(ÖGKJ) 47. Jahrestagung, 1.-3. Oktober 2009, Graz Presse-Information Pädiatrische Kardiologie Angeborene Herzfehler Univ.-Prof. Dr. Andreas Gamillscheg Leiter der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz, Tel.: 0316 385 13670 Was wird aus Kindern mit angeborenen Herzfehlern? Enorme Fortschritte in Kinderherzchirurgie und kinder-kardiologischer Nachsorge ermöglichen Langzeit-Überlebensrate bei angeborenen Herzfehlern von 90 % - Jugendliche Erwachsene als neue Patientengruppe erfordern eigene Betreuung in Grazer EMAH-Ambulanz Etwa 600 Neugeborene pro Jahr in Österreich mit angeborenen Herzfehlern Acht von 1000 Neugeborenen kommen mit einem angeborenen Herzfehler zu Welt. In Österreich ist daher derzeit mit etwa 600 Neugeborenen mit angeborenen Herzfehlern pro Jahr zu rechnen. Bei mehr als 50% dieser Patienten besteht ein mittelschwerer- oder schwerwiegender Herzfehler, der bereits im Neugeborenen-, Säuglings- oder im frühen Kleinkindesalter eine Herzoperation oder einen interventionellen Eingriff mittels Herzkatheter erforderlich macht. Im weiteren Verlauf sind neben langjährigen Kontrollen mitunter Re- Operationen bzw. Katheterinterventionen erforderlich. Große Fortschritte in Kinderherzchirurgie und Kinderkardiologie Dank enormer technischer Fortschritte im letzten Jahrzehnt sind Korrekturoperationen selbst bei Frühgeborenen, bei Neugeborenen und Säuglingen mit ausgezeichneten Ergebnissen möglich. Zudem konnte durch die Einführung neuer Techniken in den letzten zwei Jahrzehnten bei einer Reihe von Herzfehlern eine Herzoperation durch einen interventionellen Herzkathetereingriff ersetzt werden. Die Ballonaufdehnung von verengten Herzklappen ist heute vom Neugeborenenalter an die Therapie der Wahl. Löcher in der Vorhof- und zum Teil auch in der Kammerscheidewand sowie abnorme Gefäßverbindungen können zu einem großen Teil mit einem Schirm oder Gefäßspiralen
interventionell verschlossen werden (siehe Anhang Abb.3). Bei Verengungen der Köperschlagader oder der Lungenarterien werden Gefäßstützen (Stents) über einen Herzkatheter eingebracht und ersetzen eine oft komplizierte Operation (siehe Anhang Abb.4, Abb.5). In den letzten Jahren wurde als neueste Entwicklung die Implantation von Herzklappen über einen Herzkatheter als Ersatz einer undichten oder degenerierten Lungenschlagaderklappe eingeführt. Bei einer hochgradigen Herzschwäche auf Grund einer irreversiblen Erkrankung des Herzmuskels (z.b. Herzmuskelentzündung, Stoffwechseldefekte) kann bei Kindern nach Ausschöpfung aller medikamentösen Therapien als letzte Option der vorübergehende maschinelle Herz-Kreislauf-Ersatz ( Kunstherz ) zum Einsatz kommen, um eine Erholung des Herzmuskels zu erzielen oder eine Überbrückung zur Herztransplantation ( bridging to transplant ) zu gewährleisten. Neue Patientengruppe durch hohe Langzeit-Überlebensrate Durch die enormen Fortschritte der Kinderherzchirurgie, der postoperativen pädiatrischkardiologischen Intensivmedizin sowie der kinderkardiologischen Nachsorge und Therapie liegt heute in der westlichen Welt die Langzeitüberlebensrate selbst bei komplexen angeborenen Herzfehlern bei knapp 90% (siehe Anhang Abb.1, BRD, Kompetenznetz Angeborene Herzfehler). In Folge dieser immer besseren Langzeit-Überlebensraten nimmt in Europa der Anteil der Patienten mit angeborenen Herzfehlern, die das Jugend- und Erwachsenenalter erreichen, immer mehr zu und wird im nächsten Jahrzehnt sogar die Zahl der unter 18-jährigen Patienten übersteigen. (siehe Anhang Abb. 2, BRD, Kompetenznetz Angeborene Herzfehler). Dadurch entsteht derzeit zunehmend eine völlig neue Patientengruppe am Übergang vom Jugendlichen- in das junge Erwachsenenalter mit korrigierten, teilkorrigierten oder palliativ behandelten angeborenen Herzfehlern. Neu: EMAH-Ambulanz für junge Erwachsene mit komplexen Herzfehlern Die neuen und bisher auch zum Teil unbekannten Probleme der jugendlichen Patienten mit Fragestellungen aus der Kinderkardiologie, der Erwachsenenkardiologie oder aus anderen Fachrichtungen erfordern eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit in der weiteren Betreuung. Dieser Entwicklung wurde in den meisten westlichen Ländern Rechnung
getragen, indem in den letzten 10 Jahren eigene Betreuungseinrichtungen für diese Patienten, sogenannte GUCH-Units (Grown Up Congenital Heart), geschaffen wurden. In der Herzambulanz an der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz wird einmal pro Woche in Kooperation mit der Erwachsenenkardiologie eine sogenannte EMAH-Ambulanz (Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern) abgehalten. Hier werden jene vormals Säuglinge und Kleinkinder behandelt, die mit komplexen Herzfehlern nun das Erwachsenenalter erreicht haben. Mittlerweile sind bereits ein Drittel aller Patienten Jugendliche bzw. über 18 Jahre alt. Zitat Univ.-Prof. Dr. Andreas Gamillscheg: Internationale Studien konnten zeigen, dass etwa 80% der Patienten im Jugend- und jungen Erwachsenenalter mit angeborenen Herzfehlern sich in ihrer körperlichen, geistigen und psychosozialen Entwicklung nicht von einer vergleichbaren Normalpopulation unterscheiden und eine normale Lebensqualität aufweisen. Neben der medizinischen Betreuung ist es daher einer der wichtigsten Aufgaben der Kinderkardiologie, Hilfestellung bei der beruflichen und sozialen Integration dieser Patienten zu leisten. Foto: Univ.-Prof. Dr. Andreas Gamillscheg/ÖGKJ-Archiv Sämtliche Porträts der Referenten, Abbildungen und Tabellen zu den Pressetexten sind frei herunterzuladen von: www.docs4you.at Pressecorner
ANHANG: Abb. 1 Abb.2
Abb. 3 Schirmverschluss eines Loches in der Vorhofscheidewand Abb. 4 Abb.5 Implantation einer Gefäßstütze (Stent) in die Körperschlagader zur Beseitigung einer Engstelle Abb. 3-5: Univ.-Prof. Dr. Andreas Gamillscheg, Klinische Abteilung für Pädiatrische Kardiologie, Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz