Region im Aufwind OstWestfalenLippe profiliert sich als Wirtschafts- und Technologiestandort



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Rubirk 85 Ausgabe 20.2014 Titelthema Thomas Rabe: Unser Herz schlägt in Gütersloh Technologie Intelligenz für die Maschine it s OWL macht es möglich Tourismus Sieben Tourentipps in der Radregion Teutoburger Wald Region im Aufwind OstWestfalenLippe profiliert sich als Wirtschafts- und Technologiestandort

Wortmann & Partner Wirtschaftsprüfer. Steuerberater seit 1957 Wortmann & Partner & Co. KG Am Reckenberg 1 33378 Rheda-Wiedenbrück Fon 0 52 42. 92 88-0 kontakt@wortmannpartner.de www.wortmannpartner.de

Editorial 03 Erfolg ist kein Zufall it dem vom Bundesforschungsministerium geadelten Techno- M logienetzwerk Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe kurz it s OWL als Spitzencluster gehört OstWestfalenLippe zu den Top-Hightech-Referenzen Deutschlands. Dass dieser Erfolg keine Eintagsfliege ist, zeigen zwei weitere Auszeichnungen, mit denen unsere Region jüngst auf Bundesebene reüssieren konnte. Das Bundeswirtschaftsministerium kürte OWL im Februar als eine von fünf Top- Innovationsregionen in Deutschland. Und beim Wettbewerb des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft war OWL im vergangenen Jahr mit dem Konzept Bildungscluster OWL erfolgreich. Die Botschaften sind deutlich. Ost- WestfalenLippe gehört zu den innovativsten Regionen in Deutschland. Und OstWestfalenLippe hat kluge Konzepte für Nachwuchsförderung und Fachkräftesicherung. Diese Erfolge sind Ergebnis einer zielgerichteten Strategie und ihrer konsequenten Umsetzung. Auf der Basis der gewachsenen und stabilen Wirtschaftsstrukturen setzen wir auf den gezielten Ausbau der Innovationsinfrastruktur und nutzen dabei die hochentwickelte Kooperationskultur in der Region, die sich insbesondere im Zusammengehen von Wirtschaft und Wissenschaft zeigt. Wir gehen in dieser neuen Ausgabe von OstWestfalenLippe Das Magazin den Erfolgsgeheimnissen der Region nach und zeigen, was OWL zu dem macht, was es heute ist: ein starker Wirtschaftsund Technologiestandort ganz oben in Nordrhein-Westfalen. Zum Beispiel aus der Perspektive eines Top-Managers. Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe berichtet im Interview, warum das Herz des Weltkonzerns in Gütersloh schlägt und wie dieser die Region sieht. Der renommierte Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser beleuchtet die strukturellen und historischen Hintergründe des Erfolgsmodells OstWestfalenLippe. Mit dem Spitzencluster it s OWL als Zugpferd baut unsere Region ihre Position als Standort für Spitzentechnologie weiter aus. Wir stellen Ihnen am Beispiel der Automatisierungstechnik vor, welche Perspektiven it s OWL bietet, um den Technologie- und Produktionsstandort Deutschland zu stärken und signifikante Beiträge zu Industrie 4.0, zur Fabrik der Zukunft zu leisten. Nicht nur in der Zukunft, schon jetzt spielt Software eine große Rolle. Ohne IT läuft nicht mehr viel weder im privaten Umfeld noch unterwegs noch in der Wirtschaft. An vielen Stellen wirkt Software aus OstWestfalenLippe. Unser Branchenporträt stellt Ihnen bekannte und weniger bekannte Beispiele vor und zeigt, dass Netzwerke und Kooperationskultur auch die IT-Branche der Region stärker machen. Netzwerke befruchten ebenso die kulturelle Vielfalt der Region. Neben dem Literatur- und Musikfestival Wege durch das Land und dem Netzwerk Tanz OWL schickt sich ein weiteres Kooperationsprojekt an, einen festen Platz im Kulturkalender zu reservieren: Ende Mai 2014 findet die 2. OWL- Biennale statt. Wir haben für Sie vorab hinter die Kulissen geblickt. Darüber hinaus finden Sie in diesem Heft einen Streifzug durch die Hochburg des deutschen Handballsports und sieben Tourentipps für eine Radentdeckungsreise durch die grünen Gebiete unserer Region für sportlich Aktive ebenso wie für Genussradler geeignet. Das und vieles mehr präsentieren wir Ihnen in dieser neuen Ausgabe von OstWestfalenLippe das Magazin. Viel Freude beim Lesen und Entdecken wünscht Ihnen Herbert Weber (Geschäftsführer OstWestfalenLippe GmbH)

04 Inhalt Editorial... 03 Panorama... 06 Unser Herz schlägt in Gütersloh... 08 Interview: Bertelsmann-Chef Thomas Rabe über den Konzern und seine Heimatregion OWL Region im Aufwind... 16 Ein Beitrag von Prof. Dr. Werner Abelshauser Einzigartiges Zentrum für OWL-Handwerk... 19 Software made in OWL bringt die Dinge ins Rollen... 20 So kommt die Intelligenz in die Maschine... 26 it s OWL: Automatisierungsspezialisten gestalten die Fabrik der Zukunft Wissenschaft Meldungen... 32 Neues Kulturnetzwerk begeistert... 34 Die OWL-Biennale geht in die zweite Runde Panorama... 40 Das Glück auf dem Sattel... 42 Sieben Touren durch die Radregion Teutoburger Wald Die Seele des Mutterlandes... 48 OWL ist das Zentrum des deutschen Handballs 08 34 48

Inhalt 05 Die pure Lust, Bier zu brauen... 54 OWL-Porträt: Friederike, Simone und Renate Strate Eine Stadt erfindet sich neu... 56 Bielefeld feiert seinen 800. Geburtstag und bekommt allmählich ein neues Profil Panorama... 61 Unternehmens-News... 72 Zahlen und Fakten... 80 OWL ganz oben in Nordrhein-Westfalen Impressum... 81 Ausgezeichnet/OWL-Preise... 62 Kulturkalender... 66 OWL-Kulturtermine 2014 im Überblick Titelfoto: Patrick Piecha/Bielefeld Marketing 2014-02_OWL-Magazin_180x126.indd 1 27.02.2014 11:32:44

06 Panorama Bundeswirtschaftsministerium zeichnet Region für ihre Innovationskraft aus OstWestfalenLippe unter den Top 5 in Deutschland OstWestfalenLippe gehört zu den fünf innovativsten und effizientesten Regionen in Deutschland. Das ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, zu dem das Bundeswirtschaftsministerium aufgerufen hatte. Die von der OstWestfalenLippe GmbH und dem Branchennetz InnoZent OWL e.v. eingereichte Bewerbung stellte unter anderem die enorme Innovationskraft der Region in den Bereichen Ingenieurwesen, Informatik und Naturwissenschaften heraus, die sich beispielhaft im Technologie-Netzwerk it s OWL in Bezug auf Intelligente Technische Systeme zeigt. Auch die vorbildliche Kooperationskultur in Ausgezeichnet: Staatssekretär Uwe Beckmeyer (Mitte) übergibt die Auszeichnung an Andreas Keil (Geschäftsführer InnoZent OWL e.v., links) und Herbert Sommer (Vorsitzender der Gesellschafterversammlung OstWestfalenLippe GmbH). der Region wird mit Blick auf den Spitzencluster und die zahlreichen Branchennetzwerke deutlich. Mit dem Wettbewerb suchte das Bundeswirtschaftsministerium deutsche Regionen, die besonders erfolgreiche Netzwerkarbeit in den Bereichen Innovation, Rohstoff- und Materialeffizienz betreiben und dabei einen Schwerpunkt auf kleinere und mittlere Unternehmen legen. (JS) Foto: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Nachwuchs sichern: Stifterverband prämiert neuen Bildungscluster Region in bundesweitem Wettbewerb erfolgreich des Studienfonds OWL entwickelte Konzept wird bundesweit beachtet. So hat der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft den Bildungscluster OWL als einen von insgesamt vier Bewerbern ausgezeichnet. Zudem wird die erfolgreiche Bewerbung mit 250.000 Euro Preisgeld prämiert. Foto: Vanessa Dreibrodt/Universität Paderborn Zeigen gemeinsam mit Unternehmen Karrierechancen in OWL auf: (v.l. Friederike Ruwisch (Stiftung Studienfonds OWL), Karl-Heinz Gerholz (Universität Paderborn), Ferdinando Piumelli (mindsquare GmbH), Dörte Husmann (Universität Bielefeld), Stefan Collet (Initiative für Beschäftigung OWL e.v.) und Universitätspräsident Nikolaus Risch (Universität Paderborn). Studierende und Wirtschaft in Kontakt bringen, Karrierechancen in der Region aufzeigen, Fachkräfte- Nachwuchs sichern: Diese Ziele verfolgt der neue Bildungscluster OstWestfalenLippe. Das unter Federführung Der Bildungscluster OWL besteht aus einem Traineeprogramm für Bachelor- Absolventen, dem studienbegleitenden Programm Mit dem Master in den Mittelstand und dem Programm Regionalentwicklung durch gesellschaftliches Engagement. In dem für zwei Jahre vom Stifterverband geförderten Bildungscluster arbeiten fünf Hochschulen der Region OstWestfalenLippe, Regionalrat und Bezirksregierung, Brancheninitiativen, Kammern, Arbeitgeberverbände sowie das it s OWL Clustermanagement und die OstWestfalenLippe GmbH zusammen. (JS) www.bildungscluster-owl.de

Panorama Foto: Stadt Rietberg Klimapark in Rietberg Weidmüller Akademie Foto: Weidmüller Foto: Universität Bielefeld Institut für Konflikt und Gewaltforschung der Universität Bielefeld Foto: Markus Krüger digital-park.de Gilde in Detmold Foto: Universität Paderborn Ausgezeichnet: Fünf Orte des Fortschritts hat die NRW-Landesregierung in OstWestfalenLippe gewürdigt. Universität Paderborn Landesregierung zeichnet Orte des Fortschritts in OWL aus Antworten auf Zukunftsfragen Fünf neue Orte des Fortschritts in OstWestfalenLippe hat das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium ausgezeichnet. Die Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Projekte wurden ausgewählt, weil sie innovative Antworten auf zentrale gesellschaftliche Zukunftsfragen liefern. So würdigt das Ministerium die GILDE Wirtschaftsförderung, die sich für Beschäftigungssicherung im Kreis Lippe einsetzt und Konzepte für soziale und gesellschaftliche Verantwortung (Corporate Social Responsibility) in kleine und mittelständische Unternehmen trägt. Messearchitektur Schauräume Mobile Präsentationen www.conform.cc Weitere Orte des Fortschritts in OWL sind die Weidmüller Akademie in Detmold, der Klimapark Rietberg (Kreis Gütersloh), das Direct Manufacturing Research Center der Universität Paderborn und das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. NRW-weit hat ein Expertengremium der Landesregierung insgesamt 19 Orte des Fortschritts ausgewählt. (VH/JS) www.wissenschaft-nrw.de Faktor3_85x260_9.9.indd 1 09.09.13 08:46

Foto: Bertelsmann 08 8 TitelthemA Management Meeting 2012: Auf der Bühne des Theaters Gütersloh stellt Thomas Rabe 500 Bertelsmann-Führungskräften eine neue Konzernstrategie vor.

titelthema 09 Unser Herz schlägt in Gütersloh Bertelsmann-Chef Thomas Rabe über den Konzern und dessen Heimatregion Aus Gütersloh in die Welt: Das Familienunternehmen Bertelsmann ist längst ein global agierender Konzern geworden. Vorstandschef Thomas Rabe berichtet im Interview mit OstWestfalenLippe das Magazin, welche Ziele der Konzern ansteuert, wie er die Heimatregion von Bertelsmann sieht und wie OWL den Weltkonzern prägt.

10 Titelthema Biografische Daten Thomas Rabe Geboren 1965 in Luxemburg Abitur an der Ecole Européenne, Brüssel Studium Universität Köln und RWTH Aachen Promotion zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften 2000 Finanzchef RTL Group 2006 Finanzvorstand und Leiter Corporate Center Bertelsmann 2012 Vorstandsvorsitzender Bertelsmann Foto: Bertelsmann Lieber Herr Rabe, im März haben Sie in Berlin die Geschäftszahlen von Bertelsmann für das vergangene Jahr vorgestellt. Wie steht Bertelsmann aktuell da? Bertelsmann ist so stark wie lange nicht mehr. Wir haben unseren Umsatz im vergangenen Jahr gesteigert, so viel verdient wie seit sieben Jahren nicht mehr und trotz hoher Investitionen unsere Schulden halbiert. Wichtiger noch als die finanzielle Bilanz sind mir die strategischen Fortschritte der vergangenen Monate: die Komplettübernahme unseres Musikrechtegeschäfts BMG, die Akquisitionen von Arvato in den Bereichen Finanzdienstleistungen und E-Commerce und der Zusammenschluss unserer Buchsparte Random House mit Penguin. Wir haben damit aus Gütersloh heraus unter unserer Führung die größte, erste wirklich globale Publikumsverlagsgruppe der Welt geschaffen. Bertelsmann ist als Familienunternehmen ein weltweit agierender Konzern. Wie passt das unter einem Dach zusammen? Sie sehen ja: Es passt hervorragend. Bertelsmann ist heute im 179. Jahr erfolgreich unterwegs. Unsere Eigentümer sind am dauerhaften Wohl des Konzerns interessiert und verfolgen langfristige Ziele. Ich tausche mich regelmäßig mit Liz Mohn und ihrem Sohn Christoph, dem Vorsitzenden unseres Aufsichtsrates, aus. Christoph Mohn verkörpert die sechste Generation der Gründerfamilien Bertelsmann/Mohn. Ich bin überzeugt: Eine solch langfristige Perspektive und die damit verbundene Verlässlichkeit zahlen sich aus. Bei Bertelsmann und bei vielen anderen erfolgreichen Familienunternehmen in OWL und anderswo. Die Medienbranche verändert sich in atemberaubendem Tempo. Wie kann ein Unternehmen da vorn mit dabei sein? Indem das Unternehmen sich selbst aus einer Position der Stärke verändert und Veränderungen als Chance begreift. Dies erfordert, Innovationen aktiv zu betreiben, sich auf Neues einzulassen und zu fordern. Bei meinem Antritt als Vorstandsvorsitzender vor gut zwei Jahren habe ich gesagt: Bertelsmann muss sich verändern, konkret wachstumsstärker, digitaler und internationaler werden. >>

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12 TitelthemA Fotos: Bertelsmann Arbeiten eng zusammen: Liz Mohn als Vertreterin der Eigentümerfamilie und Thomas Rabe. Die Bertelsmann Konzernzentrale in Gütersloh. >> Das geht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Marathonlauf, der fünf bis zehn Jahre dauern wird. Der Startschuss fiel im September 2012 auf einem Management-Meeting im Gütersloher Stadttheater. Und seitdem sind wir mit hohem Tempo in der Umsetzung. Stichwort Veränderung: Der Buchmarkt verändert sich, Zeitungen und Zeitschriften kämpfen ums Überleben. Ist das Geschäft mit Druckmedien am Ende? Die Welt der Medien verändert sich rasant und wir gestalten die neue Welt aktiv. RTL ist neben dem traditionellen Fernsehgeschäft inzwischen im Online- Video-Geschäft aktiv und mit über 16 Milliarden Videoabrufen im Jahr einer der größten Spieler auf YouTube. Unsere Buchverlagsgruppe Penguin Random House ist der führende Anbieter von E-Books mit insgesamt mehr als 100 Millionen verkauften Einheiten weltweit. Die Zeitschriften von Gruner + Jahr sind als App inzwischen ebenso verfügbar wie am Kiosk. Wir haben auch immer an das Musikgeschäft geglaubt, hielten allerdings einen Neustart für nötig. Klar ist: Es wird auch in 30 Jahren noch gedruckte Bücher, Magazine und Zeitungen geben, das Haptische bleibt wichtig. Ich bin selbst begeisterter Zeitungs- und Zeitschriftenleser, überwiegend übrigens in gedruckter Form. Gibt es ein Rezept, um weiter erfolgreich Printmedien zu produzieren? Wie stellen sich die Bertelsmann- Töchter hier auf? Ob in digitaler oder gedruckter Form, letztlich zählt derselbe Rohstoff: interessante, gut gemachte Inhalte, die Nutzen stiften. Bertelsmann ist das Haus mit den vielfältigsten medialen Inhalten der Welt und wir arbeiten täglich daran, dies weiter auszubauen. Kann man angesichts dieser vielfältigen Veränderungen überhaupt noch langfristig planen? Ich halte es für unerlässlich, sich langfristige Ziele zu stecken und zu planen, allerdings mit der Bereitschaft, diese Pläne geänderten Realitäten anzupassen. Meine Vision von Bertelsmann habe ich gerade skizziert. Im Dialog mit vielen Kolleginnen und Kollegen haben wir vier strategische Stoßrichtungen definiert: Stärkung unserer Kerngeschäfte, die digitale Transformation, den Auf- und Ausbau von Wachstumsplattformen also Geschäfte, die von globalen Megatrends wie der Digitalisierung oder Bildung profitieren sowie den Ausbau unserer Präsenz in Wachstumsregionen wie Asien und Lateinamerika. Wir haben einen umfassenden Plan, durch welche Maßnahmen wir vorankommen möchten. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir dogmatisch geradeaus laufen, ohne für Möglichkeiten links und rechts des Weges offen zu sein. Die Richtung muss stimmen und das tut sie bei Bertelsmann. Angesichts des rasanten Wandels hat sich Bertelsmann von vielen Traditionsgeschäften getrennt zum Beispiel den Buchclubs oder dem klassischen Musikgeschäft. Läuft ein Unternehmen Gefahr, damit seine Wurzeln zu kappen? Eindeutig nein. Nehmen Sie die Musik: Gleich nach der Trennung vom klassischen Musikgeschäft haben wir BMG Rights Management auf der grünen Wiese und mit einem innovativen Geschäftsansatz gestartet. Heute sind wir bereits die Nummer vier im Markt. Oder nehmen Sie das Clubgeschäft aus

titelthema 13 den Kompetenzen der Mitarbeiter sind zahlreiche neue Geschäfte entstanden, insbesondere bei Arvato. Unsere Wurzeln kappen wir durch diese notwendigen Anpassungen nicht. Diese sind und bleiben Kreativität und Unternehmergeist. Wo wird Bertelsmann in zehn Jahren stehen? Unser Ziel für Bertelsmann ist es, dass wir langfristig auf drei Säulen stehen: mediale Inhalte, Dienstleistungen und Bildung. Wir werden Bertelsmann insgesamt breiter aufstellen internationaler, digitaler und wachstumsstärker. Sie sind in Belgien aufgewachsen, haben in den Metropolen Brüssel und Berlin gelebt und gearbeitet. Jetzt steht ihr Schreibtisch im vergleichsweise beschaulichen Gütersloh. Bertelsmann ist ein internationales Unternehmen und ich fühle mich überall sehr wohl. Ich wohne seit 2006 in Gütersloh und habe dort mein Büro, bin aber viel unterwegs, weil sich das Unternehmen nur vom Schreibtisch aus nicht führen lässt. Stadt und Region hier mögen beschaulich sein, aber das ist auch ein guter Ausgleich, insbesondere wenn man die Natur mag und Sport treibt. Und wenn eine Region beweist, wie man wirtschaftlich erfolgreich sein kann, ohne Metropole zu sein, dann ist es sicher OstWestfalenLippe. Ihre Aufgabe an der Spitze eines Konzerns ist eine große Herausforderung. Wie gehen Sie damit um? Ein Unternehmen wie Bertelsmann zu leiten, ist eine Herausforderung, es ist aber auch ein Privileg. Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssen sie Verantwortung übernehmen, aktiv führen, Überzeugungsarbeit leisten und Entscheidungen treffen. Ich kann mich dabei auf ein Team mit vielen ausgezeichneten Kolleginnen und Kollegen stützen. Ausgleich finde ich zum Beispiel beim Lesen, bei der Musik und beim Sport, etwa beim Laufen, Bergsteigen oder Rudern. Früher haben Sie in einer Punk- Band gespielt. Bleibt für so etwas noch Zeit? Für die Punk-Band nicht und auch die Gitarre hängt zurzeit an der Wand, ich will sie aber reaktivieren. Die Liebe zur Musik ist ungebrochen es gibt wohl kein Medium, das so starke Emotionen und Erinnerungen weckt. >> You are welcome QUOTOR.COM LUFTHANSA BILDET Zum Kolosseum nach Rom, zur Oper in die Mailänder Scala oder zu Tapas und Antoni Gaudí nach Barcelona. Europas Kulturschätze ab Paderborn-Lippstadt über München mit Lufthansa entdecken. Entspannte Anreise zum Flughafen, sparen beim Parken und kurze Umsteigezeiten in München all das wartet auf Sie! airport-pad.com RZ_LH_bildet_180x126.indd 1 24.02.14 16:13

14 TitelthemA Grafik: Bertelsmann Bertelsmann ist ein internationales Medienunternehmen, das mit den Kerngeschäften Fernsehen (RTL Group), Buch (Penguin Random House), Zeitschriften (Gruner + Jahr), Dienstleistungen (Arvato) und Druck (Be Printers) in rund 50 Ländern der Welt aktiv ist. Zum Bereich Corporate Investments zählen die übrigen operativen Aktivitäten von Bertelsmann wie beispielsweise das Musikrechteunternehmen BMG sowie der Bereich Education. Bertelsmanns Zentrale liegt in Gütersloh. Gelingt es ausreichend, kluge Köpfe in die Region zu holen? Ohne offensives Werben um Fachkräfte, sogenanntes Employer Branding, geht es heute nicht mehr. Das ist allerdings kein spezielles Gütersloh-Problem. Wir haben das Thema früh erkannt und tun einiges. Zum Beispiel unsere mehrfach ausgezeichnete Kampagne Create Your Own Career, verschiedene Netzwerk- Events für junge Studenten wie Talent Meets Bertelsmann und natürlich Maßnahmen, die uns als Arbeitgeber attraktiver machen: ein umfangreiches Sport- und Gesundheitsprogramm, Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und vor allem anderen unsere ausgeprägte Unternehmenskultur. Außerdem profitieren wir natürlich von der Zugkraft unserer starken Marken. >> Die OWLer gelten als zurückhaltend und prahlen nicht gern. Wie erleben Sie diese Region? Diese Haltung gefällt mir und sie liegt mir. Das Prahlerische ist auch Bertelsmann fremd. Ich habe OstWestfalen- Lippe als sehr spannende und vielseitige Region kennengelernt. Der Wettbewerb der Regionen nimmt zu, egal ob es um die Ansiedlung von Unternehmen oder das Anwerben von Fachkräften geht. Hat die Region OWL eine Chance, in diesem Wettbewerb erfolgreich zu sein? Wichtige Voraussetzungen dafür sind gegeben: Es gibt in OWL viele international erfolgreiche Unternehmen, die attraktive Arbeitsplätze und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Aber klar ist: Der Wettbewerb um Fachkräfte wird schärfer, die demografische Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Wir müssen in Aus- und Weiterbildung investieren ebenso wie in die Arbeitsfähigkeit unserer Mitarbeiter. Das ist eine riesige Aufgabe. Welche Stärken kann OWL ins Feld führen? Unsere Region hat erfolgreiche Unternehmen, häufig seit Generationen in Familienbesitz. Viele dieser Unternehmen sind fest in OWL verankert, aber weltweit tätig. Wir werden für diese Unternehmen bewundert, sie gelten als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Zuletzt hat dies der Economist anerkannt mit dem Hinweis, dass sich das deutsche Erfolgsmodell nicht ohne Weiteres kopieren lässt. Entscheidend ist, dass Deutschland und damit auch OWL seine Wettbewerbsfähigkeit erhält. Dafür sind vernünftige Rahmenbedingungen erforderlich, zum Beispiel bezahlbare Energie sowie die Bereitschaft, massiv in Bildung zu investieren und die Infrastruktur zu modernisieren. Sehr wichtig ist zudem die Fortsetzung des erfolgreichen Modells der Tarifpartnerschaft, das einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Gesundung Deutschlands geleistet hat. Deutschland ist nicht mehr der kranke Mann Europas, sondern wir sind eine Zugmaschine, die Europa dringend braucht. Das müssen wir uns erhalten und dafür sind Anstrengungen der Unternehmen, aber auch der Politik erforderlich. Wird das Herz von Bertelsmann weiterhin in Gütersloh schlagen oder locken die Metropolen? Wenn Sie für Bertelsmann arbeiten möchten, dann können Sie das in Gütersloh, Berlin, New York, Barcelona, Peking und vielen weiteren Städten tun. Wir sind in rund 50 Ländern dieser Welt vertreten und wollen in den kommenden Jahren noch internationaler werden. Ich kann Ihnen jedoch versichern: Gütersloh bleibt unsere Heimat. Hier schlägt unser Herz, hier liegen unsere Wurzeln. Und hier beschäftigen wir fast 11.000 Mitarbeiter. Gegründet: 1835 Aktiv in rund 50 Ländern Umsatz im Geschäftsjahr 2013: 16,4 Mrd. Euro Mitarbeiter: 111.763 weltweit davon in OWL: rund 10.900 www.bertelsmann.de

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Eine der traditionell starken Branchen in OWL ist die Möbelindustrie. Das Bild zeigt ein Sofa von Frommholz (Spenge) vor dem Museum Marta Herford, Standort mehrere Fachverbände der deutschen Möbel- und Küchenindustrie. Quelle: Frommholz OWL Region im Aufwind Wie konnte OstWestfalenLippe den Sprung unter die Top-Wirtschaftszentren in Deutschland schaffen? Diese Frage beleuchtet für OstWestfalenLippe das Magazin Prof. Dr. Werner Abelshauser. Der renommierte Wirtschaftshistoriker ist seit 1991 Professor an der Universität Bielefeld. von Werner Abelshauser OstWestfalenLippe gehört zu den am meisten unterschätzten Wirtschaftsräumen Deutschlands. Es ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, dass der Bezirk der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld und seine lippische Schwester zu Detmold unter den 83 deutschen Kammerbezirken im vergangenen Jahrzehnt immer in der Spitzengruppe lagen, gleichgültig ob man sie an ihrer Wirtschaftskraft oder an der Zahl ihrer Betriebe im verarbeitenden Gewerbe misst. Aus einer alten, vorindustriellen Gewerberegion ist hier ein nachindustrieller regionaler Wirtschaftsverbund aufgestiegen, der sich seitdem über alle Krisen hinweg gut behauptet. In vielerlei Hinsicht entspricht OWL damit der deutschen Wirtschaft als Ganze: Einer scheinbar anachronistischen Fixierung auf die verarbeitende Industrie stehen bemerkenswerte Erfolge auf nationalen und internationalen Produktmärkten gegenüber. Wer diese Dynamik verstehen will, muss deshalb hier in einem für das deutsche Modell typischen Wirtschaftsraum beginnen. >>

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18 TitelthemA >> Seine Besonderheiten lassen sich so beschreiben: n Das verarbeitende Gewerbe ist auf diversifizierte Qualitätsprodukte spezialisiert, nicht auf Massengüter. Qualität ist dabei das äußere Zeichen hoher immaterieller, also nachindustrieller Wertschöpfung. n Die Unternehmenslandschaft ist von Klein- und Mittelbetrieben mit innovativen Eigentümer-Unternehmern geprägt. Heute ist OstWestfalenLippe eine klassische Mittelstandsregion, in der weniger als 5 vh aller Unternehmen im produzierenden Gewerbe mehr als 500 Beschäftigte aufweisen. n Angesichts der schmalen Rohstoffbasis und des regionalen Wirkungsgrades des finanziellen Sektors war der Aufbau einer vielseitigen Wirtschaft von der intensiven Nutzung des menschlichen Vermögens abhängig. Die regionale Ausbildung und Qualifizierung beruht auf dem dualen System mit Berufsund Fachschulen auch wenn die universitäre Ausbildung an Bedeutung gewonnen hat. Der komparative Vorteil der Region liegt in ihrem Potenzial an selbstständigen Unternehmern und gut ausgebildeten Facharbeitern. n Es herrschen kooperative Arbeitsbeziehungen. Der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit war hier schon immer schwach ausgeprägt und bot selten Anlass zu Konflikten. Alle Bestandteile des regionalen Produktionsregimes bedingten einander für den wirtschaftlichen Erfolg. Diversifizierte Qualitätsproduktion setzt hochqualifizierte Stammarbeiter voraus. Hohe Investitionen in das menschliche Vermögen verlangen nach langfristigen Arbeitsverhältnissen. Voraussetzung für eine langfristige unternehmerische Perspektive ist ein Kreditwesen, das diese spezifischen Grundlagen mit geduldigem Kapital unterstützt. Komplexes, unternehmensbezogenes Wissen der Arbeitnehmer lässt sich nicht allein durch Kontrolle für den Betrieb mobilisieren. Die Lösung dieses Prinzipal-Agent-Problems setzt kooperative Arbeitsbeziehungen im Unternehmen voraus. Die Corporate Governance mittelständischer Unternehmen fordert eine engere Bindung an den Produktionsprozess, weil jede Entscheidung über Investitionen von Gewicht das Schicksal des Unternehmens besiegeln kann. Die in OWL verbreitete Fähigkeit zu wirtschaftlicher Soziabilität schafft Vertrauen, das Marktbeziehungen zu niedrigen Transaktionskosten möglich macht. Es ist das ideale Umfeld für innovationsfreudige Unternehmen, die das regionale Produktionsprogramm mit passgenauen Lösungen versorgen und darüber hinaus einen wettbewerbsfähigen und exportorientierten Spezialmaschinen- und Werkzeugmaschinenbau betreiben. Dieses regionale System der Produktion unterscheidet sich nicht wesentlich, sondern eher durch Intensität und Homogenität vom nationalen Produktionsregime. In OstWestfalenLippe geben traditionell Familienunternehmen den Ton an. Auch solche, deren Namen nicht jeden Tag in der Zeitung stehen, die aber in ihren Branchen zu den Besten gehören nicht selten als Hidden Champions des Weltmarktes. Nicht nur in Krisenzeiten produzieren sie als Agenturen der Sinnstiftung das immaterielle Kapital, das die Wirtschaft im Innersten zusammenhält. Und dies macht den Charakter der OWL-Unternehmer aus. Kaum einer tanzt aus der Reihe, aber jeder macht kraftvoll sein Ding. Vertrauen ist hier endemisch. Eine Gegend wie ein fester Händedruck. Was hier produziert wird, hält fast immer, was es verspricht. Prof. Dr. Werner Abelshauser, Jahrgang 1944, ist einer der führenden deutschen Wirtschaftshistoriker. Von 1991 bis 2010 war er Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Bielefeld. Seit 2010 ist er dort als Forschungsprofessor für Historische Sozialwissenschaft tätig. Foto: Petra-Monika Jander

Wirtschaft Einzigartiges Zentrum für OWL-Handwerk Einen Steinwurf vom Bielefelder Hauptbahnhof entfernt wächst ein bundesweit einmaliges Bauwerk: der Campus Handwerk, das neue Herz der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld. Auf 22.000 Quadratmetern finden neben der Verwaltung ein modernes Bildungszentrum und ein neues Kompetenzzentrum für intelligente Gebäudetechnologien Platz. Foto: Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe BERATER Blick in die Zukunft: So wird der neue Campus Handwerk aussehen. Ob angehende Elektrotechniker, Metallbauer, Konditoren oder Friseure sie alle werden ab Herbst 2015 unter optimalen Bedingungen lernen können. Auf sieben Ebenen entstehen für 63,4 Millionen Euro moderne Lehrwerkstätten, Seminarräume und Zimmer für Übernachtungsgäste. Für Energieeffizienz sorgen eine Be- und Entlüftungsanlage und ein Blockheizkraftwerk. Der Campus Handwerk führt die derzeitigen Standorte in Bielefeld, Lemgo und Gütersloh zusammen und bündelt Verwaltung und Berufsbildung unter einem Dach ein deutschlandweit einzigartiges Konzept. Der Neubau ist zentraler Baustein der Strategie, den Bedarf an Fach- und Führungskräften im Handwerk zu decken, erläutert Kammerpräsidentin Lena Strothmann MdB. Die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld betreut knapp 21.000 Handwerksbetriebe mit 155.000 Beschäftigten, darunter mehr als 11.000 Auszubildende. Der Umsatz des regionalen Handwerks beträgt rund 15,5 Milliarden Euro. (JS) www.campus-handwerk.de Steuerberatung Wirtschaftsprüfung Rechtsberatung Unternehmensberatung Herford Lage Löhne Bad Oeynhausen Telefon: 0 52 21/10 53-0 info@hps-consulting.de www.hps-consulting.de www.hps-consulting.de 3

20 Branchenporträt Foto: Claas

Branchenporträt 21 Ohne Software geht fast nichts mehr. Sie ist unverzichtbar für Innovationen, egal ob im Maschinenund Anlagenbau, im Finanzwesen oder im Haushalt. OstWestfalenLippe ist ein Schwerpunkt der Schlüsselbranche IT mit erfolgreichen Unternehmen und starker Forschung. Software made in OWL bringt die Dinge ins Rollen VON Gerald Scheffels Wer erfahren möchte, welche Bedeutung die Software für das tägliche Leben hat, kann das im Selbstversuch Ein Tag ohne Software ausprobieren. Auf den morgendlichen Cappuccino aus dem Vollautomaten wird die Testperson als Erstes verzichten müssen. Das Auto bleibt stehen, denn ohne Software würde schon der Klick, der die Fahrertür entriegelt, ins Leere laufen. Auch die Alternative E-Bike kommt nicht richtig ins Rollen, denn dort sorgt Software im Steuergerät für die richtige Zusammenarbeit von Pedal- und Motorkraft. Einkaufen ist nahezu unmöglich. Und ohne Software rührt sich im Büro und in der Fertigung nur noch wenig. Selbst der Claas-Mähdrescher auf dem Getreidefeld kann ohne Software nicht richtig arbeiten. Hightech in der Ernte: Der Landmaschinen- Spezialist Claas aus Harsewinkel (Kreis Gütersloh) sorgt mit spezieller Software dafür, dass Erntefahrzeuge präzise gesteuert werden können. Das steigert die Effizienz und spart Ressourcen ein. Dieses Gedankenspiel zeigt: Software ist heute allgegenwärtig. Das gilt nicht nur für unser tägliches Leben, sondern auch für Forschung und Wirtschaft. Und Technologie aus OstWestfalenLippe bringt an vielen Stellen die Dinge ins Rollen zum Beispiel in Produktionsanlagen aller Art. Weltweit führende Spezialisten Die Industrial IT der Region hat große Bedeutung für die Fabrik der Zukunft. Schließlich sind in OWL weltweit führende Automatisierungstechnik- Spezialisten wie Beckhoff, Harting, Phoenix Contact, Wago und Weidmüller zu Hause, die zum Teil mehrere Hundert Softwareentwickler beschäftigen. gebracht werden angesichts immer kürzerer Produktzyklen ein enormer Vorteil. Nicht nur die 1.200 Mitarbeiter von dspace stehen für Software made in Paderborn. Auch die Forschung ist in Paderborn bestens ausgebaut und sie bekam im Herbst 2013 noch Zuwachs. Im neuen Software Innovation Campus arbeitet die Universität Paderborn gemeinsam mit zehn Unternehmen darunter auch dspace und der Fraunhofer-Projektgruppe Entwurfstechnik Mechatronik an Softwaresystemen der Zukunft. Im Jahr 2020 soll der Forschungscampus mit der überaus passenden Adresse Zukunftsmeile 1 bereits 200 Mitarbeiter beschäftigen. Damit festigt Paderborn seine Position dspace ist mit IT für die Industrie weltweit erfolgreich. Das Paderborner Unternehmen entwickelt hochkomplexe Software, mit deren Hilfe zum Beispiel die Entwicklung von Autos beschleunigt wird. Rapid Control Prototyping und Hardware-in-the-Loop-Simulation sind Verfahren, die das Testen von mechatronischen Regelungssystemen erleichtern. So können Autos, Flugzeuge und Maschinen schneller auf den Markt als IT-Standort Nummer eins in Nordrhein-Westfalen. Nirgendwo im größten deutschen Bundesland ist der Beschäftigungsanteil der IT-Branche so hoch. Den Grundstein für diese Erfolgsgeschichte legte Heinz Nixdorf, der 1952 den ersten Röhrencomputer baute und sich 1959 in seiner Heimatstadt selbstständig machte. 1957 stellte Nixdorf auf der Hannover Messe den weltweit ersten Tischcomputer vor made in Paderborn. >>

22 Branchenporträt Foto: dspace Software für Simulationen: Damit ist das Paderborner Unternehmen dspace erfolgreich. >> 1972 beschäftigte die Nixdorf Computer AG mehr als 10.000 Mitarbeiter. In dieser Zeit erschloss das Unternehmen den Markt für elektronische Kassensysteme, der heute mit der Wincor Nixdorf AG in Paderborn präsent ist. Diese beschäftigt weltweit mehr als 9.000 Mitarbeiter und gehört zu den international führenden Herstellern von IT-Lösungen für Banken und Einzelhandel. SAP-Spezialist: die Firmenzentrale der itelligence AG in Bielefeld. Foto: itelligence Neben diesen Global Playern gibt es in OWL zahlreiche kleinere Spezialisten, die sich in der Industrial IT zu Hause fühlen und sehr erfolgreich sind. Ein Beispiel ist die symmedia GmbH in Bielefeld. Führende Maschinenbauer betreuen die Maschinen ihrer Kunden weltweit mit symmedia-software und entwickeln innovative Servicekonzepte, die auf dem Internet der Maschinen beruhen. Geschäftsführer Peter Barkowsky erklärt die Vorteile so: Maschinen überall auf der Welt erzählen dem Hersteller haarklein, wie ihr aktueller Servicezustand aussieht: Wann steht die nächste Wartung an, welche Fehlermeldungen treten auf, gibt es Hinweise auf Verschleiß oder Bedienungsfehler? Einige Maschinen sind sogar schon in der Lage, einen virtuellen Einkaufszettel zu schreiben und ihre Teilebestellung direkt an den Was hat Bünde mit dem FBI zu tun? Woher kommt die Software, mit der das amerikanische FBI beschlagnahmte Computer und Smartphones von Verdächtigen ausliest? Aus dem Silicon Valley, aus Chicago oder New York? Nein, aus Bünde im Kreis Herford. Dort hat die X-Ways Software Technology AG ihren Sitz, die sich auf die Entwicklung von forensischer Software konzentriert. Polizeibehörden weltweit setzen diese Software ein, um elektronische Beweismittel zu sichern und auszuwerten. Firmengründer Stefan Fleischmann ist ein international gefragter Experte für die kriminaltechnische Untersuchung von Computern. Hersteller zu schicken. Kein Wunder, dass Symmedia-Software in mehr als 80 Ländern arbeitet. Kommunikation zwischen Mensch und Roboter Nicht nur in Paderborn, auch andernorts in OWL wird intensiv geforscht. Im Bielefelder Forschungsinstitut für Kognition und Robotik (CoR-Lab) und dem Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) arbeiten Wissenschaftler aus verschiedenen Fakultäten unter anderem an Modellen für die Interaktion von Mensch und Roboter. Der exzellente Ruf der Bielefelder Forscher und ihres interdisziplinären Ansatzes zeigt sich auch darin, dass die Stadt im März 2014 Veranstaltungsort der weltweit führenden Mensch-Roboter-Konferenz war. Ein weiteres Beispiel für praxisnahe Forschung an industrieller IT und Software ist die Modellfabrik Lemgo. Hier erproben und demonstrieren das Institut für industrielle Informations- >>

www.piening-personal.de Ihr Personal im Blick! Personallücken schließen: schnell, kompetent, unkompliziert Über 35 Jahre am Markt, das heißt für Sie über 35 Jahre Erfahrung im Bereich Personal. Für Sie sind wir deutschlandweit mit rund 55 Niederlassungen vertreten auch in Ihrer Nähe. Für Sie im Einsatz: Vom Helfer bis zum Akademiker greifen Sie auf mehr als 6.500 Mitarbeiter zurück und erweitern Sie Ihr Team schnell, kompetent und unkompliziert. Zeitarbeit, Personalvermittlung, Outsourcing und Outplacement - gemeinsam mit Ihnen finden wir die richtige Personallösung für Ihr Projekt, Ihr Team und Ihr Unternehmen. Wir beraten Sie gerne, rufen Sie uns kostenlos an unter: 0800 2521100 Zum dritten Mal ausgezeichnet als einer der besten Arbeitgeber im deutschen Mittelstand Piening GmbH Altmühlstr. 30 33689 Bielefeld Telefon 05205 1004-0 Sennestadt@PieningGmbH.de Wir bewegen Menschen, Menschen bewegen uns.

24 Branchenporträt ebusiness-lotse OWL: Anlaufstelle für Unternehmen Wie können IT-Lösungen helfen, mein Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen? Wer sich diese Frage stellt, ist beim ebusiness-lotsen OWL gut aufgehoben. Er dient als Anlaufstelle und Wissensvermittler, stellt Informationsmaterialien in Form von Leitfäden und Checklisten zur Verfügung, organisiert ein vielfältiges Veranstaltungsangebot und bietet persönliche Informationsgespräche an. Dieses Angebot richtet sich an alle Unternehmen in OWL. Es wird umgesetzt von InnoZent OWL e.v. sowie dem s-lab Software Quality Lab der Universität Paderborn in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern Ostwestfalen und Lippe sowie der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe. www.ebusinesslotse-owl.de >> technik der Hochschule OWL und das Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation die Integration von geeigneten Informations- und Kommunikationstechnologien in Produktionssysteme: eine denkende Fabrik sozusagen. Selbstverständlich sind auch die Projekte des Hightech-Spitzenclusters it s OWL stark softwaregetrieben (siehe Seite 26). Software aus OWL spielt nicht nur für die Produktion der Zukunft eine zentrale Rolle, sondern auch in Betriebswirtschaft und Finanzbranche. So entwickelt Diamant Software seit fast 35 Jahren Programme für Rechnungswesen und Controlling. Die Bielefelder gehörten von Beginn an zu den Technologieführern in diesem anspruchsvollen Bereich ein Beispiel für die Hidden Champions in OWL. Zum führenden SAP-Systemhaus hat sich die itelligence AG entwickelt. Das Bielefelder Unternehmen beschäftigt mehr als 3.000 Mitarbeiter in 22 Ländern. Beide itelligence-vorstände haben übrigens an der Universität Paderborn studiert. Spezialisten für Branchenund Nischenlösungen Neben den Großen wie itelligence tummeln sich zahlreiche kleinere Software-Spezialisten in OWL. Zwei Beispiele: Die HJP Consulting GmbH in Borchen ebenfalls ein Partner des Software Innovation Campus Paderborn entwickelt komplexe Lösungen für elektronische Reisepässe und ist dabei so international aufgestellt, dass sie auf eine deutsche Fassung ihrer Homepage verzichtet. Resolto Informatik in Herford entwickelt unter anderem Remote Services ist eine gefragte neue Dienstleistung der Industrial IT. Die Symmedia GmbH in Bielefeld hat sich auf dieses Wachstumsfeld spezialisiert und arbeitet dabei mit weltweit führenden Maschinenbauunternehmen zusammen. Wissensmanagement-Systeme, die in großen Unternehmen wie dem Energiekonzern E.ON zum Einsatz kommen. Die genannten Beispiele zeigen, wie wichtig gerade in der IT-Branche der Transfer zwischen Wissenschaft und Anwendung ist. Und: Die IT-Welt ist extrem arbeitsteilig. Deshalb gehört es zu den Erfolgsfaktoren, dass in OWL die gesamte Prozesskette präsent ist einschließlich der vielen mittelständischen Spezialisten, die Branchen- und Nischenlösungen entwickeln. Ganz entscheidend für den Erfolg einer Region in der IT-Welt ist die Vernetzung der Unternehmen sowohl untereinander als auch mit Wissenschaft und Forschung. Hier ist OWL vorbildlich mit Brancheninitiativen und Netzwerken wie InnoZent OWL, Bikonet, Paderborn ist Informatik, ITMW und dem Meta-Netzwerk IT- Dialog OWL. Und ganz besonders mit dem Technologienetzwerk it s OWL, das auch der IT-Branche der Region neue Perspektiven eröffnet. Um die Spitzenposition zu sichern, brauchen die OWL-Unternehmen viele kluge Köpfe. Darum investiert die Region auch in die Nachwuchsförderung. So bieten die Hochschulen Studiengänge wie etwa das internationale Masterstudium Information Technology in Lemgo. Neue Software-Spezialisten wachsen heran und sorgen auch zukünftig dafür, dass Hightech aus OWL die Dinge ins Rollen bringt.

WWW.HANDWERK-OWL.DE WWW.HANDWERK-OWL.DE Die Zukunft wird rechtzeitig fertig.

26 Technologie it s OWL: Automatisierungsspezialisten gestalten die Fabrik der Zukunft So kommt die Intelligenz in die Maschine Von Gerald Scheffels Im Projekt FlexiMon arbeiten Harting und das CoR-Lab an automatisierten Produktionsmodulen, die sich ohne Programmieraufwand flexibel an veränderte Anforderungen anpassen lassen.

Technologie 27 Im Spitzencluster Intelligente Technische Systeme it s OWL arbeiten Weltmarktführer der Automatisierungstechnik aus OstWestfalenLippe an der Fabrik von morgen. Ziel ist es, mehr Intelligenz in die Maschinen zu bringen. So wird die industrielle Produktion flexibler, effizienter und nachhaltiger. Konkurrenz nicht nur aus Fernost, immer anspruchsvollere Kunden, kürzere Produktlebenszyklen, komplexere Produkte und kleinere Stückzahlen: Das sind einige von vielen Faktoren, die es den produzierenden Unternehmen nicht leicht machen, sich zu behaupten. Das gilt nicht nur für OWL, sondern für ganz Europa. Experten sind sich einig: Wer angesichts dieser Situation im verschärften Wettbewerb bestehen will, muss bereit sein, neue Wege in der Produktion zu gehen. Wie werden diese Wege aussehen? In OstWestfalenLippe gibt es viele Unternehmen, die sich dazu Gedanken machen. Im Spitzencluster Intelligente Technische Systeme it s OWL arbeiten sie an den Produktionstechniken von morgen. 174 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen sind beteiligt. Sie investieren rund 60 Millionen Euro und erhalten zusätzlich Fördermittel von 40 Millionen Euro. Damit treiben sie eine Entwicklung voran, die unter dem Stichwort Industrie 4.0 zurzeit intensiv diskutiert wird. Gemeint ist die nächste, die vierte industrielle Revolution. Ziel: intelligente Produktionssysteme entwickeln OWL ist hier ganz vorn dabei. Dr. Roman Dumitrescu, Geschäftsführer der it s OWL Clustermanagement GmbH: Weltmarkt- und Technologieführer in der Fabrikausrüstung und in der Produktion arbeiten hier eng zusammen mit den Forschungseinrichtungen der Region. Auf der Grundlage eines innovativen Technologiekonzeptes setzen wir 46 Projekte um, in denen konkrete Bausteine für Industrie 4.0 entwickelt werden. Und mit einem neuen Transferkonzept bringen wir diese Lösungen auch in die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dieser Ansatz ist in Deutschland einzigartig. Mit ihren Projekten verfolgen die Unternehmen ein klares Ziel: Sie wollen die Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Industrie stärken und das dauerhaft. Das klingt zunächst abstrakt. Sechs Beispiele zeigen konkret, wie sich globale Marktführer der Automatisierungstechnik aus OWL engagieren. Harting: flexible Automation Gerade im Hochlohnland Deutschland ist die automatisierte Produktion ein Muss. Aber die Nachfrage der Kunden nach individualisierten Produkten in kleinen Mengen steigt. Deshalb brauchen viele Unternehmen eine Automation, die Flexibilität zulässt. Das ist kein Widerspruch. Gemeinsam mit Wissenschaftlern vom CoR-Lab der Universität Bielefeld entwickelt Harting (Espelkamp) im it s OWL- >> Foto: Harting

28 Spitzencluster Automatisierungslösungen von Beckhoff werden auch in der Möbelproduktion eingesetzt, zum Beispiel beim größten deutschen Küchenhersteller Nobilia. Foto: Beckhoff Automation nicht nur Verschleiß erkennen, sondern auch Emissionen reduzieren, ihren Energieverbrauch optimieren und Produktionsfehler vermeiden. Auf diese Weise kann der Anwender Ausschuss und Durchlaufzeiten senken und die Lebensdauer der Werkzeuge sowie die Nachhaltigkeit der Anlagen steigern. Foto: Weidmüller Foto: Wago Eine für alles: Wago entwickelt Komponenten für verschiedene Standards. Hightech-Produktion: Eine selbst optimierende Fertigungsanlage ist das Ziel von Weidmüller. >> Projekt FlexiMon intelligente Automatisierungslösungen für die Montage, mit denen unterschiedliche Produkte hergestellt werden können, ohne dass eine aufwendige manuelle Umstellung erforderlich wird. Dazu werden Verfahren der Mensch-Maschine-Interaktion und des maschinellen Lernens in die Automatisierungstechnik integriert. Erste Ergebnisse sind schon vorzeigbar: Auf der Hannover Messe 2014 stellt Harting drei autonome Fertigungsmodule für die Prozesse Schrauben, Prägen und Prüfen vor, die sich flexibel an die jeweilige Aufgabenstellung anpassen können ohne dass jemand die Steuerung der Module neu programmieren müsste. Zudem werden die Nutzer der Anlage so in die Bedienung eingebunden, dass ihr Wissen und ihre Anforderungen durch maschinelle Lernfunktionen mit berücksichtigt werden können. Beckhoff: auf dem Weg zur intelligenten Maschine Normale Maschinen sind dumm. Sie erkennen nicht, wenn ihre Werkzeuge verschleißen oder wenn Produktionsfehler gemacht werden. Das Projekt, an dem Beckhoff (Verl) gemeinsam mit dem Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn und Partnern aus der Möbelfertigung arbeitet, hat die Entwicklung von schlauen Automationslösungen zum Ziel. Unter dem Stichwort Scientific Automation Platform entstehen Maschinen und Anlagen, die sich kontinuierlich selbst optimieren. Diese Anlagen werden Phoenix Contact: Die Produktion wird anpassungsfähig Maschinen und Anlagen müssen schneller konstruiert, häufiger angepasst und vorausschauend entwickelt werden. Heute können die von den Anwendern gewünschten flexiblen Maschinen nur in dem Umfang an neue Anforderungen angepasst werden, der zum Entwurfszeitpunkt der Maschine festgelegt wurde. Phoenix Contact (Blomberg) arbeitet mit dem Institut für industrielle Informationstechnik (InIT) in Lemgo an intelligenten Komponenten der Automatisierungstechnik, die sich und die Maschine selbst optimieren können. Das heißt ganz einfach gesagt: Die Maschine wird auch Komponenten fertigen können, an die man bei ihrer Entwicklung noch gar nicht gedacht hat. Das erhöht die Flexibilität und senkt auch Kosten, weil die Maschinen und Anlagen nicht zum alten Eisen gehören, wenn ein Produkt nicht mehr hergestellt wird. Wago: universelle Komponenten für alle Standards Automatisierungskomponenten in Maschinen und Anlagen kommunizieren ähnlich wie Computer über Netzwerke. Hier hat sich eine Vielzahl von Standards etabliert, die auf unterschiedliche Anforderungen des Infor- >>

Q-MEDIA: PERFEKTE OPTIK, VERSTECKTE TECHNIK, GEWALTIGER KLANG. MEHR DAZU IN UNSEREM AKTUELLEN KINOSPOT: in Kooperation mit

30 TECHNOLOGIE Künftige Maschinengenerationen werden Produkte fertigen, die bei ihrer Entwicklung noch gar nicht bekannt sind. Daran arbeitet Phoenix Contact gemeinsam mit Partnerfirmen aus OWL. Foto: Phoenix Contact mationsaustauschs ausgerichtet sind. Das erhöht den Entwicklungsaufwand und erschwert oft auch den Umbau oder die Anpassung von Anlagen an neue Anforderungen. Dem ein Ende zu setzen, hat sich Wago (Minden) gemeinsam mit zwei Projektpartnern vorgenommen: dem Anlagenbauer Bison.tec und dem Fraunhofer Institut IOSB-INA in Lemgo. Im Rahmen des Projektes werden intelligente Automatisierungskomponenten entwickelt, die für verschiedene Netzwerkstandards einsetzbar sind und sich selbstständig an die Produktionsbedingungen anpassen. Weidmüller: selbstoptimierende Umformprozesse Wie kann man bei der automatisierten Produktion von kleinen Teilen zum Beispiel von Beschlägen und Scharnieren für die Möbelindustrie eine hohe Qualität und Genauigkeit gewährleisten? Das ist die Aufgabe des Projektes von Weidmüller (Detmold) gemeinsam mit dem CITEC in Bielefeld, der Universität Paderborn und dem Möbelbeschläge-Hersteller Hettich (Kirchlengern) als Anwender. Ziel des Projektes ist die Entwicklung von Umformanlagen, die z.b. beim Stanzen und Biegen Abweichungen im Fertigungsprozess und in den Werkstoffen eigenständig erkennen und sich dann selbst korrigieren. Auf diese Weise werden nicht nur die Produktivität der Maschinen und die Produktqualität verbessert. Der Anwender kann auch die Einricht- und Rüstzeiten minimieren und somit wirtschaftlicher fertigen. Lenze: energieeffiziente Intralogistik made in OWL Der wachsende Internethandel hat unter anderem zur Folge, dass es immer mehr hoch automatisierte Warenlager mit vollautomatischen Lager- und Verteilsystemen gibt. Hier sind Hunderte, oft auch Tausende von Antrieben im Einsatz. Deren Energieverbrauch wird bislang von den Unternehmen kaum betrachtet, obwohl hier großes Optimierungspotenzial besteht. Nicht nur die Betriebskostenrechnung, sondern auch die Umwelt profitiert, wenn Antriebsenergie gespart wird. Ziel des it s OWL-Projekts von Lenze (Aerzen) ist die Entwicklung eines intelligenten Baukastensystems für effiziente Antriebslösungen, das für jeden Prozessschritt im Warenlager die optimale Lösung bereitstellt. Prof. Dr. Holger Borcher- ding, fachlicher Leiter des Bereichs Innovation bei Lenze: Wir investieren in dieses Projekt drei Millionen Euro und arbeiten mit namhaften Herstellern des Maschinenbaus und der Automation sowie mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region zusammen. Damit leisten wir einen Beitrag, um den Technologiestandort OWL mit intelligenten technischen Systemen voranzubringen. Die Welt der Industrieautomation schaut auf OWL Das sind nur sechs von insgesamt 46 Projekten und jedes einzelne wird der automatisierten Produktion neue Impulse geben. Deshalb schauen nicht nur die deutschen Automationsexperten, sondern Spezialisten weltweit auf OstWestfalenLippe. Mit ihrem dichten Besatz an Weltmarktführern der Automatisierungstechnik, leistungsfähigen Maschinenbauern und Produktionsunternehmen sowie Universitäten und Instituten bringt die Region beste Voraussetzungen mit, der nächsten industriellen Revolution wichtige Impulse zu geben. www.its-owl.de Durch intelligente Antriebs- und Steuerungstechnik sorgt das it s OWL-Projekt von Lenze für energieeffiziente Intralogistik. Foto: Lenze