Pressemitteilung Plastik-Projekt an der Uni Regensburg Studentische Kunstwerke aus Beton Auf das Tonmodell wird erst von vorne, dann von hinten Gips aufgetragen. Fotos: Lena Schabus, Regensburg Erkrath, November 2014. Die Studierenden am Institut für Kunsterziehung der Universität Regensburg gestalten und gießen imposante figürliche Plastiken im Maßstab 1:2. Jede Figur wird zunächst in Ton modelliert und mit Gips abgeformt. So entsteht die Gipsnegativform, die schließlich mit Beton ausgegossen wird. Zu Beginn des Sommersemesters 2014 war es wieder soweit: Prof. Dr. Birgit Eiglsperger startet mit einer kleinen Gruppe Studierender ihr Plastik-Projekt. Zuvor hatten die angehenden Kunsterzieher, die später vorrangig an Grund-, Haupt- und Realschulen als Lehrerinnen und Lehrer arbeiten werden, bereits Einführungskurse in verschiedenen künstlerischen Bereichen absolviert: Grafik, Malerei, Digitale Medien und Plastik. Nun sollte im Fach "Plastisches Gestalten" die Arbeit am dreidimensionalen Objekt vertieft werden. In wöchentlichen Sitzungen mit einem Aktmodell wurde zunächst eine menschliche Figur in Grafiken skizziert, die dann plastisch mit Ton modelliert wird. Der Maßstab: ungefähr 1:2, also halbe Lebensgröße. Um die Stabilität der Tonfigur zu gewährleisten, wird ein Skelett aus Eisenstangen, Holzteilen und Draht gebaut, auf
das der Ton aufgetragen wird. Aus dem fertigen Tonmodell entsteht dann die spätere Betonplastik. Prüfender Blick: Überzeugt die Formspannung des Tonmodells im Vergleich zum Aktmodell? Foto: Lena Schabus, Regensburg Birgit Eiglsperger ist die Verbindung von Theorie und Praxis wichtig. Bei ihren Kursteilnehmern möchte sie die "differenzierte Wahrnehmung fördern" so die Leiterin des Instituts für Kunsterziehung. "Die Studenten sollen lernen: Wie schaut ein Bildhauer? Welche elementaren Merkmale erkennt er in einer Form und wie durchdringt er das komplexe Formengefüge?" erläutert die Hochschullehrerin, die ein sicheres Auge und ein Empfinden für Formen und Proportionen vermitteln will und daher viel Wert auf die praktische Arbeit ihrer Studenten legt: "Man muss die Leute ihre eigenen Erfahrungen machen lassen". Auch bei ihren eigenen Kunstprojekten arbeitet Eiglsperger viel mit dem Werkstoff Beton, den sie wegen seiner Langlebigkeit schätzt: Einige ihrer Skulpturen stehen im Freien seit über 10 Jahren. Für ihre Hochschulprojekte hat sich Birgit Eiglsperger Beton als Gussmaterial ausgesucht: "Beton ist widerstandsfähiger als z. B. Gips, und die Oberfläche kann dezidiert bearbeitet werden."
Vom Tonmodell zur Gipsnegativform Um das fertige Tonmodell herum wird zunächst eine Trennschicht aus abstehenden Tonstreifen angefügt. Sie teilt das Modell hier eine stehende Aktfigur - in zwei senkrechte Hälften und trennt die späteren Halbschalen für den Guss. Von beiden Seiten wird anschließend Gips auf das Tonmodell aufgetragen. So entsteht auf jeder Seite der umlaufenden "Ton-Trennwand" eine Gipsnegativform. Bei größeren Skulpturen muss der Gips durch eine geeignete Armierung verstärkt werden. In der Werkstatt an der Uni Regensburg steht den Studierenden neben Professorin Eiglsperger auch Werkstattleiter Günter Schwarz zur Seite. Er hilft beim Herstellen der Betonmischungen und natürlich auch beim Abguss und beim Ausschalen. Beim Umgang mit den halblebensgroßen und schweren Figuren sind erfahrene Hände eine große Unterstützung. Vorsichtig wird die Gipsnegativform geöffnet Nach dem Aushärten öffnen die Studierenden die Gipsnegativform vorsichtig, z. B. mit dem Meissel. Durch Wasser, das in die noch geschlossene Form eingegossen wird, entsteht eine Gleitschmiere. Sie sorgt dafür, dass die beiden Halbschalen leichter vom Modell abgezogen werden können. Meist zerreisst das Tonmodell dabei obwohl es bewehrt ist, da es den auftretenden Zugkräften nicht standhalten kann.
Die neu entstandene Form wird nach dem Öffnen von Tonresten gereinigt, kleinere Fehlstellen oder Luftlöcher können mit Gips oder Ton ausgebessert werden. Der wichtigste Arbeitsschritt steht nun bevor. Der Betonguss Schon in den ersten Wochen des Semesters hatte Rüdiger Schemm, Gebietsleiter bei BetonMarketing Süd, den Studierenden das nötige Basiswissen über den Baustoff Beton vermittelt. In seinem Vortrag berichtete er auch über neueste Erkenntnisse aus der Betonforschung. Die theoretischen Grundlagen sind also vorhanden. Nun wird es praktisch: Um Betonskulpturen aus Negativformen herzustellen, benötigt man Betonmischungen aus Zement, Sand und Wasser. Bei den Plastik- Projekten in Regensburg arbeiten die Studierenden mit Tonschmelzzement, da der daraus hergestellte Beton besonders gut fließt, eine feine Oberflächenzeichnung hat und die späteren Skulpturen Frost und Hitze sehr gut standhalten. Auch die warme, dunkle Farbe gibt den späteren Betonplastiken deutlich mehr Tiefe als das schlichte Grau des herkömmlichen Portlandzements. Zunächst mischen die Kursteilnehmer den Beton aus Quarzsand, Wasser und Zement so zusammen, dass er eine "sahneartige" Konsistenz bekommt. Damit werden die beiden Halbschalen von innen bestrichen, um feinste Unebenheiten der Oberfläche auszufüllen. Auf diese Weise wird auch verhindert, dass die leichte Bewehrung aus verzinktem Eisendraht, die in die Betonskulptur mit eingegossen wird, an die spätere Oberfläche der Figur gelangt. (Wie im großen Maßstab auf der Baustelle ist also auch in der Betonwerkstatt der Kunststudenten die richtige Betondeckung ein wichtiges Thema. Schließlich sollen die Skulpturen auch wetterfest sein und das auf Jahre hinaus.)
Die beiden zusammengefügten Halbschalen aus Gips werden mit Beton ausgegossen Die mit einer oder zwei feinen Schichten Beton bepinselten und von innen bewehrten Schalen werden nun zusammengefügt. Der Beton kann jetzt eingegossen werden! Je nach Form der Plastik kann statt eines Massivgusses auch ein materialsparender Hohlguss gemacht werden. Dabei wird der feuchte Beton erst schichtweise in die Negativformen aus Gips gefüllt, die inneren Fugen der Stückformen später mit Flüssigbeton ausgegossen. Vorteil beim Hohlguss: Erheblich weniger Gewicht und auch eine höhere Druckfestigkeit.
Die Reste der Gipsschalung werden entfernt, der ausgehärtete Beton kommt zum Vorschein --- Start Kasten --- Gips oder Silikon? Bei der Arbeit mit Gips als "Schalungsmaterial" ist jeweils nur ein Abguss (Positiv) pro Schalung möglich, denn die Gipsschale muss nach dem Abguss zerstört werden: Sie wird zerschlagen, um den Abguss aus Beton freizulegen. Alternativ könnten die Schalungen aus Silikon hergestellt werden. Damit wären zwar mehrere Abgüsse möglich, doch Birgit Eiglsperger hat sich bewusst für Gips entschieden, weil die Gestaltungsmöglichkeiten der Betonplastiken dadurch größer sind: "Bürstet man nach dem Ausschalen die Reste der Gipsfarbe komplett ab, entsteht eine grau-braune Oberfläche. Entfernt man sie nur stellenweise, lassen sich durch die Erhaltung der natürlichen Haut interessante Farbwirkungen erzielen, die den beabsichtigten Ausdruck der Plastik unterstützen." --- Ende Kasten --- Nach dem vollständigen Aushärten des Betons (in der Regel am nächsten Tag) wird die Gipsschale stückweise entfernt. Dabei besteht natürlich die Gefahr, dass abstehende Teile der Plastik abgeschlagen werden. Es ist also größte Vorsicht geboten! Sobald die Figur vollständig "freigelegt" ist, können Fehlstellen im Beton ausgebessert werden. Danach folgt die künstlerische Detailarbeit. Im Plastik-Projekt von Prof. Eiglsperger arbeiteten die Studierenden bis zu zwei Wochen an den Oberflä-
chen ihrer Figur. Es bieten sich viele Möglichkeiten, die Betonplastik individuell zu gestalten: Mit Schleifpapier, Wasser und Schwamm kann die übrig gebliebene Gipsfarbe ganz oder teilweise entfernt werden, je nachdem, ob eher die dunkle Tönung des Tonerdezements oder die hellere Gipsfärbung betont werden soll. Auch das Verfeinern mit Wachs, Steinöl oder Politur ist möglich, ganz nach Vorstellung und Ausdrucksabsicht. Die fertige Betonskulptur von Magdalena Mayer Ansprechpartner für die Medien: Print: Holger Kotzan kotzan@beton.org Tel. 0211 28048-306 M: 01522 9965758 Online: Michael Buchmann buchmann@beton.org