Versuch: Schmelzdiagramm
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- Lucas Rudolph Kohl
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1 Versuch: Schmelzdiagramm Bei der Anwendung des GIBBSschen Phasengesetzes auf Mehrkomponentensysteme kommt außer den Variablen Druck, Temperatur und Volumen noch eine weitere Variable hinzu, die die Zusammensetzung des Systems kennzeichnet. Bei Stoffen bekannter Molmasse kann sie z.b. durch den Molenbruch angegeben werden. Im Phasengleichgewicht spielt das Volumen als eine der das System eindeutig charakterisierenden Größen keine Rolle. Es kann beliebige Werte zwischen dem Wert des Volumens der einen und demjenigen der anderen reinen Phase annehmen. Die unabhängigen Variablen des chemischen Potentials sind dann Druck, Temperatur und Zusammensetzung. Ein Schmelzdiagramm ist eine Darstellung des Gleichgewichts zwischen einer festen und einer flüssigen Phase. Überschreitet die Summe der Partialdampfdrücke beider Phasen nicht den Atmosphärendruck, so kann die gasförmige Phase unberücksichtigt bleiben; die Druckabhängigkeit des Gleichgewichts flüssig-fest ist wegen der geringen Kompressibilität der festen und flüssigen Phase vernachlässigbar. Damit sind nur die Variablen Temperatur und Zusammensetzung noch von experimentellem Interesse, während der Atmosphärendruck als Parameter aufzufassen ist. Die von der Zusammensetzung abhängige Kurve des Schmelzpunktes nennt man Schmelzkurve, die des Erstarrungspunktes Erstarrungskurve des Systems. Theorie Diagramme, die Gleichgewichte zwischen flüssigen und festen Phasen charakterisieren, können je nach Mischbarkeit der Komponenten vielgestaltig sein. Abb.1 zeigt Schmelzdiagramme von binären Systemen, deren Komponenten in der flüssigen Phase 100 % A 100 % B Abb.1: Schmelzdiagramme von binären Systemen 1
2 unbeschränkt mischbar sind. Für den festen Zustand werden vier Grenzfälle unterschieden: 1. Die Stoffe sind beliebig mischbar (sie bilden Mischkristalle). Die Kurve verläuft monoton zwischen den Schmelztemperaturen T A und T B der reinen Stoffe (Kurve a, z.b. Ag und Au). 2. Die Stoffe sind nicht mischbar: sie scheiden sich beim Erstarren rein aus. Die Kurve b (z.b. NaF und LiF) erreicht ein Minimum. 3. Die Stoffe sind nicht mischbar, sie bilden jedoch miteinander Verbindungen in stöchiometrischen Verhältnissen. Wenn die Schmelztemperatur dieser Verbindungen genügend hoch ist, findet man Kurven wie c (z.b. Bi und Te). 4. Die Stoffe sind vollständig mischbar und bilden zusätzlich eine Verbindung. Hat diese Verbindung eine höhere Schmelztemperatur als A und B, so erhält man eine Kurve der Form d (z.b. d- und 1-Carvoxim). Häufig sind diese Grenzfälle nicht rein verwirklicht; einmal sind die meisten Stoffe wenigstens spurenweise ineinander löslich, zum anderen können Mischungslücken auftreten. Durch solche Effekte werden die Schmelzdiagramme komplizierter. Zu 1: Auch bei vollständiger Mischbarkeit im festen Zustand hat die Schmelze eine andere Zusammensetzung als die bereits erstarrte Mischung, wie Abb.2 zeigt: Der bei höherer Temperatur schmelzende Stoff wird beim Kühlen bevorzugt ausgeschieden, beim Schmelzen dagegen werden beide Stoffe gleichzeitig flüssig. Man erhält daher zwei unterschiedliche Kurven, eine Liquiduskurve und eine Soliduskurve. Hat man nur geringe Liquiduskurve 100 % A C 100 % B Abb.2: Liquidus- und Soliduskurve Mengen von A in der Substanz B (Zusammensetzung C), so kann man durch wiederholtes Schmelzen und Erstarren reines B erhalten (fraktionierte Kristallisation). 2
3 Zu 2: Die beiden Komponenten sind in festem Zustand nicht mischbar, sie kristallisieren jeweils in reiner Form. Die Anwendbarkeit des RAOULTschen Gesetzes für die Gefriertemperaturerniedrigung ist auf verdünnte und ideale Lösungen beschränkt. Die Kurven sind aber auch für ideale Mischungen durchgebogen, da die Konzentration des Lösemittels durch den gelösten Stoff verringert wird. In Abb.3 kennzeichnet das Minimum E der Kurve (Eutektikum) das Gleichgewicht zwischen der flüssigen Phase (Schmelze S), der festen Phase der Komponenten A und der festen Phase der Komponente B. Wenn eine Schmelze von a' aus gekühlt wird, so beginnt im Punkte a festes A auszuscheiden. Durch die entstehende Verarmung der Schmelze an A wird ihre Zusammensetzung längs des Kurvenzweiges unter stetiger, weiterer Ausscheidung von A geändert, bis im Punkte E neben der Komponenten A jetzt auch die Komponente B kristallisiert. * a S a S+B S+A C E A+B D 100 % A 100 % B Abb.3: Schmelzdiagramm eines binären Systems mit Eutektikum Zu 3: Im Fall, dass im geschmolzenen wie im festen Zustand die gleiche Verbindung A m B n auftritt, kann man das Zustandsdiagramm auffassen als aus den Teilen A - A m B n und B - A m B n zusammengesetzt; denn für beide Teile gelten die Gesetze der Schmelztemperaturerniedrigung, die unter 2. besprochen wurden. Sowohl Zusatz von A wie von B erniedrigt die Schmelztemperatur der Verbindung. Sie nimmt einen maximalen Wert an, der in Abb.4 mit M' bezeichnet ist. 3
4 M S S S+A m B n S+B E 2 S+A S+A m B n E 1 A+A m B n B+A m B n 100 % A A m B n 100 % B Abb.4: Schmelzdiagramm eines Systems mit Verbindungsbildung Im Fall der thermischen Zersetzung A m B n ma + nb in der Schmelze verliert nahe der Zusammensetzung A m B n das Gesetz von VAN'T HOFF seine Gültigkeit: Die beiden von rechts und links auf M' zulaufenden Kurvenstücke sind keine Gerade mehr, die Spitze bei M' wird zu einem Maximum abgeflacht. In manchen Fällen zerfällt die Verbindung der Komponenten beim Erwärmen reversibel in eine feste Komponente und eine flüssige Phase, die eine andere Zusammensetzung aufweist als die ursprüngliche Verbindung; man spricht dann von einem inkongurenten Schmelzen. Bei dieser reversiblen Zersetzung stellt sich ein Gleichgewicht zwischen den drei kondensierten Phasen ein. Da aber auch unterhalb der betreffenden Temperatur eine flüssige Phase existieren kann, bezeichnet man diesen Zustand im Gegensatz zum eutektischen Zustand als peritektischen Zustand. Man spricht von einer peritektischen Zersetzung. Ein Schmelzdiagramm mit einem Peritektikum und einem Eutektikum zeigt die Abb.4a für das System K-Na, in dem sich die inkongurent schmelzende Verbindung Na 2 K bildet. 4
5 A I D IV E E F III B V C II 100 % Na 100 % K Abb.4a: Schmelzdiagramm mit Peritektikum und Eutektikum Die Punkte A und D geben die Schmelztemperatur des reinen Natriums und Kaliums an. Der Punkt C bestimmt die Schmelztemperatur und die Zusammensetzung des eutektischen Gemischs und der Punkt B die peritektische Temperatur und die Zusammensetzung des peritektischen Gemischs. Die virtuelle Schmelztemperatur der Verbindung Na 2 K würde durch den Schnittpunkt E' der verlängerten Kurve CB mit der verlängerten Geraden FE bestimmt werden, die die Zusammensetzung der Verbindung Na 2 K angibt. Die drei Kurven AB, DC und BC kennzeichnen die Gleichgewichte zwischen der Schmelze und je einer festen Phase. Die Flächen unter den Kurven stellen die Koexistenzbereiche von je zwei kondensierten Phasen dar. Fläche I entspricht dem festen Natrium und der Schmelze, Fläche II dem festen Kalium und der Schmelze, Fläche III der Verbindung Na 2 K und der Schmelze. Die Fläche IV und V sind die Koexistenzbereiche der Verbindung Na 2 K mit Natrium und Kalium. Thermische Analyse Die Phasendiagramme werden durch Untersuchung des Schmelz- und Erstarrungsvorgangs ermittelt (thermische Analyse). Experimentell sind Kühlkurven besser reproduzierbar und zuverlässiger als Schmelzkurven. Bringt man die Schmelze eines reinen Stoffes in eine kältere Umgebung, so ist die Kühlkurve nach Abb.5a zu erwarten. Das horizontale Kurvenstück gibt das Erstarren wieder, die Temperatur bleibt konstant, weil in diesem Intervall die Schmelzwärme frei wird. Beim Kühlen eines Gemisches erhält man Kurven nach Abb.5b. Bei der Temperatur T k beginnt eine Komponente zu kristallisieren, wobei ebenfalls Schmelzwärme frei wird und die Temperatur nur noch langsam sinkt. Dadurch strebt die Schmelze dem eutektischen Gemisch zu und ereicht es bei T e. Bei dieser Temperatur verfestigt sich die Schmelze mit 5
6 T T T T k T k T e T e a t b t c t Abb.5: Kühlkurven gleichbleibender Zusammensetzung. Fehlt bei der Abkühlung einer Substanz der Knickpunkt T k, so liegt ein reiner Stoff oder ein eutektisches Gemisch vor. In der Praxis sind jedoch die Versuchsbedingungen nie so ideal, vielmehr wirken sich Unterkühlungserscheinungen so störend aus, dass die Kühlkurve sogar in besonders ungünstigen Fällen wie in Abb.5c aussieht. Dann ist man auf graphische Extrapolationen angewiesen, wie sie gestrichelt eingezeichnet sind. Die Dauer der Haltezeit T e wird um so grösser, je mehr sich die Systemzusammensetzung der des eutektischen Gemisches nähert. Trägt man also die Haltezeiten gegen die Zusammensetzung auf, so lässt sich das Mischungsverhältnis eines eutektischen Gemisches auch ohne Beobachtung der Knickpunkte graphisch darstellen. 6
7 Aufgabe Für ein Zweikomponentensystem ist ein Schmelzdiagramm aufzunehmen und zu diskutieren. Versuchvorbereitung Konzentrationsmaße Thermodynamik der Mischphasen - Chemisches Potential - Raoultsches Gesetz - Henrysches Gesetz - partielle molare Grössen - Gibbs-Duhem-Gleichung - Bestimmung von Aktivitätskoeffizienten Phasengleichgewicht - Phasengesetz - Einkomponentensysteme - Zweikomponentensysteme ohne Verbindungsbildung mit Verbindungsbildung mit Mischkristallbildung - Dreikomponentensysteme Thermische Analyse Versuchsdurchführung Für ein Zweikomponentensystem werden die Kühlkurven aufgenommen; aus deren charakteristischen Daten lässt sich das Schmelzdiagramm zeichnen. Zu diesem Zweck werden zunächst die Reinstoffe und acht Feststoff-Mischungen unterschiedlicher Zusammensetzung in Reagenzgläsern eingewogen und in einem Luftbad zur Schmelze gebracht. Die verwendete Apparatur ist in der Abbildung (Seite 8) dargestellt. Sie ist für thermische Analysen bis etwa 470 K brauchbar. Die so erzeugten Schmelzen werden anschließend abgekühlt. Die Schmelze soll während des Kühlvorgangs eine möglichst einheitliche Temperatur besitzen. Deshalb muss die Schmelze, solange es eben 7
8 möglich ist, gut gerührt werden. Um die Knickpunkte in den Kühlkurven genau zu ermitteln, darf nicht zu schnell gekühlt werden. Idealerweise wird das System in ein zweites Bad aus Silikonöl gebracht, dessen Temperatur nur wenig unter der eutektischen Temperatur liegen soll. Hier genügt es, das Glasgefäß des Luftbadsbads mit dem Probenreagenzglas aus dem Ölbad zu nehmen und die Mischungen auf Raumtemperatur abzukühlen. Die Temperatur der Mischung wird alle Sekunden durch ein in die Substanzen tauchendes Thermometer bestimmt. Messungen von acht Mischungen lassen meistens schon die ungefähre Form des Diagramms erkennen. Um den genauen Kurvenverlauf zu ermitteln, müssen dann mehrere eng beieinander liegende Mischungsverhältnisse an den noch unklaren Stellen des Phasendiagramms untersucht werden. Da sich Unterkühlungen nie ganz vermeiden lassen und das Rühren mit zunehmender Ausscheidung der festen Phase immer mehr erschwert wird, empfiehlt es sich, zu jedem der gewählten Mischungsverhältnisse mehrere Kühlkurven aufzunehmen. Erst dann lässt sich der genaue Knickpunkt mit genügender Sicherheit angeben. Außer durch Rühren lassen sich Unterkühlungen auch durch Hineinwerfen eines Kriställchens einer der reinen Komponenten vermeiden. Thermometer Rührer Reagenzglas Luftbad Silikonöl (nicht verbrauchte Substanz bitte zurückgeben) 8
9 Literatur P. W. ATKINS Physikalische Chemie Verlag Chemie, Weinheim 1996 G. WEDLER Lehrbuch der Physikalischen Chemie Verlag Chemie,Weinheim 1997 H.-D. FÖRSTERLING, H. KUHN Praxis der Physikalischen Chemie Verlag Chemie, Weinheim 1991 G. KORTÜM Einführung in die chemische Thermodynamik Verlag Chemie, Weinheim 1982 P. PAUFLER Phasendiagramme Vieweg, Braunschweig, Wiesbaden 1982 G. SCATSCHARD J. Amer. Chem. Soc. 62 (1940) 2426 S.E. WOOD Ind. Eng. Chem. 42 (1950) 660 9
10 Für diesen Versuch werden Chemikalien mit folgenden R-und S-Sätzen ausgegeben. R 22 R 41 R 21/22 R 36/38 Gesundheitsschädlich beim Verschlucken Gefahr ernster Augenschäden Gesundheitsschädlich bei Berührung mit der Haut und beim Verschlucken Reizt die Augen und die Haut S 22 S 26 S 37 S 39 S 24/25 S 37/39 Staub nicht einatmen Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser spülen und Arzt konsultieren Geeignete Schutzhandschuhe tragen Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen Berührung mit den Augen und der Haut vermeiden Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe, Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen 10
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