Erfahrungen eines Technischen Direktors bei der Flutkatastrophe 2002

Ähnliche Dokumente
Landkreis Stendal. Katastrophenschutz - 1 -

Katastrophenschutz der Stadt Weiden

Sicher unterwegs an der ETH Zürich Chamau

Einbindung einer Bundesbehörde in die Arbeit von Land und Kommunen

Hochwasser 2013 im Landkreis Elbe-Elster

Änderungen und Ergänzungen an:

Änderungen und Ergänzungen an:

Alarmierungsrichtlinie. Richtlinie

Bauinvestitionen

FÄnderungen und Ergänzungen an:

Würdevolle Begleitung am Lebensende - Hospizangebote, Palliativversorgung, Trauerbegleitung (Stand: 9. November 2017)

Klimawandel häufigere und extremere Unwetter Folge: mehr Überschwemmungen. Hochwasserschutzzentrale Köln

Katastrophenschutz in der. Region Hannover

Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen

Feuerwehr. Planungen der unteren Katastrophenschutzbehörde für großflächige Stromausfälle. Ltd.BD Dipl.-Ing. Ulrich Tittelbach

Danke für die Einladung

Workshop: Erfassung von Hochwasserschäden

Bild: EnBw. Katastrophenschutz in der Umgebung des Kernkraftwerkes Philippsburg

Elbehochwasser 2002 und 2006 aus Sicht des Katastrophenschutzes

BBF- Checkliste zur Vorbereitung des einrichtungsinternen Notfallmanagements. 1. Planung/ Durchführung

FB 37 Feuerwehr Gefahrenabwehr *)

Dreimal Hochwasser im gleichen Betrieb

Massenanfall von Verletzten- Kölner Szenarien. Dr. F. Kolibay, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin

24. Fachsymposium Endoskopie in Klinik und Praxis

Hochwasser Eine Herausforderung für die GDI Dresden Andreas Schmidt

Arzt-Patienten-Kommunikation in der Telemedizin

3. Fachinformationstag Katastrophenschutz Niedersachsen Das Hochwasser im Landkreis Wolfenbüttel Ende Juli 2017

Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

FB 37 Feuerwehr. Summe Produktgruppe

Belastungen im Pflege- und Funktionsdienst - Erste Erkenntnisse der Befragung aller Mitarbeiterinnen ab 50 Jahren

Rahmenübung der Führungs- und Leitungskräfte der KatS-Behörde SW (L) am

L a n d k r e i s S t e n d a l Katastrophenschutz

Sicher unterwegs an der ETH Zürich Schwerzenbach

Schutz kritischer Infrastrukturen Eine neue Herausforderung?

Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Wasserwehr (Wasserwehrsatzung) Vom 25. September 2003

DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz e. V. Nationale Hilfsgesellschaft Mitternachtsgasse 4, Mainz. Mitwirkung bei Evakuierungen und Räumungen

Mitwirkung bei Evakuierungen und Räumungen

Spannungen & Konflikte im therapeutischen Team

Konzeption zur Warnung. der Bevölkerung. der Landeshauptstadt Dresden

Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss am

FB 37 Feuerwehr. Summe Produktgruppe

Stromausfall im Krisenfall Was kann die ENSO?

Das Konzept, in 10 Schritten! (Die Kernpunkte!) kurz und knapp - Notfallevakuierung Krankenhaus. ... von Wolfgang Haag, Pforzheim

Hospitation. Behandlung von Anastomoseninsuffizienzen und Perforationen des oberen Gastrointestinaltraktes mit dem Eso-SPONGE

Fusion der Städtischen Krankenhäuser Dresden-Neustadt und Dresden-Friedrichstadt als Städtisches Klinikum Dresden

Brandschutz. Heiß gemacht. Personelle Vorbereitung eines Großklinikums auf den Brandfall

Regelung der Aufgaben und der Ausbildung von Leitern PSNV (Psychosoziale Notfallversorgung) in Baden- Württemberg im DRK, der JUH und der LAG NFS

Sicherheits- Unterweisung. Über das richtige Verhalten in einer Notsituation für Studierende

14. Dresdner Gefäßtagung

Sicherheits- Unterweisung. Über das richtige Verhalten in einer Notsituation für Studierende

Alopezie als Nebenwirkung der Chemotherapie - Ein Ansatz zur verbesserten Beratung

Mein HOCHWASSER- MASSNAHMENPLAN

Katastrophenmanagement des Landes Brandenburg

André Drößus Microsoft Consultant axon GmbH

SACHSEN-ANHALT Ministerium für Inneres und Sport. Hochwasserkatastrophe 2013: Kommunikation mit Einsatzkräften und Bürgern

Das Sperrinformationssystem Sachsen Informationsquelle für Behörden, Einsatzkräfte und Autofahrer

Hochwassergefährdung und Hochwasservorsorge in Bad Kreuznach

Ausarbeitung über die Zusammenarbeit von Feuerwehren und Technischem Hilfswerk

IVENA Versorgungsqualität für Patienten verbessert

Seminar zur Erstellung eines Alarm-/Einsatzplanung bzw. Anschlussplanung

Brandschutzordnung für Krankenhäuser und Pflegeheime

Unterstützung der Kommunen bei Hochwasserabwehr und Hochwasserschutz

Brandschutzordnung. Stadtwerke Düren GmbH. Standort Arnoldsweilerstraße Düren. gemäß DIN Teil C

ALARM- UND AUSRÜCKEORDNUNG ELW 2. Kreisfeuerwehr Uelzen

Medizinische Exzellenz für die Waisen der Medizin

Verhalten bei Unfällen Stand: Anlage 5. Seite 1 von 12

Sexualität und Sexualstörungen

Lehrgangstermine. Brandmeister - Abschlusslehrgang. 101a / a / a / 54. Brandmeister - Einführungslehrgang

Einsatzbericht Bombenalarm in Burtscheid. Sicht des Brandschutzbeauftragten für die Rheumaklinik Aachen

Arzt-Patienten-Kommunikation in der Telemedizin

Polizeidirektion Südwestsachsen

Grundsätzliche Informationen. Entwicklung des Lagebildes

We need a plan! Deutsche Arbeitsgemeinschaft Krankenhaus-Einsatzplanung = DAKEP DAKEP. DAKEP-presentation Januar 2015

Hochwasserrisikomanagement aus Sicht des Katastrophenschutzes

- Arbeitspapier - Abwehr von Großschadensereignissen im Land Nordrhein-Westfalen. - Führungsstrukturen -

Blue Light Services API Konzept. Oktober, 2015

Rahmen-, Alarm- und Einsatzplan (RAEP) Gesundheit Rheinland-Pfalz

Stadtgemeinde DÜRNSTEIN A-3601 Dürnstein Wachau/Austria Bürgermeister Ing. Johann Schmidl Feuerwehrkommandant BR Markus Bauer

Hochwassergefährdung und Hochwasservorsorge in Bad Kreuznach

Wenn es darauf ankommt!

Bauhaus-Universität Weimar

OT Leckwitz, zum Beispiel Flurstück Nr. 98/3 Gem. Leckwitz

DRINGENDER SICHERHEITSHINWEIS

Aktion Saubere Hände. Infektionsprävention im Qualitätsmanagement. Erfahrungsaustausch 2010

ELEMENTARGEFAHR HOCHWASSER: OPTIMAL ABGESICHERT - VOR UND NACH DEM SCHADENSFALL

b) in den Textteil der Handlungsanweisungen. Bei Letzterem haben sich bisher zwei Varianten als einsetzbar erwiesen:

Evakuierung. Bevölkerungsschutz Köln. kommunale Gefahrenabwehr aus einer Hand

Brandschutz Stuttgart 21

Professionelle Hilfe nicht nur, wenn's brennt! Werkfeuerwehr im Industriepark Gersthofen.

Sächsischer Krankenhaustag 2014

Modernes Katastrophenmanagement bei Ausfällen Kritischer Infrastrukturen

Einsatzmöglichkeiten des THW

BRANDSCHUTZ Sachliche Zuständigkeit der örtlichen Brandschutzbehörden nach 6 SächsBRKG

Risikomanagement Begriffe, Grundlagen, Definitionen

Hochwasserrisikomanagement in Sachsen

Bayerisches Staatsministerium des Innern

Ausbildung von Betriebsdisponenten

Inhaltsverzeichnis. 1 Medizinische Rettung... 1

Transkript:

Erfahrungen eines Technischen Direktors bei der Flutkatastrophe 2002 Das Krankenhaus sensibler Bereich im Katastrophenmanagement

Unmittelbare Notfallsituationen Brandfall Explosion Bombendrohung Bombenfund Havarien an technischen Anlagen

Mittelbare Notfallsituationen Massenunfälle Bombenattentate Giftanschläge mit Massenvernichtungsmitteln Objektübergreifende Großbrände Hochwasser / Überschwemmungen Hagel, Sturm, sintflutartige Niederschläge großräumiger Ausfall von Ver- und Entsorgungsanlagen

Universitätsklinikum Beispiele für Notfallsituationen Brandstiftung in der Klinik und Poliklinik für Neurologie mit starker Rauchentwicklung - Evakuierung Bombendrohung Evakuierung der Klinik und Poliklinik für Chirurgie Bombenfund einer scharfen amerikanischen 5 Zentner-Fliegerbombe bei Bauarbeiten starke Niederschläge, drückendes Grundwasser Rückstau des Elbehochwassers 2002

Notfallmanagement Alarm- und Einsatzpläne Evakuierungswege und räume Vorhalten materiell-technischer Recourcen

Krisensituation in Dresdner Krankenhäusern August 2002 Evakuierung der Krankenhäuser: Freital Dresden-Friedrichstadt Dresden Neustadt Krankenhaus der Diakonie

Probleme und Defizite: Übergreifende Alarm- und Transportpläne fehlten (Hilfskräfte und Betroffene) Qualifizierte Mitarbeiter in den Einsatzstäben fehlten Unzureichende materiell-technische Basis Vorausschauende Situationsanalyse unzureichend

Sturzartige Überschwemmung Hauptbahnhof Im Landkreis schwerste Schäden und z.t. keine Landverbindung Zunehmendes Verkehrschaos

Bedrohung durch Nähe zur Elbe Steigender Grundwasserspiegel Ausfall der Stromversorgung Störungen der Wasserver- und -entsorgung Ausfall der Telekommunikation Überlastung der Mobil-Netze Wasserbedrohung von SW Anfahrtswege z.t. nicht nutzbar Unsichere Stabilität der Brücken etc

12. August 2002 Flutwelle aus dem Erzgebirge nach Dresden, Krankenhaus Dresden Friedrichstadt wird überschwemmt.

13. August 2002 Universitätsklinikum nimmt Patienten betroffener Krankenhäuser auf, Elbepegel steigt von 2,00 m auf 6,50 m.

14. August 2002 Krisenstab der Stadt Dresden beschließt Evakuierung des Universitätsklinikums. 47 Feuerwehren und THW pumpen 75.000 Liter Wasser pro Minute aus Kellergeschossen.

Elektroversorgung stabil, Hauptheizzentrale fällt aus, Fernwärmeversorgung der Stadt Dresden fällt aus.

Der Krisenstab des Universitätsklinikums veranlasst etappenweise Notentlassungen und Evakuierungen.

15. August 2002 Letzte transportfähige Patienten verlassen das Klinikum. Berufsfeuerwehr, THW, Polizeikräfte und viele Freiwillige sichern den Großteil der Kliniken.

16. August 2002 Teilweise bricht die Elektroversorgung zusammen, unermüdlicher Einsatz aller Hilfskräfte ermöglicht Notbetrieb.

17. August 2002 Stabilisierung der Technischen Anlagen führt zum Ausbau der Notversorgung.

Kirchbach- Kommission In der Landeshauptstadt Dresden wurde das Einsatztagebuch ab Auslösung des Katastrophenalarms (19.20 Uhr) geführt.... Seit dem Nachmittag des 12. August 2002 wurde in der Stadtverwaltung die Frage der Auslösung von Katastrophenalarm erörtert. Dabei habe die Frage der Kostentragung eine Rolle gespielt. Hierüber wurden intensive Gespräche mit dem Regierungspräsidium Dresden geführt.

18. August 2002 Schrittweise provisorische Inbetriebnahme des Klinikums. Beseitigung der Hochwasserschäden und Hochwasserprävention sollte im August 2004 abgeschlossen sein! Tatsächlich 2009

Maßnahmen Hochwasser/ Überschwemmung/Grundwasser Wenn wir davon ausgehen, dass eine Flächenüberschwemmung eintritt, gibt es nur den Weg der Evakuierung und Objektsicherung. Bei Gefahr partieller Überschwemmung: Strom- und Wärmeversorgungsanlagen oberirdisch installieren oder eine so genannte weiße Wanne bilden. Bei Kanalsystemen Schottungen mit z.b. Schiffstüren herstellen.

Gesicherte Betriebsräume schaffen und mit Notstrom versorgen. Notstromanlagen störfrei unterbringen. Genug Treibstoff vorhalten. Pumpsysteme und Hebeanlagen in höheren Lagen installieren und an Notstromanlagen anschließen, Druckwassersysteme ausbilden. Eventuell am Mikrostandort Grundwasserabsenkungsanlagen installieren (Einsatz mobiler Pumpsysteme)

Eine Logistik umsetzen, dass Patienten nur intern bzw. über kurze Strecken umgelagert werden, um Strapazen besonders bei überwachungspflichtigen Patienten so gering wie möglich zu halten. Alle 3 Jahre ein Antihavarietraining durchzuführen und die Wirksamkeit des Notfallmanagement sowie des Katastrophenplanes mit Schwestern und Ärzten zu prüfen. Dabei sollte die Katastrophenschutzkommission sowie die Feuerwehr einbezogen werden.

Allgemeine Maßnahmen bei Havariesituationen Die Katastrophenschutzgesetzgebung des Landes, sowie die auf die Stadt präzisierten Katastrophenschutzpläne müssen im Krankenhaus bekannt sein. Im Krankenhaus muss ein Notfallmanagement existieren. Diese Dokumente müssen zwingend aktuelle Alarmierungspläne und Handlungsvorschriften enthalten und auf den Stationen aushängen.

Bei hochwassergefährdeten Standorten ist moderne Technik vor Ort vorzuhalten (Notstromanlagen, Pumpen). Ausreichendes, gut gewartetes Schlauchmaterial ist den Vorschriften entsprechend zu lagern. Transportable akku- bzw. batteriebetriebene Leuchtquellen, geladene Funktelefone, Abdeckmaterialien, Tragen, Decken sowie transportable medizinische Geräte und mobile Hochwasserschutzbarrieren. Kurzfristig einsetzbare Verpflegungsmöglichkeit, wie auch mobile Trinkwasser- und Abwassertechnik.

Havariesituationen sind in festgelegten Zeitabständen zu trainieren; dazu gehören: - Darstellung der Funktionsfähigkeit von Notstromanlagen, Pumpsystemen, Schottungs- und Hebeanlagen, Feuerlösch- und Brandschutztechnik - Zeitlich festgelegte wiederkehrende Brandverhütungsschauen sowie Brandschutzbegehungen mit der örtlichen Feuerwehr. - Wiederkehrende praktische Vorführungen von Feuerwehrlöschtechnik mit medizinischem Personal.

Quelle: Kirchbach- Kommission Zur Bekämpfung der Katastrophe waren neben den örtlichen Rettungsdiensten Bundeswehreinheiten sowie Rettungsdienste und Freiwillige aus ganz Deutschland im Einsatz. Trotz größter Anstrengung kamen in Sachsen 20 Menschen zu Tode, 110 wurden verletzt. Mehrere zehntausend Menschen mussten evakuiert werden. Die Schäden an der Infrastruktur, an Gebäuden und anderen Sachwerten belaufen sich auf mehrere Milliarden Euro.

Prinzip der Anbindung von externen Krisenstäben bspw. für: Krankenhäuser, Staatliche Kunstsammlungen, Sächsische Staatsoper Landtag und andere Oberbürgermeister Oberbürgermeister Katastrophenschutzstab (Verwaltungsstab) Leiter des Stabes Stellv. Leiter d. Stabes u. Leiter der SG Fachberater externer Krisenstäbe Polizeivollzug Bundesgrenzschutz, Bundeswehr DREW AG, DVB, Krankenhäuser, Pflegeheime, Stadtentwässerung, Friedhofs- und Bestattungswesen und andere nach Bedarf Fachberater intern/ extern direkte Kommunikation S 1 S 2 S 3 S 4 S 5 S 6 S 7 Sachbearbeiter externe Krisenstäbe bei Notwendigkeit Evakuierung Information/Kommunikation Evakuierung Krankenhäuser Evakuierung Alten- und Pflegeheime besondere Planungsgruppen Verbindungs organe Koordinierungsstelle RP SMI Evakuierungsvorschlag bei Notwendigkeit - Entsendung Krisenstab/ Krankenhaus- Einsatzleitung keine unmittelbare Gefahr Information/ Kommunikation TEL (Führungsstab) Leiter S 1 S 2 S 3 S 4 S 5 S 6 S 7 EA FW 1 EA FW 1 EA FW 2 EA FW 3 EA FW 4 EA RD EA Umwelt

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus

Soziale Kompetenz, Respekt und Achtung

Steffen Kluge Tel. +49 (0)351 458-3740 Fax +49 (0)351 449-210537 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden Anstalt des öffentlichen Rechts des Freistaates Sachsen Fetscherstraße 74, 01307 Dresden http://www.uniklinikum-dresden.de