Streitschlichtung: Neue Infopflichten ab 1. Februar 2017

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Transkript:

Streitschlichtung: Neue Infopflichten ab 1. Februar 2017 Inhalt Einführung 2 Neue Pflichten ab dem 1. Februar 2017 3 Für welche Händler gelten die Pflichten? 4 Wo und wie muss ich informieren? 4 Muster für Ihren Online-Shop 5 Warum alternative Streitbeilegung? 6 Was ist die OS-Plattform? 7 Was passiert nach Einreichen einer Beschwerde? 8 Entwicklung seit dem 9. Januar 2016 9 Wie hoch sind die Kosten des Verfahrens? 10 Über den Autor 11

Einführung Ab dem 1. Februar 2017 gelten neue Informationspflichten für alle Online-Händler. Händler müssen dann in ihrem Shop eine Information bereithalten, ob sie bereit sind, an einer außergerichtlichen Streitschlichtung teilzunehmen. Außerdem müssen Sie den Verbraucher in Textform genauer informieren, wenn eine Streitigkeit zwischen Händler und Verbraucher nicht geklärt werden konnte. Schon seit einem Jahr, den 9. Januar 2016 gilt die ODR-Verordnung der Europäischen Union, die die Schaffung der sogenannten OS-Plattform regelt. Diese Verordnung verpflichtete Händler bereits, auf die OS-Plattform in ihrem Shop hinzuweisen. Parallel zu dieser Verordnung gibt es die ADR-Richtlinie, durch die die EU-Mitgliedstaaten die Voraussetzungen schaffen sollen, eine online vorgenommene außergerichtliche Streitbeilegung zwischen Verbrauchern und Händlern zu ermöglichen. Die ADR-Richtlinie wurde in Deutschland umgesetzt mit dem sogenannten Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), welches zum größten Teil am 1. April 2016 in Kraft trat. Am 1. Februar 2017 werden auch die letzten Vorschriften des VSBG in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt müssen Händler neue Informationspflichten erfüllen. Geschieht dies nicht, drohen erneut teure Abmahnungen. Wir erklären Ihnen die wesentlichen Regelungen der ODR-Verordnung und des VSBG. Außerdem erhalten Sie mit diesem Whitepaper kostenlose Muster, mit deren Hilfe Sie die neuen Informationspflichten erfüllen können. Verpassen Sie nicht den Stichtag und vermeiden Sie so Abmahnungen. 2

Neue Pflichten ab dem 1. Februar 2017 Am 1. Februar 2017 treten die letzten Vorschriften des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes, 36 und 37 VSBG in Kraft. Ab diesem Tag müssen Online-Händler gemäß 36 Abs. 1 VSBG Verbraucher in ihren AGB und anderweitig auf der Webseite leicht zugänglich, klar und verständlich darüber informieren, 1. inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und 2. über die jeweilig zuständige Verbraucherschlichtungsstelle, wenn Sie sich zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet haben oder gesetzlich verpflichtet sind. Gesetzliche Verpflichtungen, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, existieren bisher für Einzelhändler nicht. Es kommt also grundsätzlich auf den Händler selbst an, ob er an einem solchen Verfahren teilnehmen möchte oder nicht. Wenn ein Händler nicht dazu bereit ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, muss er auf seiner Webseite darauf hinweisen. Außerdem werden ab dem 1. Februar 2017 alle Händler gemäß 37 Abs. 1 VSBG dazu verpflichtet, einen Verbraucher nach Entstehen einer Streitigkeit auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen (mit Name, Anschrift und Website) sowie darüber zu informieren, ob sie bereit sind, an der Schlichtung teilzunehmen. Diese Informationen müssen in Textform erfolgen, also z.b. per Mail. Konkret heißt dies also, wenn eigene Versuche des Händlers, die Streitigkeit aus dem Weg zu räumen, z.b. mittels des hausinternen Beschwerdemanagements, gescheitert sind, muss dem Verbraucher in Textform mitgeteilt werden, dass der Händler bereit oder verpflichtet zur alternativen Streitbeilegung ist. Zudem muss die Anschrift und die Webseite der zuständigen Schlichtungsstelle dem Verbraucher mitgeteilt werden. Ist der Händler nicht bereit, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, muss er auch dies dem Verbraucher mitteilen. 3

Für welche Händler gelten die Pflichten? Grundsätzlich sind alle Händler, die Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher anbieten, dazu verpflichtet, die o.g. Informationspflichten zu erfüllen. Für Unternehmen, die zum 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Beschäftigte hatten, gilt die Informationspflicht nach 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG nicht. Kleine Unternehmen sollen dadurch privilegiert werden, gezählt wird allerdings pro Kopf, also auch Teilzeitkräfte werden als Beschäftigte berücksichtigt. Achtung: Unternehmen mit 10 oder weniger Beschäftigten zum 31. Dezember des Vorjahres sind nur von der Informationspflicht aus 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG befreit. Die Informationspflichten aus 37 VSBG, die nach Entstehung einer Streitigkeit zu erfüllen sind, gelten für alle Unternehmer, also auch für kleine Betriebe. Entgegen einer Entscheidung des LG Dresden gelten diese Pflichten auch für Händler, die ihre Angebote auf amazon oder ebay oder anderen Plattformen anbieten. Auch dort muss der Hinweis auf die OS-Plattform sowie die weiteren Informationen nach dem VSBG erfüllt werden. Zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren sind Online-Händler grundsätzlich nicht verpflichtet, unabhängig von der Mitarbeiteranzahl. Wo und wie muss informiert werden? Nach dem Gesetzeswortlaut in 36 Abs. 1 VSBG müssen die Informationen leicht zugänglich, klar und verständlich sein. Gemäß 36 Abs. 2 VSBG müssen Händler, soweit sie eine Webseite unterhalten, auf ihrer Webseite die Informationen zur Verfügung stellen und soweit sie AGB verwendeten, die Informationen in ebendiesen angeben. Es bietet sich daher an, diese Informationen sowohl im Impressum des Online-Shops als auch in den AGB bereithalten. 4

Das OLG München (Urt. v. 22.9.2016, 29 U 2498/16) hat klargestellt, dass der Link auf die OS-Plattform nicht nur sichtbar, sondern auch klickbar sein muss, um den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften zu entsprechen Muster für Ihren Online-Shop Damit Sie die Informationspflichten erfüllen können, haben wir für Sie Muster erstellt. Diese können Sie in Ihr Impressum und Ihre AGB integrieren. Für Händler, die nicht verpflichtet und nicht bereit sind, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen: Alternative Streitbeilegung gemäß Art. 14 Abs. 1 ODR-VO und 36 VSBG: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die Sie unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ finden. Zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle sind wir nicht verpflichtet und nicht bereit. Für Händler, die nicht verpflichtet, jedoch bereit sind, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen: Alternative Streitbeilegung gemäß Art. 14 Abs. 1 ODR-VO und 36 VSBG: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die Sie unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ finden. Wir sind bereit, an einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Für Händler, die sich verpflichtet haben oder verpflichtet sind, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer bestimmten Schlichtungsstelle teilzunehmen: Alternative Streitbeilegung gemäß Art. 14 Abs. 1 ODR-VO und 36 VSBG: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit, die Sie unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ finden. Verbraucher haben die Möglichkeit, sich für die Beilegung ihrer Streitigkeiten an [Name, Anschrift, 5

Webseite der Schlichtungsstelle] zu wenden. Wir sind verpflichtet, an Verfahren zur Streitbeilegung vor dieser Stelle teilzunehmen. Wir werden an einem solchen Verfahren teilnehmen. Warum alternative Streitbeilegung? Grundsätzlich sind Verfahren vor den ordentlichen Gerichten ein langwieriger und teurer Prozess, im europäischen Ausland teilweise noch länger als in Deutschland. Die Möglichkeit einer zügigen und effizienten Streitbeilegung ohne gerichtliches Verfahren soll die staatlichen Gerichte entlasten und den Verbrauchern zu ihren Rechten verhelfen. Außerdem sollen Hemmungen der Verbraucher bei grenzüberschreitendem Online-Shopping abgebaut werden, da diese nunmehr bei Problemen beim Kauf oder Retoure ein einfaches und kostengünstiges Mittel zur Verfolgung ihrer Rechte haben. Das Verfahren ist für Verbraucher kostenlos. Eine persönliche Anwesenheit wie bei einer Gerichtsverhandlung ist ebenso wenig erforderlich wie die Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Das Ergebnis der alternativen Streitbeilegung ist die Unterbreitung eines Lösungsvorschlages, den die Parteien akzeptieren oder auch ablehnen können. Eine verbindliche Entscheidung wie bei einem Gerichtsverfahren wird nicht getroffen. Gleichwohl wird allerdings die Verjährung der Ansprüche für den Zeitraum des Verfahrens gehemmt. Sind die Parteien mit dem Lösungsvorschlag nicht einverstanden, besteht also immer noch die Möglichkeit, den Streit vor den ordentlichen Gerichten klären zu lassen. Letztlich soll dieses Verfahren auch zu besseren Kundenbeziehungen führen und Händlern die Möglichkeit bieten, sich durch die Bereitschaft der Teilnahme an einem solchen Verfahren besonders kundenfreundlich zu zeigen. Ob ein solches Verfahren bei deutschen Verbrauchern und Händlern angenommen wird, bleibt noch abzuwarten. 6

Was ist die OS-Plattform? Die OS-Plattform ist eine Webseite, auf der Verbraucher aus der gesamten EU im Falle von Streitigkeiten mit einem Händler mittels bereitgestellter Online-Formulare Beschwerden in jeder europäischen Amtssprache einreichen können. Die Plattform geht auf die Verordnung No. 524/2013 über Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ODR-Verordnung) der Europäischen Kommission zurück. Diese Verordnung gilt seit dem 9. Januar 2016 und regelt für Online-Händler, dass diese einen leicht zugänglichen Link auf die Plattform auf ihrer Webseite bereitstellen (Artikel 14 Abs. 1). Der Link auf die OS-Plattform lautet http://ec.europa.eu/consumers/odr/ Sinn und Zweck der OS-Plattform soll es sein, den grenzüberschreitenden Handel im europäischen Binnenmarkt zu fördern und ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten. Die Streitbeilegung über die OS-Plattform erfolgt online in vier Schritten: 1. Einreichung der Beschwerde 2. Einigung über Streitbeilegungsstelle 3. Bearbeitung der Beschwerde durch die Streitbeilegungsstelle 4. Lösungsfindung und Schließung der Beschwerde. Mit der ODR-Verordnung einher ging auch die sogenannte ADR-Richtlinie, deren Ziel es ist, in den EU-Mitgliedstaaten Schlichtungsstellen zu schaffen. Diese Kontaktstellen werden auch AS-Stellen, Stellen für alternative Streitbeilegung, genannt. Über diese Stellen erfolgt letztlich auch die Bearbeitung der Streitigkeiten, die OS-Plattform bildet nur das Bindeglied zwischen den Streitparteien und den AS-Stellen. Die ODR- Verordnung und die ADR-Richtlinie sollen so die Voraussetzungen für ein europaweites Netzwerk zur Online-Streitbeilegung schaffen. Der Unterschied zwischen Verordnung und Richtlinie ist, dass eine Verordnung unmittelbare Rechtswirkung in allen Mitgliedstaaten entfaltet. Richtlinien dagegen werden von den nationalen Gesetzgebern des jeweiligen Staates umgesetzt und 7

entfalten erst dann Wirkung. Die Bundesrepublik Deutschland hat die ADR-Richtlinie in Gestalt des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) umgesetzt, welches zum größten Teil am 1. April 2016 in Kraft trat, die letzten Vorschriften treten zum 1. Februar 2017 in Kraft. Was passiert nach Einreichen einer Beschwerde? Nachdem ein Kunde eine Beschwerde über die OS-Plattform einreicht, bekommt der betroffene Händler diese Beschwerde per Mail übermittelt und wird aufgefordert, sich auf der Plattform zu registrieren und so mit dem Kunden in Kontakt zu treten. Art. 9 ODR-Verordnung regelt genau, was passiert, wenn eine Beschwerde eingereicht wurde. Dann wird zunächst dem Beschwerdegegner (also dem Online-Händler) folgendes übermittelt: Information, dass sich die Parteien auf eine Schlichtungsstelle (sog. AS-Stelle) einigen müssen Information über die AS-Stelle oder AS-Stellen, die grundsätzlich für die Streitigkeit zuständig ist bzw. sind eine Aufforderung, dass der Online-Händler innerhalb von 10 Kalendertagen angeben muss, ob er bereit ist oder er sich verpflichtet hat, an einer Schlichtung teilzunehmen und ob der Unternehmer bereit ist, eine der aufgeführten AS-Stellen zu nutzen Name und Kontaktangaben der OS-Kontaktstelle in dem Mitgliedstaat, in dem der Online-Händler seine Niederlassung oder Wohnsitz hat Insgesamt haben die Streitparteien 30 Kalendertage Zeit, sich auf eine AS-Stelle zu einigen. Gelingt dies nicht, wird die Beschwerde nicht weiter bearbeitet. Einigen sich die Parteien auf eine AS-Stelle, wird diese mit der Streitschlichtung beginnen. Die Streitbeilegungsstelle informiert die Parteien zunächst über die Modalitäten und die Kosten des Verfahrens. Die Parteien erhalten die Möglichkeit, binnen drei Wochen Stellungnahmen zur Streitigkeit abzugeben. Der gesamte Schriftverkehr zwischen den 8

Beteiligten und der Streitbeilegungsstelle wird elektronisch archiviert und ist bei Bedarf abrufbar. Der Sachverhalt wird anschließend von einem Streitmittler (in Deutschland müssen dies Volljuristen sein), begutachtet und ausgewertet. Dieser unterbreitet einen Schlichtungsvorschlag. Wird dieser von den Beteiligten nicht angenommen, so bleibt weiterhin die Möglichkeit, die ordentlichen Gerichte anzurufen. Das gesamte Verfahren soll in der Regel innerhalb von 90 Tagen nach Eingang der Unterlagen der Beteiligten abgeschlossen werden. Entwicklung seit dem 9. Januar 2016 Die ODR-Verordnung gilt seit dem 9. Januar 2016. Seit diesem Tag sind Händler, die Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher anbieten, verpflichtet, in ihrem Online- Shop folgenden Link auf die OS-Plattform leicht zugänglich bereitzustellen: http://ec.europa.eu/consumers/odr/ Diese Pflicht gilt zwar seit dem 9. Januar 2016, die OS-Plattform ging aber erst am 15. Februar 2016 online. Gleichwohl wurden Händler, die den Link in dieser Zeit nicht bereithielten, abgemahnt und teilweise zur Unterlassung verurteilt. Am 1. April 2016 trat das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Kraft und die oben erwähnte zuständige Schlichtungsstelle für Deutschland wurde zugelassen. Dadurch konnte die OS-Plattform in Deutschland erstmalig genutzt werden und gemäß Artikel 14 Abs. 2 der ODR-Verordnung mussten bestimmte Händler zusätzlich einen Hinweis auf die Existenz der OS-Plattform und die Möglichkeit ihr Nutzung zur Streitbeilegung geben. Dies gilt jedoch nur insoweit, als der Händler sich verpflichtet hat oder verpflichtet ist, eine Streitbeilegungsstelle zu nutzen (z.b. für Energieversorger). Für die allermeisten Händler änderte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings nichts. 9

Wie hoch sind die Kosten des Verfahrens? Die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle erhebt von den an einem Verfahren beteiligten Händlern ein Entgelt in Abhängigkeit von der Höhe des Streitwertes. Diese Kosten entstehen, sobald sich der Händler dazu bereit erklärt hat, an dem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Die Kosten staffeln sich wie folgt: - 50 Euro bei Streitwerten bis einschließlich 100 Euro - 75 Euro bei Streitwerten von 100,01 Euro bis einschließlich 200 Euro - 150 Euro bei Streitwerten von 200,01 Euro bis einschließlich 500 Euro - 300 Euro bei Streitwerten 500,01 Euro bis einschließlich 2.000 Euro - 380 Euro bei Streitwerten von 2000,01 Euro bis einschließlich 5.000 Euro - 600 Euro bei Streitwerten von über 5.000 Euro Diese Kosten sind allerdings nicht zwingend, sondern die Verbraucherschlichtungsstelle verfügt bei der Erhebung über einen gewissen Spielraum. Wenn nach dem Vortrag des Händlers über die Sachlage die Schlichtungsstelle die Durchführung eines Verfahrens ablehnt, kann sie auch von der Erhebung von Kosten absehen. Für den Verbraucher ist das Verfahren grundsätzlich kostenlos. Beantragt er das Verfahren jedoch missbräuchlich, so kann ihm eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 30 Euro auferlegt werden. Des Weiteren werden die Verfahrenskosten gesenkt, wenn der Händler den Anspruch des Verbrauchers sofort vollständig anerkennt. Unter diesen Umständen werden Entgelte nur noch wie folgt erhoben: - 40 Euro bei Streitwerten bis 100 Euro - 50 Euro bei Streitwerten von 100,01 Euro bis 200 Euro - 75 Euro bei Streitwerten über 200 Euro Es ist also eine wirtschaftliche Entscheidung, ob man an dem Verfahren teilnehmen möchte, die jeder Händler für jede Beschwerde individuell treffen muss. 10

Über den Autor Martin Rätze Diplom-Wirtschaftsjurist und seit Oktober 2008 Mitarbeiter in der Rechtsabteilung der Trusted Shops GmbH. Er studierte Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht an den Universitäten Siegen und Athen. Er ist Autor im www.shopbetreiber-blog.de und berichtet regelmäßig über die aktuelle Rechtsprechung zum E-Commerce. Rätze ist Referent bei verschiedenen Industrieund Handelskammern und dem Verbraucherzentrale Bundesverband zum Thema "OnlineRecht". Veröffentlichungen u.a.: Wann ist die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen rechtsmissbräuchlich i.s.d. 8 Abs. 4 UWG? (MIR 2009, Dok. 34); Abmahnkosten wegen falscher Impressumsangaben (MMR 2012, 240); Vorgaben zur Beschriftung des BestellButtons im Online-Handel (VuR 2013, 474); Anforderungen an die Angabe einer Telefonnummer im Impressum eines Online-Shops (VuR 2015, 25); Zur Beschriftung eines Bestell-Buttons im Online-Handel (VuR 2015, 26); Voraussetzungen für den Versandhandel mit jugendgefährdenden Bildträgern (VuR 2015, 62); Zum Ausschluss des Widerrufsrechtes wegen Kundenspezifikation (VuR 2015, 63); Rechtsprechungsübersicht: Ein Jahr neues Verbraucherrecht (VuR 2015, 299); Kein Ausschluss vom Widerrufsrecht bei der Bestellung einer Couch in Standardfarben (VuR 2015, 312, zus. m. Ruttmann); Kein Ausschluss des Widerrufsrechts bei Heizölbestellungen im Fernabsatz (VuR 2015, 394); Mehrwertdienstenummer im Impressum (VuR 2016, 387). 11

shop@trustedshops.com Sie haben weitere Fragen zum Thema außergerichtliche Streitschlichtung? Das Trusted Shops Team hilft Ihnen gerne weiter. TRUSTED SHOPS GmbH, Subbelrather Str. 15c, 50823 Köln TRUSTED SHOPS GmbH Alle Rechte vorbehalten. Amtsgericht Köln, HRB 32735 USt-IdNr. DE 812 947 877 Geschäftsführer: Jean-Marc Noël, Thomas Karst, Ulrich Hafenbradl 20161109