Dürer-Jahr 1971* 2011: Die Kunstobjekte in der Altstadt. Maciej Szankowski, Warschau Standort der Skulptur: Neutorgraben/Haltestelle Neutor

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Transkript:

Dürer-Jahr 1971* 2011: Die Kunstobjekte in der Altstadt Maciej Szankowski, Warschau Standort der Skulptur: Neutorgraben/Haltestelle Neutor Der Künstler sagt zu seiner Arbeit: Mein Interesse gilt der Silhouette oder besser gesagt der Folge von Silhouetten mit sich veränderndem Ausdruck, der Belebung eines unbeweglichen Körpers, den vorbeigehende Menschen scheinbar in Bewegung setzen. Erst im Gehen wird die künstlerische Form richtig betrachtet. Natürlich mache ich Sachen, die heute im Museum stehen, aber das hat weniger Wert. Eine Plastik in einer Stadt ist ein Objekt zum Ansehen und zur Konfrontation. In Warschau sind die Leute das gewohnt; neben den bekannten Denkmälern ist solche Kunst kein Schock mehr. Das Objekt: Szankowski hat aus 30 qm 8-mm-Stahlblech in siebenwöchiger Arbeit in der Fabrikhalle der Firma Dorner mit dem Schweißbrenner die Einzelteile herausgeschnitten und zusammengefügt. 5,80 Meter ist die Skulptur hoch. Nach dem Wunsch des Künstlers sollte sie kardinalrot gestrichen werden. Der Aufstellungsort, in einem Rasenzwickel an der Haltestelle Neutor gegenüber dem Atelierhaus des Stifters, ist ein Kompromiss zwischen den Vorstellungen des Künstlers und dem Willen des Patenschaftsträgers Prof. G. G. Dittrich. Maciej Szankowski, geboren 1938 in Wola LibertowskarPolen, studierte nach dem Besuch der Kunstschule Zakopane Bildhauerei an der Akademie der Künste in Warschau bei J. Jarnuszkiewicz. Von 1963-1966 wirkte er als Dozent an der Kunstschule Zakopane. Er beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen, Wettbewerben und Künstlersymposien im In- und Ausland. Seine Arbeiten zeigte er in der UDSSR, den USA, der CSSR, den Niederlanden, in Italien, Finnland, Schweden, Dänemark, Osterreich, Ungarn und Norwegen. In der Bundesrepublik war er auf der großen Ausstellung polnischer Bildhauerei im Folkwang-Museum Essen vertreten. Werke des Künstlers haben Eingang gefunden in viele Sammlungen Europas. Norbert Neudecker, der den Künstler in der Werkstatt besuchte, schrieb in der Abendzeitung:... Rund 30 Zentner schwer ist die Plastik, wenn sie fertig zusammengeschweißt und aufgerichtet ist. Aber schon jetzt, wo sie noch auf der Werkbank in der Halle der Kupferschmiede Georg Dorner liegt, ist zu erkennen, dass man ihr das Gewicht nicht anmerken wird, so schlank und schwebend leicht kann Stahl sein. Einen Namen will der Pole seiner Nürnberger Plastik nicht geben: Es ist ein freies Spiel der Formen und Räume...". Frankfurter Allgemeine Zeitung:... Die Faltplastik, diese Stele, die Fläche und Volumen in sich vermittelt und die Bewegung des Geländes aufnimmt, entwickelt eine pfeilartige Spitze gegen ihre Umgebung. Selbständigkeit ist hier zugleich Selbstgenügsamkeit mit einer aggressiven Pointe... 1

Nürnberger Nachrichten:... Ein Werk, bei dem sich Zustimmung und Ablehnung die Waage halten... Dr. J. Drexel in der gleichen Zeitung:... Exhaustor einer chemischen Werkstatt... In Nürnberg Heute meint Fritz Schleicher:... Der Pole verunsicherte die Geruhsamkeit des dicken Stadtmauerturms mit einem überdimensionalen Schornsteinaufsatz... Zettelkasten und Leserbriefe brachten folgende Meinungen an den Tag:... Kopfstand einer Geiß Stahlvogel startet zum Plärrer. Denkmal für den Schlussakkord der Meistersinger auf der Festwiese (Hallerwiese)... Andres Alfaro, Rocafort/Valencia Standort der Skulptur: Plärrer/Ecke Spittlertorgraben In dem Standardwerk Kunst unserer Zeit", herausgegeben von Will Grohmann, findet sich folgender Eintrag:... In Valencia arbeitet A. Alfaro (geb. 1929) im Wesentlichen mit Metallplatten, die er zerschneidet und zu spitzen Formen biegt und dreht; zu der Sparsamkeit der Mittel und der Präzision der reinen Struktur gesellt sich eine großartige handwerkliche Ausführung. Alfaros Anliegen sind die räumliche Gestaltung und monumentale Äußerung seiner Ideen. Aus den vielen internationalen Ausstellungen ragen die Beteiligung an den Biennalen Sao Paulo 1961 und Venedig 1966 hervor... Die Schwierigkeit, in der Zeit der Betriebsferien eine Werkstatt zu finden, die die Herstellung zu einem erschwinglichen Preis übernehmen konnte, löste nach vielen vergeblichen Versuchen origineller Weise die deutschstämmige Frau des Künstlers, die, wie sich herausstellte, ihre Kinderjahre in Nürnberg verbracht hatte. Sie fand im verstecktesten Winkel, in Brand am Sand, eine willige Werkstatt. Die Baugesellschaft Schöner Wohnen GmbH & Co. stiftete die Patenschafts-summe, die Alcan-Aluminiumwerke stellten das Material zu günstigem Preis zur Verfügung. Die Abendzeitung schreibt:... 46 Stangen eine Plastik. Andres Alfaro, einziger spanischer Teilnehmer am Nürnberger Symposion. Und er hat gern Leute um sich beim Arbeiten, genau wie er auch die Leute gleichsam in seine Plastik eingebaut hat, den brandenden Verkehr ebenso als kinetischen Effekt gedacht, wie die Sonne, wenn sie aus den Röhrenfingern sozusagen Baumäste macht. 46 Stangen (die längste 8 Meter) umfasst seine Plastik, normales Alcan-Aluminium, in der Metallkunstwerkstätte Udo Vogel in wochenlanger Arbeit bei genau dosierten Hitzegraden so gebogen, dass jede Stange 2 Grad stärker aus der Senkrechten abgewinkelt ist als die vorhergehende bei Nummer 48 ist die Waagrechte erreicht... 2

In der spanischen Zeitung Informaciones de las Artes y las Letras sagt der Künstler in einem Interview zu seiner Nürnberger Arbeit:... Mein Werk soll ein Baum des Jahres 2000" sein. Es ist erdacht, um mit ihm zu leben, nicht, um es wie ein Museumsstück zu bewundern. Es soll in den Alltag der Menschen integriert werden und so die Aufgabe der Bäume erfüllen, dass sich die Leute unter seinen Aluminiumästen verabreden, dass einer sich an den Stamm lehnt und eine Zigarette raucht, dass man von dem Baum am Plärrer spricht wie von einem vertrauten und urbanen Bekannten ein Mittelding vielleicht zwischen Normaluhr und Dorflinde... Ein Brief aus dem Zettelkasten:... Da die Natur immer mehr verdrängt wird, sind solche Auflockerungen des Stadtbildes wichtig. Wir wünschen uns daher weitere Objekte dieser Art. Wir glauben, dass diese Gebilde sehr gut in unsere Stadt passen. Das haben uns schon viele Freunde bestätigt. Wir haben viel mit Ausländern zu tun, seien es Engländer, Franzosen oder Holländer usw. Von keiner Seite hörten wir Negatives... (Peter Lehmann, Gerhard Distler, Berufsschule II). Beaucamp, Frankfurter Allgemeine Zeitung, kritisiert den Aufstellplatz: Unfreiwillig dürftig schlug die Plastik des Spaniers an, der an einem Verkehrsknotenpunkt wie dem Plärrerplatz auf winzigem Raum so etwas wie eine Stahlblüte in die Steinwüste einpflanzte". Der Wunsch, das Objekt vor einem Neubau des Patenschaftsgebers aufzustellen sowie Einengungen durch Versorgungs- und Oberleitungen ließen schließlich nur einen bestimmten Quadratmeter als Standort zu... Ansgar Nierhoff, Köln Standort der Skulptur: Frauentorgraben/Vordere Sterngasse, vor dem Parkhaus Am Sterntor Der Künstler zu seiner Arbeit:... Man kann sich darunter natürlich vorstellen, was man will, aber meine ursprünglichen Assoziationen gehen mit Geld, Konsum und der damit verbundenen Aufgeblasenheit zusammen. Die mit Geld vollgestopften, kaufwütigen Menschenmassen zwischen den beiden großen Kaufhäusern sollten ein bisschen abgelenkt werden... Der ursprüngliche Plan, das Objekt in der Fußgängerzone zwischen Kaufhof und Hertie aufzustellen, scheiterte am Einspruch der Feuerpolizei. Zur Entstehung: Die Einzelteile zu der Stahlplastik wurden von dem Künstler bei der Firma Verlinden in Köln gefertigt. Sie bestehen aus V 4 A Stahl. Der Durchmesser der linsenförmigen Stahlkörper ist 2,20 Meter. Aufstellungsort: Ecke Frauentorgraben/Vordere Sterngasse (zwischen Bahnhof und Opernhaus). Die Patenschaft übernahm die Nürnberg-Fürther Bankenvereinigung, die ihre Spende für ein beliebiges Objekt zur Verfügung stellte. Die Pointe, die sich im Nachhinein zwischen 3

dem Objektthema und dem Metier der Patenschaftsgeber ergab, löste zum Teil Heiterkeit, aber auch Verstimmung durch Missverständnisse aus. Ein Finanzfachmann bedauerte z. B., dass das alte Sprichwort wes Brot ich ess, des Lied ich sing" anscheinend heute keine Gültigkeit mehr habe. Das Objekt wurde als erster Symposionbeitrag von Ansgar Nierhoff und seinen Helfern unter der kritischen Begutachtung der Passanten aufgestellt. 1941 wurde Ansgar Nierhoff in Meschede im Sauerland geboren. 1960 besteht er die Gesellenprüfung als Maurer. 1964 macht er in Frankenberg an der Eder sein Abitur, danach studiert er an der staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf. 1965 zieht er nach Köln. 1968 erhält er den Förderpreis für Bildhauerei des Landes Nordrhein-Westfalen und im gleichen Jahr den Deutschen Kunstpreis der Jugend. 1969 wird er mit dem Villa-Romana-Preis ausgezeichnet und lebt für mehrere Monate in Florenz. 1971 erhält er ein Stipendium für die Villa Massimo in Rom, fährt aber nicht hin. Im gleichen Jahr verleiht ihm die Stadt Duisburg den Wilhelm- Lehmbruck-Förderpreis. 1972 arbeitet er für einige Monate in der Cité Internationale des Arts in Paris. Peter M. Bode, Süddeutsche Zeitung:... Bei einem Objekt wurde wirklich versucht, Kontakt zu spezifisch städtischen Situationen zu schaffen. Ein Edelstahlnetz von Ansgar Nierhoff, das spitz von einem Lichtmast herabläuft, zwei riesige Blechlinsen eingespannt in der Schwebe hält und im Pflaster verankert ist, nimmt Bezug auf die urbane Umgebung, indem es sich wie selbstverständlich der banalen elektrischen Installation als Fixpunkt bedient Nierhoff erzwingt die Konfrontation und der negative Erfolg blieb denn auch nicht aus: eine der Verankerungen des Netzes wurde nämlich heimlich-nächtlich von Verächtern moderner Kunst durchgeschweißt... Eduard Beaucamp, FAZ:... Wer so kritisch und sperrig war wie Ansgar Nierhoff zwei im Stahlnetz verfangene Riesentaler als übrigens harmlose Parodie auf Handel und Wandel wurde aus der angepeilten Fußgängerzone der Innenstadt vor die Tür, an den Rand der Stadtmauer versetzt... Publikumsmeinungen:... Metallener Büstenhalter für ältere Semester (Dr. Drexel, Mitherausgeber der Nürnberger Nachrichten) Im Seilnetz gefangene Blechlinsen (Schmeißner, Stadtbaudirektor a. D.) Solche Scheiße für unser Geld (Briefkastenmeinung) Meinem Buben und mir gefällt das sehr gut. Komplizierte Kunstwissenschaft interessiert uns wenig. Wir sind Bastler und das ist schön gemacht (Meinung eines leitenden Angestellten)... 4

Hajime Togashi, Kasamashl (Japan) Standort der Skulptur: Zeughaus/Hallplatz/Ecke Pfannenschmiedsgasse Hajime Togashi absolvierte 1956 die Abteilung für Skulptur der Musashino- Kunstakademie. 1960 wurde er Mitglied der Vereinigung freischaffender Künstler. Seit 1961 nahm er an zahlreichen internationalen Bildhauertreffen auch in Europa teil und wurde dabei mit verschiedenen Auszeichnungen bedacht. Zum Werk: Der 1930 in Yamagata/Japan geborene Künstler war mit dem japanischen Bildhauerteam nach Nürnberg gekommen. Nach der Mitarbeit an dem Projekt Langwasser bekam er durch die großzügige Spende der Firma Granitwerke Henschel, Reinersreuth/Fichtelgebirge, die Möglichkeit, einen besonders schönen, rötlichen Granitstein mit perlmuttschimmernden Flecken zu gestalten. Der im Werk roh zugeschnittene zwei Tonnen schwere Block wurde auf dem Nürnberger Hauptmarkt vor der Frauenkirche mitten unter die Leute gestellt. Nur mit einfachen Handwerkzeugen löste der kleine, stämmige Japaner mit unermüdlichem Fleiß die endgültige Form aus dem Koloss, allein um einzelne Flächen zu polieren, benützte er elektrische Kraft. Bereitwillig stellte ihm die nahe gelegene Eisdiele Greco unentgeltlich den Strom zur Verfügung. Viele Marktbesucher verfolgten täglich den Fortgang der Arbeit. Der Künstler zeigte sich immer freundlich, aber wortkarg, denn außer seiner fernöstlichen Heimatsprache beherrschte er nur einige wenige Worte englisch. Über den Symbolgehalt seiner Skulptur hat er sich nicht näher geäußert. Was wir sehen: Eine Symmetrie, die sich keine mathematische Genauigkeit gegen die Härte des Urgesteins erkämpfen kann, die vielleicht existiert, um dies zu demonstrieren, weil sie es besser vermag, als eine unregelmäßige Form. Das Glück des Künstlers, der, durch Verzicht auf hochtechnische Möglichkeiten, beim Meißeln Freude am lebendigen Ausdruck der im Widerstand erzwungenen Abweichungen von der Akkuratesse gewinnt; der so die Freiheit findet, nach Belieben die Oberfläche zu variieren und die von der Natur mit Quarz verschmolzenen Kristalle im Licht der Sonne sichtbar werden lassen kann. Einzig demonstrierte Asymmetrie: Die beiden dem Himmel zugekehrten Flächen sind einmal ausgehöhlt und einmal überwölbt. Später fand der Stein Aufstellung vor dem Zeughaus in der Pfannenschmiedsgasse. Die aus der dort untergebrachten Polizeiwache zugerufenen negativen Kommentare dürften heute wohl einem bemühteren Kunstverständnis gewichen sein. Der regelmäßige Gebrauch der Skulptur als Fahrrad- oder Zeitungsständer wird allerdings immer noch nicht als störend empfunden. Die neuen Gedanken und Schlagworte zur Lebensqualität lassen auch hier noch einiges hoffen. 5

Marien Bogusz, Warschau Standort der Skulptur: Zeughaus/Hallplatz, vor dem City Point Marian Bogusz wurde 1920 in Pleszewic bei Posen geboren, studierte an der Kunstakademie in Warschau und gründete dort die Gruppe 55 und die Galerie Krummer Kreis. Er wird in seinem Heimatland als Vater der dortigen Symposien hoch geschätzt. So hat er 1965 in Elbing unter Mitarbeit von Ingenieuren aus dem Abfall von Schiffswerften Aufsehenerregendes geschaffen und 1966 ein Maler-Symposion in Köslin arrangiert. Für die nahe Zukunft ist geplant, eine Straße mit Bildwerken zu schmücken, die aus der Hauptstadt zu einem 30 km entfernten künstlichen See in einem Erholungszentrum führt. Aus Begeisterung und Freundschaft schenkte der Inhaber der Granitwerke Henschel, Reinersreuth, noch während des Symposions drei Künstlern Steine nach ihrer Wahl. Marian Bogusz war einige Tage eingeladen, in dem Betrieb die stationärmaschinellen Möglichkeiten der Steinbearbeitung zu studieren. Danach entwarf er sein Konzept. Nur mit Bohrungen und geraden Sägeschnitten löste er aus einem Waldsteingranit-Quader die spielerisch bewegte Form dieses Rades. Die Spuren der Maschine ließ er absichtlich stehen. Allein das Abschlagen der Rippen zwischen den Schnitten besorgte er mit Handwerkzeugen. Um die Muster der Sonnenschatten an den Abbruchstellen verändern zu können, wurde das Rad in seiner senkrechten Achse drehbar aufgestellt. Der Kunsthistoriker Dr. Schadendorf schreibt in der Nürnberger Zeitung:... Der polnische Bildhauer Marien Bogusz hat in die Kreuzung von Pfannenschmieds-gasse und Breite Gasse einen aufrechten Mühlstein gestellt, ein steinernes Zahnrad, doch wie von seitlich einwirkenden Kräften gebogen, kurze Flügelstummel wachsen aus den Flächen. Zwei Bewegungen sind in dem Stein angelegt, in beiden Richtungen aber laufen wir durch Gassen und Kreuzung. Masse, Kraft, Bewegung und Richtung der Menschenströme werden sichtbar, die täglich hier zwischen den Häusern hin und her fließen... Den mehrmonatigen Nürnberger Aufenthalt nützte der Künstler zu einer umfangreichen Folge von Zeichnungen und Lithos, die geschlossen als Sonderausstellung in Erlangen gezeigt wurde. Eine Mappe mit acht Lithos zum Thema der Erlanger Metallskulptur sowie ein gezeichnetes Tagebuch, das der AZ drei Extrasterne wert war, waren über das Sekretariat des Symposions erhältlich. Karl Prantl, Wien Standort der Skulptur: Hauptmarkt/vor dem Eingang des Neuen Rathauses Karl Prantl wurde 1923 in Pöttsching/Burgenland geboren. Seit 1950 ist er als Bildhauer tätig. 1959 gründet er das erste Symposion europäischer Bildhauer in einem Römersteinbruch bei St. Margarethen. In den folgenden Jahren nimmt er teil an den Steinbildhauersymposien in Kirchheim bei Würzburg, Berlin, Israel, Oggelshausen/ 6

Federsee, New York, Rudzbachy/CSSR, St. Wendel und an dem Stahlbildhauer- Symposion anlässlich Expo/Osaka, Japan 1969. Karl Prantl ist auch der geistige Vater des Symposion Urbanum Nürnberg 71.... Die Abendzeitung schreibt:... Umringt von allerlei Publikum schleift der Wiener Bildhauer auf dem Nürnberger Hauptmarkt seinen Granitblock. Die Plastik soll die Betrachter ästhetisch erfreuen und darüber hinaus zum Treffpunkt für Menschen werden", sagt Prantl. Ihre vielgestaltige Oberfläche soll die Leute zum Fühlen animieren und sie dadurch physisch und schließlich auch psychisch sensibler machen". Prantl erreicht sein Ziel: Kaum einer der Betrachter, der nicht von dem sinnlichen Reiz des Steines erfasst wird, ihn zu berühren wenn die meisten auch ein bisschen scheu dabei sind, die naive Freude des Tastens zu erleben. Am unbefangensten sind die Kinder. An Teilnahme fehlt es nicht. Um vor lauter Reden auch noch zum Schleifen zu kommen, ist Prantl nun zu drastischen Maßnahmen übergegangen. Meist fange ich schon um halb sechs oder sechs Uhr morgens hier an, wenn noch niemand da ist. So kann ich wenigstens die ersten paar Stunden produktiv arbeiten". Doch das ist keine Klage im Gegenteil. Schließlich zeigt das, dass ihm gelungen ist, was er wollte: den Quader zu einem Treffpunkt zu machen. Nicht nur zu einem gelegentlichen Treffpunkt: Prantl hat schon Stammkundschaft. Ein hübsches Mädchen meint: Hier war gestern eine so interessante Diskussion: Ich bin heute eigens hergekommen, weil ich wieder etwas Ähnliches erwarte. Viele Kunstwillige kommen damit nicht zurecht: Warum hat der Stein keinen Namen und keine Bedeutung? Prantl meint: Moderne Plastiken brauchen nicht Heldentod" oder Genoveva" zu heißen. Namen sind nicht nötig. Jüngere Menschen verstehen ihn da eher. Mit Charme geht er auf die vielen Fragen ein. Eine weißhaarige blinde Frau hat ihre Hände auf die Steinplatte gelegt. Ihr Begleiter fragt den Bildhauer: Was ist das für ein Stein? Schwarzer schwedischer Granit. Und wie groß ist er? Zweimeter-zehn breit und Zweimeterzwanzig lang. Und wie hoch? Fünfzig Zentimeter circa. Bei jeder Antwort lächelt die blinde Frau dankbar. Die Oberfläche konnte sie mit ihren Händen sehen. Jetzt aber wird auch das Volumen des schweren Blocks durch die für sie gestellten Fragen vorstellbar und gegenwärtig... Raffael Benazzl, San Vincenzo (Livorno) Standort der Skulptur: Eingang zum Schmuckhof/Ecke Spitalgasse (gegenüber vom Narrenschiff ) Der Künstler:... Sehen Sie, so eine Plastik, das ist nicht nur etwas für das Auge, das ist vor allem auch etwas zum Betasten, das muss haptisch sein. Man muss seine Freude daran haben, seine Finger über eine Plastik gleiten zu lassen, so wie man mit der Hand über Haut streicht oder mit dem Arm einen Pferdehals umfasst... Fritz Billeter erläutert:... Im Allgemeinen hat Benazzi in seinen Werken das Ur- Mütterliche von der Figur abgelöst. Es wird fassbar als ein sich durch das ganze Schaffen ziehendes Grunderlebnis: als pralle, schwellende Rundform, als Hohlraum, 7

Wiege und Schoß. Es wird zweitens fassbar im Zusammenspiel der geformten Massen und in der Funktion jener Höhlungen: immer wieder wird Knospendes, im Werden Begriffenes, leicht verletzlich Organisches von überlappenden und überwölbenden Hüllen und Wandungen geschützt, in zeugungsträchtigem Dunkel geborgen... Raffael Benazzi wird 1933 in Rapperswil am Zürichsee geboren. Nach einer handwerklichen Ausbildung in Zürich lernte er 1952 den Maler Julius Bissier kennen, der zum Mentor wird. 1954 lässt er sich in Masse Carrara nieder, bedient sich aber nicht nur des weißen Marmors, sondern arbeitet auch in Eisen, Bronze, Blei und verschiedenen Hölzern. Als er sich 1964 als Bauer in San Vincenzo ansiedelt, ist ihm der Durchbruch zu internationaler Anerkennung bereits gelungen. 1966 wird er mit dem Arp-Preis ausgezeichnet. In den folgenden Jahren erweitert er den Größenbereich seiner Arbeiten, der nun von der Monumentalplastik bis zu Schmuckhängen reicht. Proben davon waren auf der großen Retrospektive Gold und Silber" anlässlich des Dürer-Jahres und auf einer Einzelausstellung in der Schmidt-Bank 1971 zu sehen. Während des Symposions wurden zwei Filme über Leben und Werk des Künstlers aus den Jahren 1968 und 1970 gezeigt. Zum Objekt: Ein zwei Meter langes Stück Eichenstamm aus dem Spessart wird an den heutigen Standort im Innenhof nördlich der Pegnitz zwischen Fleisch- und Museumsbrücke gebracht. Es hat einen jahresringreichen Querschnitt von 1,20 Meter. Ober sechs Wochen staunen stehenbleibende Passanten, wie Benazzi, die haarige Brust entblößt, mit lärmender Motorhandsäge dem Koloss zu Leibe rückt. Neben vielen spontanen Äußerungen, auch im Zettelkasten, fand der Künstler allmorgendlich liebevoll verfasste Verse zum Fortgang seiner Arbeit. Erst kurz vor seiner Abreise lernte er den Verfasser persönlich kennen. Es war der Nachtwächter, der bei seinen Rundgängen an der Plastik verweilte. Er hatte selbst im KZ Dachau aus Mooreiche Schnitzereien gefertigt. Die Patenschaftssumme stellte der Architekt Eduard Kappler im Rahmen der Umgestaltung des Innenhofes zur Verfügung. Nürnberger Nachrichten, Franz Gary:... Worauf sich der Betrachter konzentrieren kann: auf fest vegetative Kompositionen, auf amorphe Ballungen und Verwachsungen, Rundungen und Höhlen. Sie ähneln einfachen Urformen, mögen inspiriert sein von Benazzis mediterraner Flora und Geologie: von fleischigen Früchten, von ausgewaschenem Gestein. Jenseits aller naturalistischen Detaillierungen aber fließen diese Metaphern ins Universale ein. Benazzis Freiluft-Plastiken sind ein Affront gegen zeitgenössische Kubenarchitektur. Sie unterwerfen sich nicht ihrer Diktatur, richten sich nicht nach Umräumen ein, bleiben für sich und eine Sache für sich. Der Künstler drückt das so aus: integrierte Plastik in der Architektur heißt meistens kastrierte Bildhauer... Ansätze für ein Verständnis der Plastik im Sinn obiger Texte lassen auch die Publikumsmeinungen im Zettelkasten erkennen: Heim für obdachlose Vögel Blick durch das Nürnberger Arschloch Fast wie die BB Hast du Benazzi im Sinn, hast du Sex im Sack. 8

*Quelle: Symposion Urbanum Nürnberg 71 Berichte, Fakten, Daten, Meinungen und Denkanstöße zum praktischen Gebrauch gesammelt, zusammengestellt und ergänzt von Wolfgang Horn, und Wolfgang Loefftz, Nürnberg 1972 9