GRUNDZÜGE DER METALLURGIE FÜR GOLDSCHMIEDE - II

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Transkript:

GRUNDZÜGE DER METALLURGIE FÜR GOLDSCHMIEDE - II LEGIERUNGEN UND PHASENDIAGRAMME VON MARK F. GRIMWADE Zweiter Teil einer Artikelserie, die auf einem Lehrgang über die Grundlagen der Metallurgie für Goldschmiede, Silberschmiede und Juweliere aufbaut. Dieser Lehrgang ist Teil der Vorlesungen von M. Grimwade für die Studenten im zweiten Studienjahr der Abteilung Silberschmiedekunst und Schmuckhandwerk am Polytechnikum der Stadt London (Sir John Cass College). Wie aus dem Artikel "Die Natur der Metalle und ihrer Legierungen" (*) hervorging, lässt sich das Erstarrungsverhalten hinsichtlich des Temperaturbereichs, in dem die Erstarrung stattfindet, aus Abkühlungskurven herauslesen. Die Abb. l zeigt eine Reihe derartiger Kennlinien für Gold-Silber- Legierungen mit Zusammensetzungen zwischen 100 % Silber und 100 % Gold in Schritten von jeweils 20 Gewichtsprozenten. Die Punkte "S" kennzeichnen den Beginn der Erstarrung beim Abkühlen und sind als Liquidus-temperatur der jeweiligen Legierung bekannt. Bei "F", der Solidustemperatur, ist die Erstarrung abgeschlossen. Man beachte, dass die Kurven der vier Legierungen zwischen reinem Gold und reinem Silber für das Erstarren einphasiger Festlösungen gelten. Aufschlussreicher ist allerdings eine grafische Darstellung, in der dieses Verhalten in Form von Temperaturwerten (y-achse) über der der Zusammensetzung (x-achse) eingetragen wird. Für jede spezifische Zusammensetzung werden die in den Abkühlungskurven gefundenen Liquidus- und Solidus-punkte eingetragen und miteinander verbunden (Abb. 2). Phasendiagramme Die Darstellung in Abb. 2 ist als Phasen- oder Zustandsdiagramm bekannt (hier für das Zweistoffsystem Gold-Silber). Alle Legierungen in diesem System sind bekanntlich oberhalb der Liquiduslinie (L) flüssig und unterhalb der Soliduslinie einphasige Festlösungen mit identischer Kristallstruktur über den (*) Grundzüge der Metallugie für Goldschmiede von Mark F. Grimwade, Teil I Die Natur der Metalle und ihrer Legierungen. A URUM, Nullnummer. Abb.1 : Aus diesen Abkühlungskurven verschiedener Gold- Silber- Legierungen ist der jeweilige Schmelzbereich ersichtlich. Die Erstarrung beginnt bei Punkt 'S" und endet bei Punkt "F". Reines Gold und reines Silber erstarren bei einer ganz bestimmten Temperatur, ihre Legierungen innerhalb eines sog. Temperaturintervalls. Abb.2 : Zweistoffdiagramm des Gold- Silber-Systems, aufgezeichnet aus den Messwerten der Abkühlungskurven. "L" steht für flüssig, "α" für fest und L + α für ein Gemisch beider Aggregatzustände. Abb.3 : Phasendiagramm des Silber-Kupfer- Systems, in dem nur die Bereiche flüssig, fest und flüssig -t- fest eingetragen sind. 26 AURUM 1

gesamten Mischbereich. Für die Kennzeichnung einphasiger Festlösungen sind griechische Buchstaben üblich (in Abb. 2 die α - Phase). Aus den Abkühlungskurven geht ferner hervor, dass der Bereich zwischen der Liquidus- und der Soliduslinie (L + α) das Erstarrungsintervall einer Legierung darstellt, in dem die flüssige und die feste β - Phase im Gleichgewicht gemeinsam auftreten. Um über das Verhalten einer beliebigen Legierung in einem System Aufschluss zu erhalten, zieht man eine zur y-achse parallele Linie durch den Punkt des entsprechenden Mischungsverhältnisses auf der x-achse (in Abb.2 für Au/25 Gew. - % Ag) und liest auf dieser Linie die zugehörigen Temperaturwerte der Schnittpunkte mit den Phasenkurven ab. Wenden wir uns nun dem etwas komplexeren Phasendiagramm des Zweistoffsystems Silber-Kup- fer zu, das wegen seiner Bedeutung für das Verhalten der ternären Gold-Silber-Kupfer-Legierungen (die Grundlage der farbigen Feingolde) äusserst wichtig ist. Die Abb. 3 entstand ebenfalls aus Abkühlungskurven von Silber-Kupfer- Legierungen, von denen drei aus der Abb. 9 in Teil I dieses Artikels (*) bekannt sind. Auch hier lassen sich die Bereiche des flüssigen, flüssigen + festen und festen Zustandes im Diagramm darstellen, obwohl in diesem Falle nicht alle Zonen der festen Legierungen emphasig sind. Zweiphasenlegierungen Die Silber- und Kupferkristallgitter können nur höchstens 8,8% Kupfer beziehungsweise 8,0 % Silber in fester Lösung (α - bzw. α1 -Phase) aufnehmen, und diese Höchstwerte gelten zudem nur für eine Temperatur von 779 C. Kühlt man solche Legierungen auf Raumtemperatur ab, so verringern sich diese Löslichkeitsverhältnisse sehr stark. Legierungen mit Zusammensetzungen zwischen diesen Grenzwerten bestehen im festen Aggregatzustand aus einem Gemisch der beiden Kristallarten α und β deren Zusammensetzung an den Schnittpunkten der Löslichkeitsgrenzen mit einer Linie durch das entsprechende Temperaturniveau abgelesen werden kann. Bei diesen Legierungen liegen im festen Zustand zweiphasige Stoffe vor, die seitlich durch die Bereiche α + α 1 des vervollständigten Phasendiagramms (Abb. 4) begrenzt sind. Anhand des Phasendiagramms Silber-Kupfer soll mit zwei Beispielen gezeigt werden, was bei der Abkühlung einer Schmelze geschieht: a) Silber/7,5 % Kupfer. Dies ist die Zusammensetzung des

Sterlingsilbers. Auf der Parallelen zur y-achse (I) durch das Mischverhältnis 7,5 % Cu (auf der x-achse) lässt sich ablesen, dass die Erstarrung bei etwa 890 C mit der Bildung von Kristallen der a. - Phase in der Schmelze beginnt. Mit sinkender Temperatur bilden sich auf Kosten der Restschmelze mehr Kristalle der a - Phase, bis bei etwa 800 C der Erstarrungsprozess der einphasigen Festlösung ihren Abschluss findet. Bei langsamer Abkühlung auf 740 C wird die Grenze der Löslichkeit erreicht. Die Legierung tritt damit in den zweiphasigen Bereich über, wobei die Ausscheidung von a. l -Kristallen aus der α - Phase beginnt. Dies geschieht durch einen als Diffusion bekannten Prozess, bei dem die Atome ihren Platz im Kristallgitterwechseln. Wird schliesslich unter weiterem, lansamen Abkühlen die Raumtemperatur erreicht, so besteht die Legierung hauptsächlich aus Kristallen der a - Phase, versetzt mit einigen Kristallen der «! - Phase. b) Silber/28, l % Kupfer. Diese Legierung ist ein sogenanntes Eutektikum. Auf der Senkrechten (II) lässt sich ablesen, dass die vollständige Erstarrung der Schmelze bei 779 C schlagartig zu einem innigen Gemisch der beiden Phasen a + α 1 führt. Dies ist die sogenannte eutektische Temperatur. Trotz des ursprünglichen Mischungsverhältnisses von 28,1 % Kupfer beträgt die Zusammensetzung bei dieser Temperatur für die a-phase 91,2 % Ag/8,8 % Cu und für die α 1 - Phase 92 % /Cu 8 % Ag. Nach dem Absinken der Temperatur auf 500 C liegt der Kupfergehalt der a - und α 1 - Phase bei 2 bzw. 98% (in Abb. 4 gestrichelt), in der Summe der beiden Phasen bleibt der globale Kupferanteil von 28,1% jedoch erhalten. Binäre Eutekti- ka bestehen im festen Aggregatzustand stets aus zwei Phasen. Gold-Kupfer-Legierungen Als letztes Beispiel für ein Zweistoffsystem, das für das Verhalten der Goldlegierungen mitbestimmend ist, sei kurz das Phasendiagramm Gold-Kupfer (Abb. 5) besprochen. Man beachte die Konvergenz der Liquidus- und Soliduslinien bei 80 % Goldgehalt und 911 C. Dies ist deshalb kein eutektisches System, weil die feste Legierung nur eine einphasige α 1 - Festlösung ist. Bei Temperaturen oberhalb 410 C finden sich für alle Mischungsverhältnisse nur a -Festlösungen. Bei niedrigeren Temperaturen und bestimmten Zusammensetzungen hingegen bilden sich spezifische Zwischenphasen mit den Verhältnisformeln Cu 3 -Au (50 Gew. % Au), CuAu (75% Au) und CuAu 3 (90 % Au). 28 AURUM 1

Diese Phasen bilden sich wiederum bei langsamer Abkühlung durch Diffusion von Atomen in der festen Legierung, und sie sind für das Verhalten aller Goldlegierungen mit höherem Kupfergehalt von grosser Bedeutung. Gleichgewichtszustand Phasen diagramme werden wie bereits erwähnt auch als Zustandsdiagramme bezeichnet, weil sie Anhand von Daten erstellt werden, die bei derart geringen Abkühlungsgeschwindigkeiten ermittelt werden, dass die Phasen möglichst im Diffusionsgleichgewicht entstehen. In der Praxis -beispielsweise beim Giessen oder Abschrecken nach dem Glühen oder Löten erfolgt die Abkühlung allerdings erheblich schneller. Die dabei auftretenden Phasen können daher hinsichtlich der Anzahl und des Ausbildungsgrades Unterschiede aufweisen. Dessen ungeachtet sind diese Diagramme für das Verständnis des Legierungsverhaltens ausserordentlich wichtig. Dreistoffdiagramme Das Verhalten von Legierungen aus drei Elementen lässt sich in einem Dreistoffdiagramm darstellen. Für das Gold-Silber-Kupfer-System, das die Grundlage der meisten farbigen Goldlegierungen ist, wäre ein dreidimensionales Phasendiagramm mit der vertikalen y-achse als Temperaturskala ideal. Die auf den x-achse aufgetragenen Mischverhältnisse der drei Zweistoffsysteme, die das Dreistoffsystem bilden, werden in einer horizontalen Ebene als Seiten eines gleichseitigen Dreiecks zusammengefügt (Abb. 6). Innerhalb dieser Dreiecksbasis finden sich beispielsweise alle 18-karä-tigen AuCuAg-Legierungen auf einer Linie zwischen den Punkten 75 % Au- 25 % Ag und 75% Au-25 % Cu. Eine Legierung mit 75 % Au, 12,5 % Ag und 12,5% Cu befindet sich in der Mitte dieser Strecke (Punkt X), eine Legierung mit 75 % Au, 20 % Cu und 5 % Ag hingegen bei Punkt Y, d.h. zu vier Fünfteln in Richtung der Gold- Kupfer-Seite des Diagramms. Da die Erstellung eines kompletten, räumlich dargestellten Dreistoffdiagramms mit allen Einzelheiten unzweckmässig ist, werden stattdessen Horizontalschnitte durch interessierende Temperaturwerte gezeichnet (wie z.b. in Abb.7). Als alternative Datendarstellung in Dreistoffsystemen bieten sich Vertikalschnitte für bestimmte Zusammensetzungen an, z.b. für Legierungen mit einem bestimmten Anteil eines der drei Metalle. Damit lassen sich beispielsweise die Temperaturdaten einer Legierungsreihe wiedergeben. Die Abb. 8 zeigt einen derartigen Vertikalschnitt für 75 % Goldgehalt (l8karätige Goldlegierungen), in dem die dazugehörigen Silber- und Kupferanteile horizontal aufgetra- KUPFERGEHALT (Gew. %) Abb.4 : Vollständiges Phasendiagramm des Silber-Kupfer-Systems mit den Bereichen, in denen zwei verschiedene feste Phasen (α und α 1) auftreten. Punkt "E" bezeichnet die eutektische Zusammensetzung mit 28,1 % Kupfer. Abb.5 : Phasendiagramm des Gold-Kupfer-Systems. Abb.6 : Horizontalschnitt des Dreistoffdiagramms Gold-Silber-Kupfer als Beispiel dafür, wie sich die Zusammensetzung einer Legierung aus ihrer Position im Dreieck herauslesen lässt. So bezeichnen Punkt "X" eine Legierung der Zusammensetzung 75 % Au/12,5% Ag/ 12,5 % Cu und Punkt "Y" ein System mit 75 % Au/5 % Ag/20 % Cu. AURUM 1 29 7b 7c

7a 950 C 800 C Ag 750 C Cu gen sind. Schliesslich eignen sich Basisprojektionen in Dreistoffdiagrammen auch dazu, die Liquidusisothermen des Legierungssystems (Abb. 9) darzustellen oder um aufzuzeigen, wie die Legierungsfarben mit den Mischverhältnissen zusammenhängen (Abb. 10). Schlussbemerkungen Eine Behandlung der vielen ver schiedenartigen Phasendiagramme in einem kurzen Artikel ist vor allem deshalb unmöglich, weil einige davon ausgesprochen kom plex sind. Wichtig ist jedoch, dass in jedem Phasendiagramm auf einer zur y-achse parallelen Linie durch ein beliebiges Mischverhält nis das Erstarrungsintervall mit den Liquidus- und Solidustemperaturen und die Phasen des jeweils interessanten Temperaturbereiches abgelesen werden können. Im nächsten Artikel dieser Serie wird M.F. Grimwade das Thema "Erstarrung der Metallschmelze" behandeln. 30 7a 7b Abb.7 : Drei Temperaturschnitte durch das Dreistoffdiagramm Gold-Silber-Kupfer mit den hierin enthaltenen Phasenbereichen : a) Phasenzonen bei 950 C. Ein Grossteil der Legierungen ist bei dieser Temperatur noch flüssig. b) Phasenzonen bei 800 C. Nur in einem kleinen Bereich (L) sind die Legierungen bei dieser Temperatur noch flüssig. c) Phasenzonen bei 750 C. Sie zeigen, dass sämtliche Legierungen bei dieser Temperatur fest sind. Das Diagramm weist nach, welche Legierungen einphasig (α ) und welche zweiphasig (α-α 1) sind. Durch rasches Abschrecken (z.b. aus der Glühtemperatur von 750 C) können die bei dieser Temperatur beständigen Phasen auf Raumtemperatur "eingefroren" werden. Abb.8 : Vertikaler Schnitt durch das dreidimensionale Dreistoffdiagramm mit der Ebene, die alle Legierungen mit 75% Gold enthält. Diese 18karätigen Legierungen enthalten unterschiedliche Silber- und Kupferzuschläge. 7c AURUM 1 950 C 800 C Ag 750 C Cu

gen sind. Schliesslich eignen sich Basisprojektionen in Dreistoffdiagrammen auch dazu, die Liquidusisothermen des Legierungssystems (Abb. 9) darzustellen oder um aufzuzeigen, wie die Legierungsfarben mit den Mischverhältnissen zusammenhängen (Abb. 10). Schlussbemerkungen Eine Behandlung der vielen ver schiedenartigen Phasendiagramme in einem kurzen Artikel ist vor allem deshalb unmöglich, weil einige davon ausgesprochen kom plex sind. Wichtig ist jedoch, dass in jedem Phasendiagramm auf einer zur y-achse parallelen Linie durch ein beliebiges Mischverhält nis das Erstarrungsintervall mit den Liquidus- und Solidustemperaturen und die Phasen des jeweils interessanten Temperaturbereiches abgelesen werden können. Im nächsten Artikel dieser Serie wird M.F. Grimwade das Thema "Erstarrung der Metallschmelze" behandeln. 30 Abb.7 : Drei Temperaturschnitte durch das Dreistoffdiagramm Gold-Silber-Kupfer mit den hierin enthaltenen Phasenbereichen : a) Phasenzonen bei 950 C. Ein Grossteil der Legierungen ist bei dieser Temperatur noch flüssig. b) Phasenzonen bei 800 C. Nur in einem kleinen Bereich (L) sind die Legierungen bei dieser Temperatur noch flüssig. c) Phasenzonen bei 750 C. Sie zeigen, dass sämtliche Legierungen bei dieser Temperatur fest sind. Das Diagramm weist nach, welche Legierungen einphasig (α ) und welche zweiphasig (α-α 1) sind. Durch rasches Abschrecken (z.b. aus der Glühtemperatur von 750 C) können die bei dieser Temperatur beständigen Phasen auf Raumtemperatur "eingefroren" werden. Abb.8 : Vertikaler Schnitt durch das dreidimensionale Dreistoffdiagramm mit der Ebene, die alle Legierungen mit 75% Gold enthält. Diese 18karätigen Legierungen enthalten unterschiedliche Silber- und Kupferzuschläge. AURUM 1

KUPFERGEHALT (Gew. %) KUPFERGEHALT (Gew. %) Abb.9:Das Dreieck eignet sich auch für die Darstellung der Liquidustemperaturen des Dreistoffsystems AuAgCu mittels Temperatur-"Höhenlinien", den sog. Isothermen. Abb. 10:Dasselbe Dreieck, hier mit den Farben der verschiedenen Legierungen. Mark Grimwade, BSC, M Tech, MIM, CEng, ist Lehrer für technische Metallurgie in der Abteilung für Metallurgie am Polytechnikum der Stadt London. AURUM 1 31