USA, Brasilien und Schweiz: Ähnliches Wertefundament, unterschiedliche Konsummodi



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Transkript:

USA, Brasilien und Schweiz: Ähnliches Wertefundament, unterschiedliche Konsummodi Credit Suisse Jugendbarometer USA: "Amerikanisches Träumen" trotz Zukunftsskepsis BRA: Selbstverwirklichung, Integrität und Status Drittes Credit Suisse Jugendbarometer im Auftrag des bulletin der Credit Suisse, 2012

Inhaltsverzeichnis 1. WICHTIGSTES IN KÜRZE... 3 1.1. Zielsetzung und Methode... 3 1.2. Zukunft und Lebensentwürfe... 3 1.3. Spezialthema 2012: Zukunft, Beruf, Bildung... 5 1.4. Medien und Kommunikation... 7 Grafik 7... 8 1.5. Politik: Probleme und Ansichten... 8 1.6. Thesen 9 2. EINLEITUNG... 11 2.1. Zielsetzungen... 11 2.2. Die Befragten... 11 2.3. Die Datenbasis... 12 2.4. Die Prinzipien des Ländervergleichs... 13 3. BEFUNDE... 15 3.1. Übersicht... 15 3.2. Zukunft und Lebensentwürfe... 15 3.2.1. Zukunftsperspektiven... 15 3.2.2. Persönliche Lebensziele und -pläne... 18 3.2.3. Vorstellungen des Lebens... 24 3.2.4. Zwischenbilanz... 27 3.3. Spezialthema 2012: Beruf und Ausbildung... 28 3.3.1. Allgemeine Ansichten zu Ausbildung und Beruf... 28 3.3.2. Der Traumjob... 37 3.3.3. Finanzielle Situation... 41 3.3.4. Zwischenbilanz... 45 3.4. Medien und Kommunikation... 46 3.4.1. Mediennutzung... 46 3.4.2. Kommunikation und Unterhaltung... 54 3.4.3. Zwischenbilanz... 59 3.5. Politik: Probleme und Ansichten... 60 3.5.1. Probleme und politische Grundhaltungen... 60 3.5.2. Politik im eigenen Land... 65 3.5.1. Zwischenbilanz... 67 4. SYNTHESE... 68 5. ANHANG... 71 5.1. Berechnung der Indices... 71 5.2. gfs.bern-team... 75

1. Wichtigstes in Kürze 1.1. Zielsetzung und Methode Drei Länder, drei Messpunkte eine untersuchte Zielgruppe und viele hochspannende Einsichten. Das Credit Suisse Jugendbarometer International soll einen Einblick in die Lebensweise und Ansichten der 16- bis 25-jährigen EinwohnerInnen der USA, Brasilien und der Schweiz geben. Lebensstile, Hoffnungen, Trends, Beruf und Zusammenleben sowie das Kommunikationsverhalten sind strukturelle Fragestellungen. Speziell für 2012 wurden Fragen zur Berufsorientierung und dem Umgang mit Zielen gestellt. Wegen der hohen Online-Affinität der Jungen wurde die Befragung online durchgeführt, wobei die Teilnehmenden über verschiedene Wege rekrutiert wurden. Durchgeführt wurde die Befragung in den USA und in Brasilien wie bereits in den letzten beiden Jahren vom international tätigen Research-Unternehmen "Evalueserve". In der Annahme, dass sozial schwächer gestellte Haushalte eher keinen Internetanschluss haben, wurde in Brasilien durch eine Methodenkombination versucht, diese Verzerrung auszugleichen. Brasilianische Jugendliche konnten sich online oder direkt, also Face-to-Face, an der Studie beteiligen. Die Online-Befragungen selbst fanden zwischen März und Mai 2011 statt. Die Auswertung umfasst 1005 befragte EinwohnerInnen der USA zwischen 16 und 25 Jahren, 1003 entsprechende Personen aus Brasilien und 1000 aus der Schweiz. Hier ein kurzer Inhaltlicher Überblick zum internationalen Teil des Credit Suisse Jugenbarometer 2012. 1.2. Zukunft und Lebensentwürfe Die generelle Zukunftsvision der Jugendlichen aller drei Länder ist positiv gefärbt, einzig in Amerika findet sich ein leichter aber seit dem Vorjahr stärker akzentuierter negativer Unterton und zwar sowohl in Bezug auf die eigene als auch die Zukunft der Gesellschaft. Schweizer und insbesondere Brasilianische Teenager sind stabil bis leicht positiver in den Zukunftseinschätzungen. Woraus sich diese Zuversicht nährt, versuchen wir mitunter anhand eines Hoffnungsindexes zu erklären. Hoffnung ist in diesem Index als mehrdimensionales Konstrukt angelegt, das zwischen Mittel und Wegen differenziert. Dieser Hoffnungsindex spiegelt die brasilianische Zuversicht insgesamt, aber auch in Bezug auf Wege und Mittel. Auch spiegelt er den amerikanischen Pessimismus im Jahr 2012, amerikanische Jugendlichen geben sich nämlich in Bezug auf Mittel und Wege der Problemlösung durchs Band am wenigsten hoffnungsvoll. 3

Grafik 1 Ländervergleich Ziele im Leben (1) "Wenn Sie an Ziele an Ihrem Leben denken: Was streben Sie unbedingt an, was wünschen Sie sich auf keinen Fall und wo werden Sie je nach Lauf der Dinge erst in Zukunft spontan entscheiden?", Anteil unbedingtes/tendenzielles Ziel addiert eigene Träume verfolgen eigenes Haus / eigene Wohnung 79 79 76 80 74 86 Freizeit und Beruf im Gleichgewicht halten den eigenen Talenten nachgehen 66 76 79 81 75 79 USA Brasilien Schweiz viele verschiedene Dinge ausprobieren und entdecken 74 73 71 Karriere im Beruf 54 71 81 den nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt hinterlassen 66 75 71 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Grafik 2 Ländervergleich Ziele im Leben (2) "Wenn Sie an Ziele an Ihrem Leben denken: Was streben Sie unbedingt an, was wünschen Sie sich auf keinen Fall und wo werden Sie je nach Lauf der Dinge erst in Zukunft spontan entscheiden?", Anteil unbedingtes/tendenzielles Ziel addiert mehr Wohlstand erreichen als meine Eltern 30 65 70 Familie mit Kindern 63 72 73 akademische Grundausbildung (Bachelor) höhere akademische Ausbildung (Master/Doktor/Habillitation) 37 42 63 62 69 73 USA Brasilien Schweiz viel Geld haben 46 61 64 viele Länder und Kulturen kennenlernen 58 63 65 einen festen Platz in der Gesellschaft haben 56 56 72 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Die Ziele der Jugendlichen für ihre Zukunft variiert nach Ländern: Schweizern und Amerikanern ist sehr an ihren Träumen, einem eigenen Haus und einer guten Work-Life-Balance gelegen. Auch sollen die eigenen Talente, das Entdecken und Ausprobieren vieler verschiedener Dinge nicht zu kurz kommen. Brasilianische Jugendliche dagegen betonen die Ausbildung und Karriere viel stärker, geben sich aber auch sozialer. Ein eher postmaterialistischer Lebensentwurf der Schweizer Jugendlichen trifft auf einen eher status- und karriereorien- 4

tierten in Brasilien. Junge AmerikanerInnen formulieren ihre Lebensziele näher an der Schweizer Jugend, betonen aber Besitz und Wohlstand ähnlich stark wie die BrasilianerInnen. Grafik 3 1.3. Spezialthema 2012: Zukunft, Beruf, Bildung Für die Mehrheit der Jugendlichen aller drei Länder ist die berufliche Zukunft klar und sie sind mit ihrer aktuellen Berufssituation auch zufrieden. Die Berufswelt ist ihnen vertraut, sie kennen das Terrain. Dies gilt leicht stärker für SchweizerInnen, die durch das duale Bildungssystem früh auf die Berufswelt vorbereitet werden. In Bezug auf allgemeine Aussagen zu Beruf und Ausbildung lassen sich länderspezifische Muster finden. So betonen etwa Schweizer Jugendliche die Wichtigkeit der Freude am Beruf stärker als ihre Altersgenossen aus den USA und Brasilien. Nicht nur finden sie stärker, dass bei mangelnder Freude der Beruf gewechselt werden sollte und unterstützen die Aussage, dass man froh sein muss, wenn man überhaupt einen Job hat stärker, sie sehen den beruflichen Erfolg auch am stärksten an die Freude am Beruf selbst gebunden. Natürlich spiegelt gerade die geringere, wenn auch mehrheitliche Unterstützung der Aussage, dass man froh sein muss überhaupt einen Job zu haben, auch die komfortable Wirtschaftslage in der sich Schweizer Jugendliche bewegen. Ländervergleich Aussagen über Beruf und Ausbildung (1) "Wie einverstanden sind Sie mit den folgenden Aussagen über Beruf und Ausbildung?" lebenslange Weiterbildung "Man muss sich ein Leben lang weiterbilden." ohne Freude = Berufswechsel "Wer keine Freude am Beruf hat, sollte ihn wechseln." froh über Job "Man muss froh sein, wenn man überhaupt einen Job bekommt." beruflicher Erfolg "Wer etwas gerne macht, hat auch beruflichen Erfolg." (Anteil voll einverstanden/eher einverstanden addiert) lebenslange Weiterbildung 87 86 89 80 ohne Freude = Berufswechsel 83 92 froh über Job 51 73 79 USA Brasilien beruflicher Erfolg 78 87 90 Schweiz gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 /N BR = 1003 / N CH = 1000) Punkto Ausbildung herrschen auch ziemlich unterschiedliche Ländervorstellungen vor: Während SchweizerInnen nur minderheitlich an optimale Karrierechancen durch ein Universitätsstudium glauben, sehen das junge AmerikanerInnen und BrasilianerInnen gerade umgekehrt. Auch finden Schweizer Jugendliche im Gegensatz zu amerikanischen und brasilianischen Teenagern nur minderheitlich, dass man in der Schule gut auf die Berufswelt vorbereitet werde und dass schlechte Schulnoten zwingend zu schlechten Berufschancen führen. 5

Grafik 4 Ländervergleich Aussagen über Beruf und Ausbildung (2) Universitätsstudium ist beste Grundlage für Karriere "Ein Universitätsstudium ist die beste Grundlage für eine berufliche Karriere." Lehre ist Türöffner für Weiterbildung "Die Lehre lässt heute alle Türen für eine Weiterbildung und Karriere offen." Schule bereitet gut auf Berufswelt vor "Die obligatorische Schule bereitet gut auf die Berufswelt vor." schlechte Schulnoten = schlechte Berufschancen "Wer schlechte Noten in der Schule hat, hat auch schlechte Chancen im Beruf." Benachteiligung wegen Jugendlichkeit "Wer jung ist, wird in der Berufswelt benachteiligt." Benachteiligung wegen Alter "Wer alt ist, wird in der Berufswelt benachteiligt." (Anteil voll einverstanden/eher einverstanden addiert) Universitätsstudium ist beste Grundlage für Karriere 35 76 85 Lehre ist Türöffner für Weiterbildung 73 81 78 Schule bereitet gut auf Berufswelt vor 42 66 72 schlechte Schulnoten = schlechte Berufschancen 49 60 68 USA Benachteiligung wegen Jugendlichkeit 45 59 57 Brasilien Benachteiligung wegen Alter 59 65 66 Schweiz gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 /N BR = 1003 / N CH = 1000) Grafik 5 Geht es um den finanziellen Aspekt des Berufs, ist dieser vor allem brasilianischen Jugendlichen wichtig, gefolgt von amerikanischen. Weniger wichtig ist die finanzielle Entschädigung für Schweizer Jugendliche. Dies mag nicht verwundern, sorgen sie sich doch weniger über die Wirtschaftslage als ihre Altersgenossen aus den USA und Brasilien. Ländervergleich Aussagen über Beruf und Ausbildung (3) Benachteiligung als Frau "Frauen werden in der Berufswelt benachteiligt." möglichst viel Geld verdienen "Es geht beim Beruf darum, möglichst viel Geld zu verdienen." keine Stelle = selber schuld "Wer keine Stelle findet, ist selber schuld." Benachteiligung wegen fremdländischem Namen "Wer einen fremdländisch klingenden Namen hat, wird in der Berufswelt benachteiligt." Freizeit ist wichtiger "Freizeit ist wichtiger als Beruf/Ausbildung." (Anteil voll einverstanden/eher einverstanden addiert) Benachteiligung als Frau 52 57 63 möglichst viel Geld verdienen 25 53 63 keine Stelle = selber schuld 44 52 62 Benachteiligung wegen fremdländischem Namen 49 49 56 USA Brasilien Freizeit ist wichtiger 39 47 58 Schweiz gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 /N BR = 1003 / N CH = 1000) Ihren Traumjob skizzieren die Jugendlichen ziemlich unterschiedlich. Sehr zugespitzt formuliert würde ein Schweizer Teenager am liebsten bei einem international tätigen Tourismusbetrieb im eigenen Wohnort oder Kanton oder aber 6

zumindest in der Schweiz arbeiten. Der amerikanische Durchschnittsteenager wäre gerne Medienschaffender in seinem Wohnort, der brasilianische würde gerne in der Elektronikbranche bei einem international agierenden Unternehmen, allerdings ebenfalls in seinem Heimatland in Brasilien arbeiten. Punkto Eigenschaften, die ein künftiger Arbeitgeber zu erfüllen hätte, herrscht mehr Einigkeit. Ein guter Chef, Grosszügigkeit und Toleranz gegenüber Mitarbeitenden sind für Jugendliche aller drei Länder die zentralen Kriterien. Untersucht wurde auch die finanzielle Situation der Jugendlichen. Dort finden sich grosse Unterschiede in den Angaben. Spekulativer Umgang mit Geld in Form von Wertanlagen sowie Geld auszugeben das man nicht hat, ist in der Schweiz wenig verbreitet. Teenager aus allen drei Ländern betonen aber ähnlich stark die Wichtigkeit von Sparen und möchten später auch gerne Vermögen oder aber wenigstens ein Haus haben. Grafik 6 1.4. Medien und Kommunikation Über alle Länder werden Medien nicht nur häufig, sondern auch lange genutzt. Generell lässt sich erkennen, dass die Mediennutzung in Stunden bei der Jugend aus Brasilien und den USA im Vergleich zum Vorjahr über alle Bereiche angestiegen ist. Obwohl Jugendliche aller drei Länder einen häufigen Medienkonsum verfolgen, stagniert dieser bei den Schweizer Teenagern in der Nutzung, oder ist sogar leicht rückläufig. In allen drei Ländern wird jedoch im Vergleich am meisten Zeit im Internet verbracht. Die Jugendlichen aus den untersuchten Ländern unterscheiden sich jedoch in der Art der Informationsbeschaffung. Während in der Schweiz die klassischen Medien immer noch den ersten Rang in der Informationsbeschaffung einnehmen, dominieren in den USA und Brasilien nebst dem TV vor allem die neuen Medien. Trend Ländervergleich Trends alle Lebensbereiche: Kommunikation / USA "Wir haben hier eine Liste von ganz unterschiedlichen Dingen im Leben aufgelistet. Beurteilen Sie, ob diese in Ihrem privaten Umfeld in oder out sind und gleichzeitig, wie Sie selbst dazu stehen.", Umfeld: in & nutze ich selbst E-Mail Fernsehen Facebook 20 78 22 80 75 70 57 46 43 28 24 76 68 66 65 65 49 50 36 28 26 25 19 Musik runterladen SMS Filme runterladen Smartphones wie iphone/blackberry/android Festnetz-Telefon Twitter MySpace Push to talk 9 16 Hi5 Aug./Okt.2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1000) von Hand geschriebene Briefe Über alle Länder hat die Nutzung von News-Apps auf Smartphones zugenommen. Smartphones wie iphone, Blackberry oder Android spielen auch in der Kontaktierung von Freunden eine immer wichtigere Rolle. In den USA liegen Smartphones bereits auf Platz zwei, wenn es darum geht, was für die Jugend- 7

Grafik 7 lichen im Bereich Kommunikation in ihrem Umfeld in ist und auch von ihnen genutzt wird. In der Schweiz liegen die Smartphones auf Platz vier (77%) nach SMS (87%), E-Mail (84%) und Facebook (81%). Obwohl also Facebook bei Schweizer Jugendlichen in der Informationsbeschaffung und auch was die Kontaktierung von Freunden betrifft hinter den USA und Brasilien liegt, ist das soziale Netzwerk immer noch stark im Trend. Facebook hat auch in den USA ein wenig an Beliebtheit eingebüsst, ist jedoch immer noch auf Rang eins der trendigen Kommunikationsmittels. Zugelegt hat Facebook vor allem bei den Jugendlichen in Brasilien. Im Gegensatz dazu verliert das in Brasilien verbreitete Soziale Netzwerk Orkut massiv an Beliebtheit. Facebook scheint Orkut mehr und mehr zu ersetzen. Trend Ländervergleich Trends alle Lebensbereiche: Kommunikation / Brasilien "Wir haben hier eine Liste von ganz unterschiedlichen Dingen im Leben aufgelistet. Beurteilen Sie, ob diese in Ihrem privaten Umfeld in oder out sind und gleichzeitig, wie Sie selbst dazu stehen.", Umfeld: in & nutze ich selbst 87 86 73 80 71 67 70 74 67 68 69 59 59 60 61 52 48 48 44 36 28 16 Aug./Okt.2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) E-Mail Musik runterladen SMS Filme runterladen Fernsehen Orkut Facebook Festnetz-Telefon Twitter Smartphones wie iphone oder Blackberry Von Hand geschriebene Briefe Betrachten wir die Interessensbereiche der Jugendlichen, wenn es um das Tagesgeschehen geht, zeigt sich, dass amerikanische Jugendliche am ehesten ein konsum- und freizeitorientiertes Interesse am Mediengeschehen haben, was bei den brasilianischen Jugendlichen eher weniger ausgeprägt ist. Am klassischsten ist der Informationsfokus bei Schweizer Jugendlichen. 1.5. Politik: Probleme und Ansichten Die Problemwahrnehmung spiegelt den politischen Diskurs der Länder. So ist neben dem Problembewusstsein für Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit in den USA der Erdölpreis und Terrorismus ganz vorne in der Problemwahrnehmung. Für brasilianische Jugendliche ist Korruption das Hauptproblem und für die Schweizer Jugend sind es ausländerpolitische Themen. Politik generell ist jedoch eher out, nur in den USA lässt sich ein positiver Trend für politisches Engagement erkennen. Generell sind amerikanische und brasilianische Teenager stärker sozial- und politisch engagiert. Die Umweltaffinität der Jugendlichen ist in Brasilien am stärksten ausgeprägt. 8

Grafik 8 Ländervergleich Umweltaffinität, soziales und politisches Engagement Index gebildet aus Angaben zu umweltrelevanten/politikrelevanten/sozialrelevanten Fragen.* 20 32 39 9 15 29 29 23 35 30 18 21 9 30 54 7 26 30 30 14 9 21 46 24 18 22 42 30 44 29 34 27 22 18 7 7 sehr schwach eher schwach eher stark sehr stark Umweltaffinität politisches Engagement soziales Engagement Umweltaffinität politisches Engagement soziales Engagement Umweltaffinität politisches Engagement soziales Engagement USA Brasilien Schweiz gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) *Details der Berechnung im methodischen Teil des Schlussberichts Betrachten wir die Lebensbereiche, welche im Umfeld der Jugendlichen in bzw. out sind und von den Jugendlichen selbst genutzt oder eben nicht genutzt werden fällt auf, dass die Trends sowie auch die Nicht-Trends bei amerikanischen Jugendlichen stark kommunikationsorientiert sind und in Brasilien vor allem eine starke Ablehnung gegenüber Drogen und Sucht zu finden ist. Was das eigene Land bzw. das politische System des eigenen Landes betrifft, sehen Jugendliche in den USA und in Brasilien mehr Reformbedarf im eigenen Land und glauben weniger an das globale Ansehen des eigenen Landes als Schweizer Jugendliche. 1.6. Thesen Mit fünf Thesen bzw. Arbeitshypothesen fassen wir unsere Erkenntnisse zusammen. These 1 - Unverändert Klassische Werte des Zusammenlebens sind länderübergreifend für die Jugendlichen zentral. Ihr abstraktes Wertegefüge formt sich erst noch aus, während die Menschen im eigenen Umfeld von grosser Bedeutung sind. Wertunterschiede sind in zweiter Linie bei Wertepaarungen zu finden, die in einem gewissen Widerspruch zueinander stehen können: In Brasilien kommt die starke Erfolgsorientierung mit einem sozialen Gewissen zusammen. In den USA ist der Konsum wichtig, es herrscht aber eine Verunsicherung mit der Wirtschaft vor. In der Schweiz paart sich eine gewisse Sorglosigkeit mit einer gefühlten Bedrohung aus dem Ausland. 9

These 2 - Neu In allen drei Ländern rangieren berufliche und schulische Ziele hoch, im Härtefall wird aber persönlichen Beziehungen der Vorrang gegeben. Die Arbeit ist Teilmenge der Lebenswelt junger Menschen, hat aber einen hohen Stellenwert. Das Schlagwort «Work-Life-Balance» ist für viele Jugendliche ein Ziel ihrer Lebensführung, ebenso, wie sie ihre eigenen Träume verfolgen und nach Besitz streben wollen. These 3 - Adaptiert Jugendliche in den USA und in Brasilien sehen eher Reformbedarf im eigenen Land als Schweizer Jugendliche und glauben weniger an das Ansehen des eigenen Landes im Ausland. Obwohl in diesen Ländern das politische und vor allem das soziale Engagement höher sind, kann man in keinem der drei Länder von einer eigentlichen Politisierung sprechen. Zwar werden Problemlagen überall wahrgenommen, sie werden aber über andere Wege als die klassische Politik artikuliert. These 4 leicht adaptiert Die wirtschaftliche Orientierung ist am stärksten nach Ländern determiniert. Die brasilianische Jugend orientiert sich am stärksten an der Eigenverantwortlichkeit und strebt mehr Wohlstand an. Sie ist dafür bereit, finanzielle oder persönliche Risiken in Kauf zu nehmen. Die linke Schweizer Jugend ist am meisten an nicht-wirtschaftlichen Zielen orientiert. Sie bleibt zwar zielorientiert, verspürt aber vergleichsweise wenig Notwendigkeit, einen Gang höher zu schalten. In den USA hängt ein religiös geprägtes Wertmuster auch mit anhaltend starker Wirtschaftsorientierung im Sinne des American Dream zusammen. These 5 (adaptiert) Soziale Netzwerke prägen den Lebensstil weiterhin mit. Facebook steht dabei im Zentrum, steigt aber in der Bedeutung zurzeit nicht weiter an. Der mobile Zugang mit Smartphones nimmt dagegen drastisch zu, wobei die Kosten in Brasilien und den USA eine grössere Rolle spielen und den Aufstieg etwas bremsen. Damit werden die soziale Vernetzung und der Newskonsum praktisch permanent. 10

2. Einleitung 2.1. Zielsetzungen Das drittmals durchgeführte Credit Suisse Jugendbarometer soll einen Einblick in die Lebensweise und Ansichten der 16- bis 25-jährigen EinwohnerInnen der USA und Brasiliens im Vergleich zu den EinwohnerInnen der Schweiz geben. Konkret interessieren die folgenden Bereiche: Was für ein Leben wünschen sich die Jungen und was für Hoffnungen haben sie? Wie ist das Zusammenleben der Jungen, was unternehmen sie in ihrer Freizeit? Wie kommen Sie mit verschiedenen Gruppen aus? Wie stehen sie zu AusländerInnen, zur Gleichberechtigung und zu älteren Menschen? Was für Sorgen haben Sie? Was ist der Zeitgeist der Jungen über mehrere Lebensbereiche hinweg? Was ist "in" und was ist "out"? Wie aktiv sind die Jungen von heute? Wie informieren sich Jugendliche und welche Kanäle nutzen sie für interpersonelle Kommunikation? Welche Medien werden von Jugendlichen konsumiert und welche Inhalte interessieren sie? Als Spezialteil für das Jahr 2012 haben wir vertieft Fragen zu Lebensentwürfen, soziologischem Background und Berufszielen gestellt. Zuletzt interessieren Ausbildung, Arbeit, Beruf und Finanzen: Wie glücklich sind die Jungen mit ihrer Arbeit und wie kommen sie mit dem Geld zurecht? Was würden Jugendliche mit einer unerwarteten Geldquelle anstellen? Diese Fragestellungen sollen weiterhin jährlich erhoben werden, was Aussagen über die Zeit hinweg ermöglicht. Dies dürfte vor allem bei den Einschätzungen zu den Trends von Bedeutung sein, wo eine gewisse Dynamik erwartet werden kann. Solche Trendaussagen sind für 2012 möglich, müssen jedoch mit einer gewissen Vorsicht genossen werden, da Trends streng genommen erst ab drei Messpunkten verlässlich interpretiert werden können. Für die Fragebogenerstellung wurde auf den Studien von gfs.bern aufgebaut, Inputs aus der 15. Shell-Jugendstudie (Deutschland) wurden verarbeitet, mehrere ExpertInnengespräche und schliesslich auch mehrere Gespräche mit Jungen aus der Schweiz geführt. Der Fragebogen wurde auch auf die inhaltlichen Bedürfnisse der Auftraggeber abgestimmt und für die zweite Welle ziemlich gekürzt. Die Fragebogen für Brasilien und die USA wurde von ExpertInnen vor Ort beurteilt und dort angepasst, wo es kulturelle Unterschiede, politische Umstände oder sonstige Gewohnheiten erforderten. Es wurde Wert auf maximale Vergleichbarkeit gelegt. In den Grafiken ist direkt ersichtlich, wenn aufgrund der Fragestellung keine Vergleiche möglich sind. Die kleine Auswahl der Länder wurde vom Auftraggeber vorgenommen, sie repräsentiert aber wertmässig betrachtet drei verschiedene Ländertypen. Die Auswahl kann in Zukunft erweitert werden, um die Systematik des Ländervergleichs zu verbessern. 2.2. Die Befragten Es gibt verschiedene sozialwissenschaftliche Definitionen der Jugend. In der Regel wird das Alter von 13 bis 21 Jahren als "Jugend" bezeichnet. Wir haben den Fokus der Befragung auf drei bis vier Jahre Ältere gelegt. Damit ist gegen 11

oben etwas mehr als die sozialwissenschaftlich übliche Definition der Jugend befragt worden. Dies erklärt sich einerseits durch die durchschnittlich länger werdenden Ausbildungswege und andererseits durch den Fokus der Studie auf die Zeit nach der obligatorischen Schulzeit mit Ausbildung und Berufswahl dies wiederum erklärt, dass wir erst Junge ab 16 Jahren befragten. Im vorliegenden Bericht bezeichnen wir demnach die 16- bis 25-jährigen EinwohnerInnen der Schweiz, der USA und Brasiliens als "Jugend". 2.3. Die Datenbasis Aufgrund der hohen Internetaffinität von jungen Menschen haben wir uns auch 2012 wieder für eine Online-Befragung entschieden. Durchgeführt wurde die Befragung in den USA und in Brasilien wie bereits in den letzten beiden Jahren vom international tätigen Research-Unternehmen "Evalueserve". Die Online-Befragungen selbst fanden zwischen März und Mai 2012 statt. Die Auswertung umfasst 1005 befragte EinwohnerInnen der USA zwischen 16 und 25 Jahren, 1003 entsprechende Personen aus Brasilien und 1000 aus der Schweiz. Die Schweizer Daten wurden für die Auswertung gewichtet, um die Stichprobenstruktur bezüglich Geschlecht, Sprache, Altersverteilung und Bildungsgrad zu optimieren. Auf eine Gewichtung der Daten aus den USA und Brasilien wurde verzichtet. In Brasilien wurde nach den Erfahrungen im ersten Jahr (2010) 2011 und auch dieses Jahr wieder auf eine Methodenkombination gesetzt, um die soziologische Zusammensetzung der Stichprobe zu optimieren. Die Idee dahinter liegt in Stichprobenverzerrungen aus dem Jahr 2010 begründet. Damals hatten wir tendenziell zu viele hoch gebildete BrasilianerInnen in der Stichprobe. In der Annahme, dass sozial schwächer gestellte Haushalte eher keinen Internetanschluss haben, wurde durch eine Methodenkombination versucht, diese Verzerrung auszugleichen. Brasilianische Jugendliche konnten sich online oder direkt, also Face-to-Face, an der Studie beteiligen. Weiter wurde unser Feldpartner angewiesen, eine repräsentative Stichprobe bezüglich Geschlecht und sozialen Klassen sowohl für die USA als auch für Brasilien zu liefern. Aufgrund dieser methodischen Verbesserungen konnten 2011 und 2012 äusserst valide und repräsentative Daten für alle drei Vergleichsländer generiert werden. Auch für die Befragungen in Brasilien und den USA wurde eine Incentivierung der Teilnehmenden gewählt. Diese Vorgehensweise mit Incentivierung, Quotierung und Methodenmix hat sich bewährt und soll auch 2013 wieder zum Einsatz kommen. Die Datenqualität konnte seit 2010 klar verbessert werden, so dass auf eine Gewichtung der Daten aus den USA und Brasilien verzichtet werden konnte. Die Qualität der Antworten beurteilen wir in den meisten Fällen als hoch. Einzelne Fälle mit Qualitätsproblemen wurden entweder bereits durch die Programmierung ausgeschlossen oder aber sie wurden in der Qualitätsüberprüfung der Antworten gelöscht. Neben der Datenvalidität wurde auch die Reliabilität der Daten geprüft. Aufgrund der Resultate und des Vergleichs beispielsweise mit dem Sorgenbarometer, der Shell-Jugendstudie 2006 und auch den Daten und Erfahrungen aus den beiden vorangehenden Jahren, können wir davon ausgehen, dass die Daten plausibel und Rückschlüsse auf die Realität möglich sind. Trotz Anpassungen der Methode in Brasilien und den USA beurteilen wir die Resultate des Pretests 2010 für ausreichend reliabel, um Zeitvergleiche anzustellen. Die Qualität des Samples konnte seit dem, Startpunkt der Studie insgesamt klar verbessert werden. 12

Tabelle 1: Technischer Kurzbericht Befragung Grundgesamtheit Stichprobengrösse Erhebungsart Auswahlverfahren Befragungsdauer März Mai 2012 theoretischer Stichprobenfehler Verwendbarkeit Wohnbevölkerung der USA/Brasiliens zwischen 16 und 25 Jahren Total Befragte USA N = 1005 Total Befragte BRA N = 1003 USA: Online-Befragung BRA: Online- und Face-to-Face-Befragung Zufallsauswahl anhand verschiedener Verfahren, Teil als Panel ±3.2 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit Publikation im Rahmen des bulletin der Credit Suisse gfs.bern, Credit Suisse Jugendbarometer, März - Mai 2012 2.4. Die Prinzipien des Ländervergleichs Für den Ländervergleich beschränken wir uns auf die auffälligen Parallelen und Unterschiede. Wir taxieren der Einfachheit halber Unterschiede zwischen den Ländern über fünf Prozentpunkten als tendenziell vorhanden. Unterschiede ab zehn Prozentpunkten interpretieren wir als Unterschiede, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der Realität zeigen würden. Auf Basis der dritten Befragung sind vertiefte Fragestellungen möglich, die sich stärker mit den länderspezifischen Ausgangslagen und kulturellen Ursachen auseinander setzen. Die Auswahl bleibt aber zu beschränkt, um von einem international vergleichenden Ansatz auszugehen, der über die einzelnen Länder gültige Schlüsse zulässt. Trotzdem bezeichnet die Auswahl der Länder drei verschiedene Kulturtypen. Gerade für die Bewertung der Unterschiede im Bereich der Religion etwa, aber auch der Werte zwischen Materialismus und Selbstverwirklichung eignet sich der World Value Survey mit der von Roland Inglehart und Christian Welzel 1 erarbeiteten Weltkarte auf Basis von Befragungen der gesamten Bevölkerung in 43 Ländern. 1 Ronald Inglehart and Christian Welzel, "Changing Mass Priorities: The Link Between Modernization and Democracy." Perspectives on Politics June 2010 (vol 8, No. 2) page 554. Zitiert nach: http://www.worldvaluessurvey.org/wvs/articles/folder_published/article_base_54. 13

Grafik9 The WVS Cultural Map of the World 2 Es geht dabei um die Polarität von traditionell-religiösen und von säkularrationalen Werten einerseits, sowie um die Gegenüberstellung von Werten des kollektiven Überlebens und der individuellen Selbstentfaltung anderseits 3. Demnach markieren die USA ein Land in der Gruppe der englischsprachigen Länder, mit einer starken Verbindung zwischen traditionellen religiösen Werten, wenig Säkularisierung sowie einer starken Ausrichtung an der individuellen Selbstentfaltung. Im protestantisch geprägten Europa ist der globale Wertewandel am weitesten fortgeschritten. Auch die Schweiz ist demnach deutlich weniger als Schweden allerdings stark säkularisiert und individualisiert. Brasilien gehört in der Gruppe der Lateinamerikanischen Staaten ungefähr ins Mittelfeld. Solche Staaten zeichnen sich durch relativ schwache Säkularisierung und mittleren Wertewandel in Richtung Selbstverwirklichung aus. 2 http://www.worldvaluessurvey.org/wvs/articles/folder_published/article_base_54 3 http://www.zoonpoliticon.ch/blog/kategorien/umfrageforschung/page/5/ 14

3. Befunde Der Aufbau des vorliegenden Schlussberichts zum internationalen Teil des Jugendbarometers orientiert sich an der Gliederung des Berichts zu den Schweizer Jugendlichen, der gemeinhin die wegweisende Vergleichsgrösse ist. 3.1. Übersicht Die Vorstellungen des Lebens, der Zukunft, Hoffnungen und Werte werden im ersten Teil behandelt (Kapitel 3.2). Das Spezialthema 2012, Beruf und Ausbildung, wird im Kapitel 3.3 abgehandelt. Medienkonsum und Kommunikation sind Inhalte des Kapitels 3.4. Kapitel 3.5 behandelt das Thema Politik anhand von Problemen und politischen Ansichten und allgemeinen Trends. 3.2. Zukunft und Lebensentwürfe 3.2.1. Zukunftsperspektiven Die Jugendlichen aus allen drei untersuchten Ländern geben sich in Bezug auf ihre eigene Zukunft optimistisch. Einen negativen Unterton findet man einzig bei Teenagern aus den USA, die als einzige verstärkt angeben, ihre eigene Zukunft düster zu sehen (+6 Prozentpunkte). Grafik 10 Trend Ländervergleich Meinung eigene Zukunft: USA "Wie sieht Ihrer Meinung nach Ihre eigene Zukunft aus? Sehen Sie zum jetzigen Zeitpunkt die Zukunft eher düster, eher zuversichtlich oder gemischt mal so mal so?" Trend Ländervergleich Meinung eigene Zukunft: Brasilien "Wie sieht Ihrer Meinung nach Ihre eigene Zukunft aus? Sehen Sie zum jetzigen Zeitpunkt die Zukunft eher düster, eher zuversichtlich oder gemischt mal so mal so?" 2 2 1 weiss nicht/keine Angabe 2 2 2 weiss nicht/keine Angabe 54 56 56 eher zuversichtlich 67 72 73 eher zuversichtlich gemischt - mal so mal so gemischt - mal so mal so 36 35 30 eher düster 26 19 19 eher düster 8 7 13 5 7 6 Aug./Okt. 2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) Aug./Okt. 2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) Am positivsten sehen Jugendliche aus Brasilien ihre eigene Zukunft, am pessimistischsten geben sich jene aus den USA. Die Schweizer Jugendlichen liegen im Vergleich dazu gerade im Mittelfeld. Fragt man jedoch nach der Zukunft der gesamten Gesellschaft, geben sich die SchweizerInnen mit dem geringsten Anteil düster (20%) optimistischer als Jugendliche aus Brasilien oder den USA (USA 29%, BRA 30% düstern). Die Anteile der Zuversicht in Bezug auf diese Grösse sind dabei in allen drei Ländern ähnlich hoch (USA 33%. BRA 33%, CH 31% eher zuversichtlich), Schweizer Jugendliche sind aber am stärksten ambivalent (USA 37%, BRA 33%, CH 48% gemischt - mal so mal so). 15

Grafik 11 Ländervergleich Meinung eigene Zukunft "Wie sieht Ihrer Meinung nach Ihre eigene Zukunft aus? Sehen Sie zum jetzigen Zeitpunkt die Zukunft eher düster, eher zuversichtlich oder gemischt mal so mal so?" Ländervergleich Meinung Zukunft der Gesellschaft "Und wie ist es mit der Zukunft unserer Gesellschaft? Ist diese eher düster, eher zuversichtlich oder gemischt mal so mal so?" 1 2 1 1 4 3 weiss nicht/keine Angabe 33 33 31 weiss nicht/keine Angabe 56 73 66 eher zuversichtlich eher zuversichtlich 37 33 46 30 gemischt - mal so mal so gemischt - mal so mal so 13 29 19 6 4 eher düster 29 30 20 eher düster USA Brasilien Schweiz gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) USA Brasilien Schweiz gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Die Trendbetrachtung unterstreicht die amerikanische Skepsis nochmals: Zwar hat der Anteil an Jugendlichen die angeben, die Zukunft der Gesellschaft positiv zu sehen in den USA kurzfristig zugelegt (+8 Prozentpunkte); langfristig betrachtet baut sich aber der Anteil solcher, die die Zukunft düster einschätzen in den USA klar auf, während er in Brasilien und auch in der Schweiz relativ stabil ist. Grafik 12 Trend Ländervergleich Meinung Zukunft der Gesellschaft: USA "Und wie ist es mit der Zukunft unserer Gesellschaft? Ist diese eher düster, eher zuversichtlich oder gemischt mal so mal so?" Trend Ländervergleich Meinung Zukunft der Gesellschaft: Brasilien "Und wie ist es mit der Zukunft unserer Gesellschaft? Ist diese eher düster, eher zuversichtlich oder gemischt mal so mal so?" 6 28 1 1 25 33 weiss nicht/keine Angabe 5 16 4 29 4 33 weiss nicht/keine Angabe eher zuversichtlich eher zuversichtlich 45 46 49 37 gemischt - mal so mal so 34 33 gemischt - mal so mal so 20 25 29 eher düster 34 33 30 eher düster Aug./Okt. 2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) Aug./Okt. 2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) Schön gespiegelt werden diese Entwicklungen der Zukunftsansichten durch den Hoffnungs-Index, der als mehrdimensionales Konstrukt angelegt ist, welches zwischen Mitteln und Wegen der Problemlösung differenziert. Zu beiden Dimensionen werden mehrere Items befragt, deren Zusammenfassung in die jeweiligen Indexwerte mündet. Dieser Hoffnungsindex spiegelt die brasilianische Zuversicht sowohl insgesamt, aber auch in Bezug auf Wege und Mittel. Auch spiegelt er den amerikanischen Pessimismus im Jahr 2012, amerikanische Jugendliche geben sich nämlich in Bezug auf Mittel und Wege der Problemlösung durchs Band am wenigsten hoffnungsvoll. 16

Grafik 13 Ländervergleich Mittelwerte Aussagen zum Problembewusstsein Hoffnungen Zusammenfassung (4) Mittel Ziele energisch verfolgen gute Zukunftsvorbereitung Zielerreichung erfolgreich in indexierten Mittelwerten EinwohnerInnen zwischen 16 und 25 Jahren Wege viele Möglichkeiten aus der Klemme Erreichen wichtiger Dinge Lösungen Wege zur Problemlösung 49.9 Gesamt-Index Hoffnung 52.8 50.6 USA Wege-Index Hoffnung 25.2 26.9 25.8 Brasilien Schweiz Mittel-Index Hoffnung 24.7 25.9 24.8 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Grafik 14 Die Unterschiede mögen gering sein, die Trendbetrachtung der einzelnen Indexkomponenten zeigt aber doch einen Abwärtstrend in den USA, wo die Mehrheit der Einzelaussagen an Zustimmung eingebüsst hat. Trend Ländervergleich Aussagen zum Problembewusstsein Hoffnungen: USA "Bitte geben Sie für folgende Aussagen an, ob sie richtig oder falsch sind. "1" bedeutet die Aussage ist "definitiv richtig", "8" bedeutet, sie ist "definitiv falsch"." in Mittelwerten EinwohnerInnen zwischen 16 und 25 Jahren viele Möglichkeiten aus der Klemme Zielerreichung 3.2 gute Zukunftsvorbereitung 2.9 3.1 3.0 2.8 3.0 2.9 2.9 2.9 2.7 Erreichen wichtiger Dinge Lösungen 2.7 2.7 2.7 2.6 2.5 2.5 Wege zur Problemlösung Ziele 2011 2012 erfolgreich gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) Anders in Brasilien; hier erhält die Mehrheit der Indexkomponenten stabile oder leicht erhöhte Unterstützung. 17

Grafik 15 Trend Ländervergleich Aussagen zum Problembewusstsein Hoffnungen: Brasilien "Bitte geben Sie für folgende Aussagen an, ob sie richtig oder falsch sind. "1" bedeutet die Aussage ist "definitiv richtig", "8" bedeutet, sie ist "definitiv falsch"." in Mittelwerten EinwohnerInnen zwischen 16 und 25 Jahren viele Möglichkeiten aus der Klemme 3.1 2.9 2.8 2.6 2.6 2.4 2.4 2.4 2.3 2.3 2.2 2.2 2.2 2.1 2.1 1.8 Zielerreichung gute Zukunftsvorbereitung Erreichen wichtiger Dinge Lösungen Wege zur Problemlösung Ziele 2011 2012 erfolgreich gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) Grafik 16 Die Angaben der Schweizer Jugendlichen runden das Bild schliesslich ab. Sie geben sich stabil bis leicht positiver. Trend Ländervergleich Aussagen zum Problembewusstsein Hoffnungen: Schweiz "Bitte geben Sie für folgende Aussagen an, ob sie richtig oder falsch sind. "1" bedeutet die Aussage ist "definitiv richtig", "8" bedeutet, sie ist "definitiv falsch"." in Mittelwerten EinwohnerInnen zwischen 16 und 25 Jahren 3.1 3.0 2.9 2.7 2.7 2.7 2.6 2.6 2.6 2.5 2.5 2.5 2.5 2.5 2.4 2.4 viele Möglichkeiten aus der Klemme Zielerreichung gute Zukunftsvorbereitung Erreichen wichtiger Dinge Lösungen Wege zur Problemlösung Ziele 2011 2012 erfolgreich gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) 3.2.2. Persönliche Lebensziele und -pläne Kennzeichnend für den Ländervergleich sind die unterschiedlichen Zielsetzungen im Leben der Jugendlichen der untersuchten drei Länder. Diese frage wur- 18

Grafik 17 Ländervergleich Ziele im Leben (1) de 2012 neu in den Fragekatalog aufgenommen. Die Angaben von Schweizer und US-Teenagern sind dabei eher gradueller Natur: Beide Gruppen geben als oberstes Ziel an, ihre eigenen Träume verfolgen zu wollen. In den USA folgen weiter ein eigenes Haus zu besitzen, eine gute Work-Life-Balance zu erreichen, den eigenen Talenten nachzugehen und das Ausprobieren und Entdecken verschiedener Dinge als mindestens tendenzielle Ziele im Leben auf den Spitzenrängen. Schweizer Jugendliche stufen die Work-.Life-Balance leicht höher (auf Rang zwei) ein und haben erst an dritter Stelle Wohneigentum als Ziel. Sie geben aber bereits an vierter Stelle eine Familie mit Kindern als Lebensziel an, gefolgt von Nachhaltigkeit und dem Wunsch, möglichst viel auszuprobieren und zu entdecken. "Wenn Sie an Ziele an Ihrem Leben denken: Was streben Sie unbedingt an, was wünschen Sie sich auf keinen Fall und wo werden Sie je nach Lauf der Dinge erst in Zukunft spontan entscheiden?", Anteil unbedingtes/tendenzielles Ziel addiert eigene Träume verfolgen eigenes Haus / eigene Wohnung 79 79 76 80 74 86 Freizeit und Beruf im Gleichgewicht halten den eigenen Talenten nachgehen 66 76 79 81 75 79 USA Brasilien Schweiz viele verschiedene Dinge ausprobieren und entdecken 74 73 71 Karriere im Beruf 54 71 81 den nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt hinterlassen 66 75 71 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Die Tonalität der brasilianischen Jugendlichen unterscheidet sich hiervon relativ deutlich: Als oberste Lebensziele nennen junge Menschen in Brasilien eine berufliche Grundausbildung, fachspezifische Weiterbildungen und schliesslich Karriere im Beruf. Erst danach folgen Wohneigentum, die Verfolgung eigener Talente und eine ausgewogene Work-Life-Balance als Ziele. Der Fokus liegt in Brasilien somit stärker auf Ausbildung und Erfolg, während Jugendliche aus der Schweiz und aus den USA Selbstverwirklichung und Work-Life-Balance stärker betonen. Gerade die Karriere im Beruf und der Wohlstand (mehr als Eltern und viel Geld haben) wird von Schweizer Jugendlichen unterdurchschnittlich betont. 19

Grafik 18 Ländervergleich Ziele im Leben (2) "Wenn Sie an Ziele an Ihrem Leben denken: Was streben Sie unbedingt an, was wünschen Sie sich auf keinen Fall und wo werden Sie je nach Lauf der Dinge erst in Zukunft spontan entscheiden?", Anteil unbedingtes/tendenzielles Ziel addiert mehr Wohlstand erreichen als meine Eltern 30 65 70 Familie mit Kindern 63 72 73 akademische Grundausbildung (Bachelor) höhere akademische Ausbildung (Master/Doktor/Habillitation) 37 42 63 62 69 73 USA Brasilien Schweiz viel Geld haben 46 61 64 viele Länder und Kulturen kennenlernen 58 63 65 einen festen Platz in der Gesellschaft haben 56 56 72 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Weiter zeigen sich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen auch in Bezug auf einzelne Items: Brasilianische Jugendliche betonen soziale Komponenten stärker und möchten mehr als die Jugendlichen der anderen beiden Länder einen festen Platz in der Gesellschaft haben, für soziale Gerechtigkeit kämpfen oder auch in den Kreis der VIPs aufsteigen. Schweizer Jugendliche bringen deutlicher zum Ausdruck, dass ihnen ihre eigenen Träume, Work-Life-Balance, eine eigene Familie und das Kennenlernen verschiedener Kulturen wichtig ist. Sie sind hingegen klar zurückhaltender, wenn es um Ausbildungsfragen, Beruf und Status geht. Ein eher postmaterialistischer Lebensentwurf seitens der Schweizer Jugendlichen trifft auf einen karriere- und statusorientierten, durchaus auch mit sozialen Aspekten gespickten, Lebensentwurf in Brasilien. Junge Menschen in den USA sind jenen aus der Schweiz ähnlicher als jenen aus Brasilien, frappante Unterschiede lassen sich aber in Bezug auf das Erreichen von mehr Wohlstand als die eigenen Eltern sowie die Ausbildungs- und Berufsziele ablesen. 20

Grafik 19 Ländervergleich Ziele im Leben (3) "Wenn Sie an Ziele an Ihrem Leben denken: Was streben Sie unbedingt an, was wünschen Sie sich auf keinen Fall und wo werden Sie je nach Lauf der Dinge erst in Zukunft spontan entscheiden?", Anteil unbedingtes/tendenzielles Ziel addiert die Welt verbessern / für soziale Gerechtigkeit kämpfen 46 55 66 nicht nach einem sturen Plan durchs Leben gehen 53 61 56 fachspezifische Weiterbildung 52 57 81 USA Brasilien berufliche Auslandaufenthalte 39 50 62 Schweiz berufliche Grundausbildung 49 60 84 mehrere verschiedene Berufe 14 43 50 in den Kreis der VIPs aufsteigen 11 40 45 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Ziele im Leben sind nur die eine Seite der Münze, die andere stellen Pläne dar, wie man diese Ziele zu erreichen gedenkt. Auch Fragen dazu wurden 2012 erstmals erhoben. Für Jugendliche aller drei Länder steht Ideenreichtum und Experimentierfreudigkeit an erster Stelle, ein Lebensplan der Phase des sich findens passt natürlich auch gut. In den USA und in Brasilien steht eine klare Lebensvorstellung und das Durchführen dieser auch gegen Widerstand an zweiter Stelle. Schweizer Jugendliche unterstützen hingegen am zweitstärksten die Aussage, dass ihre Ziele tiefsten Überzeugungen entsprechen. Die drittgrösste Unterstützung erfährt in allen drei Ländern die Aussage, dass Ziele so flexibel wie möglich gehalten werden und man sich bei Bedarf der Situation anpasst. Auch äussern Jugendliche aus allen drei Ländern mehrheitlich, dass sie diese Flexibilität bereits an den Tag gelegt, respektive ihre Pläne bereits mehrfach angepasst haben (BRA und USA Rang 5, CH Rang 7). So bestätigt sich auch im internationalen Vergleich der Mix von Überzeugung und Flexibilität im Ausleben dieser. 21

Grafik 20 Ländervergleich Aussagen Zukunftspläne (1) "Wenn Sie an Ihre Pläne im Leben denken: Wie stark treffen die folgenden Aussagen auf Ihre Zukunftspläne zu?" viele Ideen / Dinge ausprobieren "Ich habe viele Ideen und will verschiedene Dinge im Leben ausprobieren." klare Lebensvorstellung "Ich habe eine klare Lebensvorstellung und versuche meine Ziele auch gegen Widerstand zu realisieren." Ziele so flexibel wie möglich "Ich versuche mit meinen Zielen so flexibel wie möglich zu sein und passe mich der Situation an." Ziele sind tiefste Überzeugungen "Meine Ziele entsprechen meinen tiefen Überzeugungen." Pläne mehrfach angepasst "Ich habe meine Pläne und Ziele schon mehrmals angepasst.", Anteil trifft voll zu/trifft eher zu addiert viele Ideen / Dinge ausprobieren 80 83 84 klare Lebensvorstellung Ziele so flexibel wie möglich 74 75 74 76 83 82 USA Brasilien Schweiz Ziele sind tiefste Überzeugungen 72 80 78 Pläne mehrfach angepasst 64 71 76 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Auch ein gewisses Mass an Bodenständigkeit eint die Jugendlichen aller drei Länder, geben sie doch klarmehrheitlich an glücklich zu sein, wenn sie ein gleich gutes Leben führen können wie ihre Eltern. Für die USA und Brasilien kann man dies als Widerspruch dazu sehen, dass sie, gefragt nach Ihren Zielen im Leben, ebenso mehrheitlich angaben, mehr Wohlstand als ihre Eltern erreichen zu wollen. Auf den hinteren Rängen der Aussagen zu Zukunftsplänen lassen sich weitere länderspezifische Gegebenheiten ablesen. Die Wirtschaftslage etwa scheint in der Schweiz weniger Sorgen zu bereiten als in den USA oder Brasilien, wo Jugendliche eher das Gefühl haben die Wirtschaftslage sei zu unsicher für feste Pläne. Weiter zeigt sich, dass junge Brasilianerinnen weniger sicher sind in Bezug auf ihre schulischen und beruflichen Ziele, jedoch stärker bereit sind, Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt zu übernehmen. 22

Grafik 21 Ländervergleich Aussagen Zukunftspläne (2) "Wenn Sie an Ihre Pläne im Leben denken: Wie stark treffen die folgenden Aussagen auf Ihre Zukunftspläne zu?" glücklich, wenn gleich gutes Leben wie Eltern "Ich bin glücklich, wenn ich ein gleich gutes Leben wie meine Eltern führen kann." zu unsichere Wirtschaftslage "Die heutige Wirtschaftslage ist zu unsicher, um mit festen Plänen durchs Leben zu gehen." Aus- und Weiterbildung sicher "Ich bin absolut sicher, was meine Aus- und Weiterbildung betrifft." Verantwortung übernehmen "Ich will Verantwortung für die Gesellschaft und die Umwelt übernehmen." Berufsziele sicher "Ich bin absolut sicher, was meine Berufsziele betrifft.", Anteil trifft voll zu/trifft eher zu addiert glücklich, wenn gleich gutes Leben wie Eltern 69 73 82 zu unsichere Wirtschaftslage für feste Pläne 45 64 68 USA Aus- und Weiterbildung sicher 52 64 62 Brasilien Schweiz Verantwortung übernehmen 62 67 80 Berufsziele sicher 50 59 61 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Noch deutlicher werden Gegebenheiten einzelner Länder schliesslich auf den Schlussrängen der Zukunftspläne. Bemerkenswert sind die Angaben zum Gefühl, dass die Gesellschaft und Wirtschaft auf einen angewiesen sei. Dieses Gefühl ist in den USA und insbesondere in Brasilien klar häufiger verbreitet als unter Schweizer Jugendlichen. Die Angaben zu diesen beiden Aussagen weisen auf ein anomischeres Gesellschaftsbild der Schweizer Jugendlichen hin, sie haben weniger das Gefühl gebraucht zu werden als ihre Altersgenossen in den anderen beiden Ländern. Interessant sind auch die Ansichten darüber, wer im Falle des Scheiterns Absicherung bieten kann. In der Schweiz und in Brasilien stimmt eine Mehrheit der Jugendlichen der Aussage zu, dass dies Eltern wären, in Amerika sind es indes nur 41 Prozent. An eine Absicherung durch den Staat glauben brasilianische Jugendliche am stärksten, Schweizer hingegen am wenigsten. 23

Grafik 22 Ländervergleich Aussagen Zukunftspläne (3) "Wenn Sie an Ihre Pläne im Leben denken: Wie stark treffen die folgenden Aussagen auf Ihre Zukunftspläne zu?" Gesellschaft: Gefühl angewiesen zu sein "Die Gesellschaft gibt mir das Gefühl, dass sie auf mich angewiesen ist." Wirtschaft: Gefühl angewiesen zu sein "Die Wirtschaft gibt mir das Gefühl, dass sie auf mich angewiesen ist." Ziele unwichtig, Leben geniessen "Ziele sind unwichtig, ich will das Leben jeden Moment geniessen." Absicherung durch Eltern "Falls ich meine Ziele nicht erreiche, können mich meine Eltern absichern." Absicherung durch Staat "Falls ich meine Ziele nicht erreiche, kann mich der Staat absichern.", Anteil trifft voll zu/trifft eher zu addiert Gesellschaft: Gefühl angewiesen zu sein 32 49 72 Wirtschaft: Gefühl angewiesen zu sein Ziele unwichtig, Leben geniessen 24 31 42 47 61 70 USA Brasilien Schweiz Absicherung durch Eltern 41 50 51 Absicherung durch Staat 23 35 56 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N USA = 1005 / N BR = 1003 / N CH = 1000) Zusammenfassend lassen sich unterschiedliche länderspezifische Betonungen sowohl bei den Lebenszielen als auch bei den Plänen diese zu verwirklichen finden. Junge SchweizerInnen und AmerikanerInnen betonen in ihren Lebenszielen Komponenten der Selbstverwirklichung und eines ausgewogenen Verhältnisses von Arbeit und Freizeit stärker als es Jugendliche in Brasilien tun. Für BrasilianerInnen steht eher die berufliche Laufbahn im Vordergrund, sie wollen mit einer guten Ausbildung Karriere machen. 3.2.3. Vorstellungen des Lebens Der Stellenwert von Ausbildung und Beruf ist, wie bereits im vorangehenden Kapitel angetönt in Brasilien ein anderer als in den USA und in der Schweiz. Dies wird nochmals deutlich, wenn man sich die Vorstellungen des Lebens über ganz unterschiedliche Lebensbereiche hinweg vor Augen führt. Während bei Schweizer Jugendlichen persönliche Beziehungen und die Art des Umgangs mit anderen Menschen auf den obersten Rängen zu finden sind, kommt an vierter Stelle der Wunsch nach einem spannenden Beruf. 24

Grafik 23 Trend Ländervergleich Vorstellungen des Lebens (1) / Schweiz "Jeder Mensch hat bestimmt Vorstellungen, die sein Leben und Verhalten bestimmen. Wenn Sie daran denken, was Sie in Ihrem Leben anstreben: Wie wichtig sind dann die folgenden Dinge für Sie persönlich?", Anteile äusserst und sehr wichtig addiert Freunde haben, auf die man sich verlassen kann 90 93 87 87 82 81 81 80 80 75 77 71 71 89 89 89 80 ein gutes Familienleben/eine gute Partnerschaft führen Ehrlichkeit Treue einen spannenden Beruf haben das Leben in vollen Zügen geniessen als Persönlichkeit respektiert werden Verantwortungsbewusst leben und handeln eine gute Aus- bzw. Weiterbildung erhalten Toleranz Grafik 24 Aug./Okt.2010 Mai 2011 März/April 2012 gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1000) Amerikanische Jugendliche betonen Werte des Umgangs noch stärker und auch eine gesunde, nachhaltige Lebensführung ist ihnen wichtiger als Beruf oder Ausbildung. Trend Ländervergleich Vorstellungen des Lebens (1) / USA "Jeder Mensch hat bestimmt Vorstellungen, die sein Leben und Verhalten bestimmen. Wenn Sie daran denken, was Sie in Ihrem Leben anstreben: Wie wichtig sind dann die folgenden Dinge für Sie persönlich?", äusserst, sehr und eher wichtig Ehrlichkeit 94 94 93 93 92 92 90 91 91 90 90 90 89 89 88 88 88 Das Leben in vollen Zügen geniessen Treue Als Persönlichkeit respektiert werden Gesund leben Verantwortungsbewusst leben und handeln Gesteckte Ziele mit Fleiss erreichen Freunde haben, auf die man sich verlassen kann Aug./Okt.2010 Mai 2011 März/April 2012 Ein gutes Familienleben/ eine gute Partnerschaft führen Eine gute Aus- bzw. Weiterbildung erhalten gfs.bern, Jugendbarometer, März/April 2012 (N = ca. 1'000) In Brasilien ist hingegen wiederum die stärkere Priorisierung von Ausbildung und Beruf zu sehen, wobei auch hier Werte gross geschrieben werden. Innerhalb der zehn erstrebenswertesten Vorstellungen des Lebens rangieren in Brasilien immerhin drei, die sich um Ausbildung und Beruf drehen. 25