Potenziale städtischer Wärmenetze

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Transkript:

Potenziale städtischer Wärmenetze Expertengespräch, Berlin 16.05.2013 Dr. Matthias Sandrock Geschäftsführer Hamburg Institut

Agenda 1. Über das Hamburg Institut 2. Bedeutung des Wärmesektors für die Energiewende 3. Wärmenetze als Infrastruktur zur Integration erneuerbarer Energien 4. Woran es fehlt 5. Alles Zukunftsmusik? Einige gute Beispiele. Seite 2

Agenda 1. Über das Hamburg Institut 2. Bedeutung des Wärmesektors für die Energiewende 3. Wärmenetze als Infrastruktur zur Integration erneuerbarer Energien 4. Woran es fehlt 5. Alles Zukunftsmusik? Einige gute Beispiele. Seite 3

Wir bieten Strategieberatung für die Energiewende. Energiepolitische Strategien und Politikberatung Gesetzgebung, Regelungsstrategien und Förderinstrumente Entwicklung von Geschäftsmodellen und Produkten Vermarktungs- und Beschaffungsstrategien für Strom und Wärme aus Erneuerbaren Energien Klimaschutzkonzepte für Länder, Regionen und Kommunen Kommunale Wärmestrategien Kommunikations- und Dialogkonzepte Strategieprozesse Finanzielle Bürgerbeteiligungen an Kraftwerken und Stromnetzen Energiegenossenschaften Seite 4

Agenda 1. Über das Hamburg Institut 2. Bedeutung des Wärmesektors für die Energiewende 3. Wärmenetze als Treiber für die Integration erneuerbarer Energien 4. Woran es fehlt 5. Alles Zukunftsmusik? Einige gute Beispiele. Seite 5

Der Wärmesektor dominiert den Energieverbrauch. Die zahlreichen Studien und Szenarien zur zukünftigen Energieversorgung in Deutschland fokussieren sich auf den Stromsektor. Prozesskälte 1,9% Kälte 0,4% IKT 2,5% Beleuchtung 3,7% Raumwärme 25,8% Dieser Bereich umfasst jedoch nur etwa 16 % des Endenergiebedarfs. Mehr als die Hälfte des Energiebedarfs wird in Form von Wärme benötigt! Antriebe, Strom 8% Warmwasser 4% Antriebe, Kraftstoffe 23,3% Prozesswärme 21% Daten: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.v. Anwendungsbilanzen für die Endenergiesektoren in Deutschland 2011, März 2013 Seite 6

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Der Wärmesektor dominiert auch die Energiekosten. In der Energiewende fokussiert sich auch die Kostendiskussion auf den Stromsektor. Die Endverbraucherpreise für Wärme und Kraftstoffe sind jedoch gegenüber Strom in den letzten 20 Jahren deutlich höher angestiegen. Energiekosten eines Haushalts für Heizen und Warmwasser sind etwa doppelt so hoch wie die Kosten für Strom (BMWi 2011). Wer führt die Diskussion um eine Wärmepreis-Bremse? 400% 350% 300% 250% 200% 150% 100% 50% Heizöl Erdgas Fernwärme Strom Dieselkraftstoff Daten: BMWI Energiedaten; Entwicklung von Energiepreisen und Preisindizes, Endverbraucherpreise incl. Mwst., Tabelle 26 ; 1/2012 Seite 7

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Bisher kaum erneuerbare Energie in der Wärmeversorgung. Anteil erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung mit 10 % weniger als halb so groß wie beim Strom. Auch der Zuwachs Erneuerbarer Energien verläuft deutlich weniger dynamisch und stagniert seit 3 Jahren. Und: etwa 90 % des EE-Anteils werden über Biomasse erzeugt - die Hälfte davon wird in Anlagen mit geringem Wirkungsgrad und hohen Emissionen verbrannt. 25,0% 20,0% 15,0% 10,0% 5,0% Anteil EE am Brutto-Stromverbrauch / Wärmeverbrauch EE-Strom EE-Wärme Ausbau Erneuerbarer Energien im Wärmesektor muss zunehmend auf anderen Energieträger basieren (Geothermie, Solarthermie, Umweltwärme, ) 0,0% Daten: BMU / Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat); Stand März 2013 Seite 8

Die deutsche Wärmestrategie: Gebäudesanierung Langfristiges Ziel: Klimaneutraler Gebäudebestand. Keine Wärmeerzeugung mehr durch fossile Brennstoffe wie Kohle oder Erdgas! Nach umfassender energetischer Sanierung des Gebäudebestands könnte die Deckung des Restwärmebedarfs dann durch erneuerbare Energien (z.b. Wärmepumpen/ST) erfolgen. Quelle: Umweltbundesamt Energieziel 2050 Juli 2010 Seite 9

Problem: Flächenzuwachs frisst Effizienzgewinne. Der spezifische Wärmebedarf bei privat genutzten Gebäuden wurde zwischen 1990 und 2010 um 28 % gesenkt. Diese Einsparung wurde durch Zuwachs bei der Wohnfläche teilweise wieder aufgezehrt. Die absolute Heizwärme- Einsparung der letzten 20 Jahre beträgt weniger als 10%! Über Nichtwohngebäude und industrielle Prozesswärme gibt es kaum verlässliche Daten. 40% 30% 20% 10% 0% -10% -20% -30% -40% Entwicklung von Energiefaktoren von 1990-2010 26% spez. Wärmebedarf Wohnfläche Heizwärmeverbrauch -9% -28% Daten: BMWI Energiedaten; Bezug Private Haushalte (temperaturbereinigt) ; Tabelle 8 b ; 2/2012 Seite 10

Gebäudesanierung vs. Erneuerbare Energien. Energetische Sanierungsrate und -tiefe im Gebäudebestand ist durch verschiedene Hemmnisse deutlich zu gering. Die ambitionierten Ziele werden nicht erreicht. Ist erhöhte Förderung und/oder strengeres Ordnungsrecht ein geeigneter Hebel? Energetische Gebäudesanierung Welchen Spielraum lassen Stadtbild und Denkmalschutz? Welches energetische Sanierungsniveau ist volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvoll? Kann der verstärkte Einsatz Erneuerbarer Energien ein Defizit bei der energetischen Gebäudemodernisierung kompensieren? Einsatz Erneuerbarer Energien Seite 11

Agenda 1. Über das Hamburg Institut 2. Bedeutung des Wärmesektors für die Energiewende 3. Wärmenetze als Infrastruktur zur Integration erneuerbarer Energien 4. Woran es fehlt 5. Alles Zukunftsmusik? Einige gute Beispiele. Seite 12

Wärmenetze können Erneuerbare Energien integrieren. Wärmenetze können erneuerbare Energie und Industrie- Abwärme zur Nutzung einsammeln ermöglichen den Ausbau der stromgeführten Kraft-Wärme-Kopplung Einsatz erneuerbarer Energien ermöglichen besseren Immissionsschutz durch größere Anlagen bei Biomasseverbrennung bieten Perspektiven zur Energiespeicherung und Energiewandlung (auch power to heat) sind grundsätzlich flexibel für zukünftige Wärmeerzeugungstechnologien bieten also große Potenziale zur Integration erneuerbarer Energien Dezentrale Systeme Gebäude Zentrale Systeme Wärmenetze Seite 13

Aber: bisher nur wenig erneuerbare Energie in der Fernwärme. Anteil erneuerbarer Energie in der Fernwärme liegt unterhalb von 10%. Er stammt hauptsächlich aus der Müllverbrennung. Sonstige; 1% Müll; 5% Biomasse; 2% Steinkohle; 29% Mehr als 90 % der eingesetzten Brennstoffe stammen aus fossilen Quellen, etwa 40% aus Kohle. Industrie-Abwärme trägt bisher nur etwa 1% zum Fernwärmeaufkommen bei. Wärme aus KWK ist keine Abwärme. Diese Wärme erfordert zusätzlichen Brennstoff. Gas; 51% Öl; 1% Brennstoffeinsatz Fernwärme in Deutschland Daten: AGFW-Hauptbericht 2010 Braunkohle; 11% Seite 14

Fernwärme ist nicht immer klimafreundlich. Klimafreundlichkeit der Fernwärme hängt vor allem vom verwendeten Brennstoff ab. Hohe Kohle-Anteile am Erzeugungsmix führen trotz KWK zu hohen CO 2 - Emissionsfaktoren bei städtischen Fernwärmenetzen (u.a. Bremen, Berlin, Hamburg). Geringe Primärenergiefaktoren nach EnEV (FW 309) sind kein Maß für die Klimafreundlichkeit der Wärme. Fernwärme ist nach amtlicher Bilanzierungsmethode nur mit kohlenstoffarmen Brennstoffen und KWK klimafreundlicher als dezentrale Gas-Brennwertkessel. Hausmüll* Erdgas Steinkohle Braunkohle Gas dezentral Berlin Hamburg Bremen Brennstoffbezogene CO 2 -Äquivalente 144 202 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 g CO2/kWh Fernwärme-Emissionsfaktoren 2010 0 50 100 150 200 250 300 350 400 202 g CO2/kWh Faktoren: Länder-Arbeitskreis Energiebilanzen, Finnische Methode Statistische Landesämter Bremen, Hamburg, Berlin (2013) 246 331 312 338 399 Seite 15

Vision: Strukturwandel zur Fernwärme 3.0 1. Phase (ca. 1900-1960) Die zentrale Stadtheizung Durch den Aufbau städtischer Fernwärmesysteme wurden die problematischen Einzelfeuerungen mit hohem Schadstoff-Ausstoß (Braun- oder Kokskohle) ersetzt durch zentrale Heizwerke. Ein weiteres Ziel war der Ersatz von Heizöl-Importen durch heimische Kohle. 2.Phase (ca. 1960 2015) Fernwärme durch Auskopplung bei Großkraftwerken Durch den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung bei der Stromerzeugung in großen Kraftwerken konnte der Brennstoff effizienter genutzt werden und die ausgekoppelte Wärme als Beiprodukt über Fernwärmesysteme verkauft werden. 3.Phase (ca. ab 2015) Fernwärme mit dezentralem Wärmeverbund Die Transformation zu erneuerbaren Energien führt zu einem zunehmend dezentral organisierten Wärmeverbundnetz, das Wärmeverbraucher und Wärmeerzeuger im Rahmen einer offenen Plattform verbindet. Energieerzeugung und Bedarf werden über das Netz synchronisiert. Das Netz stellt zudem Energiespeicherpotenziale zur Verfügung. Seite 16

Schritte zur Optimierung der Fernwärmeversorgung Erzeugung Verteilung /Speicherung Vertrieb Ersatz Kohle Effizienz Industrieabwärme Bioenergie Geothermie Solarthermie Dezentrale KWK Drittzugang Speicher Netzhydraulik Sekundärnetze Temperaturabsenkung Drucksenkung Übergabestationen Wärmeschutz Rohrtrassen Netzausbau Netzverdichtung Metering Transparenz Tarife Rücklaufanschluss Netznutzung Name des Kunden/Vortrag Seite 17

Erforderliche Rahmenbedingungen für den Strukturwandel. Strukturwandel in der Fernwärme erfordert einen verlässlichen Regulierungsrahmen: 1. Genügend Anreize für Investitionen in zukunftsfähige und ausreichende Erzeugungs- und Netzstrukturen 2. Dekarbonisierung der Erzeugung und langfristige Transformation zu erneuerbaren Energien 3. Kalkulierbare Wärmeerlöse auf der Abnahmeseite durch kommunale Wärmeplanung 4. Angemessene Berücksichtigung von Verbraucherinteressen (Transparenz, Preise, Wettbewerb) Seite 18

Agenda 1. Über das Hamburg Institut 2. Bedeutung des Wärmesektors für die Energiewende 3. Wärmenetze als Infrastruktur zur Integration erneuerbarer Energien 4. Woran es fehlt 5. Alles Zukunftsmusik? Einige gute Beispiele. Seite 19

Es fehlt an rechtlicher Rahmensetzung. Fernwärme wird vom klassischen Energierecht (EnWG) nicht erfasst. Es gilt nur Kartellrecht (GWB) gegen missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung sowie rudimentärer Verbraucherschutz durch AVBFernwärmeV. Keine Vorgaben für die energetische Effizienz der Erzeugung und der Verteilung. Keine Anforderungen für die Begrenzung der CO 2 -Werte oder Mindest-Anteile erneuerbarer Energien. X Keine transparenten Informationen zur Produktqualität für Verbraucher. Keine Regulierung von Preisen und Tarifen. Kein Wettbewerb, kein Lieferantenwechsel möglich. Kein geregelter Zugang Dritter zum Netz. Seite 20

Es fehlt an Produkt-Transparenz. Es gibt keine verbindlichen Regeln, um das Produkt Fernwärme ökologisch zu beurteilen. Verbraucher wissen nicht, ob sie klimafreundlich heizen oder nicht. Herkunftsnachweise wie beim Strom gibt es nicht. Methoden zur Brennstoff-Aufteilung in KWK-Prozessen Brennstoff-Anteil Strom Brennstoff-Anteil Wärme 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% IEA-Methode Wirkungsgradmethode Finnische Methode Fernwärmeversorger verwenden bei der Berechnung von CO 2 -Emissionen aus Kraft- Wärme-Kopplung andere Methoden als Bundes- und Landesbehörden. Diese führen zu rechnerisch wesentlich niedrigeren Emissionsfaktoren. Wärmegutschrift Stromgutschrift Die dargestellten Ergebnisse basieren auf einer modellhaften Betrachtung eines KWK-Prozesses mit einem elektrischen Nutzungsgrad von 0,3 und einem thermischen Nutzungsgrad von 0,5. Berechnungsdetails in: Mauch, Corradini et.al.: Allokationsmethoden für spezifische CO2- Emissionen von Strom und Wärme aus KWK-Anlagen; Energiewirtschaftliche Tagesfragen 55.Jg. (2010) Heft 9 Seite 21

Es fehlt an Preis-Transparenz. Vattenfall Fernwärme Berlin Preisblatt 2. Quartal 2013 Preisfrage: Wie viel kostet die kwh Wärme? http://www.vattenfall.de/de/file/preisblatt-berlin2013-q2.pdf_25868237.pdf Seite 22

Es fehlt an kommunalen Wärmestrategien. Ausbau der Wärmeversorgung und Integration erneuerbarer Energien in die Fernwärme werden derzeit nur durch die Geschäftspolitik der lokalen Fernwärmeversorger bestimmt. Wesentliches Hemmnis beim Ausbau der Wärme-Infrastruktur sind die hohen Investitionskosten und deren langfristige Refinanzierung durch Wärmeerlöse. Wärmenachfrage im Netz kann durch Anschluss- und Benutzungszwang gesichert werden. Dies greift jedoch im Regelfall nur bei neuen Bebauungsplänen. Kommunale oder regionale Wärmepläne auch für den Gebäudebestand könnten hinreichende Investitionssicherheit bieten. Um solche neuen Planungsinstrumente zu etablieren, sind Informationen u.a. über die bestehenden Wärmelasten in einzelnen Stadtquartieren und Informationen über die Netzauslastungen notwendig. Seite 23

Es fehlt an Innovationsdruck. Fernwärmeversorgung wird im Rahmen der EnEV nach dem Primärenergiefaktor beurteilt. Die meisten Wärmenetze weisen auf Grund der KWK nach der Berechnungsmethode FW 309 einen niedrigen Faktor auf. Viele Wärmenetze haben bereits den Primärenergiefaktor 0,0. Dies suggeriert eine nicht mehr steigerfähige energetische Qualität. Das EnEV-Kriterium Primärenergiebedarf und die CO 2 -Emission können weit auseinander fallen. Klimarelevanz der Brennstoffe wird nicht berücksichtigt (Erdgas = Heizöl = Steinkohle). Gebäude mit Wärmeversorgung aus Kohle-KWK werden trotz hoher CO 2 -Emission nach EnEV und EEWärmeG begünstigt. Die niedrigen PE-Faktoren ermöglichen Verzicht auf baulichen Wärmeschutz nach EnEV und sind gleichzeitig Ersatz für Anforderungen nach EEWärmeG. Dies verhindert den echten Einsatz erneuerbarer Energien. Eine hocheffiziente KWK-Anlage bedeutet nur eine Mindest-Primärenergie-einsparung von 10% gegenüber getrennter Erzeugung. Bei den geforderten 50 % Anteil KWK nach EEWärmeG sind dies nur 5% Primärenergieeinsparung. Seite 24

Es fehlt an Wettbewerb. Nach Rechtsprechung des BGH (2008) besteht bei Fernwärmeversorgung durch die erheblichen Umstellungsschwierigkeiten der Verbraucher kein einheitlicher Wärmemarkt. Teilweise besteht auch ein kommunales Anschluss- und Benutzungsgebot. Fernwärmeversorgung ist ein nahezu idealtypischer Monopolmarkt (OLG Düsseldorf 2010). Wettbewerb gibt es faktisch nicht. Der theoretisch bestehende Zugangs- Anspruch gem. 19 IV 4 GWB hat bisher keine praktische Bedeutung. Seite 25

Agenda 1. Über das Hamburg Institut 2. Bedeutung des Wärmesektors für die Energiewende 3. Wärmenetze als Infrastruktur zur Integration erneuerbarer Energien 4. Woran es fehlt 5. Alles Zukunftsmusik? Einige gute Beispiele. Seite 26

Beispiel Dänemark: Strategischer Ausbauplan für klimafreundliche Fernwärme. Moderate energetische Sanierung des Gebäudebestands auf rd. 100 kwh/m². Ausbauziel der Fernwärme auf rd. 70 % des landesweiten Wärmebedarfs. Dänisches Wärmegesetz mit kommunaler Wärmeplanung, staatlicher Preisaufsicht und Besteuerung fossiler Brennstoffe. Ausbau mit dezentralen Wärmenetzen und erneuerbaren Energien (Biomasse, Solarthermie, Abfall, Windstrom) und stromgeführten KWK-Anlagen. Quelle: Anders Dyrelund (Rambøll): Heat Plan Denmark Niedrige Netztemperaturen und Flächenheizsysteme. Oft genossenschaftliche Strukturen. Anteil Erneuerbarer Energie an der Fernwärme in DK bereits bei etwa 46%. Seite 27

Beispiel Kopenhagen Abdeckung von rd. 98% des Heiz- und Warmwasserbedarfs der Gebäude durch Fernwärme der Kopenhagen District Heating. Geplanter Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien in der Fernwärme von heute etwa 45% auf 70 %-85% bis 2025. Einsatz von Biomasse-KWK, Geothermie, Wärmepumpen, Solarthermie und Abfall. Betrieb der Fernwärmeverteilung durch unterschiedliche Betreiber. Einbindung in ein übergeordnetes Wärme-Übertragungsnetz der Metropolitan Copenhagen Heating Transmission Company (CTR). Ziel ist es, trotz Umstellung auf Erneuerbare Energien gleichzeitig die Preise zu senken. Gesellschaften als non-profit-unternehmen. Quelle: Global District Energy Climate Awards Copenhagen DH Application 2009 Seite 28

Brennstoffeinsatz in städtischen Fernwärmesystemen Berlin Kopenhagen Stockholm Oslo Braunkohle 18 % 0 % 0 % 0 % Steinkohle 26 % 19 % 28 % 0 % Heizöl 2 % 7 % 7 % 3 % Erdgas 47 % 14 % 0 % 0 % Andere 5 % 14 % 15 % 51 % Erneuerbare 3 % 45 % 50 % 46 % davon: Abfall, biogen 3 % 14 % 14 % Biomasse 30 % 24 % 17 % Geothermie 1 % Abwasser-WP 26 % 15 % Seite 29

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Sprechen Sie uns an: Dr. Matthias Sandrock Christian Maaß Roland Schaeffer Robert Werner HIC Hamburg Institut Consulting GmbH Paul-Nevermann-Platz 5 22765 Hamburg Tel.: +49 (40) 391 06989-0 info@hamburg-institut.com www.hamburg-institut.com