinks Shipping 10
Fazit: Was zeigt die Fallstudie? Bausteine einer strukturierten Entscheidungsfindung Umgang mit einer Entscheidung unter Risiko Aufstellung einer Ergebnismatrix Anwendung einer Entscheidungsregel 11