Stock und Hut Foto: tierfotoagentur/a. Düren 76 WILD UND HUND EXKLUSIV www.wildundhund.de
WIE ÄUGT WILD Über die ideale Jägertarnung wird viel diskutiert. Die grundsätzliche Frage dabei: Wie nimmt das Wild den Waidmann wahr? Falk Kern Der Atem geht flach, Schritt für Schritt nähert sich der Jäger dem begehrten Rehbock. Das Tarnmuster seines Anzuges ist perfekt auf die Umgebung abgestimmt. Nicht mehr weit und der Schuss wäre möglich. Auf einmal wirft der Bock auf. Äugt genau in Richtung des Pirschenden. Er kann mich unmöglich eräugen!, denkt der Waidmann. Oder doch? Vom Grundprinzip ist der Aufbau der n bei allen Wirbeltieren gleich. Sie verfügen über Linsenaugen, bestehend aus Hornhaut, Regenbogenhaut (Iris), Linse und Netzhaut. Bilder, eigentlich nichts anderes, als vom aufgenommene Lichtstrahlen, werden durch Lichtrezeptoren in der Netzhaut für das Gehirn verständlich übersetzt. Unterschieden werden bei den Rezeptoren Zapfen und Stäbchen. Erstere sind für das Tages- und Farbsehen zuständig, zweitere für das Dämmerungs- und Nachtsehen. Diese Grundstruktur hat sich im Rahmen der Evolution der Lebensweise der verschiedenen Arten angepasst. Bei Raubtieren, wie auch beim Menschen, entwickelte sich ein auf Tag- und Nachtsehen sowie räumliches Sehen spezialisiertes. Bei Beutetieren, wie unseren Schalenwildarten, ist ein möglichst weitreichender Rundblick das Ergebnis der Entwicklung. Das weite Sehfeld hat zur Folge, dass bei Beutetierarten das räumliche Sehen schlechter ist. Ein verschwommenes Bild ist der Preis für den Überblick. Professor Leo Peichl vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt sagt: Es ist davon auszugehen, dass viele Schalenwildarten ein dem Menschen ähnliches Bild sehen. Abweichend sind jedoch Schärfe und das Farbsehen. Ging die Forschung früher von einer generellen Farbenblindheit des Schalenwildes aus, so weiß man heute, dank neuerer Erkenntnisse, dass Schalenwild, Raubwild und Nager zwei WILD UND HUND EXKLUSIV 77
Stock und Hut Aufbau des Wirbeltierauges (mit Tapetum lucidum der nachtsichtigen Arten) Zapfentypen auf der Netzhaut besitzen. Einen für den ultravioletten bis blauen Farbbereich, den anderen für den Bereich von Grün bis Rot. So sieht also Schalenwild Blautöne gut, wohingegen Grün, Gelb und Rot nicht unterschieden werden können. Das Verhältnis von Stäbchen zu Zapfen ist zugunsten der Stäbchen verschoben, was bedeutet, dass die Lichter des Schalenwildes eher auf das Sehen in der Dämmerung als auf farbliches Sehen ausgerichtet sind. Des Weiteren verbessert eine lichtreflektierende Schicht (Tapetum lucidum) in der Netzhaut des Schalen wildes das Äugen in der Dämmerung. Lediglich beim Schwarzwild kommt diese nicht vor. Schon lange wird den Schwarzkitteln der Geruchsinn als wichtigster vor dem Gehör attestiert. Landläufig unterstellt man den Sauen einen schlechten Sehsinn. Zwar sind laut Wissenschaft Riechen und Hören dominant, aber die vermutete Kurzsichtigkeit ist nicht vorhanden. Die Schwarzkittel sehen besser als gedacht. Grund hierfür ist das Sichtfeld der Wildschweine. Anders als bei anderen Schalenwildarten überlappt es bei ihnen. Dadurch können sie schärfer sehen. Dies erklärt auch das schnelle und sichere Fluchtverhalten über Hindernisse in mittlerer Entfernung. Die früher vorhandene Tagaktivität und die sehr guten Erfolgschancen der Pirsch bei Nacht auf die Schwarzkittel verifizieren diese Erkenntnisse. Für den Grafiken: Christoph Höner, Dagmar Siegel Linkes Zweiäugiges Gesichtsfeld Rechtes Linkes Zweiäugiges Gesichtsfeld Rechtes Linkes Zweiäugiges Gesichtsfeld Rechtes Je mehr die Gesichtsfelder überlappen, desto schärfer kann Wild sehen (zweiäugiges Gesichtsfeld). Links: Bei Raubtieren, wie hier beim Luchs, ist das Gesichtsfeld auf räumliches und Tag- und Nachtsehen ausgerichtet. Mitte: Beutetiere (Beispiel Rehwild) haben einen relativ guten Rundblick, der aber mit weniger Sehschärfe einhergeht. Scharfsichtige Punkte (hohe Rezeptorendichte) finden sich auf und an den Rändern der Netzhaut. Rechts: Beim Schwarzwild überlappt das Gesichtsfeld. Die Sauen sehen also schärfer, als bisher angenommen. 78 WILD UND HUND EXKLUSIV www.wildundhund.de
1 ZEHN TARN-TIPPS Aus den Lichtern, aus dem Sinn Entscheidet man sich für den Einsatz von Tarnkleidung, sollte sie von Kopf bis Fuß eingesetzt werden (keine freien Hände, Gesicht, unifarbene Hosen). Foto: Markus Groß Amerikanische Pirsch- und Bogenjäger schwören auf das verworren wirkende Muster der Firma Asat Camouflage. 2 Tarnklamotten sollten möglichst viele helle Elemente enthalten. Sie verschwimmen für das Wild stärker. 3 Die beste Wirkung hat Tarnung bei ruhigem Verharren vor der Vegetation. 4 5 6 Wählen Sie eine möglichst langsame Pirschgeschwindigkeit. Schaf- und Ziegenartige, wie Muffel- und Gamswild, sollten nicht gegen den Horizont angegangen werden, da sie bis zu 1 000 Meter weit äugen können. Kleidung, die zur Tarnung dient, sollte nicht mit Waschmitteln gewaschen werden, die Aufheller beinhalten. Bewegt sich der Pirschjäger (hier mit Blatttarnjacke von Swedteam), verfliegt schnell die Wirkung seiner Tarnung. 7 Auch für die Waffe ist ein Abtarnen zur Pirsch angeraten. 8 Beim Anpirschen des Schalenwildes muss die Scharfäugigkeit im Zentrum und am Rand der Netzhaut von Hirschund Ziegenartigen berücksichtigt werden. 9 10 Schwarzwild äugt auf mittlere Distanz gut, jedoch nicht bei Wegfall des Lichts. In Tarnkleidung ist man als Block auf einer Ansitzeinrichtung bei hellem Hintergrund erkennbar. Videos zur Tarnung gibt es auf: www.wildundhund.de Gerade die hellen Töne sorgen für ein Verschmelzen mit dem Hintergrund, wie hier beim aktuellen Tarnmuster von HART-Hunting. Fotos: Thore Wolf (4) Das Optifade - Muster auf der Jacke lässt Jäger und Vegetation bis auf die Hände verschmilzen. Mit Handschuhen ist er für Schalenwild verschwunden. WILD UND HUND EXKLUSIV 79
Stock und Hut Fotos: Thore Wolf (2) passionierten Pirschjäger stellt sich nun die Frage, wie er sich adäquat tarnen kann, um möglichst erfolgreich ans Wild zu gelangen. Neben den angeführten Sehfähigkeiten der verschiedenen Wildarten ist zu beachten, dass Hirsch- und Ziegenartige besonders im nzentrum und im Randbereich der Netzhaut sehr scharfsichtig sind (hohe Rezeptorendichte). Muffel- und Gamswild können Fremdkörper dank ihrer querovalen Pupille bereits auf einen Kilometer am Horizont eräugen. Zu der Frage der Tarnung muss sich der Jäger entsprechend auch die Frage stellen: Wie nähere ich mich dem Wild? Das weiß auch Markus Groß, begeisterter Pirschjäger und Vorstandsmitglied der Auslandsbogen jäger. Das klassische Jägergrün ist passé. Wir brauchen Muster, die unseren gesamten Körperblock auflösen. Diese, gepaart mit lansamen Bewegungsabläufen, bringen den Erfolg, äußerte er im Gespräch mit WILD UND HUND. Das Optifade -Muster (Jacke von Beretta) lässt den Jäger verschwimmen. Getarnte Pirschstöcke (hier Vanguard) unterstützen die Tarnung. Aus dieser Anforderung heraus werden immer mehr Tarnmuster entwickelt, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen gerecht werden sollen. Die am weitesten verbreiteten Muster sind die, die auf zwei Bildebenen basieren. Meist wird hier als Untergrund ein Braun- oder Grauton gewählt. Dieser ist großflächig und bei den sogenannten Realtree-Camouflage-Mustern 80 WILD UND HUND EXKLUSIV www.wildundhund.de
(Mimicry Camouflage) mit originalgetreuen Ast-, Blatt- und Baumstrukturen überlagert. Die groben Hintergrundelemente gepaart mit den Strukturen lösen den Jäger vor der ihn umgebenden Vegetation für die Lichter des Wildes auf. Maßgeblich entscheidend ist nicht das Muster (welche Baum- oder Gräserart), sondern das Verschmelzen des Jägers mit der Landschaft. In klassischer Kleidung bildet die jagende Person einen für das Wild sichtbaren Block. Auch klassische Firmen, wie Beretta ( GoreTex Optifade ), Chevalier ( Optifade Action ), Härkila ( Stealth ) oder Swedteam ( GoreTex Optifade ), setzen vermehrt auf neue Tarnstrukturen. Dabei handelt es sich bei dem sogenannten Optifade um ein auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Sichtweise des Schalenwildes angepasstes Muster. Entgegen dem Mimikry-Effekt bildet man hier digital wirkende Verbindungen aus Mikro- und Makromustern. Der Mikroanteil nutzt hierbei die Art, wie Wild Farben, Räume und Gegenstände wahrnimmt. Effekt: Der Jäger verschwimmt mit den ihn umgebenden Flächen. Beim Makroanteil soll die Symmetrie des menschlichen Körpers aufgelöst werden, sodass ein Identifizieren des Feindes trotz Erkennens unmöglich ist. Das findet bei Pirsch- und Bogenjägern großen Anklang. Auf einen ähnlichen Effekt setzt das Asat -Tarnmuster. Dort schlängeln sich beispielsweise schwarze Strichmuster auf sandfarbenem Grund. Auf den ersten Blick wirken beide Muster ungewohnt, der Erfolg gibt ihnen jedoch recht, weiß Jäger Markus Groß. Auch dreidimensionaler Flattertarn (Blattmuster) kann funktionieren und den Pirschenden mit der Umgebung eins werden lassen. Problematisch, so Professor Peichl, wird immer die Bewegung bleiben. Egal, wie sie getarnt sind, Wild wird schnelle Bewegungen auch in Form einer verschwommenen Masse nicht gut aushalten. Online D A S J A G D M A G A Z I N S E I T 1 8 9 4 Herren Lodenhose Gamsleiten Diese Lodenhose hat eine sportliche Schnittführung und ist mit zwei Eingrifftaschen, einer Schenkeltasche links mit Zipp und leichtem Nierenschutzbund ausgestattet. Material: 95 % Schurwolle, 5 % Alpaka. Farbe: grün/dunkelgrün. Größen: 46 62, 24-30, 102 Nur 215,00 Artikel: 25010557 www.wildundhundshop.de Passende Lodenjacke unter www.wildundhundshop.de Weitere Produkte finden Sie unter www.wildundhundshop.de WUHEX2013 Bestell-Hotline: 02604 978-777 Portofrei ab 100,- Einkaufswert. Ein Angebot der Paul Parey Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG, Erich-Kästner-Str. 2, 56379 Singhofen, Deutschland, vertreten durch Thorn Twer, Amtsgericht Montabaur, HRA 3166.