Zur Folgenabschätzung möglicher Klimaänderungen auf die Landbewirtschaftung in NRW

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Transkript:

Zur Folgenabschätzung möglicher Klimaänderungen auf die Landbewirtschaftung in NRW W. Buchner Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Siebengebirgsstraße. 200, 53229 Bonn werner.buchner@lwk.nrw.de Einleitung In Nordrhein-Westfalen herrscht ein warm-gemäßigtes Regenklima vor. Das Land liegt fast vollständig im nordwestdeutschen Klimabereich, welches sich durch relativ milde Winter und durchwachsene Sommer auszeichnet (MUNLV, 2009) Unter dem Einfluss kontinentaler Witterungsabschnitte können vereinzelt auch kühlere Winter und wärmere Sommer, namentlich in der südlichen Rheinebene, mit stärker ausgeprägten Temperaturextremen auftreten. Angesichts der sich abzeichnenden Klimaänderungen, aber zugleich erhöhter Anforderungen an Umwelt-, Wasser- und Bodenschutz, nicht zuletzt auch in Zeichen zunehmender Spezialisierung ständig um Wachstum bemühter landwirtschaftlicher Unternehmen kommt der standortspezifischen Umsetzung möglichst genauer Witterungsprognosen, aber auch der vorsorglichen Anpassung zumindest an den mittelfristigen Klimawandel existenzielle Bedeutung zu (BUCHNER, 2007). Die Mittelgebirgsregionen der Eifel, des Weser Berglandes und des Süderberglandes sind durch eine Abnahme der Temperatur im Mittel um etwa 0,6 Grad pro 100 m Höhe gekennzeichnet, sodass schließlich in den Höhenlagen des Rothaargebirges nur noch Jahresmitteltemperaturen um 5 Grad gemessen werden, während die Niederungen mit Höhenlagen unter 150 m, im besonderen die bis in den Bonner Raum hineinreichende Niederrheinische Bucht, das Niederrheinische Tiefland, die Westfälische Bucht und das Westfälische Tiefland sich durch Jahresmittelwerte der Lufttemperatur von mehr als 9 Grad auszeichnen. In den windgeschützten, dicht besiedelten Regionen der Kölner Bucht werden auch Durchschnittstemperaturen von mehr als 10 Grad im Jahresdurchschnitt erreicht. Ähnliche Messwerte kennzeichnen die Wärmeinseln in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr. Die Niederungen zeichnen sich durch ein Sommermaximum der Niederschläge ab, wobei aufgrund sehr intensiver Sonneneinstrahlung nicht selten lokal begrenzte Schauer und Gewitter mit hoher Intensität auftreten. Hier ist eine 30

Schneedecke von kaum mehr als 10 Tagen im Jahr vorzufinden, während in der Westfälischen Bucht auch 20 Tage Schneebedeckung erreicht werden. Nicht selten wird die regionale Klimadifferenzierung namentlich auch in Regionen des Rheinlandes verkannt: so werden im Luvbereich des Bergischen Landes Niederschläge um 1.400 mm bereits in Geländehöhen von lediglich 250 m gemessen. Auf dem Kahlen Asten, der mit 839 m höchsten Erhebung Nordrhein-Westfalens, fallen 1.500 bis 1.600 mm Niederschlag. Absinkbewegungen durch luvseitiges Ausregnen der ohnehin schon trockenen Luft verursachen hingegen in der Zülpicher Börde ein Niederschlagsaufkommen von weniger als 600 mm, während sich die im Klima- und in den Bodenverhältnissen ausgeglichenen Niederungsgebiete der Köln-Aachener Bucht, aber auch der Niederrheinischen und Westfälischen Tieflandsbucht durch Niederschlagsmengen zwischen 700 und 800 mm auszeichnen. Die Landesregierung begreift die Anpassung an den Klimawandel als einen dynamischen Prozess, der durch Modellrechnung namentlich des Deutschen Wetterdienstes, des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordhrein-Westfalen, des Regionalverbandes Ruhr sowie Fallstudien des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung e.v. - gestützt ist. Im globalen Maßstand können Anpassungen der pflanzlichen Anbaumethoden und die Entwicklung emissionsärmerer Tierhaltungs- und Düngeverfahren den scheinbar unaufhaltsamen Anstieg der Lufttemperaturen und die Zunahme klimaschädigender Spurengase auf nationaler Ebene kaum mindern (IPPC, 2007). Dennoch ist die Landesregierung angetreten (MUNLV, 2009) kleinräumige Klimaprojektionen mit einer Auflösung von 18 x 18 km zu erstellen, um regionalen und sektorspezifischen Anfälligkeiten gerecht zu werden. Angesichts eng bebauter und besiedelter Ballungszentren, einer teuren Infrastruktur, ausgeprägter Industrielandschaften, aber auch einer umfangreichen Land- und Forstwirtschaft und vielfältiger Ausprägungsformen der Natur richtet sich der Appell zur Entwicklung von Anpassungsstrategien an Kommunen, z.b. für die Sektoren Tourismus oder Stadtplanung, wie an Landwirte, Waldbesitzer und Unternehmer in den als klimaanfällig identifizierten Sektoren, aber auch an die Landesregierung selbst als Eigentümer von Wäldern. Folgen der Klimaerwärmung für die Landwirtschaft Wenngleich sich der Klimawandel in Nordrhein-Westfalen gemessen an trockeneren Regionen Süd- und Mitteldeutschlands aufgrund der ausgeprägten Lage zu den Westwinden im Hinblick auf das Niederschlagsdargebot wahrscheinlich moderater vollzieht, so ist im Referenzzeitraum von 2031 bis 2060 im Vergleich zu der Normalperiode 1961 bis 1990 von einer Erwärmung um durchschnittlich 1,9 Grad, mit deutlich lokalen Schwerpunkten und einer Zunahme bis zu 3 Grad in den Sommermonaten und vornehmlich in den Niederungsgebieten des Südlichen Rheinlandes auszugehen. Die Zahl der Schneetage geht zurück; die herbstliche Weideperiode hat sich bereits jetzt um 31

10 bis 14 Tage verlängert, ebenso können Weideaustrieb im Frühjahr und Gewinnung des ersten Siloschnittes frühzeitiger erfolgen. Insbesondere bedarf die Überprüfung rückläufiger Frostintensität deren Auswirkung auf Gras- und Wurzelwachstum (KREYLING J. et al. 2008) intensiverer Überprüfung. Auch die klassische Winterfurche, die vielerorts bei hoher Bodenfeuchte durchgeführt und durch Frostgare in Teilen im Hinblick auf schädliche Bodenveränderung gemindert wurde, tritt in Zukunft seltener ein. Die phänologische Uhr für die Naturraumgruppe 57 (DEUTSCHER WETTERDIENST, 2008) zeigt am Beispiel der Region des unteren Niederrheins die deutliche Ausprägung des früheren Beginns von Frühling, Sommer und Herbst, während sich der Winter in den letzten 20 Jahren im Mittel etwas später einstellt. Mit der verlängerten Vegetationsperiode und einer günstigen Niederschlagsverteilung auf den vielerorts anstehenden Löss- und Lehmböden scheint die Ertragsfähigkeit auch in der ferneren Zukunft gewährleistet. Phänologische Uhr Naturraumgruppe 57 - NIEDERRHEINISCHES TIEFLAND Leitphasen, mittlerer Beginn und Dauer der phänologischen Jahreszeiten, Zeiträume 1961-1990 und 1991-2008 im Vergleich 1961-1990 WINTER Stiel-Eiche (Blattfall) 103 Tage 1991-2008 SPÄTHERBST Stiel-Eiche (Blattverfärbung) VOLLHERBST Stiel-Eiche (Früchte) FRÜHHERBST Schwarzer Holunder (Früchte) 27 19 25 SPÄTSOMMER Apfel, frühreifend (Früchte) 23 19 25 21 Dez. Nov. Okt. Sep. Jan. Feb. Aug. Mai Juli Juni 40 45 HOCHSOMMER Sommer-Linde (Blüte) 90 Tage Mrz. Apr. 24 24 39 30 30 38 VORFRÜHLING Hasel (Blüte) VOLLFRÜHLING Apfel (Blüte) FRÜHSOMMER Schwarzer Holunder (Blüte) ERSTFRÜHLING Forsythie (Blüte) Abb. 1: Phänologische Uhr In ihren Beratungsaussagen nutzt die Landwirtschaftskammer diesen Entwicklungsvorsprung, der gleichwohl nicht selten mit häufiger einsetzender Frühsommertrockenheit einhergeht, zu zeitkritischeren Düngungsempfehlungen sowie zu einer im Zusammenwirken mit dem Geschäftsfeld Landwirtschaft des Deutschen Wetterdienst erstellten Prognose des ersten Schnitttermins zurr Gewinnung von Anwelksilage. Erste Versuche zur ganzjährigen Gülleausbringung befinden sich im Stadium des Experiments und sollen Ansätze zur standortspezifischen Ausgestaltung der Sperrfristenregelung (Düngeverordnung) unter vollständiger Wahrung der 32 Deut scher Wet t erdienst

anspruchsvollen Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und eines flächendeckenden Gewässerschutzes liefern. Vollweidesystem mit einer länger ausgeprägten Verweilzeit der Tiere auf hofnahen Weiden könnten für arrondierte Betriebe namentlich in den Mittelgebirgsregionen zu einer kostengünstigeren Futterwerbung durch das Tier und zur dringend gebotenen Senkung der Betriebs- und Maschinenkosten beitragen. Dazu sind Experimente im Zusammenwirken mit der Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Landbau in Soest, mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in ausgewählten Naturräumen in Angriff genommen worden. Ganzjährige Wasserversorgung sicherstellen Während sich in Trockenregionen Mitteldeutschlands, aber auch der Oberrheinischen Tiefebene bereits jetzt Wassermangel abzeichnet, wird die Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen - von durchaus zunehmenden Extremen in vermehrt aufgetretenen Trockenjahren abgesehen - nach derzeitiger Einschätzung kein schwerwiegendes Niederschlagsdefizit erleiden (MUNLV, 2009). Gleichwohl wirft die jahrestypische Niederschlagsverteilung Probleme auf: so sagen Berechnungen des Potsdamer Institutes für Klimafolgenforschung voraus, dass sich in Nordrhein-Westfalen bis zum Zeitraum 20-2065 die Anzahl der Tage mit schweren Regenfällen über 10 mm um 14 % erhöht und die Anzahl der Tage mit Regenmengen über 20 mm um 30 % im Vergleich zu 1961-1990 zunimmt. Neben der vorgenannten Temperaturerhöhung wird eine Abnahme der Sommerniederschläge und eine Zunahme der winterlichen Regenmengen erwartet. Gleichzeitig sollen im Sommer aber aufgrund verstärkter Einstrahlung konvektive Starkniederschlagsereignisse zunehmen, die den Bodenabtrag in geneigten Hanglagen verstärken können. Während also im Regenschattengebiet der Eifel und auf den leichteren Böden der Niederungsgebiete Beregungen zur Bewältigung des Niederschlagsdefizits in den Sommermonaten ergriffen werden müssen, zeichnet sich in den Staulagen der Mittelgebirge, namentlich auf den lössgeprägten Böden, die Notwendigkeit zu verstärkten Bodenschutzmaßnahmen im Zeichen des Wasserüberschusses ab. Als Grundlage für eine regionalisierte landwirtschaftlichen Fachberatung sind in Nordrhein-Westfalen insgesamt sechs Boden-Klima-Räume ausgewiesen worden, in denen Wertprüfungen, Landessortenversuche, Versuche zur Düngung und Bodenbearbeitung für alle am Markt, in der Veredlungswirtschaft und im Bereich Nachwachsender Rohstoffe markgängigen Feldfrüchten durchgeführt werden (Abb. 2). Drei Versuchsregionen, namentlich die Niederungsgebiete sowie das links- und rechtrheinische Höhengebiet liefern schwerpunktmäßig Beratungsaussagen zu den Fragen der Grünlandwirtschaft und des Futterbaues. Neben den Versuchen zum Anbau früher abreifender Getreidesorten und einem gezielten auf die Frühsommertrockenheit ausgerichteten Düngemanagement nimmt die konservierende Bodenbearbeitung, die sich im Zeichen des 33

Mulchsaatverfahrens zu Zuckerrüben und Mais auf eine trockene, sommerliche Bodenbearbeitung und einem winterbegrünenden Zwischenfruchtanbau stützt, breiteren Raum ein. Die Erhaltung eines gefügestabilen Bodens mit seinen Produktions-, Lebensraum- und Regelungsfunktionen ist insoweit eine Grundvoraussetzung zur Sicherstellung einer kontinuierlichen Wasserversorgung für den Feldfruchtanbau. Ebenso wichtig erscheint die Verbesserung der Wassernutzungseffizienz durch tiefgreifende, intensive Durchwurzelung, die sowohl pflanzenbaulich stimuliert, als auch züchterisch verbessert werden kann (HERZOG, 2003). Eine regionalspezifische Auswertung der sommerlichen Niederschlagssummen im Zeitraum von 1995-2007 zeigt, mit welch großer Varianz der sommerlichen Niederschläge gerechnet werden muss (Abb. 3). Auf grundwassernahen Standorten, die örtlich durch hohe Intensität des Gemüsebaues geprägt sind, trägt die Feldberegnung dazu bei, Engpässe in der Wasserversorgung zu beseitigen. Bezüglich der Trinkwasserversorgung hat Nordrhein-Westfalen sowohl im Bereich des oberflächennahen Grundwassers, als auch durch die Talsperrenbewirtschaftung in den rechts- und linksrheinischen Mittelgebirgsregionen einen hohen Status der Versorgungssicherheit erreicht und besitzt insoweit eine gute Ausgangssituation zum Schutz vor nachteiligen Klimafolgen (MUNLV, 2009). Namentlich im Zusammenhang mit den sich abzeichnenden, zunehmenden extremen Wettersituation scheint aber im Bereich der Wasserwirtschaft die Anpassungsnotwendigkeit im Hochwasserschutz unabweisbar. Auch ist die künftige Entwicklung des Wasserbedarfes - gekennzeichnet durch häufige Hitzeperioden, aber auch den Wandel der Bevölkerungsentwicklung sorgfältig zu prognostizieren. Die Landesregierung hat jüngst mit der Einrichtung gesteuerter Rückhaltungen im Einzugsbereich der durch Hochwasser gefährdeten Stadt Köln Rückhaltegebiete eingerichtet, die geeignet sind, gefährliche Hochwasserspitzen durch gesteuerte Flutung von Poldern zu dämpfen. Beratung im Zeichen des Klimaschutzes Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat als Beratungsinstitution den anspruchsvollen Auftrag, Landwirte in ihren mannigfaltigen Naturräumen und Produktionsverfahren vor den schwer prognostizierbaren Witterungsextremen durch ein gezieltes Bewirtschaftungsmanagement zu schützen. Die Herausforderung des sich abzeichnenden Klimawandels wird gegenwärtig an einem spürbaren Ansteigen der Lufttemperaturen, augenscheinlich zunehmender Vorsommertrockenheit und ausgeprägteren Starkniederschlagsereignissen deutlich. Andererseits lässt die betriebliche Entwicklung eine Ausrichtung von Produktionsverfahren auf die Prognosen bis Mitte des 21. Jahrhunderts kaum erwarten. Insofern gilt es im Ackerbau und in der Grünlandwirtschaft im Sinne eines integrierten Klimaschutzes, die Fotosyntheseleistung der Pflanzen in hohem Maße durch neue Züchtungsverfahren und adaptierte Arten und Sorten durch eine in Technik, Düngung und Pflanzenschutz optimierte Präzisionslandwirtschaft nachhaltig zu steigern. Dazu gehört die Verbesserung 34

des Nährstoffaneignungsvermögens, die optimale Ausgestaltung der Blattgeometrie im Raum, aber auch die Vermeidung unwirtschaftlichen Krankheits- und Schädlingsbefalles (BUCHNER, 2005), der immerhin 30 % der Welternte vernichtet und Maßnahmen zur konsequenteren CO 2 - Bindung beeinträchtigt. 1. Niederungslagen- Löß, feucht, Köln-Aachener-Bucht 2. Niederungslagen- Lehm, feucht Niederrhein, Münsterland 3. Niederungslagen- Sand, trocken Münsterland 4. Übergangslagen- Lehm, mäßig feucht feucht Ost-Westf. Lippe, Haarstrang, Niederberg. Hügelland, Voreifel 5. Höhenlagen-Lehm, feucht Sauerland, Bergisches Land, Siegerland 6. Höhenlagen-Lehm, trocken Eifel 1 6 2 3 5 4 Abb. 2: Bodenklimaraumdarstellung Abb. 3: Niederschlagssummen 1995 bis 2007 35

Literatur BUCHNER, W., 2005: Welche globalen Herausforderungen gibt es im Boden- und Klimaschutz? Vortrag anlässlich der Fachveranstaltung der FNL/GKB Bodenleben und Bodenfruchtbarkeit, 22.09.2005, Wissenschaftszentrum Bonn BUCHNER, W., 2007: Klimawandel fordert Bodenschutz; Landwirtschaftliches Wochenblatt Nr. 29, S. 24-29 DEUTSCHER WETTERDIENST, 2008: Phänologische Uhr für das Niederrheinische Tiefland: Mittlerer Beginn und Dauer der zehn phänologischen Jahreszeiten HERZOG, H.,.2003: Strategien gegen Wassermangel im Pflanzenbau, Pflanzenbauwissenschaften, 7 (2), S.75-41 IPPC, 2007: Climate change 2007: the physical science basis. Geneva, Switzerland: Intergovernmental Panel on Climate Change KREYLING, J., et al., 2008: Recurrent soil freeze-thaw cycles enhance grassland productivity, New Phytologist 177, S. 938-945 MUNLV, 2009: Anpassung an den Klimawandel; eine Strategie für Nordrhein-Westfalen, Herausgeber: Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat Öffentlichkeitsarbeit, 40190 Düsseldorf