Russland will Chemieeinfuhren bis 2020 stark drosseln 25.06.2015 Politik der Importsubstitution erzeugt zunächst Mehrbedarf an modernen Maschinen und Anlagen / Von Ullrich Umann Moskau (gtai) - Russland will seine Abhängigkeit von Chemieimporten bis 2020 spürbar verringern. Industrieminister Denis Manturow hat die künftigen Importquoten Ende März 2015 per Erlass bekannt gegeben. Ausländische Unternehmen können ihre Lieferchancen mittelfristig nur wahren, wenn sie Produktion nach Russland verlagern. Staatliche Förderprogramme zur Importsubstitution schließen ausländische Investoren nicht grundsätzlich aus. Zuständig ist das Ministerium für Industrie und Handel. (Kontaktanschriften) Die russische Chemieindustrie soll bis 2020 ihr Produktportfolio erweitern und technologisch auf des neuesten Stand gebracht werden. Zu diesem Zweck wurde für die Branche ein spezielles Entwicklungsprogramm aufgelegt, das sich nahtlos in das 2012 verabschiedete staatliche Programm der Russischen Föderation zur "Entwicklung der Industrie und Erhöhung ihrer Wettbewerbsfähigkeit" einfügt. Zuständig für die Realisierung des sektoralen Programms ist die Abteilung "Chemisch-technologischer und forstwirtschaftlicher Komplex" im Ministerium für Industrie und Handel. Ministererlass legt Importquoten fest In einem jüngsten Schritt hat Industrie- und Handelsminister Manturow am 31.3.2015 eine Verordnung beschlossen, wonach die Einfuhrabhängigkeit bei 35 Warenpositionen der chemischen Industrie bis zum Jahr 2020 abgebaut werden soll (siehe Tabelle). Damit wurde der allgemein gehaltene Regierungsbeschluss "Aktionsplan zur Importsubstitution in der Industrie" vom 30.9.2014 konkret auf die chemische Industrie herunter gebrochen. 1 www.gtai.de
Erlass des Ministers für Industrie und Handel Nr. 646 vom 31. März 2015 zur Importsubstitution in der chemischen Industrie OKPD (Produkti Produkt, Technologie Frist für die Reali Faktischer Maximaler ge onscode) sierung des Projek Anteil des Im planter Im tes (Jahreszahlen) ports (Jahr portanteil (Jahr 2014, in %) 2020, in %) 24.70.11.130, 24.70.13.122, 24.70.13.152, 24.70.13.172 Polyacrylnitril-Fasern, -Fäden und Kohlefasermaterialien auf ihrer Grundlage 2015-2017 100 10 24.70.21.110 Hydratzellulose-Stapelfasern 2015-2018 100 10 24.70.21.110 Kohlefasermaterialien auf Basis von Hydratzellulosefasern, die mittels direkter Auflösung erzeugt wurden 24.70.21.110 Technische Hydratzellulose-Fäden, die mittels direkter Auflösung erzeugt wurden 24.70.11.120 Stapelfasern aus Polyethylenterephthalat 2015-2018 100 10 2015-2017 100 10 2015-2017 100 30 24.70.13.159 Hochfeste Polyolefin-Fäden 2015 43,5 35 24.70.13.111 Technische Fäden für die Produktion von Cordstoffen 24.70.13.111 Produktion von hochfesten Multifilament-Spinnfäden 24.12.21.180 Organische Pigmente (Kupfer- Phthalocyanin) 24.30.12 Farben und Lacke, nicht-wässrige, für industrielle Zwecke 24.30.12 Farben und Lacke, nicht-wässrige 2016-2019 57 20 2016-2019 57 20 2015-2016 74,3 57 2016-2025 43,9 35 2015-2016 43,9 35 24.30.22.153, 24.30.22.154 Pulverfarben 2015-2020 60 40 24.12.11.130 Titandioxid, Pigment 2015-2018 100 10 24.13.53.000 Wasserstoffperoxid 30% 2015 60 10 24.14.51.189 Glyphosat 2015-2021 100 10 24.13.15.140 Magnesiumhydroxid, synthetisch 2015 100 10 14.50.23.150 Magnesiumoxid, synthetisch 2015 95 10 2 www.gtai.de
24.13.33.140 Kalziumcarbonat, synthetisch (chemisch ausgefällte Schlämmkreide - PCC) 2015-2018 100 10 14.50.23.150 CCM-Magnesit 2016-2018 95 10 24.16.40.130 Bisphenolepoxyharze 2015-2016 92 20 24.14.33.242 Maleinsäureanhydrid 2015-2017 100 60 24.66.32.172 Anti-Turbulenzen-Additiv 2015-2017 100 10 24.16.58.320 Ionenaustauscherharz 2015-2016 90 20 24.16.53.159 Superabsorber auf Basis von Acrylpolymeren 2015-2017 100 35 25.21.42.710 Isolierende Polymer Composites 2015-2020 80 20 25.21.42.710 Kompositmaterialien auf Basis von Silanol-haltigen Erzeugnissen aus Rohstoffen russischer Produktion, die zur Isolierung von Kabeln verwendet werden 2011-2016 85 68 25.13.14.132 Phosphorsäure, thermische 2015-2018 100 5 24.16.40.170 Polyethylenterephthalat in Faserform 2015-2018 100 6 24.14.34.117 Terephthalsäure 2015-2017 65 6 24.51.20.150 nicht-ionische, oberflächenaktive Tenside 2015-2017 40 6 24.14.44.178 Isocyanate MDI 2015-2017 100 6 24.14.61.160 Paraformaldehyd (Paraform) 2016-2017 95 7 24.14.15.130 Ozonfreundliche Kältemittel der Ethan-Reihe 2014-2020 100 80 15.71.10.110, Proteinkonzentrat von der Entwicklung 70 15 15.71.10.139, bis zur Inbetrieb 15.71.10.160, nahme: Dezember 15.71.10.310 2013 - April 2015 24.14.21 Höhere Fettalkohole 2015-2022 100 30 Quelle: Ministerium für Industrie und Handel, Moskau, 31.3.2015 Laut Ministerialerlass wird die Abteilung "Chemisch-technologischer und forstwirtschaftlicher Komplex" im Ministerium für Industrie und Handel förderfähige Unternehmen auswählen und sie in das Programm zur Importsubstitution integrieren. Diese Firmen können mit Fördergeldern zur Modernisierung und Erweiterung des Kapitalstocks rechnen, darunter zinsverbilligte Kredite. Für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau dürfte dieser Sachverhalt interessant sein, winken doch dadurch bis 2020 Aufträge zur Planung, Lieferung und Installation hochwertiger Technologiegüter. 3 www.gtai.de
Importsubstitution soll nicht an rechtlichen Schwierigkeiten scheitern Dem jüngsten Ministererlass werden konkretisierende Durchführungsbestimmungen folgen. Darauf weist allein schon hin, dass die zuständige Fachabteilung dem Minister notwendige Anpassungen des normativen Rahmens operativ unterbreiten soll. Mit anderen Worten, das Programm soll an der einen oder anderen Stelle nicht an rechtlichen Schwierigkeiten scheitern. Einbezogen ist zweifellos auch die Weiterentwicklung von Normen und Standards in der chemischen Industrie. Dies erfolgt in Abstimmung mit den anderen Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Eine wichtige Rolle bei der Auswahl, Implementierung und Finanzierung der neuesten verfügbaren Technik soll laut Erlass der "Fonds zur Industrieentwicklung" spielen, der dem Ministerium unterstellt ist. Dem Fondsvermögen von 20 Mrd. Rubel stehen aktuell jedoch Anträge auf Projektfinanzierung im Gesamtvolumen von 330 Mrd. Rubel gegenüber. Eine Finanzierungszusage haben aus diesem Grund erst 15 Unternehmen erhalten, darunter kein einziges aus der Chemieindustrie. Und das, obwohl aus dieser Branche 38 Finanzierungsanträge gestellt wurden. Chemiefaserprojekte geplant Auch ohne Mitwirkung des Fonds erhalten erste Chemieunternehmen finanzielle Unterstützung vom Ministerium. Beim Ministerium angemeldet hat sich nach eigenen Angaben der Chemiefaserhersteller Kurskchimwolokno. Dieses Unternehmen benötigt Finanzierungen für zwei Erweiterungsvorhaben. Dabei handelt es sich um eine geplante Produktion von 7.900 jato reißfester technischer Kunstfaser zur Erzeugung von Cordstoffen im Projektwert von 850 Mio. Rubel. Nach Fertigstellung könnte die Einfuhr von 5.000 jato Cordstoff aus Deutschland, Polen, der Türkei und aus der VR China substituiert werden. Außerdem werden 206 Mio. Rubel benötigt, um eine Produktion von 180 jato technischer Textilien einzurichten. Ausländische Investoren sind grundsätzlich förderfähig Ausländische Unternehmen mit Produktionsniederlassungen in Russland werden vom staatlichen Programm zur Importsubstitution grundsätzlich nicht ausgeschlossen. So haben die beiden italienischen Firmen Burgo Group und Serioplast Pläne offen gelegt, wonach sie Produktionen für Verpackungsmaterial hochziehen wollen. Burgo Group will künftig Verpackungen für Kosmetika und Pharmazeutika aus lokaler Produktion anbieten. Serioplast will wiederum Unilever Russia mit Verpackungen und Flaschen aus Kunststoff beliefern. Russlands Chemiebranche unterscheidet sich von vielen anderen Industriezweigen durch einen relativ hohen Anteil an privaten Unternehmen und durch eine relativ gute Rohstoffbasis, insbesondere in der Petrochemie. Investitionen werden daher weniger durch den Staat finanziert, sondern vorrangig über Kredite und aus Eigenkapital. Deshalb hat sich hier auch ohne das Staatsprogramm zur Importsubstitution schon Einiges in dieser Hinsicht getan - aus rein geschäftlichen Gründen. Als Beispiel kann die Sibur Holding gelten, die aktuell in Tobolsk eine Produktion von Polypropylen hochzieht und damit die Importabhängigkeit verringert. Kontaktanschriften: Ministerium für Industrie und Handel Abteilung "Chemisch-technologischer und forstwirtschaftlicher Komplex" 4 www.gtai.de
Abteilungsleiter: Wladimir Alexandrowitsch Potapkin Kitajgorodskij pr. 7, Moskau, Russische Föderation Tel.: 007/495/647 74 30, Fax: -539 21 72 Referat "Chemische Industrie" Referatsleiterin: Irina Stanislawowna Bolschakowa Tel.: 007/495/632 84 52, E-Mail: bolshakova@minprom.gov.ru Internet: http://www.minpromtorg.gov.ru Originaltext des Erlasses Nr. 646 vom 31. März 2015 Internet: http://minpromtorg.gov.ru/docs/orders/ Fonds zur Entwicklung der Industrie Ljalin pereulok 6/1, 105062 Moskau, Russische Föderation Tel./Fax: 007/495/789 47 30 E-Mail: rftr@rftr.ru, Internet: http://www.rftr.ru (U.U.) KONTAKT Edda Wolf +49 (0)228 24 993-214 Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch teilweise nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. 2017 Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. 5 www.gtai.de