Fälschungen/Verfälschungen: Die Rechtslage Es liegt auf der Hand, dass immer dort, wo es um wertvolle, teure Dinge im Leben geht, dunkle Elemente anzutreffen sind, die auf unlautere Weise, möglichst ohne viel Aufwand und Risiko, an solchem Wertzuwachs teilhaben wollen. In den bisherigen Ausführungen war die Rede von diversen (Ver-)/Fälschungsarten, zum Schaden der Post und/oder der Sammler, aber auch von Reparaturen und Restaurationen, die zur Verdeckung von Mängeln zum Zweck der Täuschung dienen (können). So unscharf zuweilen die philatelistischen Definitionen und Wertungen sein können, so schwierig stellt sich heute die juristische Situation im Detail dar. Hierzu einige Belege. Fälschungen zum Schaden der Post Im Zusammenhang mit den ersten PFä hatte die Reichspost schon Ende des 19. Jahrhunderts auf eine gesetzliche Lage hingewirkt, die die Nachahmung gültiger Postwertzeichen unter Strafandrohung stellte. Mit Reichsgesetz vom 13. Mai 1891 wurde eine entsprechende Bestimmung Reichsgesetz und Änderungen im Strafgesetzbuch waren die Folge. Vorbild war Section 7 des Post-Offe-Protection Act (Großbritannien, 1884), in dem es hieß: Niemand darf a) irgend ein falsches Werthzeichen herstellen, wissentlich ausgeben, führen oder verkaufen oder wissentlich für einen postalischen Zweck verwenden; b) irgend ein falsches Werthzeichen, sofern er nicht eine gesetzliche Ermächtigung vorzeigen kann, in seinem Besitz haben; c) irgend einen Stempel, eine Platte, ein sonstiges Werkzeug oder Materialien für die Herstellung irgend eines falschen Werthzeichens anfertigen oder, sofern er nicht eine gesetzliche Ermächtigung vorzeigen kann, in seinem Besitze haben. 1 Andere Länder schlossen sich schon recht bald diesem Vorgehen an, so 1885 Frankreich, ab 1889 Belgien, Dänemark, Ägypten, Bulgarien, USA und Kanada, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Wiener Weltpostkongress verpflichtete am 4. Juli 1891 seine Mitgliedsländer, gegen die betrügerische Verwendung gefälschter oder schon gebrauchter Werthzeichen zur Frankierung von Postsendungen, sowie gegen die in betrügerischer Absicht erfolgende Herstellung und Verbreitung postdienstlicher Vignetten und Werthzeichen, welche gefälscht oder derart nachgemacht sind, dass sie mit den von der Postverwaltung eines der vertragsabschließenden Länder ausgegebenen Vignetten oder Werthzeichen verwechselt werden können, einzuschreiten oder die hierzu erforderlichen Maßnahmen ihren gesetzgebenden Gewalten vorzuschlagen. 2 Juristisch klar dies gilt auch heute ist der Tatbestand der Fälschung zum Nachteil der Post, wer also im Umlauf befindliche Postwertzeichen nachahmt in der Absicht, sie als echt zu verwenden. Desgleichen strafbar, ebenfalls nach 275 StGB, ist die Verwendung im Kurs befindlicher gefälschter Postwertzeichen. Nach 276 StGB ist es auch strafbar, wer wissentlich schon einmal verwendete Postwertzeichen nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung der Entwertung erneut zur Freimachung benutzt. Dieser strafrechtliche Schutz endet mit dem Zeitpunkt, zu dem die Marken den ihnen innewohnenden Wert (also die Frankaturkraft) verlieren, also nach Ungültigkeitserklärung oder einer späteren eventuellen Stempelung. Die Konsequenz daraus ist, dass die älteren Briefmarken, die der Philatelist sammelt, also die ja meist zur Frankatur heute ungültigen Briefmarken strafrechtlich nicht geschützt sind.
Welche Konsequenzen diese Rechtslage hat, sei kurz beispielhaft aufgewiesen: Wenn ein Filoutelist heute Marken des ehemaligen Posthornsatzes täuschend echt nachahmt und diese in Verkehr bringt, ist diese erst einmal kein Strafrechtsbestand im Sinne der Verfälschung eines Postwertzeichens, da diese Marken nicht mehr gültig sind und Frankaturkraft haben. Zu einem Strafrechtsbestand wird dies erst dann, wenn wissentlich Fälschungen als echte Marken, also in Betrugsabsicht, angeboten werden, was allerdings nachzuweisen gilt. Wenn ein mit Großanzeigen in der Fachpresse werbender Briefmarkenhändler ungültige ursprünglich postfrische Berlin-Dauermarken der Serie Frauen der Deutschen Geschichte nachträglich mit falsch datierten Ersttagsstempeln versehen lässt, ist dies selbst für die Deutsche Post AG kein Anlass, weitere strafrechtliche Schritte einzuleiten. Grund: Es handelt sich eben um inzwischen ungültige Berliner Briefmarken, die mit einem gefälschten Stempel versehen worden sind! Das heißt, um es noch einmal deutlich hervorzuheben, dass das Strafrecht sich explizit bei Fälschungen nur auf die Nachahmung kursgültiger Marken und deren Einschleusung in den Postverkehr zum Zwecke der Schädigung der Post bezieht. Nur hieran hatte die Post, früher wie heute, ein nachdrückliches Interesse. Dabei mag es heute ein interessante Frage für Juristen sein, inwieweit die (teil-)privatisierte Deutsche Post die ja nicht mehr Herausgeber, sondern nur noch Vertreiber der Postwertzeichen ist (die Produktion erledigt sie als Auftragnehmer des Herausgebers, des Bundesministeriums der Finanzen) überhaupt diesen strafrechtlichen Schutz auf sich übertragen sehen darf. Andererseits dürfte es schwer sein, bei PFä einen Schaden für den Herausgeber, also das Bundesfinanzministerium nachzuweisen. Es bleibt aber, selbst in diesem Fall, der privatrechtliche Schaden für die Deutsche Post, der allerdings dann mit anderer Begründung juristisch geltend zu machen wäre. Fälschungen zum Schaden der Sammler Die Herstellung einer Fälschung, also eines Replikates vom Original, ist nicht strafbar. Seit dem Urteil des Reichsgerichtes aus dem Jahre 1928 hat die Rechtsprechung bis heute hin daran festgehalten, dass Postwertzeichen keine Urkunden sind. Sie haben keine Beweisfunktion im Rechtsverkehr, lediglich eine Zahlungsfunktion. Daraus folgert dann auch, dass eine Veränderung einer entwerteten oder ungebrauchten, aber ungültigen Briefmarke eben nicht strafbar ist. Auch nicht deren Nachahmung. Ist der Sammler also wehrlos? Bei weitem nicht. Denn, wenn auch die Herstellung von Fälschungen und/oder Verfälschungen nicht strafbar ist, dann ist es wohl aber der Tatbestand des Betruges. Und damit beginnen aber die Schwierigkeiten erst recht, denn der Nachweis des Betruges gilt generell als einer der schwierigst nachzuweisenden Tatbestände. Auch dies ist am Beispiel leicht zu verdeutlichen: Da stellt ein Filoutelist Falsifikate her und bewahrt diese in seinem Geschäft im Tresor auf, durchaus in der (hier unterstellten) Absicht, sie bestimmten Kunden als echt anzubieten und teuer zu verkaufen. Ist das juristisch gesehen Betrug? Nein, absolut nicht, denn die Herstellung der
Fälschung ist nicht strafbar, seine, hier zu vermutetende Absicht (warum sollte er auch sonst die Fälschungen produzieren?) ist nicht belegbar, denn eine für den juristischen Tatbestand des Betruges erforderliche Täuschungshandlung liegt ja noch nicht vor. Nehmen wir nun an, dieser Händler stellt ein nettes Fälschungsalbum mit seinen Falsifikaten in einem Auswahlalbum zusammen und legt dieses in seinem Geschäft aus. Strafbar? Erst einmal nicht, solange ein Kunde damit noch nicht in Berührung kommt. Kommt aber nun doch ein Kunde, sieht die Marken und reklamiert, dies seien Fälschungen: Ist dann die Täuschungshandlung erfüllt? Immer noch nicht, wenn der Händler erklärt, das wusste er nun wirklich nicht oder wenn er sagt, es seien ja Fälschungen, aber deshalb wolle er sie ja zum billigeren Preis als Fälschungen verkaufen. Erst, und wirklich erst dann, wenn der Kunde die von ihm gewünschte Marke in der Annahme der Echtheit und bei Zusicherung dieses Zustands von dem Händler gekauft hat, diese Marke sich später als falsch herausstellt und festgestellt wird, dass der Händler solche Falsifikate zu genau diesem Zwecke der Täuschung gefälscht und mehrfach in dieser Art und Weise abgegeben hat, ist die Handlung strafrechtlich verfolgbar. Allerdings dürfte es nun wirklich nicht einfach sein, dem Verkäufer dies de facto nachzuweisen, denn der Vorsatz muss belegt und einwandfrei dokumentiert werden. Dies ist bei Käufen auf dem Flohmarkt, bei Hobbybörsen, Tauschtagen, selbst bei Auktionsangeboten im Internet wohl nur in ganz seltenen Fällen möglich, zumal sich dort Verkäufe nur selten in Wort und Bild umfassend dokumentieren lassen. In der Regel besitzt der Käufer keinerlei Nachweis darüber, dass er gerade diese Marke beim Händler XY an dem Tag und jenem Ort wirklich erworben hat. Mangels Dokumentation sind auch viele Einkäufe im Fachhandel, selbst im Versandhandel, die sich nachträglich als Einkäufe von verfälschten Marken (z.b. nachgummierten statt postfrischen Marken) herausstellen, wenig belegbar. Ist der Sammler, der Käufer, damit also ganz und gar wehr-und hilfloses Opfer? Dies wiederum auch nicht, wenn er einige Grundregeln beachtet. Hierzu gehören: der Erwerb von Fachwissen die möglichst schriftliche Zusicherung des Verkäufers über den einwandfreien Zustand der Marke die Zusicherung des Verkäufers bei gegenteiligem nachträglichen Befund eines Fachprüfers, den Kauf inklusive der durch die Prüfung entstandenen Kosten wieder rückgängig zu machen. Es empfiehlt sich also bei Einkauf teurer Marken, gleich ob bei einem Fach-/Versandhändler oder einem Auktionshaus, diese Objekte nur unter dem schriftlich mitgeteilten Vorbehalt der Echt-und Einwandfreiheit zu kaufen und dies dem Verkäufer vorher mitzuteilen. Geht er dann auf den Kaufwunsch des privaten Kunden ein, so erkennt er damit diese im voraus fixierten Geschäftsbedingungen an und ist verpflichtet, sofern sich Gegenteiliges herausstellt, den Kaufvertrag zu wandeln bzw. rückgängig zu machen. 3 Unklar ist juristisch, inwieweit damit auch eine Erstattung der dem Käufer für den Nachweis von Mängeln (z.b. durch kostenpflichtige Prüfungen) entstandenen Kosten verbunden ist. Theoretisch ist dies erforderlich, praktisch schließen dies manche Verkäufer aus, sind aber bereit, einen Kauf innerhalb von einer fixierten Zeit rückgängig zu machen. Diese Zeit sollte nie zu knapp bemessen sein, acht oder 14 Tage reichen hier bei weitem nicht, da ja auch der Prüfer Zeit braucht. Sollte sich der Verkäufer hier weigern, hilft es, den Verkäufer direkt zur Einholung eines aktuellen Prüfbefundes (Signierung oder Attest) zu veranlassen und im Falle der Echtheit oder Einwandfreiheit die Übernahme der mit diesem Befund verbundenen Kosten zu vereinbaren. Dies ist in jedem Fall günstiger, weil damit kein Zeitproblem entsteht und der Anbieter gezwungen ist, da er ja nur korrekte Ware anbieten will, auch den Nachweis für seine Behauptung zu bieten. Seriöse Händler sind hierzu immer bereit, bieten gar ihre teurere Ware in der Regel direkt und ohne Auforderung aktuell geprüft, und zwar von einem noch aktiven Fachprüfer im Bund Philatelistischer Prüfer an. Das garantiert das derzeit höchstmögliche Maß an Sicherheit,
vorausgesetzt, dieser Prüfbefund ist echt. Wie an anderer Stelle in diesem Buch dargestellt, werden leider auch Prüfatteste und besonders Prüfzeichen gefälscht. Dies ist nicht sonderlich schwer. Das bedeutet leider, das auch das Vorhandensein von beidem keine absolute Sicherstellung für den Käufer darstellt. Dies kann erst die Nachprüfung des Prüfbefundes bei dem aufgeführten Prüfer ergeben. Was sich hier so spitzfindig anhört, hat leider realen Hintergrund. So hat das wohl am meisten in Deutschland beschäftigte Prüfbüro Schlegel in Berlin (eine Prüferdynastie, in der Vater, Söhne und mehrere Angestellte seit Jahrzehnten die Marken der Bundesrepublik und des Deutschen Reiches kompetent prüfen) mehrfach, sogar in großen Anzeigen in der Fachpresse, darauf hingewiesen, dass häufig ihre Prüfzeichen verfälscht werden. Gleichzeitig bot man sich betroffen fühlenden Sammler an, kostenlos (!) gegen Rückporto die eigenen Zeichen auf Echtheit zu überprüfen! Wer weiß, dass es vom Prüfzeichen Schlegel BPP alleine in den letzten Jahren mindestens zehn Fälschungen, also Nachahmungen, gibt, sieht den guten Grund, zumal ohne ein Schlegel BPP teure moderne Bundesrepublik-Ware der ersten Jahre so gut wie nicht verkäuflich ist. Diese eigene Nachprüfung des bei Einkauf der Ware vorliegenden Prüfbefundes obliegt dem Käufer, sollte aber mit dem Verkäufer unter Zusicherung der damit verbundenen Rücknahme der Ware und der Erstattung des Kaufpreises vorher (am besten wiederum schriftlich oder unter Zeugen) vereinbart werden. Auch angesichts der hier in diesem Buch vielfältig geschilderten Fälschungen und Verfälschungen sollte man nicht in Hysterie verfallen, alles sei nur falsch oder verfälscht, jeder Händler ein Betrüger, jeder Sammler ein Halsabschneider. Die Wahrheit liegt, wie immer, in der Mitte. Es gibt Betrüger, die es zeitlebens darauf abzielen, den Käufer übers Ohr zu hauen, es gibt Händler, die es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen oder diese Wahrheit so geschickt in modernes Marketing-Deutsch verpacken, dass man ihnen juristisch keinen Strick daraus drehen kann, es gibt auch Händler, die trotz ihres in der Regel guten Fachwissens unwissentlich Fälschungen und Verfälschungen verkaufen, aber es gibt überwiegend genügend seriöse, ehrliche und kompetente Händler, die zuweilen seit vielen Jahrzehnten den Markt ehrlich bedienen und beliefern, einen Kundenstamm seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten aufgebaut haben, der für das Niveau des Hauses steht. Diese Händler mögen nicht immer die billigsten sein; aber Qualität und Seriosität hatte früher, aber wohl auch in Zukunft seinen Preis. Und daran mögt Ihr sie erkennen, möchte man fast biblisch formulieren, denn die Schnäppchenpreise, die Super-Sonderangebote, die reißerischen Formulierungen und Superlative sind nicht selten der Hinweis mit dem Zaunpfahl, dass hier etwas nicht stimmen kann. Diese Erkenntnis sollte man vor Kauf beherzigen und sich bei jedem Angebot immer wieder neu ins Gedächtnis rufen, denn der Ruf nach Rechtsanwalt und Justiz kann einem im Schadensfall teuer zu stehen kommen, wobei die Erfolgsaussichten nur dann gegeben sind, wenn die Beweislage eindeutig für jeden Dritten zu dokumentieren ist. Und dies ist in vielen Fällen eben nicht der Fall. Anmerkungen 1 Steinwasser, Fritz: Hochkonjunktur für Fälscher, in: Briefmarken Spiegel 12/1994, S. 188 2 Steinwasser, a.a.o., S. 189 3 Zu den hier nur kurz gestreiften Aspekten bei Kauf-und Tauschgeschäften finden sich umfangreiche Analysen aller nur möglichen Varianten von Geschäftsbedingungen, Kaufvorbehalten und -verträgen in dem Buch des Autors: Augen auf bei Kauf und Tausch, Schwalmtal 2002
Quelle: Wolfgang Maassen: Echt oder falsch?, Schwalmtal 2003, S. 86-91