Laufrad für einen radialen Verdichter mit optimaler Geometrie nach strömungsmechanischen Gesichtspunkten Allgemeines In einer Studie über Festigkeitsberechnungen bei radialen Turbokompressorlaufrädern ist aufgezeigt worden, dass eine gezielte Festigkeitsoptimierung es ermöglicht, die Schaufeln eines Laufrades in einem gewissen Bereich derart zu verdrehen, dass sich eine verbesserte Strömungsführung im Laufradkanal ergibt. Nachfolgend wird eine Optimierung der Kanalgestaltung beschrieben, die das Potential ausschöpft, das sich aus der Festigkeitsoptimierung ergibt. Die Aufbereitung der Geometrie ist mit folgenden Softwarepaketen durchgeführt worden: Berechnung und Gestaltung des Laufradkanales Konstruktion der Geometrie Vernetzung Strömungssimulation Bladerunner DIME ANSYS TurboGrid ANSYS CFX
Das sogenannte Basislaufrad, an dem sich alle untersuchten Geometrievarianten orientieren, ist durch eine senkrechte Eintrittskante (kein Twist) und eine senkrechte Austrittskante (kein Rake) gekennzeichnet. Analog zu Studien über die Festigkeitseigenschaften ist der Twist und der Rake als Verwindung der Schaufelkanten am Eintritt und am Austritt definiert. Um zu einer optimalen Laufradbauform zu gelangen, sind ausgehend von der Basisgeometrie insgesamt 9 Parameter variiert worden. Sämtliche Variationen beeinflussen die Schaufelgeometrie unterschiedlich deutlich und führen zumindest teilweise zu erheblichen
Mehrbelastungen des Laufrades unter Festigkeitsgesichtspunkten. In einer separaten Studie ist die Laufradfestigkeit für die verschiedenen Geometrievarianten einzeln nachgewiesen worden. Die verschiedenen Geometrievariationen sind nachfolgend im einzelnen beschrieben. 1. Variation des Umschlingungswinkels Die Variation des Umschlingungswinkels führt zu einer Beeinflussung der Schaufellänge und damit des Strömungskanales. 2. Variation des Twist Der Twist verdreht die Schaufeln am Eintritt, wie dies im folgenden Bild zuerkennen ist. Für die Untersuchungen ist dabei die Schaufel derart verändert worden, dass der Schaufelverlauf an der Deckscheibenkontur unverändert geblieben ist. Die Verdrehung der Schaufel am Eintritt ergibt sich somit als Folge einer veränderten Skelettlinie an der Nabe. Sämtliche Strömungswinkel sind unverändert geblieben.
3. Variation des Rake Unter dem Rake wird eine Verdrehung der Schaufel am Austritt verstanden. Dies ist im nachfolgenden Bild ersichtlich. Wie beim Twist ist auch hier der Verlauf der Skelettlinien an der Deckscheibe nicht unverändert worden. 4. Brust- und Rückenstoß Ein sogenannter Bruststoß bzw. ein Rückenstoß ergibt sich durch die Veränderung des Schaufelwinkels β.
5. Beschleunigte Meridiankontur Durch Verringerung der Austrittsbreite b erfolgt eine Beschleunigung der Meridiangeschwindigkeit. Sämtliche weiteren Hauptabmessungen des Laufrades sind mit einer Ausnahme nicht verändert worden. Da sich bei gleichem Betriebspunkt das Geschwindigkeitsdreieck ändert, wenn die Kanalbreite am Austritt verändert wird, muss der Austrittswinkel ebenfalls mitgeändert werden. Dies ist derart vorgenommen worden, dass die spezifische technische Arbeit (=Eulerarbeit) konstant gehalten worden ist. Das nachfolgende Bild verdeutlicht diese Zusammenhänge qualitativ, indem drei verschiedene Schaufeln mit unterschiedlichen Farben dargestellt sind. 6. Lage der Eintrittskante Die Eintrittskante bestimmt unmittelbar die Länge des Strömungskanals. Die Geometrievariation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Schaufeln verschieden stark in den Saugmund zurückgezogen sind. In jedem Fall besteht die Bedingung des stoßfreien Einstritts an der Vorderkante der Schaufel. Im nächsten Bild ist die Variation der Schaufelformen qualitativ zu erkennen.
7. Versperrung Unterschiedliche Schaufelstärken ergeben sich aus Festigkeitsüberlegungen. Sie wirken auf die Meridiangeschwindigkeitsverteilung ein und beeinflussen somit die Geometrie der Schaufeln. Besonderes am Eintritt wirkt sich die Schaufeldicke am deutlichsten auf die relative Versperrung des Kanals aus. Im folgenden Bild sind zwei Schaufeln mit unterschiedlicher Dickenverteilung dargestellt. 8. Variation der Schaufelzahl Auf die Führung der Strömung hat die jeweilige Schaufelzahl eines Laufrades einen erheblichen Einfluss. Wie im nächsten Bild veranschaulicht wird, sind in die Optimierungsuntersuchungen Laufräder mit deutlich veränderten Schaufelzahlen aufgenommen worden. Dabei ist nur die Anzahl der Schaufeln variiert worden. Sämtliche weiteren Parameter blieben unverändert.
9. Schnellläufigkeit Die sogenannte Schnellläufigkeit ist ein Kriterium, welches das Design des gesamten Laufrades am deutlichsten beeinflusst. Die Schnellläufigkeit verknüpft den Fördervolumenstrom mit der Laufradgröße und der Drehzahl. Um zu vergleichbaren Ergebnissen zu gelangen, wurden verschiedene Meridianschnitte untersucht, die bei veränderten Durchmessern des Laufradaustritts D die Umfangsgeschwindigkeit konstant halten. Hieraus resultieren unterschiedliche Drehzahlen. Um die Geschwindigkeitsdreiecke im Sinne der Eulergleichung nicht zu verändern, muss die Breite des Strömungskanals am Austritt b verändert werden.
ERGEBNISSE Im folgenden werden die verschiedenen untersuchten Varianten einander gegenüber gestellt. In der Regel erfolgt der Vergleich anhand der berechneten Kennlinien sowie der Wirkungsgradverläufe über dem Volumenstrom. Bei den Kennlinienverläufen sind immer die erreichbaren Stufendruckverhältnisse in Abhängigkeit des Ansaugvolumenstromes dargestellt. Die Verläufe der Wirkungsgrade geben die jeweiligen Laufradwirkungsgrade wieder. Um die Fülle der Ergebnisse im Rahmen dieser Darstellung zu reduzieren, sind nachfolgend nur diejenigen Geometrievariationen erläutert, die einen sehr deutlichen Einfluss auf das Betriebsverhalten des Laufrades ausüben. Weiterhin ist auf die Wiedergabe von absoluten Zahlen verzichtet worden. Vergleich der Kennlinien bei verschiedenen Umschlingungswinkeln Wie dem obigen Bild entnommen werden kann, wirkt sich der Umschlingungswinkel sehr stark auf die gesamte Kennlinie aus. Dabei werden drei Größen deutlich beeinflusst: Sowohl die Pumpgrenze als auch die Schluckfähigkeit des Laufrades ist stark vom Umschlingungswinkel abhängig. Ebenso sind deutlich unterschiedliche Druckerzeugungen bei jeweils konstantem Volumenstrom zu erkennen. Diese Aussage ist unter der Randbedingung zu bewerten, dass die Geschwindigkeitsdreiecke bei allen Laufrädern exakt gleich sind.
Vergleich der Wirkungsgrade bei verschiedenen Umschlingungswinkeln Die für die Kennlinien gemachten Aussagen spiegeln sich auch in den Wirkungsgradverläufen wider. Es sind je nach Umschlingungswinkel deutlich unterschiedliche Wirkungsgrade vorhanden. Vergleich der Kennlinien bei verschiedenen Twist und Rake Das oben dargestellte Bild vergleicht sämtliche untersuchten Varianten, bei denen die Kantenverläufe der Schaufel am Eintritt sowie am Austritt verwunden worden sind (sog. Twist und Rake). Der deutliche Einfluss der Schaufelverwindung auf das erzielbare Druckverhältnis des Laufrades sowie die Lage der Pumpgrenze ist aus dem Bild gut zu entnehmen. Vergleich der Wirkungsgrade bei verschiedenen Twist und Rake
Einen noch deutlicheren Einfluss auf den Laufradwirkungsgrad als dies bei den Kennlinienverläufen zu erkennen war ergibt sich aus dem oben dargestellten Bild. Insbesondere ist zu bemerken, dass gerade im Auslegungsbereich durch eine gezielte Schaufelverwindung deutlich höhere Wirkungsgrade erzielt werden können. Es muss an dieser Stelle deutlich darauf hingewiesen werden, dass sich ein Twist oder ein Rake erheblich auf das Festigkeitsverhalten eines Laufrades auswirkt. Bereits relativ kleine Verdrehwinkel können zu extremen lokalen Spannungsspitzen führen. Da diese in der Regel unmittelbar am Schaufelfuß (= Übergang von der Schaufel zur Radscheibe oder zur Deckscheibe) auftreten, muss eine Festigkeitsanalyse nach der Methode der Finiten Elemente diesen Bereichen bereits bei der Modellierung und Vernetzung besondere Beachtung schenken. Hierzu sind an anderer Stelle detaillierte Hinweise auf Programme zum Preprocessing und zu Rechenergebnissen vorhanden. Vergleich der Kennlinien bei unterschiedlicher Schnellläufigkeit Vergleich der Wirkungsgrade bei unterschiedlicher Schnellläufigkeit Sowohl aus den dargestellten Kennlinien als auch aus den Wirkungsgraden kann entnommen werden, dass die Schnellläufigkeit einen sehr großen Einfluss auf das Betriebsverhalten des Laufrades ausübt. Da die Schnellläufigkeit direkt mit der Baugröße des Laufrades zusammenhängt, ist ersichtlich, dass hinsichtlich der Frage nach der Baugröße der gesamten Maschine und der Frage des erreichbaren Wirkungsgrades Kompromisse einzugehen sind.
Optimierung der Geometrie Um zu einer optimierten Laufradgeometrie zu gelangen, bieten sich mehrere Strategien an. Die sinnvollste Vorgehensweise besteht darin, sämtliche zuvor genannten und im einzelnen untersuchten Kriterien nach ihren jeweiligen besten Ergebnissen zu sondieren und in die Optimalgeometrie einfließen zu lassen. Ein Resultat dieser Vorgehensweise ist im nächsten Bild dargestellt. Es zeigt das Laufrad, das sämtliche Verbesserungen in sich vereint. 3D-Ansicht eines optimierten Laufrades Das dargestellte Laufrad ist neben einer Schaufelverwindung sowohl am Eintritt als auch am Austritt und anderen Verbesserungen insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass es einen größeren Durchmesser besitzt. Dies ist ein Ergebnis der Variation der Schnellläufigkeit. Um die Vergleichbarkeit der verschiedenen Laufradgeometrien in einem engeren Rahmen zu gewährleisten, wird für die folgenden Betrachtungen eine Einschränkung hinsichtlich der zulässigen Veränderungen eingeführt.
Diese besteht darin, dass bei der Optimierung der Laufradaustrittsdurchmesser nicht vergrößert werden darf. Über das Resultat der Optimierung geben die folgenden Bilder Auskunft: Das erste zeigt die Geschwindigkeitsverteilung des Basislaufrades mit Stromlinien. Die deutliche Verringerung der Ablösegebiete bei optimiertem Laufrad ist aus dem zweiten Bild zu erkennen. Die Reduktion der Ablösezone am Laufradaustritt bei dem optimierten Laufrad ist besonders gut durch die Konturplots der nächsten beiden Bildern wiedergegeben, in denen wiederum beide Laufradgeometrien einander gegenübergestellt sind.
Durch die Geschwindigkeitsvektoren des optimierten Laufrades im Vergleich zum Basislaufrad wird die Verkleinerung des Ablösgebietes (Jet-Wake) besonders gut verdeutlicht. Den Einfluss der Optimierung auf das Kennfeld zeigt das folgende Bild. Es ist zu erkennen, dass sich für sämtliche drei berechneten Drehzahlen deutlich größere Druckverhältnisse im normalen Betriebsbereich ergeben. Weiterhin ist eine verbesserte Schluckfähigkeit für sämtliche Drehzahlen zu erkennen. Die im nächsten Bild dargestellten Verläufe der Wirkungsgrade weisen neben den höheren Drücken auch über einen weiten Bereich deutlich höhere Wirkungsgrade des Laufrades aus.
Fazit Laufräder mit einer spezifisch niedrigen Drehzahl weisen wesentliche Vorteile in der Aerodynamik auf. Daraus resultieren hohe Wirkungsgrade. Zusammen mit der Kombination mehrer Schaufeln, einer beschleunigten Meridiankontur, einem kleineren Umschlingungswinkel und einer Verwindung der Schaufel mit einem negativen Twist am Eintritt und einem positiven Rake am Austritt, werden die Strömungsbedingungen enorm verbessert. Durch die Zuspitzung der Schaufel am Eintritt wird der Versperrung entgegengewirkt, was zu einer weiteren Verbesserung der Strömung führt.