Leitfaden autoreduziertes und freies Wohnen

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Transkript:

Leitfaden autoreduziertes und freies Wohnen 62 der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) Baden, 23. Juli 2014

Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines... 3 2 Wozu dient der Leitfaden Autoreduziertes und freies Wohnen?... 3 3 Rechtlicher Rahmen... 3 3.1 Kanton Aargau... 3 3.2 Stadt Baden... 3 4 Verfahren... 4 5 Bewilligungsvoraussetzungen nach 62 Abs. 2 BNO... 4 5.1 62 Abs. 1 Alinea 1 BNO Mobilitätskonzept... 4 5.1.1 Ziel... 4 5.1.2 Erschliessungssituation des Bauvorhabens... 4 5.1.3 Massnahmen... 5 5.1.4 Massnahmen bei wiederholten Abweichungen der Vorgaben des Mobilitätskonzepts... 6 5.2 62 Abs. 2 Alinea 2 BNO - Controlling... 7 5.3 62 Abs. 3 Alinea 3 BNO - Rechtliche Sicherstellung... 7 5.3.1 Anmerkung im Grundbuch... 7 5.3.2 Weitere notwendige rechtliche Sicherstellungen... 8 6 Abweichung von den Vorgaben des Mobilitätskonzepts und die Sanktionen nach 62 Abs. 3 BNO... 10 7 Anhang... 11 7.1 Kontaktadresse... 11 7.2 Beispiele Siedlungen... 11 7.3 Weiterführende Information... 11 7.4 Literaturliste... 11 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 2 von 11

1 Allgemeines Autoreduziertes und autofreies Wohnen wendet sich an eine Bewohnerschaft, die ihre Mobilitätsbedürfnisse in erster Linie mit dem öffentlichen Verkehr abdeckt, daneben aber auch zu Fuss geht oder Velo und Carsharing nutzt. Mit geeigneten Massnahmen soll die wohnungsbezogene Mobilität durch die Bauherrschaft so gelenkt werden, dass Fahrten mit dem motorisierten Individualverkehr reduziert werden. Für das autoreduzierte und autofreie Wohnen werden dabei Rahmenbedingungen und Anreize geschaffen, um freiwillig auf ein eigenes Auto zu verzichten. In mittelgrossen Städten wie Baden wird der Anteil der Haushalte ohne eigenes Auto auf ca. 30 % geschätzt. In Städten wie Zürich oder Basel liegt dieser Anteil bei 40 % - 50 %, im ländlichen Raum wesentlich tiefer. Erfahrungsgemäss steigt der Anteil der Haushalte ohne eigene Motorfahrzeuge mit zunehmender Zentrumsnähe. Begründen lässt sich dies einerseits mit der besseren Versorgung durch öffentliche Verkehrsmittel, andererseits mit bestehenden Verkehrsüberlastungen und Staus sowie dem knappen und somit teuren Parkfelderangebot. Das Parkfelderangebot wird gesetzlich geregelt. Von der allgemeinen Erstellungspflicht der Parkfelder kann abgewichen werden, wenn dies die Nutzungsplanung vorsieht. Die Bau- und Nutzungsordnung der Stadt Baden BNO ermöglicht in 62 BNO unter gewissen Voraussetzungen, eine reduzierte Anzahl oder gar keine Parkfelder für Bauvorhaben für Wohnnutzungen zu realisieren. 2 Wozu dient der Leitfaden Autoreduziertes und freies Wohnen? Der Leitfaden Autoreduziertes und -freies Wohnen erläutert, wie die in 62 Abs. 2 BNO definierten Voraussetzungen für eine Baubewilligung für Bauvorhaben mit autoreduziertem oder autofreiem Wohnen erfüllt werden können. 3 Rechtlicher Rahmen 3.1 Kanton Aargau Die Anzahl der zu erstellenden Parkfelder bei einem Bauprojekt wird in den 55 ff. des kantonalen Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen (Baugesetz, BauG; SAR 713.100) gesetzlich festgelegt. 43 der Bauverordnung (BauV; SAR 713.121) hält u.a. fest, dass für die Festlegung der Anzahl Parkfelder für Wohnnutzungen das vereinfachte Verfahren der VSS-Norm SN 640 281 anzuwenden ist. 3.2 Stadt Baden Die BNO der Stadt Baden regelt zusätzlich zu den kantonalen Vorschriften die Begrenzung, Bewirtschaftung und Anordnung von Parkfeldern ( 61) für die Stadt Baden im Speziellen sowie das autoreduzierte und freie Wohnen ( 62), Abstellplätze für leichte Zweiräder und andere Gefährte ( 63) sowie die Ersatzabgaben ( 64). In den Anhängen IV und V BNO werden die Berechnungsmethoden und die Standorttypen geregelt. 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 3 von 11

4 Verfahren Grundsätzlich kann ein Baugesuch inkl. dem Antrag auf autoreduziertes oder autofreies Wohnen ohne vorherigen Kontakt mit der Behörde eingereicht werden. Wir empfehlen aber, im Vorfeld zum Baugesuch das Ziel und die Massnahmen des Mobilitätskonzepts, das vorgesehene Controlling sowie das Vorgehen bei wiederholten Abweichungen von den Vorgaben des Mobilitätskonzepts der Abteilung Planung und Bau der Stadt Baden zur Vorprüfung einzureichen. Die definitive Prüfung und die Erteilung der Bewilligung erfolgen im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens. Für die Erarbeitung eines Mobilitätskonzepts von grösserem Umfang wird empfohlen, Fachexperten (Verkehrsplaner, Notare) beizuziehen. Ein Mobilitätskonzept ist auf das jeweilige Bauprojekt auszurichten. Es gibt keine Vorgaben über Form und Umfang, jedoch sind die folgenden Kriterien zu erfüllen. 5 Bewilligungsvoraussetzungen nach 62 Abs. 2 BNO Die Bauherrschaft hat ein Mobilitätskonzept zu erarbeiten, welches die Ziele für die Reduktion des motorisierten Verkehrs und die dazugehörigen Massnahmen, das Vorgehen bei Abweichungen von den Vorgaben des Mobilitätskonzepts, das Controlling und die rechtliche Sicherstellung enthält. 5.1 62 Abs. 1 Alinea 1 BNO Mobilitätskonzept Mit einem auf die spezielle Situation des Bauvorhabens und dessen Bewohnerschaft abgestimmten Mobilitätskonzept wird aufgezeigt, wie die Mobilitätsbedürfnisse auch ohne eigenes Auto zufriedenstellend und umweltschonend abgedeckt werden können. 5.1.1 Ziel Im Mobilitätskonzept ist festzuhalten, welches Ziel zur dauerhaften Reduktion des motorisierten Individualverkehrs (MIV) erreicht werden soll. Vorgegeben durch die BNO ist, dass über die Anzahl Parkfelder auch die Anzahl Autos pro Haushalt gesteuert werden. Das Ziel zur Reduktion des MIV muss deshalb innerhalb der in Anhang V BNO vorgegebenen Reduktionsfaktoren abhängig des Standorttyps liegen. 5.1.2 Erschliessungssituation des Bauvorhabens Die Anbindung an den ÖV spielt für die Mobilitätsgestaltung eine bedeutende Rolle. Je besser das Bauvorhaben an den öffentlichen Verkehr angebunden ist, desto weniger ist ein eigenes Auto notwendig. Ebenso ist eine gute Anbindung der Liegenschaft an das Fuss- und Velowegnetz des Quartiers eine Voraussetzung für einen hohen Anteil am Fuss- und Veloverkehr. Einen wichtigen Beitrag zur Erschliessung leisten auch im Einzugsbereich des Projektes liegende Standorte des Carsharings. Für autoreduzierte und autofreie Haushalte ist 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 4 von 11

zudem die Nähe zu Versorgungs-, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie Naherholungsgebieten wichtig. Im Mobilitätskonzept ist daher die Erschliessungssituation und das Umfeld hinsichtlich entsprechender Versorgung des Bauvorhabens zu beschreiben. 5.1.3 Massnahmen Es ist aufzuzeigen, mit welchen Massnahmen das gesteckte Ziel erreicht werden soll. Die Wahl der Massnahmen soll sich einerseits an der Erschliessungssituation insbesondere betreffend ÖV, Velo- und Fusswegnetz und am Umfeld des Bauvorhabens, andererseits aber auch am Mass der Unterschreitung des Regelbedarfs ausrichten. Ebenfalls ist das Vorgehen aufzuzeigen, welches zum Greifen kommt, wenn die Massnahmen nicht zur Erreichung des gesteckten Ziels führen. Dies können weitere oder verschärfte Massnahmen sein, welche umgesetzt werden. In der folgenden Tabelle 1 werden Beispiele von Massnahmen angeführt. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Tabelle 1: Beispiele Massnahmen ÖV Carsharing Motorisierter Individualverkehr (MIV) Velo Mobilitäts- Informationen - Haushalte, die kein Auto besitzen, erhalten einmalig oder wiederkehrend vom Vermieter Gutscheine (z.b. Railchecks der SBB) für den öffentlichen Verkehr. - Durch das Bereitstellen eines Carsharing-Angebotes wird die Notwendigkeit für den Besitz eines eigenen Fahrzeugs verringert. Mobility bietet Carsharing-Lösungen für Wohnüberbauungen an. Die Mobility- Fahrzeuge stehen in der Siedlung oder in deren Nähe zur Verfügung. - Bei autoreduziertem Wohnen dürfen nicht mehr Wohnungen an autobesitzende Bewohnerinnen und Bewohner vergeben werden, als Parkfelder für die Bewohnerschaft vorhanden sind. - Um beim autoreduzierten Wohnen die verbleibenden Parkfelder zu bewirtschaften, werden Zuteilungsregeln festgelegt. - Die Bewohner und Bewohnerinnen unterzeichnen (z.b. als Zusatz zum Mietvertrag) eine Verzichtserklärung, in der sie sich verpflichten, keine Personenwagen auf ihre Namen zu immatrikulieren und auch keine auf andere Personen oder Firmen immatrikulierten Personenwagen regelmässig im Umfeld der Wohnung zu parkieren. Wenn die Vereinbarung nicht eingehalten wird, wird der Mietvertrag gekündigt. - Die Anzahl der Veloparkfelder soll mindestens der aktuellen VSS-Norm entsprechen. - Lage und Qualität der Abstellanlagen entsprechen hohen Ansprüchen (gedeckt, beleuchtet, diebstahlsicher). - Es werden gemeinschaftlich nutzbare Veloanhänger, Lastenvelos o.ä. angeboten. - Es werden Ladestationen für E-Bikes angeboten. - Der Bewohnerschaft steht eine Pumpstation oder eine Velowerkstatt zur Verfügung. - Die Verwaltung stellt der Bewohnerschaft spezifische Mobilitätsinformationen mit einer Mobilitätsmappe und/oder online mit einer Website zur 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 5 von 11

Ergänzende Dienstleistungen Verfügung. Diese enthält nicht nur allgemein bekannte Informationen wie das ÖV-Angebot am Wohnort, sondern auch weiterführende Informationen zu lokalen Velo-Services, Lieferdiensten, Grundlageninfos zu Carsharing, etc. - Es wird ein Hauslieferdienst oder eine Zusammenarbeit mit eimem entsprechenden Partner angeboten. - Es wird eine Empfangsstelle für Hauslieferungen angeboten (z.b. in Form von Schliessfächern mit ggf. gekühlten Fächern. 5.1.4 Massnahmen bei wiederholten Abweichungen der Vorgaben des Mobilitätskonzepts Wird ein Bauvorhaben nach den Vorgaben für autoreduziertes oder autofreies Wohnen realisiert, werden wenig oder gar keine Parkfelder erstellt. Zum Zeitpunkt des Bezugs entspricht diese Anzahl den Bedürfnissen der Bewohner und Bewohnerinnen. Im Laufe der Zeit kann sich dies ändern und es ist möglich, dass die Vorgaben des Mobilitätskonzepts auch mit zusätzlichen Massnahmen nicht mehr eingehalten werden können. Für diesen Fall verlangt der Gesetzgeber Massnahmen, mit welchen die grundsätzlich erforderlichen Pflichtparkfelder gemäss Anhang IV zur BNO nachträglich erstellt, anderweitig ausgewiesen oder abgegolten werden können. Die folgenden Ausführungen sind Beispiele und die Aufzählung ist nicht abschliessend. Vorhaltefläche bzw. baurechtliche Sicherung von Parkfeldern auf Nachbargrundstücken Vorhaltefläche sind Flächen, die für die spätere Erstellung von Parkfeldern reserviert werden. Die BNO verlangt eine solche Ausscheidung nicht ausdrücklich. Auf den Bauplänen soll aufgezeigt werden, an welcher Stelle auf der Parzelle in Zukunft die erforderliche Anzahl Parkfelder oberirdisch oder unterirdisch realisiert werden könnte. Für Vorhalteflächen auf dem eigenen Grundstück kann die Freihaltung der notwendigen Flächen durch eine Bauverbotsdienstbarkeit nachgewiesen werden. Denkbar ist, dass die Parkfeldpflicht nicht auf dem eigenen Grundstück erfüllt wird, sondern auf einer anderen Parzelle. Die Vorhalteflächen bzw. baurechtlich freie Parkfelder können sich auch auf dem Nachbarsgrundstück befinden oder in benachbarten Garagen reserviert werden. Auch diese Lösung ist rechtlich und finanziell abzusichern. Für Flächen auf Nachbarsgrundstücken oder Parkfelder in Nachbargaragen kann ein Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen und im Grundbuch eingetragen werden. Ersatzabgaben Wer weniger Parkfelder erstellt, als gemäss der Bauverordnung erforderlich sind, hat der Stadt eine Ersatzabgabe zu entrichten ( 58 Abs. 1 BauV). Nach 64 Abs. 2 BNO entfällt das Bezahlen einer Ersatzabgabe für nicht erstellte Parkfelder im Falle des autoreduzierten oder freien Wohnens. Diese Pflicht kann aber wieder aufleben, wenn das autoreduzierte oder freie Wohnen scheitert, jedoch keine Parkfelder erstellt oder anderweitig ausgewiesen werden können. Da die Stadt nicht daran interessiert ist, Parkfelder für mehr Personenwagen auf öffentlichen Strassen und Plätzen anzubieten, ist das Bezahlen einer Ersatzabgabe als ultima ratio zu betrachten. Allenfalls erforderliche Parkfelder sind wenn immer möglich auf 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 6 von 11

der eigenen oder einer benachbarten Parzelle zu erstellen oder grundbuchlich zu sichern (siehe oben Titel Vorhaltefläche ). 5.2 62 Abs. 2 Alinea 2 BNO - Controlling Es ist Aufgabe der Bauherrschaft nachzuweisen und der Baubewilligungsbehörde mitzuteilen, dass die Autoreduktion oder die Autofreiheit eingehalten wird. Sinn und Zweck dieses Nachweises ist, dass die Bewohnerschaft der Überbauung auch zukünftig keinen zusätzlichen Parkfelderbedarf verursacht und die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs beibehalten wird. Um den Nachweis erbringen zu können, dass die Ziele des Mobilitätskonzepts gemäss 62 Abs. 2 Alinea 1 BNO eingehalten werden, ist ein periodisches Controlling festzulegen ( 62 Abs. 2 Alinea 2 BNO). Zum Controlling gehört insbesondere, dass die Periodizität und die zu liefernden Daten festgelegt werden. Die zu messenden Kriterien sind in Abhängigkeit von den gewählten Massnahmen festzulegen. In den meisten Fällen werden der Autobesitz der Bewohnerschaft, die Vermietungssituation der bestehenden Parkfelder sowie die Nutzung von angebotenen Massnahmen ausgewiesen. Tabelle 2 listet exemplarisch mögliche Vorgehensweisen beim Controlling auf. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Tabelle 2: Beispiele Controlling Periodisch werden sämtliche Bewohner und Bewohnerinnen bezüglich der Anzahl Autos pro Haushalt befragt. Einholung von Auskünften zum Fahrzeugbesitz beim Strassenverkehrsamt. Damit beim Strassenverkehrsamt Auskünfte bezüglich Halten von Autos eingeholt werden können, muss die kontrollierende Instanz (Genossenschaft, Verwaltung) im Mietvertrag durch die Mieterinnen und Mieter entsprechend bevollmächtigt werden. Periodische Bestätigung der Autoverzichtserklärung. 5.3 62 Abs. 3 Alinea 3 BNO - Rechtliche Sicherstellung Das Mobilitätskonzept mit dem dazugehörigen Controlling ist durch entsprechende öffentlichrechtliche, aber auch privatrechtliche Verträge und Eintragungen im Grundbuch rechtlich sicherzustellen ( 62 Abs. 2 Alinea 3 BNO). Die Eintragungen im Grundbuch sind nach Rechtskraft der Baubewilligung, jedoch vor Baubeginn zu veranlassen. 5.3.1 Anmerkung im Grundbuch Mit der Baubewilligung wird gestützt auf das Mobilitätskonzept verfügt, welche Anzahl Parkfelder erstellt werden dürfen, wie das Controlling abläuft und welche Massnahmen bei Nichteinhalten des Mobilitätskonzepts getroffen werden. Mit der Rechtskraft der Baubewilligung wird der Grundstückeigentümer zur Einhaltung dieser Auflagen verpflichtet. Diese Auflagen werden im Grundbuch als öffentlich rechtliche Eigentumsbeschränkungen angemerkt 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 7 von 11

und haben somit den Vorteil, dass sie auch zukünftigen Grundstückeigentümer ohne Weiteres bekannt sind. Bei komplexen Bauvorhaben mag es sinnvoll sein, eine spezielle Vereinbarung aufzusetzen und im Grundbuch anmerken zu lassen. Ebenfalls sind Dienstbarkeitsverträge denkbar. 5.3.2 Weitere notwendige rechtliche Sicherstellungen In den Fällen, in denen der Grundstückeigentümer nicht gleichzeitig die Bewohnerschaft ist, sind folgende Ausführungen zu beachten: Grundsätzlich muss die Bewohnerschaft in Kenntnis gesetzt werden, dass für die Wohnung, welche sie kaufen oder mieten, Bestimmungen zum autoreduzierten oder autofreien Wohnen gelten. Die Regeln müssen bekannt sein, dazu gehört auch die Regelung allfälliger Ausnahmen. Die Bewohnerschaft muss wissen, was als Verstoss gegen die Regeln gilt und welche Konsequenzen die Nichteinhaltung der Regeln hat. Auch muss kommuniziert werden, wie die Einhaltung der Regeln kontrolliert wird. Die rechtliche Sicherstellung der Regeln ist abhängig von der rechtlichen Aufstellung der Bewohnerschaft. Bei der Bewohnerschaft kann es sich um Mieter, Genossenschaften oder Stockwerkeigentümergemeinschaften handeln. Je nach Konstellation stehen andere sinnvolle rechtliche Instrumente zur Verfügung. Im Folgenden werden Beispiele für diese Kategorien aufgezeigt sowie auf bestehende Beispiele aus anderen Gemeinden hingewiesen. Die Kategorien und Möglichkeiten sind als Beispiele zu verstehen und sind nicht abschliessend aufgezählt. Mietwohnungen Der Inhalt eines Mietvertrags kann im Rahmen der zwingend vorgeschriebenen Bestimmungen des Mietrechtes, welche im Schweizerischen Obligationenrecht enthalten sind, frei vereinbart werden. Die Mieter verpflichten sich im Mietvertrag, kein Auto anzuschaffen und dafür zu sorgen, dass auch die weiteren in der Wohnung lebenden Personen oder Untermieter kein Auto anschaffen. Ein Verstoss gegen eine solche Vereinbarung kann zu einer Kündigung des Mietvertrages führen. Damit besteht im Mietverhältnis eine geeignete Form die Autoreduktion oder Autofreiheit durchzusetzen. Genossenschaftssiedlungen Genossenschaften haben die Möglichkeit mit ihren Bewohnerinnen und Bewohnern der Genossenschaftssiedlung spezielle Vereinbarungen zu treffen. Die Autoreduktion oder Autofreiheit in einer Genossenschaft kann in den Statuten und/oder in einem Reglement festgehalten werden. Erhalten die Statuten Bestimmungen zum autoreduzierten oder autofreien Wohnen, sind diese auch im Vermietungsreglement zu präzisieren. Das Vermietungsreglement regelt, dass ein Mietvertrag nur unter gewissen Bedingungen abgeschlossen werden darf. Dazu gehört eine rechtsgültige unterzeichnete Erklärung, während der Mietdauer weder Eigentümer oder Eigentümerin eines Autos zu sein noch ein Auto zu besitzen. Vorbehalten bleiben eine Mobility-Mitgliedschaft oder eine Ausnahmebewilligung. Details dazu werden ebenfalls im Reglement erläutert. 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 8 von 11

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Stockwerkeigentum Werden Wohnungen im Stockwerkeigentum verkauft, gelten besondere rechtliche Rahmenbedingungen. Die Autoreduktion und Autofreiheit muss in diesem Fall vom Verkäufer, der die Baubewilligung einzuhalten hat, auf den Käufer und die Nachkäufer übertragen werden. Dazu dienen der Kaufvertrag, das Stockwerkeigentümerreglement und der Grundbucheintrag. Im Kaufvertrag muss auf alle relevanten Verpflichtungen des Käufers bezüglich der Autoreduktion oder Autofreiheit hingewiesen werden, beispielsweise die Baubewilligung oder eine Vereinbarung mit der Stadt. Jede Stockwerkeigentümereigenschaft verfügt über ein Reglement. In einer autoreduzierten / autofreien Siedlung mit Stockwerkeigentum muss im Reglement die Autoreduktion / Autofreiheit verankert werden. Weiter enthält das Reglement die Sanktionsregeln : Ein wiederholter Verstoss gegen den Vertrag mit der Gemeinde, insbesondere das Verbot im Umfeld der Siedlung ein Auto zu parkieren, gilt als wichtiger Grund für den Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Ist dieser Ausschluss rechtskräftig und der Eigentümer verweigert den Verkauf seiner Wohnung, so hat die Stockwerkeigentümergemeinschaft das Recht zum Zwangsverkauf der Wohnung. Dieses Verfahren, das auch im Reglement definiert werden muss, funktioniert analog zu anderen Verstössen gegen das Reglement. 6 Abweichung von den Vorgaben des Mobilitätskonzepts und die Sanktionen nach 62 Abs. 3 BNO Im Mobilitätskonzept ist das Vorgehen bei Abweichungen von dessen Vorgaben festzuhalten (s. o. Ziff. 5.1.4). Bei wiederholten Abweichungen ist die Differenz zwischen den bereits erstellten Parkfeldern und dem minimalen Pflichtfelder-Angebot gemäss Anhang IV BNO zu realisieren oder die entsprechenden Ersatzabgaben zu leisten ( 62 Abs. 3). Über die Auslösung dieser Rückfallebene entscheidet der Stadtrat. Der Stadtrat entscheidet im Einzelfall und berücksichtigt folgende Kriterien: Tabelle 3: Kriterien bei Abweichungen vom Mobilitätskonzept Anzahl Abweichungen des Mobilitätskonzepts Prozentuale Abweichung des gesteckten Ziels zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs Die Erschliessungsstrassen (Ausmasse) Die Kapazität der Erschliessungsstrassen (Verkehrsaufkommen) Weitere für den Einzelfall entscheidende Kriterien 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 10 von 11

7 Anhang 7.1 Kontaktadresse Stadt Baden, Planung und Bau Roter Turm Rathausgasse 5 CH-5401 Baden Telefon +41 56 200 82 70 planung.bau@baden.ag.ch 7.2 Beispiele Siedlungen 1 - Siedlung Burgunder in Bern-Bümpliz, www.npg.ag.ch - Siedlung Stöckacker in Bern-Bümpliz, www.stoeckackersued.ch - Genossenschaft FAB-A in Biel, www.fab-a.ch - Siedlung Ried Ost in Köniz, www.koeniz.ch - Wohnbaugenossenschaft Oberfeld in Ostermundigen, www.wohnen-im-oberfeld.ch - Mehrgenerationenhaus in Winterthur, www.mehrgenerationenhaus.ch - Siedlung Kalkbreite in Zürich, www.kalkbreite.net - Siedlung Kraftwerk 1, www.kraftwerk1.ch - Siedlung Sihlbogen in Zürich, www.sihlbogen.ch - Baugenossenschaft mehr als wohnen in Zürich, www.mehralswohnen.ch 7.3 Weiterführende Information - Aargaumobil, www.aargaumobil.ch - Badenmobil, www.badenmobil.ch - Fussverkehr Schweiz, www.fussverkehr.ch - MIWO Mobilitätsmanagement in Wohnsiedlungen, www.wohnenplusmobilitaet.ch - mobility@home, www.mobility.ch/athome/ - VCS Bern, www.vcs-rgbern.ch/autofreies-wohnen/ - Autofrei leben, VCS Verkehrsclub der Schweiz, www.verkehrsclub.ch/unserethemen/autofrei-leben/ 7.4 Literaturliste - Marktstudie für nachhaltiges Wohnen im Raum Bern, Bericht, Stadt Bern, Juni 2007 - Verkehrssparen in Siedlung und Quartier, Wohnungsbezogene Mobilität in der 2000-Watt- Gesellschaft, Bericht, Fussverkehr Schweiz, Januar 2012 1 Internetadressen letztmals überprüft am 28. Mai 2014 20140723_leitfaden_ 62.docx Seite 11 von 11