Das Grundversorgungskraftwerk Erneuerbare Energien im intelligenten Zusammenspiel

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Transkript:

Das Grundversorgungskraftwerk Erneuerbare Energien im intelligenten Zusammenspiel Abstract Konventionelle Großkraftwerke sind in der künftigen Stromversorgung nicht mehr einsetzbar. Eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken und der Bau fossiler Grundlastkraftwerke im klassischen Sinne sind damit unwirtschaftlich und sinnlos. Das ist das Ergebnis eines Szenarios, das die juwi-gruppe auf der Basis des heutigen Ausbaustandes der erneuerbaren Energien (EE) und der Prognosen der konventionellen Energiewirtschaft erarbeitet hat. Der Anteil der EE an der Stromversorgung nimmt immer schneller zu. Es werden zwar konventionelle Kraftwerke übergangsweise gebraucht. Diese müssen jedoch schnell und variabel auf Produktions- und Verbrauchsschwankungen reagieren. Fossile Großkraftwerke können dies nicht leisten. Wissens- statt Stromlücke Darüber hinaus hat das Szenario zu Tage gebracht, dass es die viel diskutierte Stromlücke nicht gibt. Stattdessen existiert eine Wissenslücke, wenn es darum geht, das Potenzial der erneuerbaren Energien einzuschätzen. Wer hätte beispielsweise vor zehn Jahren gedacht, dass ein modernes Windrad heute 60 mal so viel Energie erzeugt als Standardanlagen Anfang der 90er Jahre? Inzwischen prognostiziert auch und gerade der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bis zum Jahr 2014 eine weitere Verdopplung des Anteils der EE an der Stromversorgung. Der Ausbau der EE wird aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes sowie der drohenden Energiekosten-Explosion noch deutlich an Geschwindigkeit gewinnen. Wir erwarten im juwi-szenario für das Jahr 2020 bereits einen EE-Anteil von bundesweit rund 60 Prozent. In zahlreichen Regionen wird bis dahin bereits eine Vollversorgung mit EE im Stromsektor erreicht sein. Erneuerbare Energien leisten Grundversorgung Erneuerbare Energien sind künftig in der Lage, die Grundversorgung mit Strom sicher zu stellen. Denn Wind- und Solarkraftwerke nutzen kostenlose und unbegrenzte Ressourcen dies müssen auch die wesentlichen Eigenschaften der Energieträger der Zukunft sein. Die Unabhängigkeit von Energieimporten sowie eine preisstabile, umweltfreundliche Energieerzeugung werden die wesentlichen Merkmale einer nachhaltigen Energieversorgung sein. Ein hoher Anteil EE fordert von dem übergangsweise verbleibenden konventionellen Kraftwerkspark, dass er auf die variable Einspeisung regenerativer Energien reagieren kann. Diese Anforderung können unflexible Großkraftwerke nicht erfüllen. Sie produzieren unabhängig von der aktuellen Stromnachfrage und der Einspeisung der EE. In Folge dessen muss sich eine neue Kraftwerksstruktur ausbilden, die Rücksicht auf die Schwankungen bei Erzeugung und Verbrauch nimmt. Fossile Großkraftwerke können dann nur als flexible Ergänzungskraftwerke zu den EE agieren. Autoren: Matthias Willenbacher, Christian Hinsch Das Grundversorgungskraftwerk Seite 1 von 20

Inhaltsverzeichnis 1. Status Quo der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien - Stromproduktion - CO2-Einsparung - externe Kosten - Umsatzzahlen - Arbeitsplätze - Energie sparen und Energieeffizienz steigern 2. Ausbauszenarien der Energiewirtschaft - Entwicklung bis 2014 - Entwicklung bis 2020 - Zusammensetzung des regenerativen Energiemix - Auswirkungen auf den Strommarkt 3. Ausbauszenarien der juwi-gruppe - Entwicklung bis 2014 - Entwicklung bis 2020 - Zusammensetzung des regenerativen Energiemix - Auswirkungen auf den Strommarkt 4. Das Grundversorgungskraftwerk - Versorgungssicherheit - Das Kombikraftwerk 5. Schlussfolgerungen Anhang: Literatur- und Internettipps Das Grundversorgungskraftwerk Seite 2 von 20

1. Status Quo der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Das belegt eine aktuelle Dokumentation des Bundesumweltministeriums: Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch lag Ende 2007 bei 14,2 Prozent, vor sechs Jahren war er nur halb so groß. Unter den erneuerbaren Energien zur Stromproduktion hat die Windenergie mittlerweile eine herausragende Rolle eingenommen: Das Grundversorgungskraftwerk Seite 3 von 20

Zum Klimaschutz trugen die erneuerbaren Energien im Jahr 2007 mit rund 115 Millionen Tonnen CO2-Einsparung bei; knapp 70 Prozent dieser Einsparungen werden derzeit im Stromsektor erreicht: Und die aktuellen Zahlen belegen, dass sich die Erneuerbaren bereits heute für die deutsche Volkswirtschaft rechnen: Jedem Euro Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz stehen 1,60 Euro an Einsparung fossiler Energie-Importe und Vermeidung externer Umweltschäden anderer Energieträger gegenüber. Die externen Kosten der einzelnen Energieträger wurden dabei wie folgt berücksichtigt: Das Grundversorgungskraftwerk Seite 4 von 20

Die gesamtwirtschaftlichen Vorteile des kräftigen Ausbaus erneuerbarer Energien werden auch durch folgende Zahlen belegt: Die Branche verzeichnete im letzten Jahr (2007) Umsätze in Höhe von 25 Milliarden Euro. Etwa 11 Mrd. Euro wurden bei der Errichtung von Anlagen erzielt, rund 14 Mrd. Euro mit dem Anlagenbetrieb: Die Zahl der Beschäftigten hat die Marke von 250.000 erreicht, dies entspricht einem Anstieg von 55 Prozent in drei Jahren. Die größten Arbeitgeber finden sich dabei bislang in den Bereiche Windund Bioenergie: Das Grundversorgungskraftwerk Seite 5 von 20

Energie sparen und Energieeffizienz steigern Im Mix der verschiedenen regenerativen Energien lässt sich schon in wenigen Jahren ein sicheres, umweltfreundliches, von Importen unabhängiges und preisstabiles Energieversorgungssystem auch in einer Industrienation wie Deutschland aufbauen. Das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) ist neben Anstrengungen zum Energie sparen und zur effizienten Energienutzung das zentrale Instrument zur Umsetzung dieser Strategie. Energie sparen, Energieeffizienz steigern und Erneuerbare Energien ausbauen sind der Schlüssel für die nachhaltige Entwicklung im Energiesektor. Gesparte Energie unsere beste Energiequelle Der effektivste und günstigste Weg, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren, ist Energie sparen. Vor allem vor dem Hintergrund der derzeit steigenden Energiepreise wird das Thema Energie und Kosten sparen an Bedeutung gewinnen. Dabei lässt sich schon heute in vielen Bereichen Energie sparen und effizienter nutzen. Dazu haben die Bundesregierung ebenso wie zahlreiche Landesregierungen (zum Beispiel Rheinland-Pfalz mit der Aktion Unser Ener ) umfangreiche Kampagnen initiiert. Flankiert werden diese Maßnahmen durch entsprechende Gesetzesinitiativen auf EU-Ebene. So hat beispielsweise im Oktober 2006 die EU-Kommission einen Aktionsplan verabschiedet, dessen Ziel die Senkung des Energieverbrauchs um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 ist. Der Aktionsplan umfasst Maßnahmen, mit denen die Energieeffizienz von Produkten, Gebäuden und Dienstleistungen verbessert und der Wirkungsgrad der Energieerzeugung und -verteilung erhöht werden soll. Weitere Ziele sind, die Auswirkungen des Verkehrs auf den Energieverbrauch zu vermindern sowie die Finanzierung und Durchführung von Investitionen in diesem Bereich zu verbessern. Darüber hinaus sollen Impulse für vernünftiges Verhalten im Bereich des Energieverbrauchs gegeben und gefördert sowie internationale Energieeffizienz-Maßnahmen intensiviert werden. Durch diesen Aktionsplan sollen die breite Öffentlichkeit, die politischen Entscheidungsträger und die Marktakteure mit dem Ziel mobilisiert werden, den Energiebinnenmarkt so umzugestalten, dass die EU-Bürger Zugang zu den weltweit energieeffizientesten Infrastrukturen (einschließlich der Gebäude) nebst Produkten, Verfahren und Energiedienstleistungen erhalten. Durch Erreichen des Einsparziels von 20 Prozent können die Auswirkungen auf den Klimawandel und die Abhängigkeit der EU von der Einfuhr fossiler Brennstoffe entscheidend verringert werden. Zugleich bewirkt der Aktionsplan eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, ermöglicht den Ausbau der Ausfuhren neuer Technologien und bringt beschäftigungspolitisch positive Auswirkungen mit sich. Außerdem kann durch Energieeinsparungen unter anderem ein Ausgleich für die Investitionen in innovative Technologien im In- und Ausland geschaffen werden, da versteckte Gemeinkosten durch z.b. Klimaveränderungen eingespart werden. Energieeffizienz durch ortsnahe Energieversorgung In zahlreichen Bereichen der Energieerzeugung und des Energieverbrauchs lassen sich ungenutzte Potenziale zur Effizienzsteigerung aufzeigen. So führt die bislang vorherrschende Stromerzeugung in zentralen Großkraftwerken allein durch lange Übertragungswege zum Verbraucher zu so genannten Leitungsverlusten. Diese addieren sich in Deutschland auf einen Anteil von rund 5 Prozent an der Stromproduktion. Je näher also der Produktionsort an den Ort des Energieverbrauches rückt, umso niedriger fallen die Leitungsverluste aus. Der Ausbau einer dezentralen Energieversorgung mit breiter räumlicher Streuung sowohl von Windturbinen als auch Solar-, Biomasse-, Biogas-, Wasser- und Geothermie-Kraftwerken zeichnet sich daher prinzipiell durch eine höhere Effizienz aus. Durch die Umstellung des Kraftwerksparks von zentralen Großkraftwerken zu dezentralen Anlagen auf Basis regenerativer Energien lassen sich weitere Energieeinsparungen allein dadurch erzielen, dass der Eigenverbrauch der Anlagen reduziert wird: Großkraftwerke verbrauchen rund 5 Prozent der in ihnen erzeugten Strommenge; Windräder dagegen benötigen lediglich 0,1 Prozent für den Eigenbedarf. Somit führt allein die Umstellung von zentralen Groß- auf dezentrale Kleinkraftwerke zu einer Reduzierung des Strombedarfs um rund zehn Prozent. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 6 von 20

2. Ausbauszenarien der Energiewirtschaft Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat über seinen Fachverband der Netzbetreiber (VdN) im April 2008 ein Szenario für die Entwicklung der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2014 vorgelegt (die so genannte Mittelfristprognose). Demnach kommen die erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung im Jahr 2014 auf rund 185 Terawattstunden (TWh). Bezogen auf den Brutto-Stromverbrauch sind das etwas mehr als 30 Prozent. Die Onshore-Windkraft trägt dabei mit rund 66 TWh den größten Anteil zum regenerativen Energiemix bei. Schreibt man dieses VdN-Szenario bis zum Jahr 2020 fort, so ergibt sich eine regenerative Energiemenge von rund 300 TWh im Jahr 2020. Bezogen auf den Brutto-Stromverbrauch wäre dies über 50 Prozent. Dabei ist eine jährliche Einsparung beim Verbrauch von 0,5 Prozent berücksichtigt. Auch im Jahr 2020 wird die Onshore-Windkraft mit rund 90 TWh nach wie vor die größte regenerative Energiequelle sein. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 7 von 20

Im erweiterten VdN-Szenario wird sich dann folgende Verteilung der regenerativen Energiequellen ergeben: Für die Zeit zwischen 2014 und 2020 wurden dabei nachfolgende Steigerungsraten bei den einzelnen Energieträgern angenommen. Erläuterungen dazu finden Sie im Anhang. Wind onshore [TWh/a] 4,00 TWh Wind offshore [TWh/a] 6,00 TWh Wasserkraft [TWh/a] 0,18 TWh Biomasse [%] 10 % PV [%] 20 % Geothermie [%] 50 % Entwicklung des Energieverbrauchs In unserem Szenario unterstellen wir, dass der Strombedarf jedes Jahr um 0,5 Prozent sinkt. Mit dieser konservativen Prognose orientieren wir uns an den gesetzlichen Vorgaben und politischen Zielsetzungen (siehe Kapitel 1). Die drastisch steigenden Energiepreise werden unserer Ansicht nach aufgrund des Kostendrucks dazu führen, dass der Energieverbrauch noch deutlich stärker sinkt. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 8 von 20

Zusammenfassung Auf Basis der Prognosen der konventionellen Energiewirtschaft und der eigenen Abschätzungen für die weitere Entwicklung gehen wir in diesem erweiterten VdN-Szenario davon aus, dass die erneuerbaren Energien innerhalb der nächsten 13 Jahre bundesweit einen Anteil von mehr als 50 Prozent an der Strombereitstellung haben werden. Unter Berücksichtigung des vereinbarten Atomausstiegs wird sich der Energiemix bei der Stromversorgung im Jahr 2020 dann wie folgt darstellen: Die gesamte Brutto-Stromerzeugung übertrifft dabei den Brutto-Strombedarf um rund 30 Prozent. Das entspricht in etwa dem Anteil der alten, vor 1990 in Betrieb gegangenen Kohlekraftwerke. Würde man diese alten Kraftwerke weitgehend vom Netz nehmen, ergäbe sich folgender Energiemix im Jahr 2020: Energieträger Anteil Erneuerbare Energien 50,8 % Kohlekraftwerke 23,1 % Erdgas 15,5 % Atomenergie 6,7 % Sonstige 3,9 % Summe 100 % (ca. 580 TWh) Das Grundversorgungskraftwerk Seite 9 von 20

3. Ausbauszenarien der juwi-gruppe Die drastisch steigenden Rohstoffpreise sowie die Erfordernisse des Umwelt- und Klimaschutzes lassen uns ein ehrgeizigeres Ausbauszenario für die erneuerbaren Energien annehmen: Demnach kommen die erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung im Jahr 2014 im juwi- Szenario auf rund 200 Terrawattstunden (TWh). Bezogen auf den Brutto-Stromverbrauch sind das knapp 35 Prozent. Die Onshore-Windkraft trägt dabei mit rund 83 TWh den größten Anteil zum regenerativen Energiemix bei. Schreibt man diesen Trend bis zum Jahr 2020 fort, so ergibt sich eine regenerative Energiemenge von rund 335 TWh im Jahr 2020. Bezogen auf den Brutto-Stromverbrauch wäre dies knapp 60 Prozent. Dabei wurde eine jährliche Einsparung beim Verbrauch von 0,5 Prozent berücksichtigt. Auch im Jahr 2020 wird die Onshore-Windkraft mit rund 135 TWh nach wie vor die größte regenerative Energiequelle sein. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 10 von 20

Im juwi-szenario wird sich folgende Verteilung der regenerativen Energiequellen ergeben: Für die Zeit zwischen 2008 und 2020 wurden dabei folgende Steigerungsraten angenommen. Erläuterungen dazu finden Sie im Anhang. Steigerungen pro Jahr Wind onshore [TWh/a] Wind offshore [TWh/a] Wasserkraft [TWh/a] Biomasse [%] Photovoltaik [TWh/a] Geothermie [TWh/a] 2008 4,5 0,0 0,2 10 1,8 0,0 2009 4,5 0,1 0,2 10 2,0 0,0 2010 6,0 2,0 0,2 10 2,3 0,1 2011 6,0 3,0 0,2 10 2,6 0,1 2012 7,5 4,0 0,2 10 2,8 0,3 2013 7,8 5,0 0,2 10 3,2 0,5 2014 8,1 5,0 0,6 10 3,6 0,7 2015 8,4 5,0 0,6 5 4,0 1,1 2016 8,8 5,0 0,6 5 4,4 1,2 2017 9,1 5,0 0,6 5 4,8 1,5 2018 9,5 5,0 0,6 5 5,0 1,3 2019 9,9 5,0 0,6 5 5,0 1,7 2020 10,3 5,0 0,6 5 5,0 2,5 Entwicklung des Energieverbrauchs Auch für dieses Szenario gehen wir davon aus, dass der Strombedarf jedes Jahr um 0,5 Prozent sinkt. Dabei haben wir uns an den gesetzlichen Vorgaben und politischen Zielsetzungen (siehe Kapitel 1) orientiert. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 11 von 20

Zusammenfassung Wir gehen im juwi-szenario davon aus, dass die erneuerbaren Energien innerhalb der nächsten 13 Jahre bundesweit einen Anteil von knapp 60 Prozent an der Strombereitstellung haben werden. Dabei sind auch technologische Weiterentwicklungen und damit verbundene Effizienz- und Ertragssteigerungen der regenerativen Energieanlagen berücksichtigt. Gleichzeitig gehen wir von einer geringen Zunahme der Kraftwerke auf Erdgasbasis aus, da diese schnell regelbaren Kraftwerke eine ideale Ergänzung zu den fluktuierenden Energiequellen Sonne und Wind sind. Die Nutzung von Erdgas-Kraftwerken wird später abgelöst werden durch weitere regenerative Regelkraftwerke auf Basis von Bioenergie sowie ein intelligentes Energiemanagement im Verbund als virtuelles Kraftwerk. Die gesamte Brutto-Stromerzeugung übertrifft dabei den Brutto-Strombedarf um rund 40 Prozent. Das entspricht in etwa dem Anteil der alten, vor 1990 in Betrieb gegangenen Kohlekraftwerke und der Hälfte der neuen, nach 1990 in Betrieb gegangenen Kohlekraftwerke. Würde man diese Kraftwerke weitgehend vom Netz nehmen, ergäbe sich folgender Energiemix im Jahr 2020: Energieträger Anteil Erneuerbare Energien 58,0 % Kohlekraftwerke 12,9 % Erdgas 18,5 % Atomenergie 6,7 % Sonstige 3,9 % Summe 100 % (ca. 580 TWh) Das Grundversorgungskraftwerk Seite 12 von 20

4. Das Grundversorgungskraftwerk Erneuerbare Energien werden künftig die Grundversorgung mit Energie sicherstellen. Denn Windund Solarkraftwerke nutzen kostenlose, unbegrenzte Ressourcen dies sind die wesentlichen Eigenschaften der Energieträger der Zukunft! Die Unabhängigkeit von Energieimporten sowie eine preisstabile und umweltfreundliche Energieerzeugung werden die wesentlichen Merkmale einer nachhaltigen Energieversorgung sein. Nur so können wir die Preisspirale durchbrechen, die sich immer schneller dreht. Steigende Energienachfrage und schwindende Ressourcen werden die Preise explodieren lassen. Ein hoher Anteil erneuerbarer Energien fordert von dem übergangsweise verbleibenden konventionellen Kraftwerkspark, dass er auf die variable Einspeisung erneuerbarer Energien reagiert. Diese Anforderung wird von den unflexiblen Großkraftwerken nicht erfüllt. Sie produzieren unabhängig von der aktuellen Stromnachfrage und der aktuellen Einspeisung der klimaneutralen erneuerbaren Energien. In Folge dessen wird sich eine neue Kraftwerksstruktur ausbilden. Fossile Kraftwerke müssen als flexibles Ergänzungskraftwerk zu den erneuerbaren Energien agieren können. Grundlastkraftwerke im klassischen Sinne werden nicht mehr einsetzbar sein, denn erneuerbare Energien liefern künftig sowohl Grund- und Mittel- als auch Spitzlast. Im intelligenten Zusammenspiel zwischen der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien und der umweltfreundlichen Verbrauchssteuerung lässt sich so eine hohe Versorgungssicherheit auch in einer Industrienation wie Deutschland sicherstellen. Dazu werden keine verlängerten Laufzeiten von Atomkraftwerken und keine neuen fossilen Großkraftwerke benötigt. Der heutige Kraftwerkspark ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Überkapazität. Der insgesamt installierten Kraftwerksleistung von rund 140.000 Megawatt steht eine benötigte Höchstlast von rund 75.000 Megawatt gegenüber. Das entspricht einer Quote von etwas mehr als 50 Prozent. Kraftwerksleistung in Megawatt 1996 2004 1) 2005 1) 2006 1) Stromversorger 102.327 101.133 101.843 102.572 Industrielle Eigenanlagen 11.741 9.275 9.945 10.565 Private 18.715 22.571 26.402 Insgesamt 114.068 129.123 134.359 139.539 1) geschätzte Angaben Werte liegen nicht vor Quelle: BDEW; Stromzahlen 2007 Das Grundversorgungskraftwerk Seite 13 von 20

Auf Grund der hohen Überkapazitäten kam es in den vergangenen Jahren zu einem zunehmenden Exportüberschuss im Strommarkt. 2007 lag er bei knapp 20 Milliarden Kilowattstunden obwohl fünf Atomkraftwerk-Blöcke zeitweise vom Netz waren, die beiden Biblis-Blöcke nahezu das ganze Jahr. Im ersten Halbjahr 2008 betrug der Exportüberschuss bereits 14,4 Twh. Ende des Jahres werden es voraussichtlich knapp 30 Twh sein das ist fünf bis sechs Mal soviel, wie im geplanten Mainzer Kohlekraftwerk jährlich produziert werden soll. Vor diesem Hintergrund werden die erneuerbaren Energien in der Lage sein, schon im Jahr 2020 einen großen Teil der benötigten Leistung in Deutschland bereitzustellen. - 2/3 der Windenergie liefern Windenergieanlagen im Winter, da der Wind deutlich stärker weht und bedingt durch die neuen Anlagentechniken, große Nabenhöhen und damit verbunden höheren Volllaststunden von mehr als 3.000 Stunden. - Solarenergie liefert tagsüber immer Strom, da Photovoltaikanlagen das Licht (nicht den Sonnenschein!) ausnutzen. Im Sommer deutlich besser als im Winter. - Durch die natürlichen Zyklen von Wind (vorwiegend im Winterhalbjahr) und Solarstrahlung (vorwiegend im Sommerhalbjahr) ergänzen sich diese beiden Energieträger hervorragend. - Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie können den Bedarf in flexibel regelbaren Kraftwerken decken und die Lücke zwischen Wind- und Sonnenstrom regenerativ schließen. - Weitere Differenzen zwischen Bedarf und regenerativer Energieerzeugung können nur durch flexible Kraftwerke (z. B. auf Basis von Erdgas) geschlossen werden. - Künftig wird auch die Rückeinspeisung von gespeichertem, regenerativ erzeugtem Strom zunehmend möglich sein; zum Beispiel durch Wasserkraftwerke (Pumpspeicher) und Bioenergieanlagen (Gasspeicher). Das Grundversorgungskraftwerk Seite 14 von 20

Konventionelle Kraftwerke nur selten notwendig Die nachfolgenden Grafiken zeigen exemplarisch, wie erneuerbare Energien uns im weiter vorne dargestellten juwi-szenario im Jahr 2020 mit sauberem Strom versorgen können. Dabei wurden typische Erfahrungswerte für das Winter- und Sommerhalbjahr zu Grunde gelegt. Eine Rückeinspeisung von regenerativ erzeugtem, gespeichertem Strom bleibt dabei unberücksichtigt. Die beiden Grafiken zeigen sehr eindrucksvoll, dass der Bedarf an konventioneller Kraftwerksleistung nur an wenigen Stunden benötigt wird. Dies setzt eine gute Regelbarkeit dieser Kraftwerke voraus! Zu bestimmten Zeiten produzieren die erneuerbaren Energien mehr Strom als benötigt: Die Windenergie vor allem nachts und die Solarenergie dazu im Sommerhalbjahr tagsüber. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 15 von 20

Das regenerative Kombikraftwerk ein Beispiel aus der Praxis An der Realisierung einer Vollversorgung mit regenerativen Energien wird in Nordhessen intensiv geforscht. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Solare Versorgungstechnik (ISET) an der Universität Kassel haben die Anlagenhersteller Schmack Biogas AG, SolarWorld AG und Enercon GmbH Deutschlands ein erstes Kombikraftwerk mit dem Namen EE 100 für erneuerbare Energien entwickelt und im Oktober letzten Jahres nach mehrmonatiger Laufzeit einer breiten Öffentlichkeit in Berlin vorgestellt. Das Projekt demonstriert, dass erneuerbare Energien eine bedarfsgerechte Stromversorgung zu 100 Prozent sicherstellen können. Dezentrale Kraftwerke werden vernetzt Im Kombikraftwerk sind 36 Erneuerbare- Energien-Kraftwerke vernetzt, die über ganz Deutschland verstreut sind. Zu dem Kraftwerk gehören elf Windanlagen, vier Biogaskraftwerke und 20 Solaranlagen sowie ein Pumpspeicherkraftwerk, die durch eine zentrale Steuerungseinheit zusammengeschlossen werden. Ein Zehntausendstel des deutschen Strombedarfs etwa der Bedarf einer Kleinstadt mit 12.000 Haushalten wird auf diese Weise abgedeckt. Was einmal für die gesamte Bundesrepublik möglich werden soll wird hier im Kleinen erfolgreich getestet. Um sich minutengenau an den tatsächlichen Bedarf anzupassen speichert das regenerative Kombikraftwerk überschüssige Strommengen, um sie im Falle der Nachfragespitzen wie beispielsweise zur Mittagszeit wieder zur Verfügung zu stellen. Alle 60 Sekunden neue Bedarfsdaten Der Dreh- und Angelpunkt für alle Kraftwerksfunktionen ist dabei der tatsächliche Verlauf des Strombedarfs. Das so genannte Lastprofil - eine Prognose des erwarteten Energiebedarfs - wird an eine zentrale Steuerungseinheit übermittelt, bei der auch die auf den Vorhersagen des deutschen Wetterdienstes basierenden Prognosen über die zu erwartenden Wind- und Solarerträge eingehen. Die zentrale Steuerungsanlage rechnet diese Daten gegeneinander auf. Da die Leistung der Wind- und Solaranlagen gemäß den natürlichen Bedingungen schwankt können sie den Strombedarf nicht exakt abdecken. Die entstehende Unter- beziehungsweise Überversorgung muss ausgeglichen werden, um Versorgungssicherheit und Netzstabilität zu garantieren. Genaue Prognosen gestatten es, grundsätzliche Steuerungsmuster festzulegen. Die eigens dafür am ISET entwickelte Software berechnet alle 60 Sekunden den Energiemix unter Berücksichtigung der Wetterdaten neu. Trotz der sehr genauen Vorhersagen über die zu erwartende Leistung der beteiligten Kraftwerke besteht bei der realen Einspeisung noch ein Ausgleichsbedarf. Energiequellen stimmen sich ab Die zentrale Steuerungseinheit regelt schließlich auch die Feinabstimmung zwischen den Energiequellen. Von dieser ist abhängig, wie viel Energie aus Biogas- und Pumpspeicherwasserkraftwerken bereitzustellen ist. Dabei kommen die besonderen Eigenschaften des Biogases zum Tragen, da Biogas als einziger der Energieträger speicherfähig ist und damit nachfragegerecht Strom liefern kann. Außergewöhnlich bei dem Projekt ist, dass Biogas zur Abdeckung der Spitzenlast herangezogen wird und nicht im Grundlastbereich zum Einsatz kommt. Die natürlichen Schwankungen von Wind- und Solarenergie lassen sich auf diese Weise sinnvoll in ein bedarfsgerechtes Lastprofil überführen. Der Biogasnutzung kommt damit eine zentrale Rolle bei der Regulation des Kombikraftwerks zu. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 16 von 20

5. Schlussfolgerungen Tag für Tag sehen, hören und lesen wir vom Klimawandel, von der Abhängigkeit von Energieimporten, von der Endlichkeit der Ressourcen und den damit drohenden weltweiten Probleme. Und die spüren wir mittlerweile auch im Geldbeutel. Wir kennen die Probleme und wissen, dass ein Weiter so nicht sein darf. Auch führen uns immer mehr Wirtschaftsexperten die Kosten des Klimawandels vor Augen und es ist längst klar, dass es wesentlich teurer wird, die Klimaschäden nachträglich zu kompensieren anstatt die entsprechenden Vorbeugemaßnahmen einzuleiten. Der britische Ökonom Niclas Stern, einst Chefvolkswirt der Weltbank, hat diese alles entscheidende Frage beim Klimaschutz vor kurzem so beantwortet: Klimaschutz kostet etwa ein Zehntel dessen wie kein Klimaschutz." Aktive Klimaschutzpolitik ist zudem auch Friedenspolitik, wie die Vergabe des Friedensnobelpreises an den US-Amerikaner Al Gore und den Weltklimabeirat der Vereinten Nationen Ende 2007 belegt hat. Nur dezentrale, erneuerbare Energien sind in der Lage, weltweit in jeder Region eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Um Sonne und Wind wird es keine Kriege geben, dagegen prophezeien immer mehr Experten schon bald zunehmend blutige Auseinandersetzungen um die letzten konventionellen Ressourcen. Der mit der Nutzung fossiler und atomarer Brennstoffe verbundene Raubbau an der Natur sowie die Folgen des Klimawandels (Vertreibung durch Dürren, Überschwemmungen etc.) lassen sich nur durch saubere Energiequellen vermeiden. Die Alternativen sind längst vorhanden: erneuerbare Energien. Sie werden der alleinige Energielieferant für die Menschheit werden! Das steht außer Frage allein schon deshalb, weil fossile und nukleare Rohstoffe nicht unendlich vorhanden sind. Die Energiewende ist nicht nur nötig sie ist auch machbar! Wer heute die richtigen Weichen stellt, wird schon in naher Zukunft vom weltweiten Boom nach regenerativer Energietechnik profitieren. Warum jedes Jahr Milliardenbeträge in die Kassen großer Energiekonzerne zahlen und in fernen Ländern die Taschen reicher Rohstoff- Barone füllen? Warum halten wir nicht die Wertschöpfung vor Ort? Erneuerbare Energien werden künftig die Grundversorgung mit Energie sicherstellen. Denn Windund Solarkraftwerke nutzen kostenlose, unbegrenzte Ressourcen dies sind die wesentlichen Eigenschaften der Energieträger der Zukunft. Ein hoher Anteil erneuerbarer Energien fordert von dem übergangsweise verbleibenden konventionellen Kraftwerkspark, dass er auf die variable Einspeisung erneuerbarer Energien reagiert. Diese Anforderung wird von den unflexiblen Großkraftwerken nicht erfüllt. Sie produzieren unabhängig von der aktuellen Stromnachfrage und der Einspeisung der erneuerbaren Energien. In Folge dessen wird sich eine neue Kraftwerksstruktur ausbilden, die auf die Schwankungen bei Erzeugung und Verbrauch reagieren kann. Fossile Kraftwerke müssen dann als flexibles Ergänzungskraftwerk zu den erneuerbaren Energien agieren. Grundlastkraftwerke im klassischen Sinne werden nicht mehr einsetzbar sein. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 17 von 20

Anhang: Anhang A: Ausbaupotenziale Windenergie In den vergangenen Jahren hat sich Deutschland zum Weltmeister bei der Windenergie-Nutzung entwickelt. Kein anderes Land der Welt produziert mehr Windstrom als Deutschland. Ende Juni 2008 gab es rund 20.000 Windräder mit einer Gesamtleistung von etwa 23.000 Megawatt. Sie können in einem normalen Windjahr rund 45 bis 50 Milliarden Kilowattstunden und damit etwa acht bis neun Prozent des deutschen Strombedarfs decken. In den letzten Jahren hat sich die Windenergie-Technologie weltweit rasant entwickelt. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass ein modernes Windrad heute 60 mal so viel Energie erzeugt als Standardanlagen Anfang der 90er Jahre? Zu den bundesweit führenden Ländern bei der Windenergie-Nutzung zählen Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein mit zusammen etwa 75 Prozent der installierten Gesamtleistung. In diesen Bundesländern haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Unternehmen der Windenergie-Branche angesiedelt. Den größten Windstrom-Anteil im Netz hat Sachsen-Anhalt mit über 40 Prozent, gefolgt von Mecklenburg- Vorpommern und Schleswig-Holstein (jeweils ca. 37,5%). Eine Ertragssteigerung durch die moderne Windenergie-Technologie ist möglich. Aufgrund der verbesserten Technik (höherer Wirkungsgrad, größere Nabenhöhen) lässt sich künftig nicht nur die Anlagenzahl reduzieren, sondern auch der durchschnittliche Jahresertrag pro Anlage wird deutlich steigen. Vor allem zwei Aspekte der modernen Windenergietechnologie, auf die nachfolgend kurz eingegangen werden soll, werden dazu beitragen: höhere Nennleistung & größere Rotoren höhere Nabenhöhe Das wesentliche Kriterium für die Ertragsoptimierung ist eine höhere Nabenhöhe. Ein wichtiger Faktor bei der Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe ist die Rauhigkeit der Umgebung. So schwächt eine stark strukturierte Landschaft (z.b. Siedlungen) den Wind tendenziell ab. Oberhalb von 100 Metern wird die Luftströmung kaum oder gar nicht von diesen Effekten beeinflusst. Hier werden höhere Windgeschwindigkeiten und geringere Turbulenzen angetroffen. Da diese starken, konstanten Winde für die Windenergienutzung besonders gut geeignet sind, ist es sinnvoll, mit großen Türmen in die unbeeinflussten Luftschichten vorzudringen. Die positiven Auswirkungen auf die Jahreserträge dank moderner Technologie zeigen sich an verschiedenen Standorten im Landkreis Alzey-Worms (Rheinland-Pfalz): Standorte im Landkreis Alzey-Worms Hochborn Spiesheim Flomborn (alt) Flomborn (neu) Flomborn (Zukunft) Inbetriebnahme 1995 1997 1999 2003??? Leistung 250 kw 500 kw 1.000 kw 1.800 kw 6.000 kw Nabenhöhe 40 m 65 m 70 m 65 m 135 m Jahresertrag 300 MWh 900 MWh 1.800 MWh 2.700 MWh 18.000 MWh Ertragsfaktor (1 = Hochborn) 1 3 6 9 60 Diverse Ertragsberechnungen zeigen, dass mit modernster Technik bei entsprechend großen Nabenhöhen Erträge zwischen 15 und 25 Mio. Kilowattstunden (kwh) pro Jahr mit einem einzigen Windrad erzeugt werden können. Die neuen Windturbinen machen es möglich, im Rahmen des so genannten Repowerings mit weniger Anlagen als heute deutlich mehr Strom zu produzieren. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 18 von 20

Anhang B: Ausbaupotenziale Solarenergie Auch bei der Nutzung der Solarenergie ist Deutschland mittlerweile in die Weltspitze aufgestiegen und gehört zusammen mit Japan und den USA zu den führenden Ländern, vor allem im Bereich der solaren Stromerzeugung (Photovoltaik). Es ist unstrittig unter Energieexperten, dass die Solarenergie die größten Potenziale aller erneuerbaren Energien hat. Das belegen zahlreiche Studien renommierter Forschungsinstitute und Umweltverbände und Expertisen aus der Energie- und Mineralölwirtschaft. Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung geht beispielsweise davon aus, dass weltweit die Solarstrom-Erzeugung zum dominierenden Energieträger unter den erneuerbaren Energien wird: Der Anteil der Photovoltaik und der solarthermischen Kraftwerke wird im weltweiten Energiemix von heute nahezu null Prozent auf etwa 25 Prozent im Jahr 2050 und auf über 60 Prozent im Jahr 2100 ansteigen. In Deutschland erzeugen die bundesweit rund 450.000 Photovoltaik-Anlagen (Gesamtleistung: über 4.000 Megawatt) heute etwa 3,5 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Ihr Anteil zur bundesweiten Stromerzeugung liegt damit heute bei etwa 0,5 Prozent. Die Nutzung der Solarenergie wird einen enormen Schub bekommen, wenn die so genannte Grid Parity erreicht ist das heißt wenn Strom von der Solaranlage auf dem eigenen Dach billiger ist als Strom aus der Steckdose. Dies wird in etwa acht bis zehn Jahren der Fall sein und dazuführen, dass sehr viele Hauseigentümer ihren Strom selbst produzieren. Im Bereich der Photovoltaik kann man im Wesentlichen drei Anwendungsbereiche unterscheiden: 1.) Privater und Genossenschaftlicher Wohnungsbau Dabei handelt es sich um Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie kleinere Gebäude von Vereinen und Verbänden. Dies sind vor allem Schrägdächer. Auf einer schrägen Dachfläche werden in etwa 10.000 m² (1 ha) zur Produktion von rund einer Million Kilowattstunden Solarstrom im Jahr benötigt. 2.) Gewerbe- und Industriebauten Hierzu zählen größere Dachflächen von Speditionen, Produktionshallen und Handwerksbetrieben. Dies sind vor allem Flachdächer. Auf einem Flachdach benötigt man in etwa 30.000 m² (3 ha) für die Produktion von einer Million Kilowattstunden Solarstrom im Jahr. 3.) Freiflächen-Anlagen Siedlungs- und Verkehrsflächen sind oft aufgrund ihrer bereits vorhandenen Oberflächenversiegelung gut geeignet für Freiflächen-Solaranlagen. Dazu zählen Deponie- und Konversionsflächen ebenso wie Straßenränder und Parkflächen. Auch der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung entzogene Flächen sind geeignet. Auf Freiflächen benötigt man in etwa 30.000 m² (3 ha) für die Produktion von einer Million Kilowattstunden Solarstrom im Jahr. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wirkungsgrade und die Flächeneffizienz von Solarmodulen kontinuierlich steigen. Ein gutes Beispiel ist die Firma First Solar, die ihr europäisches Vertriebszentrum mit über 30 Mitarbeitern in Mainz hat und in Frankfurt an der Oder in diesem Sommer die weltweit modernste Fabrik zur Herstellung von Solarmodulen auf Basis der Dünnschichttechnologie mit einer Jahreskapazität von 120 Megawatt eröffnet hat. First Solar ist es gelungen, die Leistung pro Fläche seit 2002 um zwei Drittel zu erhöhen bis 2010 wird sogar eine Verdoppelung gegenüber 2002 erwartet. Das Grundversorgungskraftwerk Seite 19 von 20

Quellen, Literatur- und Internettipps Dokumentation "Erneuerbare Energien in Zahlen" Die Dokumentation "Erneuerbare Energien in Zahlen" ist im Internet auf der BMU-Themenseite zu erneuerbaren Energien (www.erneuerbare-energien.de) abrufbar. Eine Druckausgabe kann auch per Postkarte bestellt werden: Bundesumweltministerium, Postfach 300361, 53183 Bonn, Bestellnummer 2118. Eine englischsprachige Fassung ist in Vorbereitung. EEG-Mittelfristprognose Die Übertragungsnetzbetreiber sind laut EEG verpflichtet, die EEG-Strommengen für jeden Monat aktuell zu prognostizieren. Die prognostizierten Werte sind Basis für die Ermittlung der Abschläge der Ausgleichszahlungen und -stromlieferungen zwischen den Netzbetreibern. Im Internet finden Sie die aktuellen Daten (EEG- Quote und EEG-Durchschnittsvergütung), die historische Entwicklung und die Jahres- und Mittelfristprognosen. Weitere Informationen: www.bdew.de Das regenerative Kombikraftwerk: Eine sichere Energieversorgung durch Erneuerbare Energien immer und überall das Regenerative Kombikraftwerk macht es möglich. Das Regenerative Kombikraftwerk verknüpft und steuert 36 über ganz Deutschland verstreute Wind-, Solar-, Biomasse- und Wasserkraftanlagen. Es ist ebenso zuverlässig und leistungsstark wie ein herkömmliches Großkraftwerk. Das regenerative Kombikraftwerk zeigt, wie durch die gemeinsame Regelung kleiner und dezentraler Anlagen bedarfsgerecht und zuverlässig Strom bereitgestellt werden kann. Weitere Informationen: www.kombikraftwerke.de Deutschlands Informationsportal für erneuerbare Energien Die Kampagne deutschland hat unendlich viel energie wird getragen von der Agentur für Erneuerbare E- nergien e. V. Unterstützer der Agentur sind Unternehmen und Verbände aus der Branche der Erneuerbaren Energien und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Aufgabe der Agentur für Erneuerbare Energien e. V. ist es, die wichtigsten Vorteile einer nachhaltigen Energieversorgung auf Basis Erneuerbarer E- nergien zu kommunizieren. Diese sind vor allem: Versorgungssicherheit, Innovationen, Beschäftigungszunahme, Exportpotenzial, dauerhaft Kosten senkende Energieversorgung, Klimaschutz und Ressourcenschonung. Die Agentur für Erneuerbare Energien e. V. arbeitet bundesweit partei- und gesellschaftsübergreifend. Schirmherr der Kampagne "deutschland hat unendlich viel energie" ist der ehemalige Direktor des UN- Umweltprogramms und Bundesumweltminister a. D., Prof. Dr. Klaus Töpfer. Weitere Informationen: www.unendlich-viel-energie.de Kommunal erneuerbar Das Informationsportal "kommunal erneuerbar" unterstützt kommunale Entscheidungsträger beim Ausbau der Erneuerbaren Energien vor Ort. Städte und Gemeinden spielen beim Klimaschutz eine Hauptrolle, denn sie haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Nutzung Erneuerbarer Energien. Ohne das Engagement auf kommunaler Ebene sind keine Klimaschutzziele zu erreichen! Weitere Infos: www.kommunal-erneuerbar.de Das Grundversorgungskraftwerk Seite 20 von 20