Informationen zum Platzverweis bei häuslicher Gewalt

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Informationen zum Platzverweis bei häuslicher Gewalt Baden-Württemberg SOZIALMINISTER

Vorwort Häusliche Gewalt ist die in Deutschland am weitesten verbreitete Form von Gewalt. Schätzungen zufolge erlebt jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt in einer Beziehung. Sie widerfährt also nicht nur Ihnen. Häusliche Gewalt ist zutiefst verletzend. Sie wird von einem Menschen verübt, dem das Opfer nahe steht. Und sie findet dort statt, wo Menschen Geborgenheit empfinden wollen zuhause. Mir ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder ein wichtiges Anliegen. Im Herbst 2000 habe ich mich daher in Österreich über das dortige Wegweisungsrecht informiert. Das Verfahren hat mich zutiefst beeindruckt: Der Täter muss gehen, das Opfer bleibt in der Wohnung. Der Täter spürt unmittelbar die Konsequenzen seines Verhaltens, das Opfer wird geschützt. Ich kam zurück mit dem festen Vorsatz, ein solches Verfahren auch bei uns einzuführen. Innen-, Justiz- und Sozialministerium haben gemeinsam das Platzverweisverfahren entwickelt. Kern des Verfahrens ist, wie in Österreich, dass die Polizei bei häuslicher Gewalt einschreitet und bei entsprechender Gefahrenlage dem Täter ein Hausverbot erteilt. Ziel des Platzverweisverfahrens ist zudem, die Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie bestmöglich aufeinander abzustimmen. So erhalten Opfer und ihre Kinder nach dem polizeilichen Platzverweis so bald wie möglich eine Beratung, um das Erlebte verarbeiten und für die Zukunft planen zu können. Den Tätern sollte ein Anti-Gewalt-Training angeboten werden, in dem sie lernen Konflikte ohne Gewaltanwendung zu lösen. Zivilrechtliche Schutzanordnungen und ein konsequentes Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden sind weitere wesentliche Bestandteile des Platzverweisverfahrens. Das Platzverweisverfahren ist nach einer einjährigen Erprobungsphase landesweit eingeführt worden. Es ist ein Instrument, mit dem vielen Opfern von Gewalt geholfen und weiterer Gewalt nachhaltig vorgebeugt werden kann. Ich hoffe, dass Sie von den nachfolgenden Informationen profitieren. Johanna Lichy MdL Staatssekretärin im Sozialministerium

Frauenbeauftragte der Landesregierung

Inhalt: Seite Das Platzverweisverfahren in Fällen häuslicher Gewalt...4 Tipps und Antworten auf häufig gestellte Fragen zum polizeilichen Platzverweis...5 zum zivilrechtlichen Schutz...6 zur Beratung...7 zum Strafverfahren...9

Das Platzverweisverfahren in Fällen häuslicher Gewalt Das Platzverweisverfahren besteht aus mehreren Maßnahmen, die in ihrem Zusammenwirken zu einer Vermeidung weiterer häuslicher Gewalt beitragen sollen. Die erste wirkungsvolle Maßnahme des Platzverweisverfahrens ist der polizeiliche Platzverweis. Die Polizei in der Regel die Streifenwagenbesatzung, die zu einem Einsatz gerufen wird erteilt dem Täter ein befristetes Hausverbot, wenn die Gefahr besteht, dass es zu erneuten tätlichen Auseinandersetzungen kommt und das Hausverbot zur Abwendung der Gefahr geeignet ist. Als Opfer dürfen Sie in der Wohnung bleiben. Polizeilicher Platzverweis Polizeiliche Maßnahmen sind grundsätzlich nur von vorübergehender Dauer. Einen länger dauernden Schutz bieten zivilrechtliche Schutzanordnungen. Hierfür können Sie sich an Ihr Amtsgericht wenden und eine einstweilige Anordnung auf die Zuweisung der Wohnung, ein Näherungs- bzw. Kontaktverbot des Täters und das Sorge- bzw. Umgangsrecht beantragen. Zivilrechtlicher Schutz Weitere Bestandteile des Platzverweisverfahrens sind die Beratung der Betroffenen, die konsequente Strafverfolgung. Beratung Strafverfolgung Je besser die Maßnahmen aufeinander abgestimmt sind, desto eher kann das Platzverweisverfahren dazu beitragen, die gegen Sie gerichtete Gewalt dauerhaft zu beenden. In vielen Fällen häuslicher Gewalt können aus unterschiedlichen Gründen nur einzelne Maßnahmen zum Tragen kommen. So können zum Beispiel zivilrechtliche Schutzmaßnahmen beantragt werden unabhängig davon, ob ein polizeilicher Platzverweis verhängt wurde oder nicht. Auch die Beratungsangebote stehen unabhängig von einem polizeilichen Platzverweis zur Verfügung. Maßnahmen natürlich auch einzeln möglich 5

Tipps und Antworten auf häufig gestellte Fragen Zum polizeilichen Platzverweis Was bedeutet der Platzverweis? Der Platzverweis bedeutet, dass der Täter die Wohnung verlassen muss. Sie können in der Wohnung bleiben. Der Täter muss in der Regel die Hausschlüssel abgeben. Solange der Platzverweis gilt, darf er nicht zurückkommen. Wie lange gilt der Platzverweis? Das Ordnungsamt entscheidet über die Dauer des Platzverweises je nach Gefährdung im Einzelfall. In den meisten Fällen dauert der Platzverweis zwischen sieben und 14 Tage. Kann der Platzverweis verlängert werden? Ja. Die Entscheidung über einen ersten, kurzfristigen Platzverweis - etwa über das Wochenende - trifft in der Regel die Streifenwagenbesatzung vor Ort. Über die weitere Dauer entscheidet das Ordnungsamt der Gemeinde bzw. der Stadt, ebenso über eine mögliche weitere Verlängerung. Es prüft, ob die Gefährdung fortbesteht. Hält das Ordnungsamt weitere tätliche Auseinandersetzung für wahrscheinlich, kann es den Platzverweis weiter verlängern. Was mache ich, wenn der Täter zurückkommt? Dann sollten Sie sofort die Polizei rufen. Verstößt der Täter gegen den Platzverweis, so kann die Polizei ihn erforderlichenfalls in Gewahrsam nehmen. Was mache ich, wenn ich trotz des Platzverweises Angst vor dem Täter habe? Dann sollten Sie mit der Polizei und mit der Beratungsstelle über Ihre Befürchtungen sprechen. Fühlen Sie sich durch den Platzverweis nicht ausreichend geschützt, so können Sie zum Beispiel auch vorübergehend in einem Frauen- und Kinderschutzhaus wohnen. Kann ich die Aufhebung des Platzverweises beantragen? Nein. Der Platzverweis ist nicht von Ihrem Antrag abhängig. Die Polizei hebt einen Platzverweis nur dann auf, wenn sie zu der Auffassung kommt, dass keine Gefahr mehr besteht. Bei der Einschätzung, ob weitere gewalttätige Auseinandersetzungen zu erwarten sind, ist Ihre Meinung natürlich wichtig. Die Polizei kann die Situation gegebenenfalls jedoch anders einschätzen als Sie. Kann der Platzverweis auch auf Dauer angeordnet werden? Nein. Polizeiliche Maßnahmen sind grundsätzlich nur von vorübergehender Dauer. Für längerfristige Schutzanordnungen ist das Zivilgericht zuständig. 6

Zur Beratung Wo bekomme ich Rat und Unterstützung? Es gibt viele Beratungsstellen, die Sie in Fällen häuslicher Gewalt kompetent beraten. In einigen Stadt- und Landkreisen wurden speziell für das Platzverweisverfahren bzw. für häusliche Gewalt Beratungsstellen eingerichtet. Qualifizierte und verständnisvolle Beraterinnen finden Sie bei den Allgemeinen Sozialen Diensten und bei Beratungsstellen von Vereinen oder Wohlfahrtsverbänden. An vielen Orten gibt es Frauenberatungsstellen mit hoher Fachkompetenz zum Thema Gewalt. Im Telefonbuch finden Sie Telefonnummern und Adressen von Beratungsstellen in Ihrer Nähe. Ferner finden Sie die Telefonnummer des nächstgelegenen Frauen- und Kinderschutzhauses. Vielen dieser Broschüren ist eine Adressenliste über das örtliche Beratungsangebot beigefügt. Wie finde ich die für mich geeignete Beratungsstelle? Das Wichtigste ist, dass Sie zu der Beraterin bzw. dem Berater ein Vertrauensverhältnis entwickeln können. Welche Beratungsstelle am besten geeignet ist, ist in einem Gespräch zu klären. Deshalb gibt es in vielen Orten so genannte Anlaufstellen. Dort erhalten Sie Informationen über das Platzverweisverfahren und Tipps, wie Sie weiter vorgehen können. Wenn Sie dies wünschen, werden Sie an eine andere Beratungsstelle weitervermittelt. Kann meine Aussage dazu führen, dass mir die Kinder weggenommen werden? Nein. Der Täter ist für die Gewalt verantwortlich, nicht Sie! Was geschieht mit den Kindern? Für Mädchen und Jungen ist häusliche Gewalt eine Belastung. Deshalb wird Sie nach dem Platzverweis eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Jugendamtes anrufen, um mit Ihnen zu besprechen, welche Unterstützungsangebote zum Beispiel Gespräche mit einem Psychologen - für Ihr Kind bzw. Ihre Kinder geeignet sind. Wer hilft mir bei finanziellen Problemen? Wenn nach dem Platzverweis keinerlei Mittel zur Verfügung stehen, können Sie sich an das Sozialamt wenden. Wo kann ich meine Verletzungen behandeln lassen? Sie sollten sich, je nach Schwere der Verletzung, von Ihrem Hausarzt, einem Facharzt oder in einem Krankenhaus ärztlich versorgen lassen. Bitten Sie den Arzt bzw. die Ärztin um ein Attest. Dieses können Sie dem Gericht als Beweismittel vorlegen. 7

Zum zivilrechtlichen Schutz Wo kann ich zivilrechtlichen Schutz beantragen? Beim örtlich zuständigen Familiengericht, insbesondere an Ihrem Wohnsitz. Sie können den Antrag schriftlich einreichen. Wollen Sie den Antrag mündlich stellen, so ist er von der Rechtsantragsstelle bzw. der Geschäftsstelle des Gerichts zu protokollieren. Was kann ich beantragen? Nach dem neuen Gewaltschutzgesetz können Sie insbesondere zweierlei beantragen: Erstens: Die Zuweisung der Wohnung zur alleinigen Nutzung. Zweitens: Ein Verbot gegenüber dem Täter, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen und sich Ihnen zu nähern. Ist eine Wohnungszuweisung möglich, wenn gegen den Täter kein Platzverweis verhängt wurde? Ja. Voraussetzung für eine Wohnungszuweisung ist, dass der Täter gegen Sie Gewalt ausgeübt hat und mit Ihnen gemeinsam in einer Wohnung wohnt. In bestimmten Fällen reicht auch die Drohung mit Gewalt aus. Ist eine Wohnungszuweisung möglich, wenn der Täter Eigentümer oder Mieter der Wohnung ist? Ja. Wie lange kann ich die Wohnung alleine nutzen? Sind Sie Eigentümerin oder Mieterin, so kann die Wohnungszuweisung auf Dauer erfolgen. Ist der Täter Eigentümer oder Mieter oder sind sie dies gemeinsam, so wird die alleinige Wohnungszuweisung auf maximal sechs Monate befristet. Wie kann ich beweisen, dass der Täter mich geschlagen oder bedroht hat? Wurde gegen den Täter ein Platzverweis verhängt, so informieren Sie das Gericht darüber. Das Gericht kann die Unterlagen der Polizei für seine Entscheidung anfordern. Hilfreich sind auch ärztliche Atteste über Verletzungen. Wenn möglich, benennen Sie Zeugen. Kann ich verhindern, dass der Täter sich mit den Kindern trifft? Grundsätzlich haben Vater und Mutter das Recht auf und die Pflicht zum Umgang mit dem Kind. Besteht für Sie und die Kinder die Gefahr von Misshandlungen, so können Sie beim Familiengericht einen Antrag auf Aussetzung des Umgangsrechts stellen. Gegebenenfalls kommt die Anordnung eines betreuten Umgangs in Betracht, das heißt die Besuche finden in Gegenwart einer vertrauten Person bzw. einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters des Jugendamtes statt. Kann mich das Gericht auch vor Belästigungen schützen? 8

Ja. Bei unzumutbaren Belästigungen kann das Familiengericht Schutzanordnungen erlassen. Unzumutbare Belästigungen sind beispielsweise das ständige Verfolgen und Beobachten, Telefonterror oder Terror per Fax oder SMS. Brauche ich eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt? Nein, eine anwaltliche Vertretung ist nicht erforderlich. Eine Beratung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Familienrecht ist jedoch sinnvoll. Wer trägt die Anwaltskosten? In finanziellen Notlagen haben Sie Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Beratung. Gegebenenfalls können Sie Prozesskostenhilfe beantragen. Informationen hierzu erhalten Sie bei der Rechtsantragsstelle bzw. der Geschäftsstelle des Amtsgerichts. Was passiert, wenn der Täter gegen die zivilrechtliche Anordnung verstößt? Dann sollten Sie die Polizei rufen. Denn Verstöße gegen Schutzanordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz sind strafbar. Wie lange dauert es, bis das Gericht über meinen Antrag entscheidet? Wenn Sie eine schnelle Entscheidung brauchen, können Sie einen Eilantrag stellen. In dringenden Fällen kann eine Schutzanordnung im Eilverfahren auch innerhalb eines Tages erlassen werden. 9

Zum Strafverfahren Was geschieht bei Staatsanwaltschaft und Gericht? Wird die Staatsanwaltschaft über einen Polizeieinsatz informiert, so prüft sie, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt und ob die Indizien und Beweise ausreichen, um Anklage bei Gericht zu erheben. Kommt es zu einer Hauptverhandlung, so muss sich das Gericht in der Hauptverhandlung ein eigenes Bild von der Schuld des Angeklagten machen. Sofern das Gericht Sie zur Verhandlung lädt, werden Sie dort als Zeugin über Ihre Wahrnehmungen befragt. Muss ich vor der Staatsanwaltschaft bzw. vor Gericht erscheinen, wenn ich geladen werde? Ja. Muss ich die Fragen der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts beantworten? Grundsätzlich sind Sie zur Aussage vor der Staatsanwaltschaft und dem Gericht verpflichtet. Wenn Sie mit dem Täter verwandt, verlobt oder verheiratet sind oder mit ihm in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, steht Ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Sie müssen dann zwar auf eine entsprechende Ladung vor der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht erscheinen. Sie können sich jedoch weigern, zur Tat Angaben zu machen. Kann ich das Strafverfahren stoppen? In der Regel nicht. In vielen Verfahren reichen jedoch die Beweismittel ohne die Zeugenaussage des Opfers für eine Verurteilung nicht aus. Machen Sie in einem solchen Fall von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, so muss das Verfahren möglicherweise eingestellt bzw. der Angeklagte freigesprochen werden. Wird der Täter auch ohne meine Aussage verurteilt? Wenn genügend andere Beweise vorliegen, kann der Angeklagte auch ohne Ihre Zeugenaussage verurteilt werden. Kann ich mir einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin nehmen? Sie können sich jederzeit von einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwältin Ihrer Wahl beraten oder vertreten lassen. Es besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. 10

Adressen in Heidelberg: Notruf 110 oder 112 Polizeidirektion Heidelberg Römerstr. 2 4 69115 Heidelberg Tel. 06221 99-0, Fax 06221 99-1477 oder das für Ihren Stadtteil zuständige Polizeirevier Amt für öffentliche Ordnung (Verlängerung Platzverweis) Bergheimer Str. 69 69115 Heidelberg Tel. 06221 581781, Fax 06221 58-1790 Interventionsstelle für Frauen und Kinder Mannheimer Str. 226 69123 Heidelberg Tel. 06221 750135, Fax 06221 750136 E-Mail info@interventionsstelle-heidelberg.de Homepage www.interventionsstelle-heidelberg.de Interventionsstelle für Täter Kaiserstr. 6 69115 Heidelberg Tel. und Fax 06221 600101 Mobiltelefon 0179 4883084 und 0179 4883083 E-Mail info@him-maenner.org Homepage www.him-maenner.org Amtsgericht Heidelberg Kurfürsten Anlage 19 69115 Heidelberg Tel. 06221 59-0, Fax 06221 99-1350 Frauenhaus Heidelberg Tel. 06221 833088 E-Mail info@frauenhaus-heidelberg.de Homepage www.frauenhaus-heidelberg.de/ Sozialamt Fischmarkt 2 69117 Heidelberg Tel. 06221 58-3725 oder das für Ihren Stadtteil zuständige Bürgeramt Kinder- und Jugendamt / Allgemeiner Sozialer Dienst Fischmarkt 2 69117 Heidelberg Tel. 06221 58-3151, Fax 06221 58-4851 Kinderschutz-Zentrum Adlerstr. 1/6 69123 Heidelberg 11

Tel. 06221-7392132 12