Ansprache von Regierungsrätin Dr. Aurelia Frick anlässlich der Buchpräsentation der Historikerkommission Dienstag, 17. Dezember, Aula 10. Schuljahr, Schulgebäude Giessen, Vaduz
Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrte Damen und Herren Kurze Vorgeschichte Vor etwas mehr als 4 Jahren, am 8. September 2009, weilte ich zu Besuch bei meinem tschechischen Amtskollegen Jan Kohout in Prag, um für die Beziehungen unserer beiden Länder völlig neue Vereinbarungen zu unterzeichnen. Nach Jahrzehnten, in welchem unsere bilateralen Beziehungen angesichts der ungelösten Fragen insbesondere im Zusammenhang mit den Beneš Dekreten kaum über den Status von einigen Höflichkeitsgesten hinausgekommen waren, taten sich die Tore auf für eine Zusammenarbeit auf verschiedensten Ebenen. In einer gemeinsamen Erklärung hatten wir uns auf die Aufnahme gegenseitiger diplomatischer Beziehungen geeinigt, und in einem Memorandum of Understanding sicherten wir uns konkrete Schritte der künftigen Zusammenarbeit auf bilateraler und internationaler Ebene zu. Zu diesen konkreten Schritten gehörte insbesondere die Errichtung einer gemeinsamen Historikerkommission, wie dies konkret im Memorandum of Understanding vom 7. April 2010 geschehen ist. Warum war es zu all diesen Schritten gekommen? Beide Seiten waren zur Auffassung gekommen, dass angesichts der Entwicklungen in Europa und auch in der Welt es an der Zeit war, die Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten zu normalisieren. Für die Tschechische Seite war Liechtenstein das einzige Land in Europa, mit dem noch keine diplomatischen Beziehungen bestanden. Die feierliche Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung und des Memorandums bedeute aber nicht, dass eine Einigung zu allen Fragen, insbesondere bei den unterschiedlichen Positionen zu bestimmten Perioden der gemeinsamen Geschichte des 20. Jahrhunderts, gefunden werden müssten. Ich meinerseits dankte damals allen, die zum Zustandekommen der vorbereiteten Lösungsmodelle beigetragen hatten, und unterstrich den Wandel der Zeiten insbesondere seit dem Fall der 2
Berliner Mauer, welcher auch eine Annäherung zwischen den beiden Ländern erleichtert habe. Offene Fragen und alte Wunden seien dem bisher im Wege gestanden. Es sei wichtig, zur Kenntnis zu nehmen, dass Liechtenstein die vermögensrechtlichen Ansprüche liechtensteinischer Staatsangehöriger weiter aufrechterhalte. Ich bezeichnete aber den 9. September 2009 als einen wichtigen Schritt, um neue Wege zu beschreiten, Vertrauen aufzubauen und miteinander enger zu kooperieren. Wir hatten mit diesem Vorgehen in Prag und anschliessend in Vaduz den Grundstein dafür gelegt, um die Beziehungen unserer beiden Länder zu vertiefen und einen partnerschaftlichen Dialog zu beginnen. Als nächster konkreter Schritt sollten bilaterale Verhandlungen für ein OECD konformes Doppelbesteuerungsabkommen aufgenommen werden, und ich freue mich darüber, dass die entsprechenden Verhandlungen nunmehr im Gange sind. Auch auf dem Gebiet der Kultur, der Bildung und des Tourismus sollen verschiedene gemeinsame Initiativen den Austausch und die Kooperation zwischen den Ländern verstärken, vor dem Hintergrund, dass Liechtenstein und die Tschechische Republik ein gemeinsames europäisches Erbe und die jahrhundertealte Geschichte des Hauses Liechtenstein in den Ländern Böhmen, Mähren und Schlesien verbinden. Akkreditierungen All dies ist eingebettet in die gegenseitige Akkreditierung von Botschaftern, welche uns die bilaterale Zusammenarbeit wesentlich erleichtert. Gemäss bilateralem Einvernehmen wurde der in der Schweiz akkreditierte tschechische Botschafter am 13. Januar 2011 auch in Liechtenstein akkreditiert. Erster tschechischer Botschafter mit Sitz in Bern wurde Boris Lazar. Die Akkreditierung der liechtensteinischen Botschafterin, Prinzessin Maria Pia Kothbauer, als nicht residierende Botschafterin Liechtensteins in Prag mit Sitz in Wien erfolgte am 11. April 2011. Ichmöchte hier die Gelegenheit benützen, um insbesondere I.D. Prinzessin Maria Pia Kothbauer einen besonderen Dank auszusprechen. Sie ist nicht nur massgeblich beteiligt an der zwischen 3
zeitlich in Gang gekommenen Intensivierung der bilateralen Zusammenarbeit, sondern ich sie sicher auch als eine der Hauptverantwortlichen für das Zustandekommen der im Jahr 2009 getroffenen Vereinbarungen bezeichnen. Die Liechtensteinisch Tschechische Historikerkommission Doch nun noch einige Bemerkungen zur gemeinsamen Historikerkommission. Das am 7. April 2010 in Vaduz unterzeichnete Memorandum of Understanding sah ein doppeltes Mandat für die Kommission vor, nämlich sich mit der gemeinsamen Geschichte sowie mit dem Verhältnis der beiden Länder im 20. Jahrhundert zu befassen und so einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis und damit zu einer guten Partnerschaft und zu freundschaftlichen Beziehungen zu leisten. Die Historikerkommission war in den vergangenen Jahren unter der Leitung der beiden Co Vorsitzenden Dr. Peter Geiger und Dr. Tomáš Knoz sehr aktiv. Eine Reihe von wissenschaftlichen Tagungen diente der Bearbeitung und Darstellung einzelner Forschungsthemen, die bereits in drei Tagungsbänden ihren Niederschlag gefunden haben und in einem vierten Band noch ihre Fortsetzung finden werden. Der heutige Abend Heute sind wir nun in der glücklichen Lage, dass uns drei umfangreiche Bände mit je zwei Forschungsarbeiten zu für das Mandat der Historikerkommission relevanten Themen vorgestellt werden, und ich freue mich darüber, dass daran beteiligte Autoren aus Liechtenstein und der Schweiz kurz über die Ergebnisse ihrer Arbeiten berichten. Ich bin gespannt auf ihre Ausführungen, insbesondere aber auf die Lektüre der umfangreichen Texte. Was uns noch fehlt, sind der Synthesebericht und die Schlussempfehlungen der Historikerkommission, auf die wir mit besonders grossem Interesse warten. Sie werden auch die Basis dafür sein, dass ich mich zu gegebener Zeit mit meinem tschechischen Amtskollegen in Prag treffe, um aus der Sicht der beiden Aussenministerien weitere Schlussfolgerungen zu ziehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, [[Durchlauchten]] sehr geehrte Damen und Herren, einen interessanten Abend, und den Autorinnen und Autoren eine gute Aufnahme ihrer aufschlussreichen Arbeiten. 4
Allen Mitgliedern der Liechtensteinisch Tschechischen Historikerkommission mit den beiden Co Vorsitzenden Dr. Peter Geiger und Dr. Tomáš Knoz danke ich für ihr Engagement und ihren grossartigen Einsatz für unsere gemeinsame Sache. 5