Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit

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75 1 Einleitung Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit Carl M. Müller-Platz Nach dem Tod des Bahnradfahrers Knut Jensen während der Olympischen Spiele in Rom wurde die Dopingbekämpfung erstmals 1964 im Regelwerk des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) verankert. Über viele Jahre hinweg war dann die Dopingbekämpfung Bestandteil des medizinischen Codes des IOC. Die dazu eingerichtete medizinische Kommission wurde von Prinz Alexandre de Merode bis zu dessen Tod geleitet. Über viele Jahre war der 1995 verstorbene Professor Manfred Donike Mitglied der Unterarbeitsgruppe Verbotsliste. Nach den Skandalen aufgrund des Missbrauchs von Anabolika wurde vom IOC 1988 eine Weltkonferenz gegen Doping einberufen. Dieser folgten bis zum Jahr 1993 drei weitere. Wesentliches Ergebnis war die Erstellung einer Internationalen Olympischen Charta gegen Doping im Sport, die auch von der UNESCO durch eine Resolution gestärkt wurde. Bei Konferenzen konnte generell ein zunehmendes Interesse staatlicher Vertreter festgestellt werden. Das IOC hatte den internationalen Sport und die Staaten zur Weltkonferenz gegen Doping im Februar 1999 eingeladen. Anlass war u.a. der Skandal bei der Tour de France im Jahr zuvor. Die Beschlüsse dieser Konferenz sollten eine neue Grundlage für die weltweite Dopingbekämpfung sein. Zur Harmonisierung der Dopingbekämpfungsmaßnahmen zwischen den internationalen Verbänden, zwischen den Staaten und zwischen Sport und Staat wurde die Errichtung einer Welt Anti-Doping Agentur (WADA) beschlossen. Ebenfalls beschlossen wurde die Herauslösung aller Anti-Doping-Vorschriften aus dem medizinischen Code des IOC mit der Maßgabe, ein eigenes Regelwerk, nämlich den Welt Anti-Doping Code (WADC), der weltweite Gültigkeit hat, zu entwickeln. Ende des Jahres 1999 begann die zügig eingerichtete WADA, die für die Anfangsphase erforderlichen Finanzmittel wurden vom IOC bereitgestellt, den WADC zu entwickeln. In insgesamt drei aufeinander folgenden Entwürfen wurde der WADC weltweit über das Internet zur Stellungnahme verbreitet und eine Schlussfassung im März 2003 anlässlich der Weltkonferenz gegen Doping in Kopenhagen für die Verbände und Institutionen des

76 Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit Sports einschließlich der Nationalen Anti-Doping Organisationen (NADO) zur Zeichnung ausgelegt. Hinsichtlich des Beitritts der Staaten zum Antidoping-Code wurde entschieden, dass dies in Form einer Welt Anti-Doping Konvention erfolgen sollte. In Kopenhagen wurde daher zuerst einmal eine Deklaration unterzeichnet, in der sich die Staaten verpflichteten, die Welt-Antidoping-Konvention zu verabschieden und darin auch die Kriterien des Welt- Antidoping-Codes zu beachten. Für die Bundesrepublik Deutschland hat diese Deklaration der Bundesminister des Innern selbst in Kopenhagen unterzeichnet. Basis für die Ausarbeitung einer Welt-Antidoping-Konvention sollte zunächst die Konvention des Europarates gegen Doping sein. Die in der UNESCO vertretenen Staaten zogen jedoch eine Neukonzeption vor. Der Welt Anti-Doping Code legt in der Einleitung fest, dass die weltweite Dopingbekämpfung mit einem Anti-Doping Programm auf drei Ebenen erfolgen soll. Oberste Verbindlichkeitsebene ist der Code selbst. Der Welt Anti-Doping Code kann nur durch die Mitglieder selbst geändert werden. Vom Code leiten sich die verbindlichen Standards ab. Sie werden zwar ebenfalls vor Verabschiedung zur Diskussion gestellt, die Entscheidung über ihre Gültigkeit erfolgt allerdings durch die WADA. Die Modelle optimaler praktischer Ausführung werden als Beispiele angeboten. Sie sind nicht verbindlich. Dem von der WADA vorgesehenen Zeitplan nach haben die Internationalen Verbände und die anderen dem Sport zuzurechnenden Organisationen den Code rechtzeitig vor den Olympischen Spielen in Athen verabschiedet. Der jeweils aktuelle Stand der Annahme des Codes kann auf der Website der WADA (www.wada-ama.org) aktuell abgerufen werden. Den Staaten steht die Zeichnung und Ratifizierung der Welt Anti-Doping Konvention bis zu den Olympischen Spielen 2006 in Turin noch bevor. Der jeweilige Stand des Entwurfs ist der Website der UNESCO (www.unesco.org) zu entnehmen. Mit der Verabschiedung der Welt Anti-Doping Konvention findet die Neuorganisation und Neustrukturierung der weltweiten Dopingbekämpfung ihren vorläufigen Abschluss. Nachdem Beschluss zur Bildung der WADA bei der Weltkonferenz gegen Doping 1999 veranlasste der Bundesminister des Innern die Bildung einer entsprechenden Agentur in Deutschland, die Nationale Antidoping Agentur (NADA) wurde ins Leben gerufen. Die offizielle Gründung der NADA erfolgte am 15. Juli 2002 als Stiftung des privaten Rechts. Ihr wurden die Aufgaben der ehemaligen Antidoping-Kommission (ADK) des

Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit 77 Deutschen Sportbundes (DSB) und des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) übertragen. Die weitergehenden Übertragungen von Aufgaben insbesondere aus dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) stehen noch aus. Dann wird auch national ein vorläufiger Abschluss der Umstrukturierung der Dopingbekämpfung in Deutschland erreicht sein. Der Welt Anti-Doping Code hat sich seither bewährt. Auch die Standards, es gibt insgesamt vier, sind in einem abgestimmten Zustand für jedermann zugänglich. Einer dieser Standards ist der Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden, ein anderer den therapeutischen Ausnahmen vom Verbot einiger Wirkstoffe gewidmet. 2 Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Wie schon in den früheren Jahren unterliegt die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden einem dauernden Wandel. Für das Jahr 2004 hat diese Liste erstmals die WADA in eigener Zuständigkeit erstellt. Inzwischen gilt die Liste für 2005. Diese Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden hat nicht nur für den Sport Bedeutung, sondern sie ist auch für das deutsche Recht verbindlich. Die Beobachtende Begleitgruppe der Konvention des Europarates gegen Doping als oberstes Beschlussorgan der Kontraktstaaten bestätigt die jeweilige Liste. Sie wird mit einer deutschen Übersetzung im Bundesgesetzblatt II veröffentlicht. Das Arzneimittelgesetz bezieht sich in seinem 6 a auf diese im BGBl II veröffentlichte Liste. Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden ist einem dauernden Wandel unterzogen. Sie spiegelt vorrangig den Stand der wissenschaftlichen Evaluierung gesundheitsschädlicher oder leistungssteigernder Effekte der aufgelisteten Wirkstoffe wider, lässt aber auch aufgedeckte Dopingpraktiken nicht außer Acht. Zur Einheitlichkeit der Liste und zu ihrer besseren Verständlichkeit hat die WADA in ihrem Code festgelegt, nach welchen Kriterien entschieden wird, ob ein Wirkstoff oder eine Methode in diese aufgenommen wird. Hierzu aus der offiziellen Übersetzung des WADC auf der Website der NADA: Ein Wirkstoff oder eine Methode kommt für die Aufnahme in die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden in Betracht, wenn die WADA feststellt, dass der Wirkstoff oder die Methode zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt:

78 Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit 1. Der medizinische oder ein sonstiger wissenschaftlicher Beweis, die pharmakologische Wirkung oder die Erfahrung, dass der Wirkstoff oder die Methode das Potenzial besitzt, die sportliche Leistung zu steigern oder diese steigert. 2. Der medizinische oder ein sonstiger wissenschaftlicher Beweis, die pharmakologische Wirkung oder die Erfahrung, dass die Anwendung des Wirkstoffs oder der Methode für den Athleten ein gesundheitliches Risiko darstellt. 3. Die Feststellung durch die WADA, dass die Anwendung des Wirkstoffs oder der Methode gegen den in der Einleitung beschriebenen Sportgeist verstößt (www.nadabonn.de). 2.1 Beispiele von Wirkstoffen Die Liste ist in Wirkstoffgruppen und Methoden unterteilt, jeweils bezogen auf generell verboten oder nur im Wettkampf. Sie beinhaltet neben der Nennung von Wirkstoffgruppen auch Beispiele von Wirkstoffen, ohne dass die Aufzählung Anspruch auf Vollständigkeit erheben würde. Deshalb hat das BISp hierzu eine Metaanalyse in Auftrag gegeben, die deutlich macht, dass zur eindeutigen Beweisführung einerseits und zur Frage der Beispielliste andererseits weitere Bewertungen unabdingbar sind. Stimulanzien sind eine problematische und große Gruppe verbotener Wirkstoffe, von denen nur wenige als Beispiele in der Liste aufgeführt sind. Im Jahr 2004 wurde nach vielen Jahren das Koffein von der Liste genommen, da nach wie vor zwar eine leistungssteigernde Wirkung unstrittig ist, aber ein erforderliches weiteres der oben aufgeführten Kriterien für Koffein nicht mehr zutrifft. Koffeinhaltige Getränke sind als allgemeine Genussmittel in der Gesellschaft weit verbreitet. Unterschiedliche Stoffwechseleigenschaften bei verschiedenen Menschen können im Einzelfall schon bei geringen aufgenommenen Mengen zum positiven Ergebnis im Urin führen. Glukokortikosteroide werden einerseits zur Behandlung von entzündlichen Gelenksprozessen andererseits aber auch zur Behandlung von anstrengungsbedingtem Asthma eingesetzt. Es ist bekannt, dass der Anteil an Asthmatikern bei Spitzensportlern deutlich höher als in der Bevölkerung ist. Die Anwendung von Glukokortikosteroiden ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Diese therapeutischen Ausnahmen erfordern jedoch einen hohen Verwaltungsaufwand. Auch bei der Verwendung von Beta-2-Argonisten gibt es Ausnahmegenehmigungen bei anstrengungsbedingtem Asthma. Auch diese Ausnahmegenehmigungen sind nicht einfach zu handhaben. In der Dopingkleinkonferenz am 22. Oktober 2004 hat sich das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) gemeinsam mit der NADA auch um diese Fragestellungen geküm-

Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit 79 mert. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass einerseits die Unterscheidung zwischen (verbotener) systemischer Anwendung und (erlaubter) lokaler Anwendung sehr schwierig ist, andererseits die Faktenlage über einen leistungssteigernden Effekt sehr dünn ist. Insoweit ist die Eingruppierung auf der Grundlage des Kriterienkatalogs im WADC zu hinterfragen. 2.2 Grauzone bei den verbotenen Wirkstoffen Wie aus der Liste bereits hervorgeht, gibt es spezifische Substanzen, die beim Nachweis im Urin zu verminderten Strafen führen kann. Weiterhin stehen gewisse Substanzen auf einer Überwachungsliste, um herauszufinden, ob deren Missbrauch weiter anhält. Hier wird versucht das Graufeld einer Dopingmentalität zu erfassen. Eine weitere Substanz in diesem Bereich ist das Kreatin, das auch keiner Überwachung unterliegt. Das Kreatin als natürlicher Stoff wird in ausreichendem Maße mit der Nahrung aufgenommen werden. Eine Absättigung insbesondere des Muskelgewebes durch die Nahrung ergänzende Aufnahme könnte vermutlich in gewisser Weise vorübergehend leistungssteigernd wirken. Ein effektiver Nachweis dazu wurde bisher nicht festgestellt. 2.3 Verbotene Methoden Nicht alle verbotenen Handlungsweisen im Sport sind in der Verbotsliste genannt. Der Welt Anti-Doping Code weist in seinem Artikel 2 weitere Dopingvergehen aus: Verweigerung der Probe Verletzung der Abwesenheitsmeldepflicht Besitz verbotener Substanzen und Methoden Handel im Zusammenhang mit verbotenen Wirkstoffen oder Methoden Unterstützung beim Doping In der Liste selbst sind als verbotene Methoden aufgeführt: Erhöhung des Sauerstofftransfers Chemische und physikalische Manipulation Gendoping Die Erhöhung des Sauerstofftransfers bezieht sich auf den Einsatz von Blut bzw. geeigneten Blutprodukten oder künstlichen Sauerstoffträgern. Beispielhaft sind Wirkstoffe, die hierzu verwendet werden könnten, genannt. Auch hier ist erkennbar die Liste nicht abgeschlossen.

80 Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit Die chemische und physikalische Manipulation bezieht sich auf die Verletzung der Validität und Integrität der Probe. Insbesondere sind intravenöse Infusion, soweit sie nicht medizinisch indiziert ist, die Katheterisierung und Austausch des Urins als Beispiele genannt. Zum Gendoping hat das BISp bereits im Jahr 2002 eine Kleinkonferenz durchgeführt und namhafte Wissenschaftler haben aus ihren Arbeiten den Wissensstand dargestellt und den möglichen Bezug zum Sport aufgezeigt. Derzeit fördert das BISp ein Projekt um die Grundlagen für die Analytik des Missbrauchs zu schaffen. Die Verabreichung einer Infusion ohne medizinische Indikation ist erstmals in der Liste für das Jahr 2005 enthalten. Diese Auflistung des Verbotes von Infusionen hat Wellen geschlagen, doch muss hier deutlich gemacht werden, dass die Verabreichung einer Infusion, z.b. zur Verbesserung der Regeneration, noch nicht zwingend als therapeutische Maßnahme eingestuft werden kann. Insoweit bleibt hier ein breites undefiniertes Feld, das im Zuge der neuen straffen Strategie der Dopingbekämpfung stärker geahndet wird. Es ist in Erinnerung zu rufen, dass die Verbotsliste zweierlei Intentionen vereinigt, die wissenschaftlich fundierte Feststellung bzw. der festgestellte häufige Einsatz im Sport. Das Verbot einer Infusion ohne medizinische Indikation ist mehr auf die tatsächliche Praxis im Sport zurückzuführen. 2.4 Graufeld verbotener Methoden Insbesondere bei den Methoden stehen zwei Maßnahmen in der Diskussion, das Training unter verminderter Sauerstoffspannung durch Trainingskammern mit verringertem Sauerstoffparzialdruck und die Kältekammern. Bei beiden Methoden ist bisher nicht bewiesen, dass sie wesentliche kraft- oder ausdauersteigernde Effekte haben. Die Vermutung scheint im Sport weit verbreitet zu sein und deshalb ist auch ihre Anwendung, da nicht verboten, mehr oder weniger häufig. Nicht auf der Liste der verbotenen Methoden steht das Höhentraining, mit dem durch den verminderten Sauerstoffparzialdruck in der Höhe erwartet wird, dass die Erythropoiese angeregt und als Folge die Sauerstofftransportfähigkeit im Blut erhöht wird. Verboten ist allerdings die Transfusion von Eigenblut, das unter Höhenbedingungen eine höhere Erythrozytenzahl hat als normalerweise. Trainingskammern mit einem verringerten Sauerstoffparzialdruck sollen denselben Effekt erzielen, werden im Handel angeboten und sind in einigen Fitnessstudios als fettverbrennendes Trainingsequipment im Einsatz.

Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit 81 Es werden auch Zelte mit Höhenbedingungen angeboten, um zumindest in der Ruhephase (Nacht) die Höhenwirkung zu maskieren ( Train low sleep high ). Viele Forschungen auf diesem Gebiet haben aber nur eine einschränkende Aussagefähigkeit hinsichtlich der Effektivität eines solchen intermittierenden Einsatzes. Im Jahre 2001 ging eine neue Methode erstmals durch die Presse, die Anwendung der Kältekammern. Ausgangspunkt in Deutschland waren Berichte, dass die Spieler einer durchschnittlichen Handballmannschaft in einer Rheumaklinik vor dem Spiel in die Kältekammer geschickt wurden und überraschenderweise die darauf folgenden Spiele gewonnen haben. Der Gedanke, dass Kryokammertherapie der Verbesserung der Leistungsfähigkeit dienen könnte, eröffnete somit den Weg in den Sport. Heute gibt es an mehreren Stellen den Einsatz dieser Kryokammern. Ob damit ein objektiv messbarer leistungssteigernder Effekt verbunden ist, bleibt jedoch offen. Es wird weiterer Diskussionen bedürfen, um hier zu entsprechenden Ergebnissen zu gelangen. Das BISp hat dazu ein Forschungsvorhaben gefördert, dessen Ergebnisse einen gewissen leistungssteigernden Effekt der Kältetherapie nicht ausschließen. Die Jagd nach dem geringen Vorteil gegenüber dem Wettkampfgegner ist also ungebrochen. 3 Zusammenfassung Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden hat mit den Kriterien, die im WADC festgelegt sind, eine objektive Grundlage erhalten. An keiner Stelle wird jedoch begründet, welche Kriterien auf welchen Wirkstoff zutreffen. Dies gilt insbesondere bei denen, die neu auf die Liste der verbotenen Wirkstoffe und verbotenen Methoden gesetzt werden. Weiterhin unklar ist die Bedeutung der Beispiele, obwohl das BISp durch die Finanzierung von Forschungen auf diesem Gebiet viel zur Klärung beigetragen hat. Insoweit sind die Forschungen, die das BISp in diesem Zusammenhang fördert, nicht vollständig umgesetzt. Wenn keine Begründung der Liste als ergänzender Teil zum Standard erfolgt, dann wird auch diese Liste künftig Unsicherheiten bergen und Interpretationsspielräume bieten, warum wohl eine Substanz auf die Liste genommen wurde. Dies lässt sich besonders deutlich an den unmittelbar einsetzenden Diskussionen nach dem generellen Verbot der Glukokortikosteroide, den therapeutischen Ausnahmegenehmigungen und dem Verbot nicht medizinisch indizierter Infusionen ableiten.

82 Die Liste der verbotenen Wirkstoffe und Methoden Anspruch und Wirklichkeit