Regina Görner geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall Rede anlässlich einer Anti-NPD-Demonstration am 25. Februar 2009 in Saarbrücken

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Transkript:

Regina Görner geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall Rede anlässlich einer Anti-NPD-Demonstration am 25. Februar 2009 in Saarbrücken - es gilt das gesprochene Wort -

Anrede, Zunächst Ihnen allen vielen Dank, dass Sie hierher gekommen sind um zu zeigen, dass im Saarland ein Auftritt von Neonazis nicht unwidersprochen bleibt. Wir wollen dieses Land erhalten wissen als ein Ort von Freiheit und Toleranz, von Offenheit und Verantwortungsbewusstsein vor einer Geschichte, aus der wir etwas gelernt haben. Hier ist kein Platz für Menschen, die Gewalt und Ausgrenzung predigen. Niemand soll sich Illusionen hingeben: Die Neonazis sind keine braven Bürgerinnen und Bürger, die das Herz auf dem rechten Fleck haben. Sie sind Wölfe im Schafspelz, die nach außen law and order predigen, letztlich aber Recht und Gesetz mit Füssen treten, und eben nicht nur Recht und Gesetz, sondern auch immer wieder Menschen. Knapp 14.000 rechtsextremistisch motivierte Delikte hat das Bundesinnenministerium 2008 registriert. Das war ein Viertel mehr als im Vorjahr. Die Braunen werden also immer dreister. Und sie werden auch immer gewalttätiger: Mittlerweile werden in Deutschland Tag für Tag mindestens zwei rechtsradikale Gewalttaten aktenkundig. Von der Dunkelziffer ganz zu schweigen! 733 Menschen sind dabei im vergangenen Jahr verletzt worden, ebenfalls ein Drittel mehr als im Vorjahr. Das kann uns nicht kalt lassen.

Ich sehe keine andere politische Gruppierung in Deutschland, die ähnlich gewaltbereit wäre. Erst vor wenigen Tagen sind unsere Gewerkschaftskollegen Opfer brauner Schläger geworden. Es muss jeden Saarländer betroffen machen, dass die Täter in der saarländischen Rechtsradikalenszene vermutet werden müssen. Ich schäme mich dafür. Niemand darf sich Illusionen hingeben: Wer zuschlägt, wer Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung einsetzt, stellt sich nicht nur außerhalb der Rechtsordnung. Er offenbart damit, was für eine Gesellschaft er will: eine Gesellschaft, in der Angst und Schrecken regieren sollen, in der Andersdenkende mit Gewalt zur Raison gebracht werden, in der man die Würde von Menschen mit Füssen tritt. Wir wollen diese Gesellschaft nicht! Die braunen Rattenfänger tarnen sich: Sie tun so, als wären ihnen die Interessen der kleinen Leute wichtig. Sie tun so, als ginge es ihnen um Gerechtigkeit. Sie tun so, als wären sie die Fürsprecher der Arbeitnehmer. Wie weit es mit ihrer Arbeitnehmerfreundlichkeit wirklich her ist, hat man in der Geschichte gesehen: Auch die Nationalsozialisten hatten sich ihren Wählern als angebliche Vertreter der Sorgen der kleinen Leute ausgegeben. Das kostet ja auch nichts. Sobald sie an der Macht waren, wurde die Wahrheit offenbar. Alles nur leere Sprüche: Da haben sie schnellstens die Gewerkschaften zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser

enteignet und das Vermögen der Arbeitnehmerorganisationen beschlagnahmt. Und sie haben Gewerkschafter, und nicht nur diese, verfolgt, gequält und getötet. Und natürlich haben sie die Interessenvertretung von Arbeitnehmern ausgehebelt. Es bestürzt mich, wenn ich in Umfragen lese, dass immer noch viele Ältere glauben, wenn das mit den Juden nicht gewesen wäre, seien die Nazis doch gar nicht so schlimm gewesen; immerhin hätten sie in Deutschland Arbeit geschaffen. Die Wirklichkeit war eine ganz andere: Zwangsarbeit und Arbeitslager sind nun wirklich keine arbeitsmarktpolitischen Leistungen. Tatsächlich haben die Nazis breiten Schichten der Gesellschaft Berufsverbote auferlegt, Unzählige aus ihren Arbeitsverhältnissen verjagt, nicht nur Juden, sondern auch alle, die ihnen politisch nicht in den Kram passten. Das war der Anfang der Diktatur. Und solchen Anfängen muss man für alle Zeiten etwas entgegensetzen! Die Nationalsozialisten waren ja kein Einzelfall. Faschisten waren überall auf der Welt die Gegner freier Gewerkschaften. Sie haben überall die arbeitenden Menschen ausgebeutet und in ihren Rechten verkürzt. Und ihre heutigen Vertreterinnen und Vertreter sind um keinen Deut besser. Ihre Gewalttaten belegen das Tag für Tag. Deshalb müssen wir wachsam sein: In der Wirtschaftskrise machen sich viele Menschen Sorgen.

Viele sehen sich als Opfer von Ungerechtigkeit. Sie dürfen nicht auch noch Opfer der braunen Rosstäuscher werden. Deshalb gilt es, klar Stellung zu beziehen: Vor uns liegen viele Wahlen, auch hier im Saarland. Wer nicht wählen geht, stärkt die Radikalen. Das muss jeder wissen. Keine Stimme für die Neonazis! Auch nicht durch Wahlenthaltung. Was die Neonazis bisher schon in deutschen Parlamenten angerichtet haben, ist schlimm genug: Inkompetenz und Postengeschachere, Korruption und schamlose Selbstbedienung das sind die Schlagzeilen, die die Vertreter der angeblichen Saubermänner mit schöner Regelmäßigkeit liefern. Davon brauchen wir hier im Saarland nichts, aber auch gar nichts! Deshalb: Sprechen Sie mit den Menschen in Ihrem Umfeld über die braune Gefahr! Ermuntern Sie alle, wählen zu gehen und ein klares Votum abzugeben für Demokratie und Menschenwürde und gegen Hass und Gewalt. Wir wollen Vielfalt in diesem Land. Die Gleichmacher und Vereinfacher haben hier keinen Platz! Ein herzliches Glückauf!