Vorsicht, Falle: Uhren-Replikate im Zweitmarkt Thomas Gronenthal
Wer? Thomas Gronenthal, Fachjournalist, Blogger und Uhrmacher zerlegt Uhren seit mehr als 30 Jahren, baut sei 20 Jahren die Uhren auch wieder zusammen, schreibt für die Magazine UHREN-MAGAZIN, Chronos und Watchtime USA, bloggt unter www.watchthusiast.de, hat Maschinenbau studiert, und verdient den Großteil seiner Brötchen als Geschäftsführer der euromarcom public relations GmbH in Wiesbaden!
Replikate, Plagiate, Fälschungen... Mehr und mehr tauchen Replikate nahezu alle Marken im Zweitmarkt auf. Zweitmarkt bedeutet: Es handelt sich nicht um einen Konzessionär, sondern einen markenunabhängigen Juwelier, der auch mit gebrauchter Ware handelt. Parallel dazu hat sich die Qualität der Uhren aus China signifikant verändert. Nachbauten der gängigen ETA-Werke, eigene Werke wie Tourbillons und Uhren mit langer Gangreserve sorgen für gefälschte Uhren mit sehr hoher Qualität. Ebenso erschrecken: Auch Uhren in der Einsteiger- und Modeuhrenklasse werden gefälscht wie eine Tissot PRS 516, die sogar über das Uhrwerk von ETA verfügt, das auch im Original verwendet wird.
Das kennen wir alle: FAKE ORIGINAL Eine ganz schlechte Fälschung, vorzugsweise bei einem Strandkonzessionär zu kaufen.
Ein paar Beispiele aus der Praxis
Fall 1
Hublot Big Bang gezahlter Preis: 4.100 Euro Diese Uhr wurde bei einem Berliner Juwelier keinem Hublot- Konzessionär gebraucht mit hauseigenem Echtheitszertifikat gekauft. Fake wurde nur durch eine Uhrenvorstellung in einem Uhren-Forum aufgedeckt. Der Kaufpreis betrug 4.100 Euro, der Neupreis betrug ca. 10.000 Euro. Fakt: Die Uhr ist eine Fälschung, wurde jedoch von einem deutschen Juwelier mit Geschäft verkauft. Nach langem Kampf war eine Rückabwicklung möglich, der geprellte Kunde bekam sein Geld zurück.
Fall 2
Alain Silberstein Krono Bauhaus Ebenfalls ein gewerblicher Verkäufer, der auf Internet-Marktplätzen sehr aktiv ist. Uhr wurde wegen kleinerer Probleme zum Original-Service Alain Silberstein Deutschland (Kroll Uhrenservice, Niederkassel) gesendet. Dort fiel das Replikat auf. Folge: Gerichtsverfahren seitens des Käufers gegen den Verkäufer, inkl. Gerichtsgutachten da Verkäufer nicht glauben wollte, was er da verkauft hat.
Fall 3
Alain Silberstein zum Zweiten Auktionskatalog des Auktionshauses Antiquorum zur Uhrenauktion in Genf, 2012 Die Uhr ist eine offensichtliche Fälschung und wurde so nicht einmal von Silberstein im Original angeboten. Merkmale: Drücker als Kalenderkorrektur Bandanstöße fest verbunden mit dem Gehäuse Kalenderanzeigen auf dem Zifferblatt (Tag, Datum, 24-Stunden)
Ein Besuch in der Replika-Fabrik
Einblick 2014: Zifferblattproduktion
Aus ETA-Klon wird ein Piaget-Uhrwerk...
Nicht nur fälschen, sondern klonen!
Das China-Kaliber 3135: Ein kompletter Nachbau des Rolex 3135
Marginale Unterschiede erfordern den Fachmann bei der Identifikation
1:1 - Nachbauten Es ist mittlerweile üblich, ein Exemplar der Original-Uhr zu zerlegen, zu vermessen und dann zu replizieren. Die Details der Originale werden mit den Möglichkeiten verglichen passende Uhrwerke ausgewählt, etc. Die Maße werden im Detail den Gegebenheiten angepasst. Die Uhren werden in laufender Produktion verändert und versioniert V1, V2, etc.
Organisation der Fake-Fabriken Sehr ähnliche Strukturen und Prozesse wie in der Schweiz oder Deutschland. Zulieferbetriebe fertigen Komponenten, die in Fabriken wie der NOOB FACTORY oder der Z FACTORY assembliert werden. Die romantische Vorstellung einer kleinen Fälscher-Bude mit Kinderarbeit ist nicht korrekt, zumindest nicht für einen Großteil der Fabriken. Die örtliche Gesetzgebung ist natürlich einbezogen. Zudem: Viele der Fabriken sind OWM-Hersteller. Daher sind viele Uhren des Niedrigpreissegments originale Fälschungen, da OEM.
Bereinigung und Fortschritt In den vergangenen 2 Jahren hat die chinesische Obrigkeit einiges gegen Produktpiraterie getan. Vor allem kleine Hersteller waren hier die Opfer. Die großen Fabriken haben alle überlebt und entwickeln mittlerweile auch komplett eigene Werke, erhöhen den Ausstoß an qualitativen Uhren weiter.
IWC Portugieser China Made
Ein Manufakturwerk!
Manufaktur Made in China Automatik-Uhrwerk mit langer Gangreserve von 72 Stunden. Zeitgemäße Frequenz von 28.800 A/h, hohe Ganggenauigkeit. Aufgebrachte Schliffe wie Cotes Circulaire sind mittlerweile geschliffen, nicht mehr geprägt. Das Uhrwerk ist eine Mischung aus den Klon-Uhrwerken des ETA 2824-2, des ETA-Valjoux 7750 sowie des ETA-Unitas 64xx. Modular aufgebaut: Auch als Tourbillon, mit verschiedenen Anzeigen, etc.
Vertriebs- und Distributionsstrukturen Ähnlich wie im regulären Handel verfügen die Replika-Organisationen über gute und langjährig erprobte Vertriebsstrukturen. Über Groß- und Zwischenhändler gelangen die Uhren in den Markt. Der hauptsächliche Vertriebskanal ist das Internet, in dem es Shops gibt, die sich seit Jahren gegen die Gesetzgeber durchsetzen. Wenn eine URL geschlossen wird, wird eine neue eröffnet und das Geschäft geht weiter. Triangle-Shipping über weniger strenge Länder (GB). Wie auch für reguläre Uhren gibt es Foren, in denen Repliken und ihre Unterschiede zum Original besprochen werden.
Herzlichen Dank! Für Fragen kontaktieren Sie mich gerne! gronenthal@ebnerverlag.de