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Transkript:

Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Fakultät Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften Chemisches Praktikum Energie- und Umwelttechnik Komplexometrische Titration P 4 1 Aufgabenstellung Durch komplexometrische Titration (Komplexometrie) ist es möglich, zahlreiche Metallkationen in natürlichen und technischen Wässern durch Bildung von Chelatkomplexen (Umschlingungs-komplexen) quantititav zu bestimmen. Die zur Komplexbildung geeigneten Substanzen sind demnach mehrzähnige Liganden und werden als Komplexbildner oder Komplexone bezeichnet. Zunächst ist die Gesamtkonzentration an Ca 2 - und Mg 2 -Ionen eines Wassers (Wasserhärte bzw. Gesamthärte) zu ermitteln. Der Anteil der Carbonathärte an der Gesamthärte ist durch eine acidimetrische Titration der Hydrogencarbonationen (HC 3 ) mit Salzsäure (H ) zugänglich. Dann enthärtet man das Wasser mittels eines Mischbettionenaustauschers und bestimmt die verbliebene Gesamthärte erneut. 1.1 Bestimmung der Gesamthärte eines Wassers a) Komplexometrische Titration 50,0 ml einer Wasserprobe werden mit 0,01 mol/l EDTA-Lösung titriert. Es sind mindestens drei Titrationen durchzuführen. Geben Sie die Gesamthärte in mmol/l an. Ermitteln Sie ebenfalls die Wasserhärte in dh. Es können von Ihnen eigene Wasserproben mitgebracht (ca. 0,5 L) und untersucht werden! b) Prüfung mit Teststreifen Der durch Titration ermittelte Wert der Gesamthärte ist anschließend mit dem Härtegrad zu vergleichen, der mit Hilfe eines ausgegebenen Teststreifens näherungsweise ermittelt wurde! c) Messung der Ca-Konzentration mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) Die Messung wird durch das Lehrpersonal durchgeführt. Berechnen Sie anschließend die Mg- Konzentration durch Differenzbildung zur Gesamthärte ( a)). 1.2 Acidimetrische Titration der Carbonathärte 50,0 ml der gleichen Wasserprobe sind mit 0,01 mol/l HCl zu titrieren. Führen Sie drei Titrationen durch! Geben Sie den Gehalt an Hydrogencarbonat (HC 3 ) in mg/l sowie die Carbonathärte des Wassers in in mmol/l und o dh an! 1.3 Enthärtung der Wasserprobe und erneute Messung der Gesamthärte 150 ml des Wassers werden mit der bereitgestellten Menge an Mischbettionenaustauscher (ca. 0,5 g) 15 min gerührt, danach einmal 50 ml analog 1.1 a) titriert und mittels Teststreifen entsprechend 1.1 b) gemessen.

2 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Wasserhärte Der Begriff der Wasserhärte wurde in einer EG-weiten Vereinheitlichung neu gefasst und nur noch auf den Gehalt der Calcium- und Magnesiumionen bezogen. Demnach versteht man unter der Wasserhärte die Stoffmengenkonzentration der Ca 2 - und Mg 2 -Ionen c(ca 2 Mg 2 ) in mmol/l (DIN 38409 - H 6) Im allgemeinen besteht die Wasserhärte (Gesamthärte) zu 70 bis 85 % aus der Calcium- und entsprechend zu 15 bis 30 % aus der Magnesiumhärte. Eine sehr verbreitete und häufig angewendete Unterteilung der Wasserhärte, die sowohl in der Wasserwirtschaft als auch im Bauwesen nach wie vor eine wichtige Rolle spielt, orientiert sich an den vorhandenen Anionen. Man unterscheidet zwischen der Carbonat- und der Nichtcarbonathärte. Die Carbonathärte (KH) bzw. temporäre Härte ist jener Anteil an Calcium- und Magnesiumionen, für den in der Volumeneinheit eine äquivalente Konzentration an Hydrogencarbonationen vorliegt. Die KH ist durch Kochen entfernbar. Ca 2 Mg 2 4 HC 3 T CaC 3 MgC 3 2 H 2 2 C 2 (1) Kesselstein Die Nichtcarbonathärte (NKH) bzw. permanente Härte oder Resthärte ist der nach Abzug der KH von der Gesamthärte gegebenenfalls verbleibende Rest an Ca 2 - und Mg 2 -Ionen, der vor allem aus der Auflösung von Sulfaten (z.b. aus CaS 4 ) und Chloriden (z.b. CaCl 2 ) stammt. Die NKH lässt sich nicht durch Kochen entfernen. Die Bestimmung der Wasserhärte gehört zu den häufigsten Routinebestimmungen sowohl im analytischen als auch im technischen Bereich. Mit dem Inkrafttreten der Neufassung des Wasch- und Reinigungsmittelgesetzes (WRMG) vom 05. Mai 2007 wurden die Härtebereiche an europäische Standards angepasst und die obige Angabe Millimol Gesamthärte pro Liter durch die (chemisch nicht nachvollziehbare!) Angabe Millimol Calciumcarbonat pro Liter ersetzt. Laut der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V. soll die Angabe Millimol CaC 3 je Liter unverändert als Millimol Gesamthärte (Calcium- und Magnesiumhärte) je Liter aufgefasst und verwendet werden (3). Da in der Regel die Menge an Mg 2 im Vergleich zur Ca 2 -Konzentration im Wasser klein ist und beide Kationen analytisch zusammen bestimmt werden, wird der Gehalt an Magnesium üblicherweise nicht gesondert ausgewiesen, sondern dem Gehalt an Ca 2 zugerechnet. Im Gesetz wurden die bisherigen vier Härtebereiche zu drei Bereichen zusammengelegt: weich, mittel und hart. Sie sind wie folgt definiert: Härtebereiche für Wasser nach dem WRGM (Fassung 2007) Härtebereich c(ca 2 Mg 2 ) o dh 1 weich < 1,5 mmol/l < 7 2 mittel 1,5-2,5 8,4-14 3 hart > 2,5 > 14 In Deutschland wird die Wasserhärte häufig noch in Grad deutscher Härte o dh (auch: o d) angegeben (siehe vorstehende Tabelle). Es gilt: 1 o dh = 18 mg CaC 3 = 0,18 mmol CaC 3 in 1 Liter Wasser (2) 1 mmol CaC 3 / L = 5,6 o dh = 1 mmol (Ca 2 Mg 2 ) / L (3) Der Begriff "Härte" zur Charakterisierung bestimmter Eigenschaften eines Wassers ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht nötig, in der Praxis kommt ihm jedoch eine erhebliche Bedeutung zu. Insgesamt spielt die Menge an gelösten Calciumsalzen die dominierende Rolle, das Vorkommen von Magnesiumsalzen in höheren Konzentrationen ist meist örtlich bedingt (Nähe von Salzlagerstätten oder des Meeres). Historisch gesehen ist der Begriff der Wasserhärte auf das Verhalten des Wassers beim Waschvorgang mit fettsauren Seifen zurückzuführen. Hartes Wasser schäumt mit Seife schlecht und führt zur Abscheidung schwerlöslicher Ca- und Mg-Seifen. Auch die Haut wird von hartem Wasser schlecht benetzt. Moderne Waschmittel werden jedoch durch Zusatz geeigneter Enthärtersubstanzen in ihrer Waschwirkung kaum beeinträchtigt.

3 Bei zahlreichen industriellen und gewerblichen Prozessen darf das Wasser keine oder nur eine geringe Härte aufweisen. Der infolge des Einsatzes harten Wassers sich ausbildende Belag z.b. in Eisenrohren von Heißwasserleitungssystemen bewirkt zwar einen Korrosionsschutz, kann jedoch zu völliger Rohrverkrustung führen. Unter den in Dampfkesseln herrschenden Bedingungen bildet hartes Wasser Kesselstein, der nicht nur zu erheblichen Wärmeverlusten, sondern beim Abspringen des Belages auch zu Kesselexplosionen führen kann. Andererseits gibt es industrielle Bereiche, wo ein bestimmter Salzgehalt des eingesetzten Wassers erwünscht ist (Lebensmittelindustrie, Bauwesen). So können z.b. zu weiche Wässer infolge ihres hohen Lösevermögens zur hydrolytischen Zersetzung der Zementphasen und damit zur Zerstörung der Bausubstanz führen. In medizinischer Hinsicht besteht bis heute noch relative Unklarheit über die Korrelation Härte des Wassers - Herz-Kreislauf-Krankheiten. Im Allgemeinen gilt jedoch eher zu weiches als zu hartes Wasser als gesundheitsgefährdend, da es leichter Schwermetallspuren zu mobilisieren vermag (zum Beispiel aus dem Rohrnetz). Wasser mittlerer Härte mit einem hohen Gehalt an Hydrogencarbonat schmeckt frisch und ist als Trinkwasser hervorragend geeignet. Übersicht über die Härtearten Wasserhärte (Gesamthärte) Calciumhärte 70-85 % Magnesiumhärte 15-30 % Carbonathärte (temporäre Härte) Nichtcarbonathärte (permanente Härte) Ca(HC 3 ) 2 Mg(HC 3 ) 2 CaS 4, CaCl 2 MgS 4, MgCl 2

4 2.1 Wasserenthärtung mit polymeren Ionenaustauschern Polymere Kationenaustauscher Ca 2 H 2 (Austauscher) Ca(Austauscher) 2 H S 3 - H Ca 2, - 2 H S 3 - S - 3 H H Cl - - S 3 Regenerierung Ca 2 Polymere Anionenaustauscher - 2 H 2 Mischbett-Ionenaustauscher S 4 2- (Austauscher)(H) 2 (Austauscher)S 4 2 H - NR 3 H - S 4 2-, - 2 H - NR 3 NR 3 H - Na H - NR 3 Regenerierung S 4 2-2.3 Komplexometrische Titration Während bei der im Praktikumskomplex "Redox- und Fällungstitration" durchgeführten Titration das zu bestimmende Ion in eine schwerlösliche Verbindung überführt wird (Fällung), erfolgt bei der komplexometrischen Titration die Bestimmung des jeweiligen Kations durch Komplexbildung. Komplexbildner sind meist Salze von Aminopolycarbonsäuren, die mehrere zur Koordination befähigte Sauerstoff- und Stickstoffatome enthalten. Das in diesem Praktikumskomplex verwendete Komplexon ist das Dinatriumsalz der Ethylendiamintetraessigsäure, Dinatrium-Ethylendiamintetraacetat (kurz EDTA). EDTA ist für die meisten zwei- und dreiwertigen Metallionen ein ausgezeichneter Komplexbildner. Deshalb müssen vor der analytischen Bestimmung von Erdalkalimetallionen in Wasser störende Metalle chemisch entfernt werden. Dies geschieht durch Zugabe von Natriumsulfid in alkalischer Lösung, die eventuell entstehenden Metallsulfide sind gegen den Komplexbildner beständig. Der sechszähnige Ligand EDTA bildet mit Erdalkalimetallionen bei ph = 10 einen 1 : 1-Komplex. Das bedeutet: 1 Mol Ca 2 wird durch 1 Mol EDTA komplexiert (4). 2 H N N H C C C C C H C 2 C N Ca 2 2 H Ca N C C (4)

5 Vor der eigentlichen Titration wird der Untersuchungslösung ein sogenannter Metallindikator zur Erkennung des Äquivalenzpunktes zugegeben. Metallindikatoren sind Farbstoffe, die mit Metallionen farbige Metall-Indikator-Komplexe bilden. Im Falle der komplexometrischen Bestimmung von Calcium wird der Farbstoff Eriochromschwarz T (Erio T) verwendet, der mit Ca 2 einen weinroten Calcium-Indikator- Komplex bildet. Bei der nachfolgenden Titration mit dem Komplexbildner EDTA bilden die Ca 2 -Ionen einen Ca-EDTA-Komplex, der stabiler als der vorliegende Ca-Indikator-Komplex ist. Es läuft eine Ligandenaustauschreaktion ab. Der anfangs am Metall komplex gebundene Farbstoffligand wird im Verlauf der Titration sukzessiv durch EDTA verdrängt. Die Farbe des freigesetzten Indikators, die sich von der des Calcium-Indikator-Komplexes unterscheiden muss, zeigt den Äquivalenzpunkt an. [Ca-Indikator-Komplex] EDTA [Ca-EDTA-Komplex] Indikator (5) weinrot blau Da bei der Komplexbildung Wasserstoffionen frei werden, muss zur Einhaltung eines ph-wertes von ph = 10 eine Pufferlösung eingesetzt werden. Erhöht man den ph-wert über 12, so fällt vorhandenes Magnesium quantitativ als Hydroxid aus und der Anteil an Calciumionen kann separat bestimmt werden (Kalkhärte). 2.4 Bestimmung der Carbonathärte Zur Bestimmung der Carbonathärte muss die den Erdalkalimetallionen äquivalente Konzentration an Hydrogencarbonationen erfasst werden. Hydrogencarbonationen sind amphoter und können mit Protonen, also einer starken Säure titriert werden. Bei der acidimetrischen Bestimmung der Carbonathärte läuft somit folgende Säure-Base-Reaktion ab: HC 3 H ( 3 ) (6) ( 3 ) H 2 C 2 (7) HC 3 H H 2 C 2 (8) Die gebildete Kohlensäure zerfällt, das Kohlendioxid entweicht aus der Lösung, so dass die Umsetzung vollständig zugunsten der Endprodukte verläuft. Die Titration erfolgt, analog wie im Praktikumskomplex Säure-Base-Titration beschrieben, mit 0,01 mol/l HCl gegen einen Mischindikator (Methylrot / Bromkresolgrün = 1 : 5). 2.5 Stöchiometrie der Umsetzung und Endpunktbestimmung Für den Stoffumsatz der Reaktion a A b B Produkte gilt wieder allgemein: n A / n B = a / b bzw. n B = b/a n A (9) Mit c = n / V und M = m / n folgt erneut: c B = b/a c A V A / V B (10) m B = b/a c A M B V A = f V A (11) c mb = b/a c A M B V A / V B = f V A / V B (12) m B = Masse des gesuchten Stoffes in g (mg) c A = Konzentration der Maßlösung in mol/l M B = molare Masse des gesuchten Stoffes in g/mol V A = verbrauchtes Volumen der Maßlösung in L (ml) c mb = Massenkonzentration des gesuchten Stoffes in g/l V B = Volumen der vorgelegten Lösung des gesuchten Stoffes in L (ml) f = stöchiometrischer Faktor in g/l (mg/ml)

6 3 Hinweise zur Versuchsdurchführung 3.1 Bestimmung der Gesamthärte eines Wassers a) Komplexometrische Titration Exakt 50,0 ml (Pipette verwenden) des zu untersuchenden Wassers werden mit etwa 50 ml deionisiertem Wasser und anschließend mit 2-3 Tropfen 1 %iger Natriumsulfidlösung (Na 2 S) versetzt. Nach Zugabe von 5 ml Ammoniak-Pufferlösung und 1 Spatelspitze Erio T wird analog 3.1 mit 0,01 mol/l EDTA-Lösung titriert. Es sind mindestens 3 Titrationen durchzuführen! Hinweis: Die Berechnung der Wasserhärte in mmol/l erfolgt mit dem Mittelwert an verbrauchter EDTA-Lösung V A nach Gleichung 10 (a = b = 1)! Beachten Sie das Probevolumen V B = 50 ml. Der vorhandene Magnesiumanteil wird bei dieser Titration summarisch miterfasst und ist demzufolge im Analysenergebnis enthalten. Die Abweichung der Einzelwerte untereinander sollte 0,3 ml (besser 0,2 ml) nicht überschreiten. Gegebenenfalls sind weitere Bestimmungen durchzuführen und einzelne Werte zu streichen. b) Prüfung mit Teststreifen Der Teststreifen wird in die riginalwasserprobe (ohne Zusätze!) kurz eingetaucht, abgeschüttelt und nach ca. 30 s mit der aushängenden Farbtabelle verglichen. Die Teststreifenergebnisse sind generell Näherungswerte, die vom Analysenergebnis deutlich abweichen können. c) Messung der Ca-Konzentration mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) Diese Bestimmung mit einer der heute üblichen Standardmethoden soll Ihnen einen Einblick in die moderne Elementanalytik geben. Gleichzeitig ermöglicht die Messung des Calziums, die Ermittlung der Magnesiumkonzentration durch Differenzbildung zur Gesamthärte. Damit können konkretere Aussagen zur Trinkwasserqualität getroffen werden. Nähere Erläuterungen der Apparatetechnik geben wir Ihnen mündlich. Die einfache Differenzrechnung leiten Sie sich bitte selbst ab! 3.2 Acidimetrische Bestimmung der Carbonathärte Exakt 50 ml des zu untersuchenden Wassers (Pipette verwenden!) werden mit 5 Tropfen Mischindi-kator versetzt und anschließend mit 0,01 mol/l HCl bis zum Umschlag von blaugrün nach grau (ohne Rotoder Blaustich!) titriert. Es sind mindestens drei Bestimmungen durchzuführen! Hinweis: Bestimmen Sie die Konzentrationen c m (HC 3 ) nach Gleichung 12 und c(hc 3 ) nach Gleichung 10. Für den Anteil der Carbonathärte an der Gesamthärte gilt: 2c(Ca 2 ) = c(hc 3 ) 3.3 Enthärtung der Wasserprobe und erneute Messung der Gesamthärte 150 ml des Wassers werden in ein Becherglas mit Magnetrührer gegossen (Eichmarke des Becherglases) und mit der bereitgestellten Menge an Mischbettionenaustauscher (0,5 g) versetzt. Man spült das kleine Vorratsgläßchen mit ca. der Hälfte seines Volumens mit Wasser nach und überführt das Spülwasser ebenfalls in das Becherglas. Wenige zurückbleibende Partikel sind ohne Bedeutung. Dann wird 15 min auf der Magnetplatte gerührt. Mann lässt danach den Austauscher absetzen, entnimmt mit der Pipette 50 ml und titriert analog 3.1a) diesmal nur eine Probe. Das Ergebnis wird erneut mit dem Teststreifen verglichen. Die Berechnung erfolgt analog 3.1.

7 4 Kontrollfragen 4.1 Welche Härte besitzt eine Wasserprobe, die in 100 ml 210 mg CaS 4 2 H 2 (gesättigtes Gipswasser) enthält? Geben Sie die Härte in mmol/l und in o dh an! 4.2 Ein Wasser enthält 200 mg Ca 2 und 48,6 mg Mg 2 im Liter. Welche Härte besitzt das Wasser in mmol/l und in o dh? 4.3 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für die Titration der Carbonathärte mit Salzsäure! Wie würde die Gleichung lauten, wenn statt Salzsäure Schwefelsäure verwendet würde? Verallgemeinern Sie die beiden Reaktionsgleichungen! 4.4 Nennen Sie 4 Möglichkeiten bzw. Methoden zur Wasserenthärtung. Welche chemischen Reaktionen laufen bei ihrer Anwendung ab? (Mögliche Reaktionsgleichungen formulieren!) Was versteht man unter der "Vollentsalzung des Wassers"? Warum ist vollentsalztes Wasser für die menschliche Ernährung nicht geeignet? 4.5 ph-indikatorpapier zeigt in einer wässrigen KHC 3 - Lösung eine Blaufärbung. Warum? Formulieren Sie die erklärende Reaktionsgleichung! 4.6 Wie kann man toxische Schwermetallionen aus belastetem Abwasser entfernen? 5 Arbeitsschutz im chemischen Praktikum Für die in diesem Versuchskomplex durchzuführenden Laborarbeiten, insbesondere den Umgang mit Gefahrstoffen, gelten die folgenden, in der Arbeitschutzunterweisung erläuterten, Betriebsanweisungen (BA) nach 20 Gefahrstoffverordnung: 1) Arbeitsplatzbezogene BA (Allgemeine Laborordnung des Praktikumslabors) 2) Stoffbezogene BA für die laut Praktikumsvorschrift verwendeten Stoffe und Zubereitungen Die Betriebsanweisungen sind Bestandteil der Versuchsvorschrift und hängen im Labor aus! Erste Hilfe bei Unfällen wird durch das Lehrpersonal organisiert. Ersthelferin ist Frau Dipl.-Chem. U. Greif. 6 Literatur 6.1 G. Jander, E. Blasius; Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum, S.Hirzel Verlag, Stuttgart, 1995 6.2 H.-G. Henning, W. Jugelt, G. Sauer; Praktische Chemie, Verlag Harri Deutsch, Thun und Frankfurt am Main, 1991 6.3 D. Flottmann, D. Forst, H. Roßwag; Chemie für Ingenieure, Springer Verlag, 2003 6.4 R. Pfestorf, H. Kadner; Chemie - ein Lehrbuch für Fachhochschulen, Verlag Harri Deutsch, Thun und Frankfurt am Main, 2000 03/2012