Kreta Grandiose Touren unter südlicher Sonne: einsame Landstraße bei Agiá Paraskeví.
Die Wiege Europas Wo die erste Hochkultur Europas entstand, möchte jeder Reisende einmal gewesen sein. Radfahrer, die neben schöner Landschaft, gutem Essen und sportlichen Herausforderungen auch kulturelle Ziele suchen, finden auf Griechenlands größter Insel ihr kleines Paradies. 123
Kreta Soweit das Auge reicht: Schwer beladene Olivenbäume prägen die Landschaft bei Psalída. Text und Fotos: Daniel Simon In Kretas Hinterland schließt eine Taverne erst, wenn der letzte Gast gegangen ist. Es dämmert schon, als wir müde und erschöpft nach einer langen Etappe an Kretas Südküste fünfhundert Höhenmeter in die abgeschiedene Bucht von Ágios Pávlos hinunterfahren. Die Frau an der Rezeption des einzigen Hotels scheint uns unsere Erschöpfung nicht anzusehen. Das Haupthaus sei leider ausgebucht, aber wir könnten gerne in einer Dependance oben am Berg wohnen. Leicht schockiert nehmen wir den Schlüssel entgegen. Bevor wir uns wieder auf den mühsamen Anstieg machen, wollen wir uns wenigstens noch kurz die kleine Bucht ansehen. Da bemerken wir ein Schild mit der Aufschrift Taverna Mama Eva Rent Rooms. Wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, wo in dem Rohbau eine Taverne, geschweige denn Zimmer sein sollen. Trotzdem beschließen wir sofort: Hier bleiben wir. Mama Eva entspricht vollkommen dem Klischee einer alten Bilderbuch-Griechin. Freudestrahlend springt sie auf und zeigt uns ein einfaches, aber sehr nettes Zimmer. Später essen wir in einem romantischen kleinen Garten zu Abend. Unter Girlanden serviert uns Evas Tochter frisch zubereitete Köstlichkeiten. Bei Raki und Wein sitzen wir noch lange unter dem Sternenhimmel und lassen die letzten Tage Revue passieren. Als wir zahlen wollen, sitzt die Mama schlafend vor ihrem Haus. In der kretischen Provinz wird eine Taverne erst geschlossen, wenn der letzte Gast geht. Die Gastfreundschaft der Griechen ist legendär, doch die der Kreter übertrifft unsere Erwartungen. Wer auf Kreta radelt, taucht schnell ein in eine fremde, faszinierende Landschaft. Hohe, einsame Gebirge, fruchtbare und liebliche Hochebenen, wilde 124 TREKKINGBIKE 2/2012
Das Wetter kommt aus Westen: Straße zur römischen Ausgrabung von Kommós. Lichterspiel: Venezianischer Hafen in Chaniá. Einfaches Dorfleben: in Avrakontes auf der Lassíthi-Hochebene. 2/2012 TREKKINGBIKE 125
Kreta 126
Die Südwestküste mit dem Boot Kretas Südwesten fällt so steil ins Meer, dass es zwischen Paleochóra und Chóra Sfakíon keine Küstenstraße gibt. Ein Fährverkehr verbindet die Orte Paleochóra, Soúgia, Agia Rouméli, Loutró, Chóra Sfakíon und die Insel Gávdos. Die Fahrt ist ein Erlebnis, und der Clou: Man kann sie in jedem Ort für eine Übernachtung unterbrechen. Besonders lohnenswert sind Stopps in Agia Rouméli für eine Wanderung in die Samariá-Schlucht, und in Loutró. Der kleine, malerische Ort ist nur per Schiff oder zu Fuß zu erreichen und daher ein Paradies zum Erholen. Infos zu den Fährverbindungen findet man auf: www.cretetravel.com/to_and_from_crete/ferries_crete_south.htm. Die Fahrpläne sind leider nicht immer aktuell, und die Schiffe fahren nicht bei jedem Wetter. Daher sollte man sich auch stets vor Ort erkundigen. Die Neptune wartet an der Mole von Paleochóra auf ihre Passagiere. Schluchten, schroffe Steilküsten und feinsandige Traumstrände alles auf einer Tagesetappe zu erleben. Dazu reizvolle Städte und Ortschaften mit byzantinischen, osmanischen und venezianischen Baustilen. Einzigartig machen Kreta jedoch 5000 Jahre Kulturgeschichte. Die Zeugnisse der ersten europäischen Hochkultur der Minoer, die sich unter anderem in den Ausgrabungen von Knossós und Festós oder im Archäologischen Museum in Heráklion besichtigen lassen, ziehen den Besucher in ihren Bann. Der jahrtausendelange Austausch mit fremden Kulturen sowie die Abgeschiedenheit vom griechischen Festland prägen die stolzen, dem Gast gegenüber aber immer aufgeschlossenen Inselbewohner. Wir meiden die touristische Nordküste und starten im Hafenstädtchen Chaniá. Unser Ziel ist Heráklion. In 14 Tagen wollen wir den Südwesten Kretas mit Rad und Schiff erkunden. Unsere erste Etappe durch die Lefká Óri, die weißen Berge, ist bei leichten Steigungen noch sehr moderat. Kurz vor Elafonísi kommen uns die letzten Mietwagen der Sonnenanbeter entgegen, die tagsüber den weißen Sandstrand bevölkern. Am Abend haben wir die traumhafte Bucht ganz für uns allein. Die vermeintlich kurze Etappe am nächsten Tag erweist sich als eine der schwierigsten Strecken unserer Reise. Gefühlte Ewigkeiten kämpfen wir uns eine nicht enden wollende Schotterpiste bergauf. Ein heftiger Platzregen überrascht uns so blitzartig, dass wir unsere Regenkleidung lieber gleich in den Packtaschen lassen. Endlich wieder am Meer legen wir uns in den warmen Sand und überlegen, welche leckeren Vorspeisen wir uns zum Abendessen bestellen. Früh am nächsten Tag besteigen wir die Neptune. Das Schiff fährt entlang der steilen, von der Sonne ausgezehrten Südküste mit einigen Zwischenstopps nach Loutró. Als wir von Bord gehen, fühlen wir uns plötzlich ziemlich deplatziert. In dem pittoresken, von der restlichen Insel abgeschnittenen Fischerort haben mangels Straßen nicht einmal die Kinder ein Rad. So verschwinden die Tourenräder schnell in unserer Pension, und wir passen uns für einen Tag der mediterranen Gelassenheit der Einwohner an. Nach einer kurzen Überfahrt schwingen wir uns ab Chóra Sfakíon endlich wieder in den Sattel. In den vier Tagen nach Mátala, dem südlichsten Punkt unserer Tour, füllt sich das Reisetagebuch mit unvergesslichen Erlebnissen. Manchmal führen feinsandige Pisten direkt am Meer entlang, dann wieder zieht die Straße in weitem Bogen durch kleine Dörfer ins Bergland, oft mit wunderbaren Ausblicken weit über das Libysche Meer. Ein Highlight ist der Badestopp am Strand von Prevéli. Ein eiskalter Süßwasserfluss speist eine Palmenoase. Der zauberhafte Ort wirkt wie das Tor zur arabischen Welt. 2010 wurde das Naturwunder von einem An den Fels geklebt: die eindrucksvolle Straße über der Schlucht Topóliano. Byzantinische Kirche auf antiker Stätte: in der Ausgrabung von Agía Triáda. Endlich Feierabend: unsere Unterkunft Hariklia in Agía Galíni. 127
Kreta verheerenden Feuer heimgesucht. Zum Glück haben sich bereits nach einem Jahr die Palmen davon erholt. Nur einige schwarze Stämme zeugen noch von dem Flächenbrand. Auch ein Abstecher in die Minoische Ausgrabung von Festós darf nicht fehlen. Viel weniger rekonstruiert als das berühmte Knossós zeugt sie eindrucksvoll von der Erhabenheit dieser frühen Kultur. Mátala hat eine bemerkenswerte Geschichte. Hier ging wohl einst der lüsterne Zeus mit der entführten Europa an Land. In der Jungsteinzeit wurden die Wohnhöhlen in den Fels gegraben, die man noch heute besichtigen kann. Später nutzten die Römer Mátala als Hafen, und in den wilden 60er und 70er Jahren kamen die Hippies. Ein paar Blumenkinder sind geblieben und verleihen dem Badeort auch heute noch ein Flair von Unangepasstheit und Freiheit. Auch wir geben uns für ein paar Tage dem süßen Nichtstun hin. Nach einer Fahrt durch die fruchtbare Messará-Ebene, die Kornkammer Kretas, bewundern wir die antike Hauptstadt Górtis. Wir sind jetzt fit für unsere Königsetappe quer durch das Ída-Gebirgsmassiv. Stunde um Stunde schrauben wir uns den gewaltigen Bergrücken empor. Die einzigen Zeugen: ein paar Ziegen und zwei entgegenkommende Pick-ups. Irgendwann wird die Straße zur Schotterpiste. Totale Einsamkeit. Plötzlich fliegen keine zehn Meter vor uns fünf riesige Geier aus den Bäumen und kreisen noch lange über unseren Köpfen. Am späten Nachmittag haben wir den höchsten Punkt erreicht. In einer heruntergekommenen Taverne auf der Nída-Hochebene stärken wir uns mit einem Bergtee, dann geht es endlich auf die ersehnte Abfahrt. Mit jedem Meter wird es wärmer und sonniger. Erschöpft, aber glücklich erreichen wir nach neun Stunden im Sattel das Ziel unserer Reise: die Altstadt von Heráklion. Auf dem Weg zur Höhle des Zeus: totale Einsamkeit im Ída-Gebirge. Traum aller Urlauber: das Dörfchen Loutró ist nur übers Meer zu erreichen. Blick über das Libysche Meer bei Plakiás. 128 TREKKINGBIKE 2/2012
Infos: Kreta tourverlauf + GPS-Daten www.trekkingbike.com Rubrik: GPS-Touren Suche: Kreta Charakter Kreta ist mit 260 km Länge und bis zu 60 km Breite die größte Insel Griechenlands. Drei Gebirgszüge (Lefká Óri, Ída- und Díkti-Gebirge) mit fast 2500 Meter hohen Gipfeln fordern Kondition, verleihen aber der Insel eine gewaltige landschaftliche Vielfalt. Außer der großen Hauptroute E75 im Norden sind fast alle Straßen gut mit dem Rad zu befahren. Im Süden der Insel herrscht kaum Autoverkehr. ReiseVerlauf West-Kreta in 8 Radetappen und 1 Schiffspassage: 395 Kilometer, 8360 Höhenmeter 1) Chaniá Elafonísi; 79 km / 1200 Höhenmeter; lang und mittelschwer bis schwer 2) Elafonísi Paleochora; 28 km / 800 Höhenmeter; kurz aber anspruchsvoll 3) Paleochóra Agia Rouméli Loutró Chóra Sfakíon; Schifffahrt; ca. 4 5 Stunden 4) Chóra Sfakíon Frangokástello Plakiás; 37 km / 780 Höhenmeter; mittelschwer 5) Plakiás Préveli Ágios Pávlos; 45 km / 1270 Höhenmeter; lang und anspruchsvoll 6) Ágios Pávlos Mélambes Agía Galíni; 30 km / 790 Höhenmeter; mittelschwer 7) Agía Galíni Agía Triáda Festós Mátala; 31 km / 660 Höhenmeter; leicht 8) Mátala Ágii Déka Górtis Zarós; 50 km / 860 Höhenmeter; mittelschwer 9) Zarós Gérgeri Nída-Hochebene Anógia Heráklion: 95 km / 2000 Höhenmeter; sehr lang und anspruchsvoll Felsenkapelle in Mátala. Immer ein Genuss: frische kretische Küche. Beste Reisezeit April bis Mitte Juni und Mitte September/Oktober. Anreise Direktflüge von mehreren deutschen Flughäfen gibt es zwischen April und Oktober. Die meisten Flüge landen in Heráklion, aber auch Chaniá wird angeflogen. Außerhalb der Saison kann man per Linienflug via Athen fliegen. Von der Landeshauptstadt geht s per Inlandsflug in 50 Minuten oder wesentlich günstiger in 6 9 Stunden mit der Fähre nach Kreta. Fahrräder können bei allen Fluggesellschaften als Sondergepäck aufgegeben werden (70 bis 100 Euro hin und zurück). Einsam in exponierter Lage: Kirchlein bei Loutró. Unterkunft Die sommerliche Hauptsaison ist viel zu heiß zum Radfahren. In der Nebensaison bekommt man ohne Vorbuchung in jedem Ort problemlos Zimmer. Üblicherweise kann man sich die Zimmer ansehen, bevor man sich entscheidet. Meist sind sie einfach möbliert, aber sauber, die sanitären Einrichtungen gut. Die Preise liegen zwischen 30 Euro (ohne Frühstück) und 45 Euro (mit Frühstück). Unser Tipp: Nicht entgehen lassen sollte man sich die Pension Keramos in Zarós. Die Zimmer sind liebevoll eingerichtet, und die Wirtin Katerina zaubert ein Frühstück aus 16 frisch zubereiteten Köstlichkeiten von der mit Schafskäse und Honig gefüllten Pita bis zu Teigtaschen mit Orangencreme. LandKarten Anavasi Edition Topo 100-Karten, Maßstab 1 : 100.000; Nr. 92 Lasithi, Nr. 93 Iraklio Rethimno, Nr. 94 Chania ; wasserfeste und reißfeste Karten mit gutem Kartenbild und Höhenlinien, alle Ortsnamen in griechischer und lateinischer Schrift; je 10,90 Euro (vor Ort und in Deutschland erhältlich). www.anavasi.gr Reiseführer Kreta Reisehandbuch, Michael Müller Verlag, 24,90 Euro; sehr ausführlicher, aktueller Reiseführer. Zu fast jedem Ort findet man praktische Informationen. DuMont Kunst Reiseführer Kreta, 25,90 Euro; unentbehrlich für Interessierte an minoischer und byzantinischer Kunst und Kultur. Weitere Infos Griechische Zentrale für Fremdenverkehr, Neue Mainzer Str. 22, 60311 Frankfurt, Tel. 069/2578270, www.visitgreece.gr 2/2012 TREKKINGBIKE 129
Foto: Daniel Simon www.trekkingbike.com TESTABO JETZT 2 TREKKINGBIKE E TESTEN + GESCHENK NUR 6,50 (statt 9,80 ) TREKKINGBIKE-GLASBECHER-SETR-SET n aus gefrostetem Glas TREKKINGBIKE-TRINKFLASCHE n passt in alle gängigen Flaschenhalter n Füllmenge: 750ml AUCH INKLUSIVE digital FÜR NUR 1 EURO MEHR! HIER DIREKT BESTELLEN: abo.trekkingbike.com/5071b qja, ich teste die nächsten 2 Ausgaben TREKKINGBIKE für 6,50 qzusätzlich bestelle ich das Digital-Abo für nur 1, mehr. Wenn ich bis 10 Tage nach Erhalt der zweiten Ausgabe nichts Gegenteiliges von mir hören lasse, bin ich damit einverstanden, TREKKINGBIKE für mindestens ein Jahr (6 Ausgaben) zum derzeit gültigen Preis von 27, (Deutschland), 36,30 (sonstiges Ausland), inklusive Porto und Versandkosten zu erhalten. Nach diesem Jahr kann ich die Lieferung jederzeit stoppen. Wichtig: Kurzabo-Angebote sind zum persönlichen Kennenlernen der Zeitschrift und können daher nur ein Mal pro Haushalt genutzt werden (Geschenkabos sind ausgeschlossen). Als Geschenk erhalte ich (bitte nur ein Geschenk ankreuzen): das TREKKINGBIKE-Glasbecher-Set (ZTR11) die TREKKINGBIKE-Trinkflasche (ZTR13) der TREKKINGBIKE-Sattelschutz (ZTR05) das TREKKINGBIKE-Buff-Tuch (ZTR18) Aktion: P-5071/B-5072 Anschrift des Auftraggebers Ich zahle per: Bankeinzug (nur mit deutscher Bankverbindung möglich) IBAN BIC D E MASTERCARD VISA Card Gültig bis: Card-Nr. 1 HEFT GRATIS (bei Bankeinzug/Kreditkarte) Rechnung Einzugsermächtigung/SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige die Delius Klasing Verlag GmbH (DK) widerrufl ich, den Betrag bei Fälligkeit durch Lastschrift von meinem Konto einzuziehen. Ich ermächtige DK, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von DK auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, kann ich die Erstattung des Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit DK vereinbarten AGB. Gläubiger-ID: DE03ZZZ00000369776 *Lieferung solange der Vorrat reicht. TREKKINGBIKE-SATTELSCHUTZ n bei jedem Wetter sicherer Witterungsschutz n wasserdicht n mit patentierter Befestigung zum Schutz gegen Diebstahl BUFF-TUCH n 12 verschiedene Arten zum Tragen n dient bei Bedarf blitzschnell als Mund- und Nasenschutz n die atmungsaktiven Materialien schützen vor Wind und Wasser n hoher Tragekomfort Name, Vorname Straße, Nr. PLZ, Ort Telefon E-Mail Geburtsdatum Datum und Unterschrift Wichtig: Kurzabo-Angebote sind zum persönlichen Kennenlernen der Zeitschrift und können daher nur einmal pro Haushalt genutzt werden (Geschenkabos sind ausgeschlossen). abo.trekkingbike.com/5071b +49 (0)521-55 99 22 abo.trekkingbike@delius-klasing.de Delius Klasing Verlag, Postfach 10 16 71, D-33516 Bielefeld +49 (0)521-55 98 88 13