Der Betriebsrat widerspricht der Kündigung gemäß 102 IM BetrVG. Hilfsweise erhebt er Bedenken. Entsprechend Beschluß des Betriebsrates.

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L e i t s a t z. T e n o r. T a t b e s t a n d : GEMEINSAMES KIRCHLICHES ARBEITSGERICHT IN HAMBURG. Urteil vom

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Transkript:

Weiterbeschäftigung in Tendenzbetrieb BetrVG 118, 102 Abs. 5 Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen Tendenzbetrieb und bei dem Arbeitnehmer um einen Tendenzträger, ist der Weiterbeschäftigungsanspruch nach 102 Abs. 5 BetrVG ausgeschlossen. (Leitsatz der Redeaktion) ArbG Gera, Urteil vom 09.01.2006 3 Ga 24/05 Volltextanforderungsnummer FA 4/2006 Nr. 6 Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über den Anspruch des Verfügungsklägers auf Weiterbeschäftigung gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Der Verfügungskläger war bei der Beklagten als Rehabilitationsausbilder zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.599,38 beschäftigt. Mit Schreiben vom 31.08.2005, dem eine Übersicht zur Sozialauswahl beigefügt war, hörte die Verfügungsbeklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung des Verfügungsklägers an. Dieser widersprach der beabsichtigten Kündigung mit einem vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichneten Schreiben vom 07.09.2005. Hierin heißt es auszugsweise: Der Betriebsrat widerspricht der Kündigung gemäß 102 IM BetrVG. Hilfsweise erhebt er Bedenken. Begründung Nach unserer Auffassung sind bei der Durchführung der Sozialauswahl nicht alle vergleichbaren Arbeitnehmer berücksichtigt worden. Herr pp. ist als Rehabilitationsausbilder der kaufmännischen Ausbildung beschäftigt. In jedem Fall müssen pp. in ihre Sozialauswahl einbezogen werden. Entsprechend Beschluß des Betriebsrates. Trotz dieses Widerspruches kündigte die Verfügungsbeklagte das mit dem Verfügungskläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19.09.2005 zum 31.12.2005 wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes. Gegen diese Kündigung hat der Verfügungskläger fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben, die unter dem Geschäftszeichen 3 Ca 1771/05 geführt wird. Der Verfügungskläger hat in dieser Klage auch einen Antrag auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist gestellt. Zusätzlich verlangte er mit außergerichtlichem Schreiben vom 12.10.2005 die vorläufige Weiterbeschäftigung. Dies lehnte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 3110.2005 ab.

Mit Schriftsatz vom 06.12.2005, bei Gericht am 23.12.2005 eingegangen, hat der Verfügungskläger zur Durchsetzung seines Weiterbeschäftigungsanspruches gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt. Der Verfügungskläger ist der Auffassung, ihm stehe dieser Weiterbeschäftigungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte zu. Der Widerspruch des Betriebsrates sei ordnungsgemäß. Der Betriebsrat habe einen Mangel der Sozialauswahl wegen Nichteinbeziehung bestimmter Personen gerügt. Die genannten Arbeitnehmer seien in vergleichbaren Positionen tätig. Die Verfügungsbeklagte habe diese aber aus sachfremden Kriterien - Leistungsträgerschaft, die nicht nachvollziehbar sei - nicht mit dem Verfügungskläger verglichen. Bei ordnungsgemäßer Durchführung der Sozialauswahl hätte einer der genannten Arbeitnehmer gekündigt werden müssen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf einen der Entbindungsgründe im Sinne des 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG berufen. Diese seien nicht gegeben. Im Kammertermin hat der Prozeßbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten das Vorliegen eines Tendenzbetriebes bestritten. Seit 2003 sei es der Beklagten in gewissem Umfang möglich Gewinne zu erzielen. Der Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes bedürfe es nicht. Das nach 935 ZPO erforderliche Sicherheitsinteresse ergebe sich bereits aus der Natur des Weiterbeschäftigungsanspruches. Der Verfügungskläger beantragt, die Verfügungsbeklagte zu verpflichten, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits zwischen den Parteien beim Arbeitsgericht Gera Aktenzeichen 3 Ca 1771/05 zu den Arbeitsbedingungen des Anstellungsvertrages vom 11.04.2002 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 08.05.2002 als Rehabilitationsausbilder weiter zu beschäftigen. Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie meint, der Verfügungskläger könne keine vorläufige Weiterbeschäftigung verlangen. Hierzu verweise sie vollinhaltlich auf die Ausführungen und Glaubhaftmachungen im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht unter dem Aktenzeichen 3 Ga 23/05. Der Widerspruch des Betriebsrates sei nicht ordnungsgemäß. Dem Betriebsrat stehe kein Widerspruchsrecht gemäß 102 Abs. 3 BetrVG,

jedenfalls sei ein Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG durch 118 BetrVG ausgeschlossen. Sie sei ein Tendenzbetrieb. Sie sei ein Berufsförderungswerk, welches von mehreren öffentlichen Körperschaften, insbesondere den Rentenversicherungen getragen werde und ohne Absicht einer Gewinnerzielung der beruflichen Rehabilitation Behinderter diene. Sie sei als gemeinnützige GmbH anerkannt. Der Verfügungskläger sei auch Tendenzträger. Er arbeite als Rehabilitationsausbilder. Er sei als Ausbilder unmittelbar mit der Ausbildung der Rehabilitanden betraut. Für diese Tätigkeiten seien die erzieherischen Bestimmungszwecke der Verfügungsbeklagten prägend. In Betrieben mit dieser Zweckbestimmung seien Lehrkräfte, Ausbilder, Dozenten regelmäßig Tendenzträger, da sie ihre erzieherischen Bestimmungen verwirklichen. Es komme nicht darauf an, dass die Maßnahme tendenzbedingt sei. Aber auch davon sei auszugehen. Sie habe eine tendenzgeschützte Wertung bezüglich der Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer vorgenommen. Der Tendenzschutz erlaube es ihr, auch Vergleichsgruppen zu bilden und Anforderungsprofile festzulegen. Auch sei der Widerspruch des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß. Der Betriebsrat moniere lediglich, daß ihre vorgelagerte Auswahlentscheidung fehlerhaft sei. Dies stellt jedoch keine Rüge der fehlerhaften Sozialauswahl i. S. v. 102 Abs. 3 BetrVG dar. Auch stünden ihr die Entbindungsgründe des 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG zur Seite. Die Kündigungsschutzklage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, die Weiterbeschäftigung sei ihr wirtschaftlich unzumutbar, der Widerspruch des Betriebsrates sei offensichtlich unbegründet. Entscheidungsgründe Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Ein Verfügungsanspruch ist nicht gegeben. Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist. Als Anspruchsgrundlage kommt nur der besondere Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG in Betracht. Nach dieser Vorschrift muß der Arbeitgeber auf Verlangen des

Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen, wenn der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen und der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben hat, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Von diesen Voraussetzungen fehlt ein ordnungsgemäßer Widerspruch i. S. v. 102 Abs. 3 BetrVG. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten scheitert ein Widerspruchsrecht des Betriebsrates nicht bereits an 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Nach dieser Vorschrift finden die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes auf Unternehmen und Betriebe, die überwiegend und unmittelbar politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, für die Artikel 5 Abs. 1 Satz 3 GG gilt, keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebes dem entgegensteht. Dies ist bezüglich des Widerspruchrechtes des Betriebsrates zu verneinen. Zwar ist die Verfügungsbeklagte Tendenzbetrieb i. S. v. 118 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 BetrVG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dienen Berufsförderungswerke sowohl karitativen als auch erzieherischen Bestimmungen (vgl. BAG, Beschluß vom 29.06.1988-7 ABR 15/87 -, Beschluß vom 09.11.1988-1 ABR 17/87 -; BAG EzA 99 BetrVG Nr. 126). Selbst wenn man zugunsten der Verfügungsklägerin von einer Gewinnerzielungsabsicht ausgehen würde, wäre lediglich das Merkmal karitativ" entfallen. Die weitere mögliche Tatbestandsvoraussetzung erzieherische Bestimmung" dürfte gegeben sein. Hierunter ist nämlich eine Tätigkeit zu verstehen, die darauf gerichtet ist, durch planmäßige und methodische Unterweisung in einer Mehrzahl allgemein bildender oder berufsbildender Fächer die Persönlichkeit von Menschen zu formen (vgl. Fabricius/Weber, GK-BetrVG, 118 BetrVG Rdnr. 100). Bei dem Verfügungskläger handelt es sich um einen sogenannten Tendenzträger. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Tendenzträger derjenige Arbeitnehmer, für dessen Tätigkeit die Bestimmungen und Zwecke der in 118 Abs. 1 BetrVG genannten Unternehmen und Betriebe prägend sind (vgl. BAGE 27, 322, 328; 32, 214, 218; 35, 289, 296; 53, 237, 241). Nicht zu den

Tendenzträgern zählen dagegen solche Arbeitnehmer, die keine tendenzbezogenen Aufgaben wahrzunehmen haben. Für die Tätigkeit von Rehabilitationsausbildern sind die karitativen und erzieherischen Bestimmungen und Zwecke des Berufsförderungswerks prägend. Durch die erzieherischen Tätigkeiten nimmt der Verfügungskläger unmittelbar Einfluß auf die Verwirklichung der erzieherischen Zweckbestimmung. Die Anwendung der Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes über Beteiligungsrechte des Betriebsrates ist durch 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur insoweit ausgeschlossen, als die Eigenart des Unternehmens oder Betriebes dem entgegensteht. Durch diese Vorschrift soll die Freiheit des Unternehmers geschützt werden, selbst zu entscheiden, aufweiche Weise er seine Zwecke verfolgen will. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates müssen daher nur soweit zurücktreten, wie durch ihre Ausübung die Freiheit des Unternehmens, in welcher Weise er seine Zwecke seines Unternehmens verwirklichen will, ernsthaft beeinträchtigt werden kann. Die Maßnahme des Tendenzunternehmens gegenüber dem Tendenzträger muß daher nicht eine Tendenz des Unternehmens haben, sondern sich auch die nach dem BetrVG an sich vorgesehene Beteiligung des Betriebsrates auf die Tendenzbewegung auswirken, wenn sie zurücktreten soll (vgl. BAG, Beschluß vom 01.09.1987- ABR 23/86 -). Letzteres ist aber nicht gegeben. Allein die Ausübung des Widerspruchrechtes wirkt sich nicht auf die Tendenzverwirklichung der Verfügungsbeklagten aus. Sie löst lediglich bei Kündigung des Arbeitgebers dessen Pflicht zur Zuleitung einer Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrates an den Arbeitnehmer aus, 102 Abs. 4 BetrVG. Einfluß auf die Tendenzverwirklichung hat dies nicht. Der Widerspruch des Betriebsrates vom 28.09.2005 ist nicht ordnungsgemäß. Ein solcher setzt gemäß 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG in Verbindung mit 102 Abs. 3 BetrVG auf jeden Fall die Wahrnehmung der Schriftform und eine Begründung voraus. Bei der Anforderung an den Inhalt der Begründung muss zweierlei beachtet werden. Zum einen, daß das Widerspruchsrecht des Betriebsrates gemäß 102 Abs. 3 BetrVG an ganz bestimmte Gründe gebunden ist, zum anderen, daß der Arbeitgeber gemäß 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG generell nur durch eine einstweilige Verfügung von der gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG begründeten Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbunden werden kann, und daß eine solche Entbindung voraussetzt, daß der Widerspruch des Betriebsrates offensichtlich unbegründet war. Ein Widerspruch ist schon dann ausreichend begründet im Sinne von 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und insofern ordnungsgemäß im Sinne von 102 Abs. 5 Satz 1

BetrVG, wenn dieser Widerspruch es als möglich erscheinen läßt, dass einer der in 102 Abs. 3 BetrVG abschließend genannten Widerspruchsgründe geltend gemacht wird. Dies ist hier nicht der Fall. Zum einen weist der Betriebsrat zwar auf die Vergleichbarkeit des Verfügungsklägers mit namentlich genannten Arbeitnehmern hin. Rügt aber nicht, welche sozialen Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. Selbst wenn man zugunsten des Verfügungsklägers unterstellt, es sei ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrates gegeben, ist der vorläufige Weiterbeschäftigungsanspruch der Verfügungsklägerin trotz Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen des 102 Abs. 5 Satz 1 des BetrVG ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten entfällt dieser nicht durch die Berufung auf die Gründe zur Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht gemäß 102 Abs. 5 Satz 2 Ziff. 1 bis 3 BetrVG. Das Vorliegen dieser Gründe kann die Verfügungsbeklagte nur im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht nach 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG geltend machen, nicht aber die Einredeweise dem besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG entgegen halten. Das dementsprechende Bestreiten des Vorliegens dieser Gründe durch den Verfügungskläger ist im vorliegenden Fall unerheblich. Dem Anspruch des Verfügungsklägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung stünde aber 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG entgegen. Wie bereits oben festgestellt ist die Verfügungsbeklagte ein Tendenzbetrieb, der Verfügungskläger Tendenzträger. Nach einem Teil der Rechtsprechung und Literatur ist ein Weiterbeschäftigungsanspruch, unabhängig vom konkreten Kündigungsgrund ausgeschlossen (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 17.07.1974, EzA 102 BetrVG Beschäftigungspflicht Nr 2; LAG München, ARST 1981, S. 116 f. GK - Fabricius, 7. Auflage 2002, 118 BetrVG Rdnr. 211; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Auflage 2002, 118 BetrVG, Richardi/Thüsing, BetrVG, 118 Rz 166). Dem schließt sich die Kammer an. Ob es der Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes bedurfte, konnte dahinstehen. Die Kammer merkt an, daß dies in Rechtsprechung und Literatur streitig ist (vgl. zusammenfassend KR- Etzel, 7. Auflage 2004, 102 BetrVG Rdnr. 222). Die Kammer geht

davon aus, daß weil 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG - Gegensatz zu 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG - keine spezielle Regelung vorhanden ist, die auf die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes verzichtet, und keine Identität zwischen dem Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens und der einstweiligen Verfügung besteht, auch bei einer einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung gemäß 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ein derartiger Verfügungsgrund gegeben sein muß. Die Kostenentscheidung folgt aus 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO; die gemäß 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil vorzunehmende Streitwertfestsetzung beruht auf 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO.