Empfehlungen für Archivierung und Nutzung der Personenstandsunterlagen im Archiv

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Transkript:

Empfehlungen für Archivierung und Nutzung der Personenstandsunterlagen im Archiv Zu den Auswirkungen der Novellierung der Personenstandsgesetzgebung auf die kommunalen Archive wurde bereits auf dem Schleswig-Holsteinischen Archivtag im Mai 2008 eine allgemeine Empfehlung verabschiedet. Dieser folgte im November 2008 eine Empfehlung des VKA zum Aussonderungsverfahren. Nach erfolgter Übernahme der älteren Personenstandsunterlagen in die Archive stellen sich eine Reihe von weiteren Fragen zur Pflege und Benutzung der Personenstandsbücher und zur Bewertung der Sammelakten. Eine Arbeitsgruppe im VKA hat hierfür die folgenden Empfehlungen erarbeitet. Diese basieren noch auf geringen Erfahrungswerten und können die einzelnen Archive nicht von ihrer Verantwortung für die Ermessensentscheidungen entbinden. 1. Empfehlungen zur Bewertung von Sammelakten Die Übernahme von Sammelakten zu Personenstandsbüchern stellt besonders für Archive eine Herausforderung dar, deren Überlieferung an Personenstandsbüchern sehr hoch ist. Das ist insbesondere bei bevölkerungsreichen Standesamtsbezirken oder an Standorten bestimmter Institutionen der Gesundheits- oder Sozialverwaltung, wie Krankenhäusern oder Altenheimen, der Fall. Bei kleineren Standesamtsbeständen dürfte sich eine vollständige Übernahme anbieten, da eine geringfügige Kassation keinen Gewinn an Lagerungskapazitäten bringen, aber die Geschlossenheit des Bestandes zerstören würde. Die hier vorgelegten Empfehlungen stellen die Entscheidung des einzelnen Archivs für eine vollständige Archivierung oder für eine stärkere Kassation nicht in Frage. Archivische Bewertungshoheit: Die Personenstandsbücher und die Zweitbücher sind grundsätzlich dauerhaft aufzubewahren ( 7 Abs.1 PStG). Da sie nach Ablauf der Fortführungsfristen den Archiven anzubieten sind, haben die Archive die Personenstandsbücher und die Zweitbücher zu übernehmen ( 7 Abs.3 PStG). Eine Bewertungsentscheidung stellt sich nicht. Für die Sammelakten endet die Aufbewahrungspflicht mit Ablauf der Fortführungsfristen, d.h. die Sammelakten fallen in die Bewertungshoheit des Archivs. Es gilt der Grundsatz: Allein das Archiv entscheidet über die Archivwürdigkeit. Sammelakten, die nicht für archivwürdig befunden wurden, können nicht im Standesamt verbleiben, sondern sind vom Standesamt zu vernichten ( 28 Abs.2 i.v.m. 13 Landesdatenschutzgesetz). Was sind Sammelakten? In den Sammelakten werden die Schriftstücke und Vorgänge abgelegt, die zu einer Eintragung oder einem Randvermerk in einem Personenstandsbuch geführt haben. Jeder Vorgang in einer Sammelakte ist daher grundsätzlich auf einen Eintrag bezogen; Jahr und Nummer des Eintrags sind auf den Schriftstücken vermerkt. Die Sammelakten sind den Personenstandsbüchern entsprechend in Sammelakten zu Geburtenbüchern (auch Geburtsbelege ), zu Heiratsbüchern (auch Heiratsbelege ) und zu Sterbebüchern (auch Sterbebelege ) gegliedert. Die Einträge oder

2 Randvermerke im Personenstandsbuch geben in standardisierter Kurzform den aus dem Vorgang in den Sammelakten hervorgehenden Sachverhalt wider. In einzelnen Standesämtern wurden bestimmte Vorgänge (z.b. Adoptionen, Legitimationen) aus den Sammelakten ausgegliedert und zu eigenen Serien zusammengeführt. Nicht zu jedem Eintrag in einem Personenstandsbuch, existieren auch Vorgänge in den Sammelakten. Oftmals werden Einträge auch auf mündlichen Bericht hin vorgenommen. Die Führung der Sammelakten ist durch 45 der Dienstanweisung für die Standesbeamten normiert (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz (Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden - DA -) vom 27. Juli 2000 i.d.f. vom 15. August 2007). Je nach zeitgebundener Rechtslage und je nach Arbeitsweise des Standesamts dürften Vorgänge zu den Personenstandsbüchern dennoch unterschiedlich geführt worden sein. Empfehlung zur Übernahme von Sammelakten: Sammelakten sind nicht grundsätzlich als archivwürdig anzusehen. Da die Vorgänge immer an einen Eintrag im Personenstandsbuch gebunden sind, enthalten die Personenstandsbücher bereits den bei weitem größten Teil der in den Sammelakten enthaltenen Information. Dennoch dokumentieren Personenstandsunterlagen die wesentlichen persönlichen Daten von jedermann. Die Bewertung der Sammelakten bedarf daher eingehender Prüfung. Folgende Überlegungen zur Übernahme und Bewertung beziehen sich nur auf die zum 1.1.2009 zur Übernahme anstehenden Sammelakten und sollen besonders großen Archiven die Übernahme erleichtern. Sie wollen Sammelakten bestimmen, die nicht übernommen werden sollten und aus Sicht des Archivs im Standesamt vernichtet werden können. Art der Unterlagen Als besonders reichhaltig erweisen sich die Sammelakten zu Heiratsbüchern. Hier haben die künftigen Eheleute zum Aufgebot eine Vielzahl von Belegen und Urkunden vorzulegen. Diese Belege werden dem Genealogen hilfreich sein, da hier Unterlagen zusammengestellt sind, die er ansonsten mühsam über zahlreiche Standesämter und Kirchenbuchstellen zusammentragen müsste. Gerade angesichts der ungewissen Verfügbarkeit von Personenstands- und Kirchenbüchern insbesondere der ehemaligen Ostgebiete oder auch von Unterlagen Angehöriger anderer Nationalität, könnten die in den Sammelakten zu Heiratsbüchern enthaltenen Urkunden die einzigen weiterführenden Nachweise für personenbezogene Recherchen sein. Weniger reichhaltig sind die Sammelakten zu Geburten- und Sterbebüchern. Hier finden sich nur wenige Einzelinformationen, die über die Personenstandsbücher hinausgehen. Diese Einzelfälle begründen aber keine Archivwürdigkeit der gesamten Sammelakten; sie können auch nicht selektiert werden. Sammelakten zu Heiratsbüchern kommen daher eher für eine dauerhafte Archivierung in Betracht als Sammelakten zu Sterbebüchern oder Geburtenbüchern, die nicht oder nur nach bestimmten Zeitschnitten archiviert werden sollten. Zeitschnitte Bestimmte chronologische Schnitte könnten für die historische Wissenschaft aber auch für rechtliche Nachweise von größerem Interesse sein. Besonders könnten sich die Sammelakten der Kriegs- und Nachkriegsjahre als aufschlussreich erweisen. In den Sterbebüchern dokumentiert sich beispielsweise die Meldung und die Beurkundung von Kriegstoten. Die Nachkriegsjahre sind jeweils durch Migrationsbewegungen aus den Ostgebieten geprägt. Auch für die personenbezogene Aufarbeitung der NS-Zeit könnten die Sammelakten Material bereithalten. Verwaltungshistorische Überlegungen legen im Übrigen die vollständige Übernahme des ersten Jahrgangs (1874/75) an Sammelakten nahe. Um die Kriegs- und Nachkriegsjahre zu erfassen, müssten die Jahrgänge 1914-1924 und 1932 bis 1957 übernommen werden.

Übernahmemodell Empfehlung Sammelakten zu vollständig vernichten, aufbewahren nur 1874/75, künftig Geburtenbüchern aufbewahren nur 1914-1924 und 1932-1957 Sammelakten zu Heiratsbüchern vorerst vollständig übernehmen Sammelakten zu Sterbebüchern vollständig vernichten davon nur aufbewahren 1874/75, 1914-1924; 1932-1957 3 Option weiterer Kassationen: Mit diesem Übernahmemodell kann etwa die Hälfte aller Jahrgänge vernichtet werden. Da die Sammelakten zu den Heiratsbüchern jedoch umfangreicher sind als die zu den Sterbe- und Geburtenbüchern, wird der Gesamtumfang nicht in gleichem Maß reduziert, so dass etwa 2/3 der Sammelakten übernommen würden. Die Archive sollten daher die Benutzung analysieren und überprüfen, ob die übernommenen Sammelakten tatsächlich in diesem Umfang eine dauerhafte Aufbewahrung rechtfertigen. Sollte sich die Archivwürdigkeit nicht bestätigen, sollten sich die Archive die Option einer umfangreichen Nachkassation offen lassen. 2. Vorlage und Einsichtnahme der Personenstandsbücher: Die Benutzung der Personenstandsbücher richtet sich nach 9 Landesarchivgesetz. Danach haben grundsätzliche alle Personen ein Recht auf Benutzung von Archivgut. Personenbezogenes Archivgut ist bis 10 Jahre nach dem Tod oder, wenn das Datum nicht feststeht, 90 Jahre nach Geburt der Betroffenen für die Nutzung gesperrt. Diese Fristen sind aber bei den archivierten Personenstandsbüchern bereits abgelaufen. Darüber hinaus muss nach 9 (2) geprüft werden, ob schutzwürdige Belange Dritter der Benutzung entgegen stehen können. Als Benutzung gilt die Erteilung von Auskünften, die Anfertigungen von einzelnen Ablichtungen und die Einsichtnahme. Es liegt im Interesse der Archive, die Bücher weitgehend ohne Prüfung des Einzelfalls zur Benutzung vorlegen zu können. Ein möglichst freier Zugang für die Forschung ist durch die Novellierung des Personenstandsgesetzes beabsichtigt und wird auch vom Landesdatenschützer in einer Stellungnahme befürwortet. a) Besuchern können in der Regel unbedenklich vorgelegt werden: Namensverzeichnisse Sterberegister bis ca. 1933 75 Jahre zurück 1 Heiratsregister bis ca. 1893 115 Jahre zurück 2 Geburtsregister bis 1898 110 Jahre zurück, vollständig b) Über diese Daten hinaus kann die Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange Dritter zumindest nicht völlig ausgeschlossen werden. (So können z.b. im Sterberegister vereinzelt Angaben zu noch lebenden Ehepartnern oder Eltern verstorbener Kinder enthalten sein. Im Heiratsregister können Hinweise zu späteren Kindern nachgetragen sein.) Je jünger die Bücher sind, desto häufiger muss mit Angaben zu noch lebenden Personen gerechnet werden. Ob es sich dabei tatsächlich um schutzwürdige Belange handelt, kann nicht abschließend bestimmt werden. (Im 3 (9) Bundesdatenschutzgesetz werden als besondere Arten personenbezogener Daten, Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder

4 philosophische Überzeugung, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit und Sexualleben definiert) Es wird empfohlen, pragmatische Lösungen zu finden, die den Schutz der Persönlichkeitsrechte Dritter berücksichtigen. Die Nutzung der Personenstandsbücher sollte andererseits nicht verhindert werden, weil die Prüfung, ob einzelne Einträge schutzwürdige Informationen zu Dritten enthalten, bzw. die Auswahl und Vorlage nur derjenigen Einträge, die dem Benutzungszweck entsprechen, zu aufwändig ist. Wir empfehlen daher, folgende Bücher zur selbständigen Einsichtnahme vorzulegen und sich von den Besuchern eine Erklärung zur Wahrung der schutzwürdigen Belange Dritter und zum Verzicht auf Weitergabe der Informationen unterschreiben zu lassen (siehe Anlage): Sterberegister ca. 1933-1943 65 Jahre zurück Heiratsregister ca. 1893-1903 105 Jahre zurück c) Für die folgenden Jahrgänge ist eine Benutzung nur durch Auskunft oder durch Einsichtnahme und Reproduktion einzelner Einträge zu empfehlen. Die Verantwortung für die rechtmäßige Gewährung der Einsichtnahme im Einzelfall liegt allerdings bei den einzelnen Archiven. 3. Anfertigungen von Kopien Da ein häufiges Auflegen der gebundenen Bände auf einen Kopierer oder Scanner Schäden verursachen kann, wird empfohlen, die Ablichtungen nur mit einem Buchscanner oder mit einer Fotokamera anzufertigen. Zum Schutz der wertvollen Bestände und zur Erleichterung der Benutzung empfehlen wir, die Namensverzeichnisse und gegebenenfalls die Personenstandsbücher vorsorglich zu digitalisieren und zu mikroverfilmen. 4. Beglaubigung von Kopien Für bestimmte Zwecke, vor allem zur Vorlage bei Gerichten, werden Benutzer beglaubigte Abschriften aus den Personenstandsbüchern anfordern. Grundsätzlich können Archive Kopien aus ihren Unterlagen beglaubigen. Es handelt sich dabei nicht mehr um Personenstandsurkunden; die Beglaubigung durch das Archiv bestätigt allein, dass die Kopie mit dem Original übereinstimmt. Rechtsgrundlage für Beglaubigungen ist das Landesverwaltungsgesetz v. 2. Juni 1992 (GVOBL S. 243) 91, 92 und die Landesverordnung zur Bestimmung der zur Beglaubigung befugten Behörden v. 12. Februar 2006 (GVPBL 2003, S.45). Vor Ort sind kommunale Ordnungen und Dienstanweisungen zu beachten. Nicht geklärt ist bisher die Frage, ob es eine Verpflichtung zur Beglaubigung gibt. Zur Beglaubigung braucht man: Die Berechtigung zur Führung eines Dienstsiegels Ein Beglaubigungsvermerk (Stempel) Ein Dienstsiegel Diese sind jeweils bei der Amts-/Fachbereichsleitung zu beantragen.

Abschriften/Ablichtungen/Vervielfältigungen werden beglaubigt, durch einen Beglaubigungsvermerk, der unter die Abschrift zu setzen ist. 5 Muster: Die Übereinstimmung der vorstehenden Ablichtung des Personenstandseintrags Nr. XX des Standesamtes XXXX, Jahrgang XXXX aus dem Bestand Personenstandsbücher des...archivs XXXX mit der Urschrift wird beglaubigt/bestätigt. Die Ablichtung besteht aus einem Blatt/ XX Blättern. Diese Ablichtung ist keine Personenstandsurkunde und hat keine Beweiswirkung im Sinne 54 ff Personenstandsgesetz. Ort, Dienststelle, Datum Unterschrift Dienstsiegel (der Kommune) 5. Berichtigungen im Archivgut Archivierte Personenstandsbücher dürfen nicht mehr fortgeführt werden, aber auch nach Archivrecht sind unrichtige Angaben zu berichtigen. Nach 11 (2) Landesarchivgesetz ist in den Unterlagen zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten, wenn personenbezogene Angaben unrichtig sind. Bestreiten Betroffene die Richtigkeit der Angaben, ist ihnen die Möglichkeit der Gegendarstellung einzuräumen. Es wird empfohlen, diese Berichtigungen direkt am Rand oder am Fuß des jeweiligen Personenstandseintrags zu vermerken. Der Vermerk ist formlos, sollte aber einen ähnlichen Wortlaut erhalten, wie folgendes Beispiel (Abkürzungen nach Anlage 3 der PStG- VwV-E (2009): Die Vornamen der verstorbenen Frau König lauten vollständig Hertha Louise (laut begl. Abschr. des Geb. Eintr. Nr. XX/1930 des St.Amtes Burg auf Fehmarn jetzt Fehmarn). Datum, Stadtarchiv Neustadt in Holstein Im Auftrag Unterschrift 1 Berechung unter der Annahme, dass Eltern eines verstorbenen Kindes mindestens 15 Jahre alt; Ehepartner eines Verstorbenen mindestens 16 Jahre alt sind. 2 Berechnung unter der Annahme, dass Kinder maximal 25 Jahre nach der Heirat geboren werden.