Zur Situation der Sportvereine

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Transkript:

Deutscher Johannes Gutenberg- Bundesinstitut für Sportbund Universität Mainz Sportwissenschaft Zur Situation der Sportvereine im Deutschen Sportbund Projektleitung: Im Auftrag des PD Dr. Eike Emrich Deutschen Sportbundes, Dr. Werner Pitsch der Landessportbünde und Dr. Vassilios Papathanassiou des Bundesinstituts Telefon: 0681/3879-171 für Sportwissenschaft

Einleitende Bemerkungen Die Finanz- und Strukturanalyse des deutschen Sports wird in regelmäßigen Abständen im Auftrag des Bundesinstituts für Sportwissenschaft und des Deutschen Sportbundes in Kooperation mit den Landessportbünden durchgeführt. Es handelt sich um eine Befragung von Sportvereinsvertretern, die im vorliegenden Fall Ende 1997 bzw. Anfang 1998 durchgeführt wurde und Bezug auf die Situation am Ende des Jahres 1996 nimmt. Sie dient zur Darstellung des Status Quo des Vereinssports und liefert den Sportorganisationen wichtige Steuerungsdaten als Basis sportpolitischer Entscheidungen. Die nachfolgenden Ausführungen stellen exemplarisch Ergebnisse dieser Forschungsarbeit vor. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt dabei auf einer möglichst allgemeinverständlichen und eingängigen Präsentation zentraler Befunde mit unmittelbarer Relevanz für Sportorganisationen und Sportpolitik. Die Mitgliederentwicklung in den Sportvereinen In den Sportvereinen im Deutschen Sportbund beträgt die mittlere Mitgliederzahl 314, hochgerechnet waren damit Ende 1996 circa 26,8 Millionen Menschen in den Sportvereinen im Deutschen Sportbund organisiert; dabei betrug der Anteil weiblicher Mitglieder im organisierten Sport 40,2 % 1. Einen Überblick über die Verteilung der Sportvereine auf die verschiedenen Größenklassen gibt die Abbildung 1. In der Mitgliederzahl gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Sportvereinen in den neuen und alten Bundesländern: Während die mittlere Mitgliederzahl in den Sportvereinen in den alten Bundesländern bei 350 liegt, sind Sportvereine in neuen Bundesländern mit im Mittel 139 Mitgliedern noch nicht einmal halb so groß. 1 Unterschiede zwischen diesen Zahlen und den Bestandserhebungen des DSB beruhen zum Teil auf unterschiedlichen Erhebungsinstrumenten, zum Teil auf der Logik der Hochrechnung und zum Teil auf der Praxis der Bestandserhebung des DSB sowie der Landessportbünde und anderer Mitgliedsverbände. 1

bis 100 Mitglieder =36,6% 101-200 101 bis 300 Mitglieder =32,3 % bis 100 201-300 über 2000 1901-2000 1801-1900 1701-1800 1601-1700 501-600 601-700 701-800 801-900 901-1000 401-500 301-400 1501-1600 über 1000 Mitglieder =6,8% 1401-1500 1301-1400 1201-1300 1101-1200 1001-1100 301 bis 1000 Mitglieder =24,2% Abbildung 1: Sportvereine nach Mitgliederzahl Im wesentlichen lassen sich unter den Sportvereinen nach der Mitgliederzahl zwei verschiedene Typen identifizieren: einer Vielzahl von eher kleinen, häufig jüngeren Organisationen stehen deutlich weniger mitgliederstärkere Sportvereine gegenüber. Während in den eher kleinen und jüngeren Sportvereinen vor allem hochgradig spezialisierte Sportinteressen einer Minderheit der Sportinteressierten befriedigt werden, mobilisieren die eher großen Sportvereine die Mehrheit der Sportvereinsmitglieder in einigen wenigen Massensportarten. So erweist sich die Zukunftsfähigkeit des Modells Sportverein durch eine arbeitsteilige Selbstorganisation gesichert, in der wenige Großvereine die Masse der Sporttreibenden aktiviert, während viele kleine Vereine die Breite der Angebotspalette garantieren. Dies ermöglicht schnelle Anpassungsleistungen des Systems. Die Mitgliederzahl der Sportvereine im Deutschen Sportbund steigt immer noch, nämlich im Mittel im Jahr 1996 um 5 %. Damit fanden 1996 also mehr als 1,3 Millionen Menschen den Weg zu den Sportvereinen. Trotz des rasanten Wachstums des organisierten Sports in den zurückliegenden Jahren ist also ein weiterer Zunahme- 2

trend beobachtbar 2. Dieser betrifft allerdings die verschiedenen Alterskategorien und Mitgliedergruppierungen unterschiedlich. Entgegen allen Unkenrufen gelingt es nach wie vor, Kinder und Jugendliche in hohem Umfang für den organisierten Vereinssport zu begeistern. So weist diese Gruppierung nach wie vor im Vergleich zu anderen Altersgruppierungen einen deutlich höheren sportbezogenen Organisationsgrad auf (vgl. Abbildung 2); d.h. sie ist im Vergleich zu Ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung deutlich stärker im Sportverein vertreten als andere Altersgruppierungen. 30,00 25,00 Bevölkerung Sportverein 20,00 Anteile in % 15,00 10,00 5,00 0,00 bis 6 Jahre 7-14 Jahre 15-18 Jahre 19-26 Jahre 27-40 Jahre 41-60 Jahre über 60 Jahre Abbildung 2: Anteile verschiedener Altersgruppierungen an der Gesamt-Wohnbevölkerung und im Sportverein Die Angebotsstruktur In den Sportvereinen im Deutschen Sportbund werden insgesamt über 600 verschiedene Sportangebote von A wie Aero-Gymnastik bis Z wie Zirkustechniken 2 Siehe in diesem Zusammenhang auch Fußnote 1 3

von traditionellen Sportarten wie Leichtathletik und Fechten bis zu modernen Bewegungsformen wie Inline-Hockey und Mountainbiking von Massensportarten wie Fußball bis zu Orchideensportarten wie Schwarzpulverschießen und Drachenbootfahren von olympischen Sportarten wie Dressurreiten bis zu regionalen Spezifika wie Bosseln organisiert. In der Tabelle 1 sind die Top ten aller Sportarten dargestellt, nach der Reihenfolge des Anteils der Sportvereine, in denen diese Sportarten betrieben werden. Tabelle 1: Die Top ten der Sportarten im Deutschen Sportbund nach dem Anteil der sie anbietenden Sportvereine Sportart Anteil der Sportvereine Fußball 32 % Turnen 32 % Tischtennis 17 % Volleyball 14 % Tennis 12 % Sportschießen 11 % Leichtathletik 9 % Kegeln 7 % Handball 7 % Badminton 7 % Trotz aller Behauptungen, wonach Trend- und Fun-Sportarten die Nachfrage nach einem traditionellen Sportangebot schwächten und so Angebote in diesen Sportarten entbehrlich machten, zeigt sich eindrucksvoll die Bedeutung traditioneller Sportarten, denen es nicht selten gelingt, Trend- und Fun-Sportarten in ihre Angebotsstrukturen zu integrieren. Diese Tendenz bestätigt ebenfalls die Top ten aller Sportarten, die in der Reihenfolge der Zahl der Personen, die diese Sportarten in den Sportvereinen betreiben (s. Tabelle 2), aufgeführt werden. 4

Tabelle 2: Die Top ten der Sportarten im Deutschen Sportbund nach der Zahl der aktiv Sporttreibenden in Tausend Personen. Sportart Anzahl der Sporttreibenden Turnen 3.554 Fußball 2.964 Tennis 819 Handball 590 Leichtathletik 557 Tischtennis 547 Schwimmen 460 Volleyball 458 Sportschießen 309 Tanzsport 269 Die starke Orientierung an traditionellen Sportvorstellungen darf aber nicht von der Bedeutung moderner Sportkonzepte für die Sportvereinslandschaft insgesamt ablenken, die in immerhin rund 21,5 % der Sportvereine organisiert werden: Die Breite der Angebotspalette kommt nicht zuletzt dadurch zustande, daß viele Sportvereine neue, zeitgenössische Bewegungsbedürfnisse, wie sie sich z.b. in Trendsportarten aber auch in dem großen Bereich des gesundheitsorientierten Sporttreibens zeigen, aufgreifen und (quasi experimentell) weiterentwickeln. Dies ist eine wichtige Basis eines Sportangebotes, das viele, wenn nicht gar alle Teile der Bevölkerung ansprechen kann. Die Orientierung der Sportvereine an den Gruppierungen, die dort traditionell unterrepräsentiert sind, wie z.b. Senioren, schlägt sich in der Gestaltung des Angebotes in einer ganz spezifischen Art nieder: Nur in den wenigsten Fällen (3,4 % der Sportangebote, die von Senioren wahrgenommen werden) wird Sport in den Sportvereinen als spezielles Angebot für reine Seniorengruppen organisiert. Viel häufiger (in 96,6 % der Fälle) nehmen über 60jährige am für alle Generationen eingerichteten regulären Sport- und Trainingsbetrieb teil und treiben dort im Rahmen ihrer Möglichkeiten den gleichen Sport wie alle anderen aktiven Sportvereinsmitglieder auch: also eine echte Integration. 5

Die Situation im Bereich ehrenamtlicher Mitarbeit Der Sport in den Sportvereinen im Deutschen Sportbund wird vornehmlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern organisiert. Nur in ca. 14 % der Sportvereine wird zusätzlich auf hauptamtliche Kräfte zurückgegriffen, was eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit eines vornehmlich ehrenamtlich organisierten Sportbetriebs belegt. Hochgerechnet sind in den Sportvereinen im Deutschen Sportbund circa 2,2 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig. Deren Verteilung nach den verschiedenen Tätigkeitsebenen sowie nach dem Geschlecht der Mitarbeiter ist in Tabelle 3 dargestellt. Hinsichtlich der Tätigkeitsebenen wird unterschieden zwischen der Führungs- und Verwaltungsebene (z.b. Vorstandspositionen) und der Ausführungsebene (z.b. Übungsleiter, Trainer). Tabelle 3: Zahl ehrenamtlicher Mitarbeiter in Tausend, differenziert nach Arbeitsbereichen (Hochrechnungen 3 ) und nach Geschlecht in Prozent ehrenamtliche Mitarbeiter... nach Geschlecht beide Geschlechter... weiblich 30,8 %... auf der Ebene der Führung und Verwaltung... männlich 69,2 % 708,2... auf der Ausführungsebene... weiblich 40,1 %... männlich 59,9 % 1.410,5... über beide Arbeitsebenen... weiblich 33,2 %... männlich 66,8 % 2.150,7 Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, daß es sich bei den im Sport tätigen ehrenamtlichen Mitarbeitern in der Mehrzahl eben nicht um white collar -Sportfunktionäre han- 3 Die Hochrechnungen wurden der Genauigkeit halber in jeder Kategorie getrennt berechnet, so daß sich die Kategorien nicht zum Gesamt addieren. 6

delt, die lediglich das Sporttreiben verwalten, sondern vor allem um Menschen, die bereit sind, sich aktiv für die Gestaltung ihres Sports einzusetzen. Beachtet man hierbei, daß in der Vielzahl der Sportvereine einzelne Personen mehrere Funktionen wahrnehmen, so unterstreicht das zusätzlich das Engagement dieser Mitarbeiter. Diese Bündelungen von Funktionen, die in vielen Fällen aus der Sicht der Befragten als Vorteil für den Sportverein gewertet werden, schaffen damit en passant das, worum sich heute Managementberater in der Industrie bemühen: flache Hierarchien, in denen der Präsident eines Sportvereins gleichzeitig Übungsleiter ist, während der Sportwart auch als Jugendbetreuer fungiert. Die Situation im Bereich hauptamtlicher Mitarbeit Unter hauptamtlichen Mitarbeitern in den Sportvereinen im Deutschen Sportbund werden all jene Personen zusammengefaßt, die in einem weisungsgebundenen abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig sind. Hochgerechnet handelt es sich hierbei um 26.074 konkret in Sportvereinen hauptamtlich tätige Personen. Wieviele Personen infolge zahlreicher beschäftigungswirksamer Funktionen der Sportvereine in anderen Bereichen tätig sind, kann hier nicht geklärt werden. In Zahlen ergibt sich für die beiden Arbeitsebenen und die verschiedenen Anstellungsformen die in Tabelle 4 dargestellte Verteilung. Es wird deutlich, daß es sich in der Vielzahl der Fälle um geringfügig Beschäftigte handelt. Dies macht erneut augenfällig, wie intensiv der Bereich des organisierten Sports von einer Änderung der Rahmenbedingungen im Bereich dieser Beschäftigungsformen betroffen ist. 7

Tabelle 4: Verteilung der hauptamtlichen Mitarbeiter in den Sportvereinen auf die verschiedenen Anstellungsformen, differenziert nach Arbeitsbereichen hauptamtliche Mitarbeiter...... auf der Ebene der Führung und Verwaltung... auf der Ausführungsebene Teilzeit, nicht sozialversicherungspflichtig Teilzeit, sozialversicherungspflichtig 53,8 % 63,7 % 15,6 % 13,6 % Vollzeit 30,6 % 22,7 % Abbildung 3 gibt einen Überblick über die Häufigkeit verschiedener Anstellungsformen im Bereich hauptamtlicher Mitarbeit in den Sportvereinen in den genannten Arbeitsbereichen. 14.000 12.000 10.000 hauptamtliche Mitarbeiter... 8.000 6.000 4.000 2.000 0 Teilzeit, nicht sozialversicherungspflichtig Teilzeit, sozialversicherungspflichtig Anstellungsform Vollzeit... auf der Ebene der Führung und Verwaltung... auf der Ausführungsebene Abbildung 3: Anzahl hauptamtlicher Mitarbeiter nach Tätigkeitsbereich und Anstellungsform (Basis: gesetzliche Regelung zu Beschäftigtenverhältnissen geringfügig Beschäftigter im Jahr 1996) 8

Trotz der vielerorts diskutierten Notwendigkeit einer Verberuflichung der Arbeit in den Sportvereinen deutet die relativ geringe Zahl hauptamtlicher Beschäftigungsverhältnisse auf die Lebensfähigkeit des ehrenamtlichen Prinzips hin, das in seiner Funktion durch hauptamtlichen Einsatz an neuralgischen Punkten ergänzt und unterstützt wird. In Tabelle 5 wird die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter in den einzelnen Arbeitsbereichen dargestellt. Deutlich wird wiederum, daß das Engagement der Sportvereine auch in den Bereichen, in denen sie Personal- und damit auch Finanzverantwortung übernehmen, nicht auf ein abstraktes, unpersönliches Organisieren und Verwalten von Sport gerichtet ist, sondern sich eindeutig an den Bedürfnissen sporttreibender Menschen ausrichtet. Tabelle 5: Zahl hauptamtlicher Mitarbeiter, differenziert nach Arbeitsbereichen (Hochrechnungen, Angabe der Anteile in Prozent) hauptamtliche Mitarbeiter... Anteil der Sportvereine Zahl der Mitarbeiter... auf der Ebene der Führung und Verwaltung 3,90 % 4.915... auf der Ausführungsebene 13,16 % 21.159 Gesamt 14,29 % 26.074 Sportanlagensituation Von 64,3 % der Sportvereine können Sportanlagen ohne Entgelt genutzt werden (s. Abbildung 4). In der Mehrzahl der Fälle, nämlich in 60,5 %, handelt es sich hierbei um eine Nutzung kommunaler Sportanlagen. Dazu kommen vereinseigene Anlagen, die in 47,3 % der Sportvereine zur Bedarfsdeckung beitragen. Gegen Entgelt werden Sportanlagen von 47,5% der Sportvereine genutzt, wobei es sich mehrheitlich, nämlich in 35,1 % der Fälle, um kommunale Sportanlagen handelt. Der Anteil der Sportvereine, die private oder gewerbliche Sportanlagen nutzen, macht damit insgesamt nur einen geringen Teil der Sportvereinslandschaft aus. 9

70,0 Anteil der Sportvereine, die... nutzen (gesamtes Bundesgebiet) 60,0 50,0 40,0 30,0 47,3 47,5 64,3 20,0 10,0 0,0 vereinseigene Anlagen Anlagen gegen Entgelt Anlagen ohne Entgelt 70,0 Anteil der Sportvereine, die... nutzen (Vergleich neuer und alter Bundesländer) 60,0 50,0 40,0 30,0 47,0 50,3 63,6 68,9 20,0 51,4 26,9 10,0 0,0 vereinseigene Anlagen Anlagen gegen Entgelt Anlagen ohne Entgelt in den alten Bundesländern in den neuen Bundesländern Abbildung 4: Nutzung von Sportanlagen durch Sportvereine (Mehrfachangaben möglich) 10

Tabelle 6: Struktur der Sportstätten-Nutzung Sportvereine... Sportvereine, die... nutzen... in den alten Bundesländern... in den neuen Bundesländern...vereinseigene Sportanlagen 51,4 % 26,9 % Sportanlagen ohne Entgelt 63,6 % 68,9 % davon kommunale Sportanlagen 59,8 % 64,8 % Sportanlagen gegen Entgelt 47,0 % 50,3 % davon kommunale Sportanlagen 35,0 % 37,5 % Im Vergleich zwischen den neuen und alten Bundesländern (s. Tabelle 6 sowie Abbildung 4) fällt vor allem auf, daß der Anteil der Sportvereine, der über vereinseigene Sportanlagen verfügen kann, in den neuen Bundesländern deutlich geringer ist, als in den alten Bundesländern. Hinsichtlich der Nutzung nicht vereinseigener Sportanlagen unterscheiden sich Sportvereine in den neuen und alten Bundesländern nicht in ihrer Verteilung über die Kategorien Nutzung ohne Entgelt und Nutzung gegen Entgelt. Sportanlagen, ob im Eigentum des Vereins befindlich oder von Dritten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt, verursachen generell erhebliche Kosten, sowohl zum Erhalt als auch in Form eines Nutzungsentgelts. Der finanzielle Aufwand für Nutzung, Bau und Erhalt von Sportanlagen gestaltet sich recht unterschiedlich, je nachdem ob der Verein eigene Sportanlagen betreibt oder nicht (s. Tabelle 7). Tabelle 7: Ausgaben der Sportvereine im Deutschen Sportbund für Nutzung, Bau und Erhalt von Sportanlagen in Mio. DM; Hochrechnung auf der Basis des Mittelwerts über die antwortenden Sportvereine Ausgaben für Sportanlagen insgesamt 885,6 davon für vereinseigene Sportanlagen 670,7 11

Die Finanzsituation In der Hochrechnung der Bilanzsummen ergab sich für die Sportvereine insgesamt ein direktes Finanzvolumen von 7,1 Milliarden DM. Mittelbare, bei Mitgliedern und außerhalb der Sportvereine auftretende Effekte, wie z.b. die Förderung des Konsums, die in diesem Rahmen nicht zu berechnen sind, dürfen allerdings bei einer Gesamt-Betrachtung der ökonomischen Wirkungen des Vereinssports nicht vernachlässigt werden. Die Einnahmensituation der Sportvereine im Deutschen Sportbund ist in Tabelle 8 dargestellt. Tabelle 8: Einnahmen der Sportvereine im Deutschen Sportbund in verschiedenen Einnahmepositionen in Mio. DM; Hochrechnung auf der Basis des Mittelwerts über die antwortenden Sportvereine Anteil der Sportvereine Mitgliedsbeiträge 83% 1.959,8 Spenden 58% 449,9 Zuschüsse des Kreises/der Stadt/der Gemeinde 48% 230,8 Zuschüsse der Sportorganisationen 36% 148,4 Sportveranstaltungen 33% 178,2 Vermögensverwaltung 31% 249,1 gesellige Veranstaltungen 31% 186,9 Aufnahmegebühren 26% 150,0 Zuschüsse des Landes 23% 100,6 selbstbetriebene Gaststätte 13% 182,6 Werbeverträge: Bande 12% 66,5 Leistungen für Mitglieder 10% 129,6 Werbeverträge: Anzeigen 10% 46,2 Werbeverträge: Trikot 9% 49,3 Werbeverträge: Sponsoren 9% 119,3 Kursgebühren 7% 46,7 Leistungen für Nichtmitglieder 7% 42,9 Zuschüsse aus Förderprogrammen 5% 105,5 Kreditaufnahmen 4% 259,4 Werbeverträge: Übertragungsrechte 1% 9,6 eigene Wirtschaftsgesellschaft 1% 6,5 In den Hochrechnungen wurden ausschließlich diejenigen Sportvereine im Deutschen Sportbund berücksichtigt, die Einnahmen bzw. Ausgaben in den jeweili- 12

gen Positionen angegeben hatten. Der Anteil dieser Sportvereine ist in der Spalte Anteil in Prozent wiedergegeben. Hierbei zeigen sich deutliche Unterschiede in der Zahl der Sportvereine, die die einzelnen Einnahmepositionen als Finanzierungsquelle genannt haben. Insgesamt wird der Sport in den Sportvereinen zu fast 80 % von Sportvereinsmitgliedern, Sportorganisationen und sportinteressierten Dritten finanziert. Der Anteil der direkten Zuwendung durch die öffentliche Hand beträgt 9%. Vermarktungs- und Werbeaktivitäten tragen mit 6 % zur Finanzmasse bei, wobei dies vor allem die eher großen Sportvereine betrifft, während die Vielzahl kleiner Sportvereine in diesem Bereich seltener Einnahmen ausweist und dies auch in geringerer Höhe. Die Ausgabensituation der Sportvereine im Deutschen Sportbund gestaltet sich wie in Tabelle 9 dargestellt. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede in der Häufigkeit (in der Tabelle als prozentuale Anteile ausgewiesen), mit der von den Vertretern der Sportvereine die einzelnen Positionen genannt werden. Unterschiede zwischen den hochgerechneten Bilanz-Summen und der Summe über die Einnahme- sowie über die Ausgabepositionen sind auf das inkonsistente Antwortverhalten der Vertreter der Sportvereine sowie auf die jeweils unterschiedliche Zahl Antwortender in einzelnen Kategorien bei den Fragen nach den Einnahmen und den Ausgaben zurückzuführen. In den Sportvereinen, in denen die Summen über die Einnahmen- und die Ausgabenseite systematisch vergleichbar waren, ergaben sich im Mittel Differenzen von DM 5.665,80 unter Ausschluß der als Einnahmen aus Kreditaufnahme angegebenen Werte. Somit konnten die Vereine im Jahr 1996 im Mittel Rücklagen in dieser bescheidenen Höhe bilden, wobei nicht übersehen werden darf, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der Sportvereine, nämlich rund ein Drittel, das Jahr mit einem Defizit abgeschlossen hat. 13

Tabelle 9: Ausgaben der Sportvereine im Deutschen Sportbund in verschiedenen Positionen in Mio. DM; Hochrechnung auf der Basis des Mittelwerts über die antwortenden Sportvereine Anteil der Sportvereine Sportgeräte, Sportkleidung 59% 334,8 Abgaben an Dachverbände 58% 118,6 Abgaben an Fachverbände 55% 134,2 Personalkosten: Trainer, Übungsleiter etc. 50% 729,6 allg. Verwaltungskosten 50% 151,9 Versicherungen 49% 116,9 Durchführung von Sportveranstaltungen 43% 240,6 außersportliche Veranstaltungen 40% 174,0 Unterhaltung und Betrieb eigener Anlagen 38% 520,5 Reisekosten 35% 173,2 Benutzung nicht vereinseigener Anlagen 33% 186,3 Steuern 21% 93,1 GEMA-Gebühren 19% 16,3 Kapitaldienst 18% 207,1 Personalkosten: Wartungspersonal 17% 211,9 Rückstellungen 14% 130,1 Personalkosten: Verwaltungspersonal 9% 176,2 Personalkosten: Sportler 6% 164,1 Insgesamt erweisen sich damit Sportvereine auch unter ausschließlicher Betrachtung ihrer Haushaltspositionen und unter Vernachlässigung weiterer wirtschaftlicher Effekte wie z. B. dem Effekt, den Konsum der Mitglieder an Sportgütern zu fördern, als bedeutender Wirtschaftsfaktor. Nach wie vor stellen die auf dem Solidarprinzip beruhenden Mitgliederbeiträge der Sportvereine die wichtigste Finanzierungsquelle dar. Bemerkenswert ist hierbei, daß der nicht unbedeutende gesamtwirtschaftliche Effekt des Vereinssports auf durchweg moderaten finanziellen Belastungen der Mitglieder basiert: Drei Viertel der Sportvereine erheben als monatlichen Mitgliedsbeitrag für Kinder und Jugendliche Beträge bis DM 8,- und für Erwachsene weniger als DM 15,-. Der Beitrag für Familien liegt in der deutlichen Mehrzahl der Sportvereine unter DM 14

25,-. Im Bewußtsein ihrer sozialen Verantwortung erheben viele Sportvereine bei Schülern, Studenten, Wehrpflichtigen und Arbeitslosen noch geringere Beiträge. Die Kernstrukturen der Sportvereine im Deutschen Sportbund erweisen sich nach wie vor als stabil und bieten geeignete Voraussetzungen zur Lösung ihrer selbstgesetzten Aufgaben. Gleichzeitig besteht an der Schwelle des neuen Jahrtausends berechtigter Anlaß zur Annahme, daß das Potential der Sportvereine im Deutschen Sportbund ausreicht, um künftige Herausforderungen zu meistern und bewährte Kernelemente ihrer Struktur zu bewahren. 15