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Transkript:

April 2016 Sonderausgabe Nr. 2 Freie Hochschule für Geisteswissenschaft Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 27. September bis 1. Oktober 2016 World Conference Conferencia Mundial Welt-Konferenz Zu dieser Sonderausgabe Auf der Jahrestagung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft gaben die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe für die Goetheanum-Welt-Konferenz Beiträge, die das Anliegen dieser Konferenz illustrieren. Diese Beiträge werden hier dokumentiert und weitgehend im Stil der mündlichen Rede belassen. Constanza Kaliks S. 1 Goetheanum-Welt-Konferenz: Gesichtspunkte und Kontext Christiane Haid S. 2 Leben mit der Grundsteinmeditation Ueli Hurter S. 4 Aktuelles Verständnis der Sektionsarbeit S. 6 Paul Mackay Aufgabe der Anthroposphischen Gesellschaft S. 8 Christiane Haid, Ueli Hurter, Constanza Kaliks, Paul Mackay Programm der Goetheanum-Welt-Konferenz Goetheanum-Welt-Konferenz: Gesichtspunkte und Kontext Mensch und Zeitanforderungen entsprechend Die Goetheanum-Leitung möchte ermöglichen und fördern, dass die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft, die Anthroposophische Gesellschaft und die Lebensfelder als organisch zusammengehörende Bereiche in ihren Aufgaben erfasst werden und sich durch ihr gegenseitiges Verhältnis bekräftigen. Nach der bald ein Jahrhundert dauernden Entwicklung anthroposophischer Ini tia tiven ist die Wirklichkeit der gegenseitigen Verbundenheit von Hochschule, Gesellschaft und Lebensfeldern sichtbarer und wirksamer zu gestalten. Die Lebensfelder haben sich weltweit mit den Aufgaben und Herausforderungen vor Ort verbunden. Die Anthroposophische Gesellschaft wirkte zwar vielfach durch ihre Mitglieder impulsierend in der Gründung von Insti tutionen, aber diese entwickelten sich dann oft nur mit einer losen Verbindung zur Anthroposophischen Gesellschaft weiter. Die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft wird oftmals allein mit der Arbeit an den Klassenstunden, die Rudolf Steiner ihr als Grundlage zu einer zeitgemäßen Menschenerkenntnis gab, gleichgesetzt ihre Aufgabe als Erkenntnisort für eine Wissenschaft des Menschlichen, die auf Geist erkenntnis fundiert ist, trat aber vielfach in den Hintergrund. Die Goetheanum-Leitung hat begonnen, daran zu arbeiten, diese Bereiche in ihrem gegenseitig sich befruchtenden Verhältnis zu verbinden. Es seien hier drei Beispiele dieses Vorhabens genannt: Das Jahresthema ist ein Vorschlag der Goetheanum-Leitung für die anthroposophische Bewegung weltweit: In Zweigen, Gruppen und individuell kann die Anregung aufgenommen werden. Mit ihm kann die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Gebiet von Gegenwartsfragen gerichtet werden. Für die Goetheanum-Leitung ist das Jahresthema gemeinsam mit den Generalsekretären entwickelt zu einem wichtigen Bestandteil und zentralen Okular für die Arbeit geworden. Für 2016/ 17 heißt das Thema Weltverwandlung und Selbsterkenntnis im An gesicht des Bösen ( Anthroposophie weltweit Nr. 1 2/2016): Die Gegenwart fordert auf, die Weltverbundenheit, die Bejahung der Wirklichkeit, in die wir uns stellen und aus der wir verwandelnd handeln, in und aus der Auseinandersetzung mit dem Bösen zu gestalten sowohl um uns wie auch in uns selbst. Das schafft eine veränderte Bewusstseinsgrundlage für alle Bereiche des Handelns in einer Welt, in der Gewalt und Zerstörung ständig präsent und wirksam sind. So stellt sich heute jedem die Frage nach einem aktiven Umgang mit diesen Kräften. Das Jahres thema kann

2 Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 zu einem bewusstseinsverbindenden Element zwi schen Menschen werden, indem eine solche Teilhabe an den Gegenwartsfragen zur Grundstimmung anthroposophischer Arbeit wird. Ein weiteres Beispiel ist die Entwicklung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Unter anderem war es für die Goetheanum-Leitung ein wichtiger Schritt, sich ein Bild von den Fragen und Themen zu machen, die in den verschiedenen Sektionen dieser Hochschule seit ihrer Gründung erforscht wurden. Für alle Sektionen liegt nun ein Ergebnis dieser Untersuchung mit interessanten, zum Teil überraschenden Tatsachen vor. Diese Standortbestimmung zeichnet ein Bild der Gesamtheit der Hochschule und ihrer Entwicklung seit über 90 Jahren. Sie wird im Sommer 2016 als Buch im Verlag am Goetheanum erscheinen. Als letztes Beispiel sei die Goetheanum- Welt-Konferenz im September 2016 genannt. Nach dem Prinzip Menschen sehen Menschen lädt die Goetheanum- Leitung weltweit Menschen ein, die sich mit und aus der Anthroposophie mit den Herausforderungen der Gegenwart auseinandersetzen. Mit ihnen möchten wir versuchen, immer deutlicher zu erkennen, welche Schritte unternommen werden können, sodass 2024 100 Jahre nach der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, den Bedürfnissen der Menschen und den Fragen der Zeit entsprechend, kräftiger und Zukunft ermöglichend in der Welt stehen kann. Wir freuen uns, weitere Vorschläge für Teilnehmer zu erhalten, die stell vertretend für so viele, die weltweit aktiv sind, zur Konferenz eingeladen werden könnten: Menschen, die gemeinsam mit der Goetheanum-Leitung weitere Schritte für eine zeitgerechte Entwicklung der anthroposophischen Arbeit gestalten möch ten. Wie kann die anthroposophische Arbeit dem Menschen gerecht und den Zeitforderungen entsprechend heute gestal tet werden? Das ist eine Frage, die immer erneut gestellt werden muss. Eine Fülle von Erfahrungen durch fast ein Jahrhundert hindurch gewonnen sowie die immensen Herausforderungen der Gegenwart bilden die Grundlage für die Entwicklungen, die aus der Zukunft aufgegriffen werden möchten und die wir verstehen, begleiten und ermöglichen wollen. Constanza Kaliks Leben mit der Grundsteinmeditation Selbsterkenntnis in der Bewusstseinsseele Mit der Anrufung Menschenseele! und der Aufforderung zu üben, ermöglicht die Grundsteinmeditation dem Menschen, sich selbst in seinem Verhältnis zur Welt zu erkennen. Im Wechsel zwischen Kontemplation und aktiver Betätigung geht es darum, sich aus dieser neuen Gestimmtheit dem Weltsein liebend zuzuwenden. Gerne möchte ich versuchen, etwas anzusprechen, was wir mit Ihnen in der Vorbereitung der Goetheanum-Welt- Konferenz teilen und womit wir zugleich in einem über 90-jährigen Geschichtsstrom leben, auch durch schwere Zeiten hin durch. Es ist die dreimalige Anrufung: «Menschenseele!», in der wir uns mit dem Grundsteinspruch verbinden können. Im Hinblick auf die Vorbereitung der Konferenz ist der Grundsteinspruch für die Goetheanum-Leitung ein wesentliches Fundament, das wir in der Tagesgestaltung aufgreifen, indem die drei Anrufungen «Übe Geist-Erinnern», «Übe Geist-Besinnen» und «Übe Geist-Erschauen» als geistige Grundstimmung die einzelnen Tage durchziehen. Mit dem Grundsteinspruch ist verbunden, was in der Generalversammlung 2016 schon von Gerald Häfner angesprochen wurde: die Dreigliederung des Menschenwesens sie gibt es, sie ist da. Dennoch war, was Rudolf Steiner 1923 mit dem Grundsteinspruch in Worte fassen konnte, das Ergebnis einer 30-jährigen Forschung und wie er ausführt eine Erkenntnis, die er den Kriegsstürmen abgerungen hatte und erst langsam in Sprache zu fassen vermochte. Uns tritt in seinen Worten ein sprachliches Kunstwerk entgegen, das so gestaltet ist, dass wir uns als Menschenwesen in einer dreifachen Art in die Welt hinein Menschenseele! Du lebest in den Gliedern, Die dich durch die Raumeswelt In das Geistesmeereswesen tragen: Übe Geist-Erinnern / In Seelentiefen, Wo in waltendem / Weltschöpfer-Sein Das eigne Ich / Im Gottes-Ich / Erweset; Und du wirst wahrhaft leben Im Menschen-Welten-Wesen. Denn es waltet der Vater-Geist der Höhen In den Weltentiefen Sein-erzeugend: Ihr Kräfte-Geister Lasset aus den Höhen erklingen, Was in den Tiefen das Echo findet; Dieses spricht: Aus dem Göttlichen weset die Menschheit. Das hören die Geister in Ost, West, Nord, Süd: Menschen mögen es hören. gestellt sehen. Übend, diese Ausrichtungen immer wieder neu zu beleben, können wir uns als kosmisch-menschliches Wesen im Weltzusammenhang erfahren lernen. Die Art und Weise des Sich-selbst-Erkennens ändert sich im Laufe der Menschheitsgeschichte. In Griechenland hatte sie noch einen anderen Charakter als in unserem Zeitalter der Bewusstseinsseele, das 1413 begann. Dort war die mensch liche Selbsterkenntnis im Spruch im Tempel zu Delphi «Erkenne dich selbst» vollkommen ausgeschöpft. In der Bewusstseinsseele muss, wie Rudolf Steiner entwickelt, diese Erkenntnis auf dreifache Art auf die leibliche, seelische und geistige Wesenheit des Menschen ausgedehnt werden. Der Vater-Grund Der Grundsteinspruch eröffnet eine Selbsterkenntnis, die einen fortwährenden Prozess der inneren Organbildung anregt, in dem wir uns als ein dreigliedriges Wesen in drei Weltbereichen der Tiefe, dem Umkreis und der Höhe gewahr werden. In einer ersten Ausrichtung blicken wir auf die Vater-Welt, in der wir unser Sein als Gliedmaßen-Mensch erfahren. Die Gliedmaßen kommen uns als jüngste Bildungen unserer Leiblichkeit gleichsam aus dem Raum des Kosmos entgegen und befähigen uns, den Erden-Raum zu ergreifen, uns im Raum zu betätigen, ja den Menschenseele! Du lebest in dem Herzens-Lungen-Schlage, Der dich durch den Zeitenrhythmus Ins eigne Seelenwesensfühlen leitet: Übe Geist-Besinnen / Im Seelengleichgewichte, Wo die wogenden / Welten-Werde-Taten Das eigne Ich / Dem Welten-Ich / Vereinen; Und du wirst wahrhaft fühlen Im Menschen-Seelen-Wirken. Denn es waltet der Christus-Wille im Umkreis In den Weltenrhythmen Seelen-begnadend. Ihr Lichtes-Geister Lasset vom Osten befeuern, Was durch den Westen sich formet; Dieses spricht: In dem Christus wird Leben der Tod. Das hören die Geister in Ost, West, Nord, Süd: Menschen mögen es hören.

Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 3 Raum zu gestalten. Hier wird uns auch die Belebung durch die Weltengeister zuteil. Wir empfinden, wie sie uns in die sem Gliedmaßen-Menschsein unterstützen und tragen. Es ist die allwaltende Menschenliebe, durch die wir die Kraft erhalten, uns tätig in die Welt hineinzustellen und die Erde langsam zu verwandeln. Sie verleiht uns die Aufrichtekraft, durch die wir im Vater-Grund des Seins unmittelbar leben können. Das ist kein Vorgang, den man «einmal erkannt, dann besitzt», sondern es ist eine innere Betätigung, die in fortwährendem Üben immer mehr zu einem Zusammenklang mit dieser Wesens tätigkeit der Vaterwelt führt, zu ihrem Erleben und mehr und mehr zu ihrem bewusstseinsmäßigen Durchdringen. Die Sohnes-Sphäre Die Schicht des Geist-Besinnens bringt uns mit einer ganz anderen Sphäre in Verbindung es ist der Umkreis, die Weite. In unserem Selbsterleben kommen wir in diesem zweiten Bereich an den Übergang zwischen innerer und äußerer Welt heran. Hier spielen sich die feinen Wechselwirkungen zwischen Herz und Lunge ab, der Übergang zwischen Luft- und Flüssigkeitsprozessen. Wir erleben uns mit unserem Wesen an der Grenze zwischen unserem Leib und der Außenwelt: Wir nehmen die Luft in uns hinein. Sie ist das Element, das uns erfrischt und belebt. Das hat Auswirkungen auf unseren gesamten Flüssigkeits- und Blutorganismus. Wir erleben hier eine Welt des Fließens, des Hin- und Herwebens, der Teil eines jahrtausendealten Rhythmus ist; Rudolf Steiner spricht von Äonen. In diesem fortwährenden rhythmischen Element leben wir und haben Teil daran. Durch den Grund steinspruch kommen wir in eine andere Dimension des Erlebens. Wir erfahren, dass wir in einem Weltenrhythmus leben, und sind damit Teil eines großen Atemprozesses, den uns ein Wesen ermöglicht, dessen Lebenselement der Umkreis der Erde ist. Es ist die Welt des Sohnes, der auch unsere Schicksalszusammenhänge gestaltet, wo wir wie fühlend wahrnehmen können, wie wir in diesem Puls- und Weltenschlag darinnen leben und durch seine Gnade getragen werden. Die Geistes-Welt Die dritte Perspektive, die wir als Übende ergreifen können, ist eine, die uns mit der Höhe verbinden kann, wenn wir für sie erwachen. Hier hängt alles von unserer Initiative ab, ob wir uns durch Willenskraft mit dem Geist verbinden können. Dafür müssen wir die älteste Gabe, unser Haupt, das die Prägungen der Vergangenheit und die Tendenz zur Abkapselung zeigt, die Neigung, sich in sich einzuspinnen, für die Herzenswärme öffnen, die ihm aus der Mitte unseres Wesens entgegenströmt. So vermag sich das Haupt für die Welt der Gedanken, die Sphäre der Weltgedanken die wir zuneh mend als etwas erleben lernen, das uns zukommt zu öffnen. Weltgedanken sind nicht das, was gewöhnlich wie von selbst in unserem Kopf als die subjektiv gespiegelte Vorstellungswelt entsteht. Wenn wir uns innerlich frei und rein für die Welt des Geistes zu öffnen vermögen, treten uns die Weltgedanken, die wir empfangend in uns aufnehmen, als lebendige Wesen entgegen. Sie werden zunehmend Teil unserer Wesenheit, durch die wir den Geist in der Welt wirksam werden lassen. Grundstein der Liebe Das sind drei Blickrichtungen in Wesensbereiche, die in unseren Vorbereitungen für die Michaeli-Welt-Konferenz leben und von denen wir uns erhoffen, dass wir uns mit der Tagungsgemeinschaft und ebenso wesentlich mit den Menschen, die an dieser Konferenz wenn auch nicht physisch, so doch geistig teilhaben werden, in dieser Arbeit am dodekaedrischen Liebes stein in einer Gemeinschaft wissen können. Es ist damit ein Zusammenwirken angesprochen, das seine Einheit in der Konstituierung des inneren Menschen findet. Jeder ist in diesem Sinne am inneren Bau der Anthroposophischen Gesellschaft mit beteiligt, in der Arbeit an dem Stein, an dem jeder von uns durch sein inneres Leben baut, sodass wir in Zukunft dazu kommen mögen, tatsächlich diese Steine so zusammenzufügen, das daraus ein Bau entstehe. Von der anderen Seite aus gesehen können wir uns als Gemeinschaft im Einsenken des dodekaedrischen Liebessteines wie Rudolf Steiner es zur Begründung der Gesellschaft 1924 ausspricht in unsere Seelen mehr und mehr als eine Einheit erleben lernen, die sich zu einem tätigen und praktischen Wirksamwerden in der Welt befähigt. Das meditative Leben ist dann keines, das als etwas von der Welt abgezogenes stattfindet oder durch das der Einzelne an seinem In-der-Welt-Sein leidet, sondern das im Wechsel zwischen Kontemplation und aktiver Betätigung im Weltgeschehen uns immer mehr befähigt, in dieses Weltsein liebend einzutauchen und es zu gestalten, angesichts der großen Herausforderungen, vor die uns unsere Zeit heute stellt. Christiane Haid, Menschenseele! Du lebest im ruhenden Haupte, Das dir aus Ewigkeitsgründen Die Weltengedanken erschließet: Übe Geist-Erschauen / In Gedanken-Ruhe, Wo die ew gen Götterziele / Welten-Wesens-Licht Dem eignen Ich / Zu freiem Wollen / Schenken; Und du wirst wahrhaft denken In Menschen-Geistes-Gründen. Denn es walten des Geistes Weltgedanken Im Weltenwesen Licht-erflehend. Ihr Seelen-Geister Lasset aus den Tiefen erbitten, Was in den Höhen erhöret wird: Dieses spricht: In des Geistes Weltgedanken erwachet die Seele. Das hören die Geister in Ost, West, Nord, Süd; Menschen mögen es hören. In der Zeiten Wende Trat das Welten-Geistes-Licht In den irdischen Wesensstrom; Nacht-Dunkel / Hatte ausgewaltet; Taghelles Licht / Erstrahlte in Menschenseelen; Licht, / Das erwärmet Die armen Hirtenherzen; Licht, / Das erleuchtet Die weisen Königshäupter. Göttliches Licht, Christus-Sonne, Erwärme / Unsere Herzen; Erleuchte / Unsere Häupter; Dass gut werde, Was wir Aus Herzen / Gründen, Aus Häuptern führen / Wollen.

4 Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 Aktuelles Verständnis der Sektionsarbeit Quellende Anthroposophie Anthroposophie ist Praxis oder sie ist nicht. Für die Sektion für Landwirt schaft zeigt sich dies unter anderem in der unmittelbar sinnlichen Beziehung zum Mist, durch die das Irdische durch das Geistige vertieft und die Tiefenschule zur Hochschule geläutert wird: Michaelschule und Rosenkreuzerschule durchdringen sich. Wir haben uns vorgenommen, den von Constanza Kaliks skizzierten Arbeitsstrom aus der Goetheanum-Leitung an gewissen Beispielen nun konkreter zu machen. Damit soll nicht auf die programmatische Gestaltung der Goetheanum- Welt-Konferenz im Herbst eingegangen werden, sondern ich möchte aus dem Arbeitsstrom der Sektionsarbeit einzelne Fäden zum Aufleuchten bringen. Aus meiner Situation ich bin in die Sektionsarbeit aus der Landwirtschaft hinein gekommen und war ursprünglich weniger in der Anthroposophischen Gesellschaft und der Arbeit der Ersten Klasse verankert ergibt sich heute die Notwendigkeit, einen neuen Blick auf die Sektionen zu werfen. Ich glaube, es geht nicht nur um einen neuen Blick, sondern wir müssen etwas grundsätzlich neu setzen. Mit setzen meine ich neu denken, neu erkennen, um dann daran unser Fühlen und Handeln zu orientieren. Mit neu ist hier nicht ein verquerer Versuch gemeint, etwas zu erneuern, was an sich schon neu ist, sondern es geht um ein Aktualisieren für die jetzige Situation, für unsere Generation. Anthroposophie ist Anwendung Wenn wir gewohnheitsmäßig sagen, wir haben erstens die Hochschule, zweitens die Gesellschaft und drittens die Lebens felder, dann bleibt die Frage: Wo sind denn die Sektionen angesiedelt? Es gibt ein sehr verbreitetes Verständnis, die Hochschule mit der Ersten Klasse gleichzusetzen. Blicken wir von da aus auf die Gesellschaft, so haben die Sektionen auch hier keinen Platz und in den Lebensfeldern ebenso wenig. Folgen wir diesem Bild, dann hätten wir die Situation und vielleicht denken und fühlen wir eben doch noch so, dass wir auf der einen Seite die Hochschule mit der Ersten Klasse haben (da ist dann gleichsam die Anthroposophie), und auf der anderen Seite ist das Lebensfeld (da wäre also die angewandte Anthroposophie, so sagen wir das zum Teil auch). Ich glaube, das ist falsch. Damit kommen wir nicht weiter. Das ist nicht aktuell. Gibt es das: Anthroposophie ohne Anwendung und angewandte Anthroposophie? Kann man da einsteigen? Das kann man denken, aber dann ist man in einem abstrakten Denken. Aber wenn man drinsteht, dann müsste man aus meiner Erfahrung formulieren: «Es gibt keine nicht angewandte Anthroposophie.» Anthroposophie ist Anwendung, An throposophie ist Praxis. Müssten wir nicht zu der Formulierung kommen, dass wir sagen: Das Lebens feld ist das Arbeitsfeld, und dieses ist zugleich das Sektionsfeld? Dann wäre die Sektion nicht mehr nirgends, sondern sie hätte eine deutliche Anbindung, ein Feld der Wirksamkeit, wenn nicht sogar ein Feld schöpferischer Gestaltung in dem Gebiet, in dem Anthroposophie in der Praxis ist und lebt, also nicht nur angewandt wird. Daran schließt sich die Frage an, ob in diesem Sinne die Hochschule selbst auch Praxis ist. Da kann man ja nicht sofort deutlich Antwort geben, aber ich möchte diesen Frageraum aufmachen. Für Esoteriker, Praktiker und sozial Aktive Ich kann an einem Beispiel meiner Sektion für Landwirtschaft aus dem Konkreten sprechen. Wie ist diese Praxis auch Anthroposophie, wenn die Anthroposophie diese Praxis ist? Wenn wir die geistige Substanz, die Impulssubstanz nehmen, dann ist das für unsere Sektion dasjenige, was im sogenannten Landwirtschaftlichen Kurs (GA 327) kondensiert ist. Also in dem, was wir aus der Geistesforschung von Rudolf Steiner haben. Wir sind ja in der glücklichen Lage als Landwirte, dass wir nur ein Buch haben. Wir sind auch in der glücklichen vielleicht auch unglücklichen Lage, dass die Stenogramme weg sind, wir haben sie nicht. Glücklich oder unglücklich Tatsache ist, wir haben ein Buch und das ist sozusagen für die Esoteriker, die Praktiker und die sozial aktiven Menschen dasselbe. Da ist alles darin. Wenn wir das lesen, dann ist da nicht angeschrieben, was für den Praktiker ist und was für den inneren Weg. Das ist dasselbe. An einem gewissen Punkt, wo Rudolf Steiner zu den Landwirten spricht, die im Wesentlichen noch Abkömmlinge des Land adels gewesen sind, also Grafen und Freiherren, da sagt er: «Es ist gut, wenn sie ein persönliches Verhältnis haben namentlich zum Dünger, mit dem sie arbeiten.» Hören Sie da mal hinein! Ist das jetzt eine soziale Angabe, dass der Graf mal von seinem Pferd runtersteigen soll, um den Mist anzuschauen und nicht nur die Knechte arbeiten zu lassen? Ist das eine praktische Angabe, dass der Mist ein guter Dünger wird? Oder ist dieses persönliche Verhältnis eine eso terische Anga be? Da können wir auswählen, aber wir können auch versuchen, alle drei in einem zu hören. «Es gibt keine nicht angewandte Anthroposophie.» Anthroposophie ist Anwendung, Anthroposophie ist Praxis. Vom Abfall zum Dünger Dünger ist für uns ja Mist, und Mist ist Abfall. Wenn die Kuh Milch gibt, die verkaufen wir Ihnen als Konsumenten. Das ist Demeter-Milch, für die wir nach einer Anregung von Eduard Willareth einen Cent erheben sollen, um das Goetheanum zu finanzieren. Die ist dann schon weg vom Hof, das ist auch gut so, wir könnten auf dem Hof gar nicht so viel Milch gebrauchen. Dann habe ich aber noch den Mist der Kuh, den Kuhfladen. Das ist, vom Wirtschaftlichen her gesehen, der Abfall, den niemand will. Wenn ich den verpacke, dann kaufen Sie das bestimmt nicht. Das behält der Bauer selbst. Dann hat er auch das Stroh wieder Abfall, denn auch das Korn hat er Ihnen verkauft, weil Sie Brot essen wollen. (Vielleicht können wir da auch noch einen Cent erheben?) Aber das Stroh wollen Sie ja auch nicht, das ist leergedroschen. Auch das behält der Bauer. Er bringt diese beiden Abfälle zusammen, den Fladen und das Stroh, so entsteht der Misthaufen, der durch sorgfältige Pflege ein ganz wertvoller Dünger werden kann. Damit ist man in der Abfallbewirtschaftung. Und in dem Moment sagt Rudolf Steiner: Entwickeln Sie dazu ein persönliches Verhältnis. Was heißt denn ein persönliches Verhältnis? Das heißt

Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 5 ganz konkret: Riechen Sie. Weil das Organische die Tendenz hat, «in sich zu riechen», das heißt: zu stinken. Die Teilnehmer damals waren eben noch noble Menschen, darum drückt sich Steiner entsprechend aus. Stellen Sie sich vor, jetzt muss sich je der mit seiner Nase dem Mist zuwenden, um dieses persönliche Verhältnis zu entwickeln. Auf der einen Seite habe ich nun meinen Mist, der mehr oder weniger riechen oder in sich riechen kann und ich rieche den Charakter, das Stadium, in dem er sich befindet. Auf der anderen Seite habe ich das persönliche Verhältnis zu diesem Vorgang. Das ist nicht die reine verobjektivierende oder messbare Wahrnehmung, sondern mit diesem Vorgang ist die ganze Person verbunden. Der konkrete Bauer auf seinem konkreten Hof mit seinem ganz besonderen Mist und dem Geruch dieses Mistes. Die Person, die vielleicht Anthropo sophie studiert. Vielleicht in der Ersten Klasse ist. Diese Person riecht jetzt hinein in das jenige, was organisch vor sich geht. kann. Ein Bereich, wo es eben nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität geht. Für den Landwirt geht es darum, das Optimum an Stickstoffkonzentration herauszuriechen und, vom Geruch aus gehend, zu handeln. Das ist auf dem je wei ligen Hof individuell für den Einzelnen das, was die Geisteswissenschaftlichen Anga ben zum Gedeihen der Landwirtschaft, so der Titel des Landwirtschaftlichen Kurses von Rudolf Steiner, bewirken können. In diesem Sinne können Sie sich jetzt vorstellen, wenn Sie bei Ihrem Mist sind und in dieser Weise riechen, wo dann die Hochschule ist: Ist das nicht eine Tiefenschule? Und ich möchte fragen: Gehört diese Tiefenschule nicht unbedingt zur Hochschule dazu? Das ist nicht an gewandte Anthroposophie, das ist quellende, originäre, lebendige Anthroposophie. Es geht also nicht so sehr darum, «die Idee in der Wirklichkeit wiederzufinden», sondern die Idee in der Wirklichkeit zu verlieren, um die Wirklichkeit so zu entdecken, dass sie ideendurchwirkt oder geistdurchwirkt ist. Das ist der Weg, der zu dem gehört, was ich als Hochschule der Sektionen ansprechen möchte. Zurück zum Ganzen Wie kommt dann das Einzel-Erkenntnis-Erlebnis wieder ins Ganze? Wenn wir hier aus den Sektionen heraus Tagungen machen, ist es nicht mehr wie früher so, dass man aus Im Großen gesprochen ist dem sogenannten dies die Begegnung und Durchdringung Praxisfeld kommt und hier sozusagen der Michael schule aus Geisterkennt mit der Rosenkreuzerschule. nis inspiriert wird, sondern man kommt aus der Tiefenschule und läutert sie zur Hochschule. Wenn jedes Jahr hier 20 bis 30 Menschen von den 700 Teilnehmenden aus der sogenannten Peripherie, die für sie das Zentrum Verbindung mit Stickstoff und Schwefel ist, als Beitragende kommen, dann kommt Was beim Riechen hauptsächlich wahrgenommen Die beiden Quellen der Sektion man an die Peripherie ans Goetheanum, wird, was stinken kann, sind die Pro zesse von Stickstoff und Schwefel. Da wird also hineingerochen in die Geistigkeit des eigenen Betriebes, weil der Stickstoff der Träger der astralisch-empfind Ich meine, es gibt in dieser Art von Arbeiten eine Quelle der Anthroposophie, die man in einer gewissen Weise vielleicht ist das jetzt sehr gewagt gesagt in ein Verhältnis zur Quelle der Anthroposophie nicht um einfach einen Praxis bericht zu geben, sondern um das Erlebte zu läutern dass man von demjenigen, was man in den mistigen Umständen des Lebens erlebt hat, beziehungsweise von allem, lichen Geistigkeit im setzen kann, wie was in unserer Zivilisation scheinbar Abfall eigenen Betrieb ist. sie Rudolf Steiner ist, was in solcher Art von persönlichem Da wird also hineingerochen Das kommt heraus eröffnet hat. Diese Verhältnis durchlitten und durchdrungen beim Riechen und wird zum Ideenkosmos in die Geistigkeit des eigenen Betriebes, weil der Stickstoff beiden Quellen stehen in einem Ver worden ist und in intensiver Vorbereitung läutert, um davon am Goetheanum eine zusammengehältnis. Dazwischen Dar stellung zu geben. Dann kommt die der Träger der astralischbracht, den der spannt sich die Dimension, Geistsubstanz, die von hier ausgegangen Landwirt aus dem Landwirtschaftlichen Kurs in sich trägt. empfindlichen Geistigkeit im eigenen Betrieb ist. die Quali tät desjenigen, was ich Sektion nennen möchte. Sodass Sekist, ans Goetheanum zurück und wird wie neu gestiftet. Dieses Atmen zwischen dem Verlieren der Geistsubstanz in der Praxis, in der Der Stickstoff ist die entscheidende Stofflichkeit in der Landwirtschaft. In dem Moment, als man entdeckt hat, dass tion nicht einfach so ein Gemisch ist von ein bisschen Geist und ein bisschen Praxis, sondern dass zwei Quellen sich je weils befruchtenerkenntnis Wirklichkeit, die sich durch den geistig suchenden Landwirt der Geisterkennt nis entsprechend erweist, und diese Geist die Pflanze Stickstoff aufnehmen muss, wieder ans Goetheanum und man ihn synthetisierte, liegt der Beginn der industriellen Landwirtschaft. Das war der Grund, warum die Landwirte Rudolf Steiner gebeten haben, den Landwirtschaftlichen Kurs zu geben. Jetzt heißt es nicht: Den Stickstoff schauen wir nicht an, stattdessen machen wir irgendwelche geistigen Dinge ohne Stickstoff, sondern Rudolf Steiner leitet an, wie man mit der Nase also durch ein persönliches Verhältnis in die Sphäre der Kräfte des Stickstoffs hineinriechen Zur Veranschaulichung nochmals ein Bild aus der Landwirtschaft: Der Samen, vielleicht auch der Geistsamen, hat ja für sich keine Lebensfähigkeit; er braucht den fruchtbaren Boden. Wenn der Samen nicht auf den fruchtbaren Boden gesät wird, wächst nichts. Umgekehrt wächst auf frucht barem Boden ohne Samen nur Unkraut. Diese beiden müssen also zueinanderkommen, wenn sich ein neuer Lebenszyklus daran anschließen soll, aus dem heraus wieder ein neuer Samen gebildet wird. zurückzubringen, dieser Atem zwischen den beiden Polen, das wäre das Leben der Sektionen. Im Großen gesprochen ist dies die Begegnung und Durchdringung der Michael schule mit der Rosenkreuzerschule. In dieser Weise suchend, aber auch sich einsetzend für eine neue Ak tualität, das ist ein Strom, der in der Goetheanum-Leitung lebt und den wir mit allen Menschen, die dann da sein werden an der Michaeli-Konferenz, bearbeiten wollen. Ueli Hurter

6 Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 Aufgabe der Anthroposophischen Gesellschaft Gelebte Gegenseitigkeit Ein Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft ist die Pflege des seelischen Lebens. Dafür gibt es eine breite Palette an Übungsfeldern, die das individuelle Erkenntnisstreben und Schicksal ebenso ernst nehmen wie den Zusammenklang dieses Individuellen im Allgemein-Menschlichen. Im Kapitel Innere Ruhe des Buches Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10) gibt es die Aufforderung an den Geistesschüler, die Kraft zu suchen, «sich selbst in gewissen Zeiten wie ein Fremder gegenüberzustehen». Das ist eine ganz wichtige und schwierige Aufgabe. In dieser Goetheanum-Welt-Konferenz möchten wir uns als anthroposophische Bewegung in diesem Sinne aus der Weltperspektive anschauen, man kann auch sagen: aus der Perspektive des Zeitgeistes. Was tritt dann in Erscheinung? Wir wissen, der Zeitgeist ist der Geist Michaels. Gelingt es uns, aus dieser Per s pektive die Entwicklung der anthropo sophischen Bewegung anzuschauen? Können daraus Richtungskräfte hervor gehen, die wegweisend für die künf tige Zeit wären? In den nächsten sieben Jahren haben wir die Möglichkeit und Aufgabe, das Ereignis der Weihnachtstagung, das ein Menschheitsereignis war, neu zu erkennen, neu zu ergreifen: diesen «Welten-Zeitenwende-Anfang» in Worten Rudolf Steiners am 1. Januar 1924 nach 100 Jahren so zu vergegenwär tigen, dass die seither geleistete Arbeit als erster Schritt von diesem Anfang betrachtet und verstanden wird und eine Grundlage für weitere Schritte bildet, die es braucht, um diesen Anfang mehr und mehr zu verwirklichen. Das ist die Frage: Gelingt es uns gemeinsam, diese Perspektive einzunehmen und dadurch eine vertiefte Selbsterkenntnis auf der Gesellschafts- und Bewegungs ebene vollziehen zu können, woraus Richtungskräfte hervorgehen können? Pflege des seelischen Lebens Wenn wir die Gesellschaft im engeren Sinne anschauen, ergibt sich aus dem ersten Artikel des Gründungsstatuts, dass sie eine Vereinigung von Menschen sein soll, die das seelische Leben im einzelnen Gelingt es mir, den anderen Menschen so wahrzunehmen, ihm so zu begegnen, dass ich in jedem anderen Menschen ein verborgenes Göttliches sehe? Menschen und in der menschlichen Gesellschaft auf der Grundlage einer wahren Erkenntnis der geistigen Welt pflegen wollen. Wir können immer wieder neu die Frage stellen, was diese Pflege des seelischen Lebens beinhaltet. Ich möchte etwas erwähnen, das Rudolf Steiner während der Jahre des Ersten Weltkrieges ausgeführt hat. Zuerst hat er am 15. Juni 1915 bei einer Zweiggründung darüber gesprochen, dann am 10. Ok tober 1916 und wieder am 9. Oktober 1918. Während dieser ganzen Geschehnisse des Ersten Weltkrieges hat er dasselbe Thema dreimal aufgegriffen. Erst einmal hat er gesagt, dass wir als Anthroposophische Gesellschaft eine ganz bestimmte Aufgabe haben, nämlich so in dieser Zeit zu leben, dass immer Zukunftskräfte ent stehen können, dass eine Entwicklungsrichtung sichtbar wird. In diesem Sinne gibt Rudolf Steiner uns als Anthroposophische Gesellschaft die Aufgabe, in dieser Zeit wach zu leben und gleichzeitig zu fragen, wo diese Reise hingeht. Wir leben jetzt in dieser Kulturperiode, was ist der Weg, in welche Richtung geht es zur nächsten Kulturperiode? Und da deutet er drei Charakterzüge an. Der ers te ist Geschwisterlichkeit, das Füreinanderda-Sein: Bin ich ansprechbar, bin ich für den anderen da? Wir leben in einer Zeit, in der die Bewusstseinsseele erst einmal von ihrer Eigentendenz her Nein sagt: Ich bin nicht mit dir verbunden, sondern ich habe das Bedürfnis, auf eigenen Füßen zu stehen. Du stehst da, und ich stehe hier. Es ist die große Kulturaufgabe, so in der Bewusstseinsseele zu leben, dass sich innerhalb der Seele eine Wandlung so vollzieht, dass ich sage: «Ja, es geht mich etwas an, wie es dir geht!» Wir brauchen eine ver tiefte Gegenseitigkeit. Denn ohne sie geht es überhaupt nicht weiter. Es gibt keinen Weg in die Zukunft ohne eine gelebte Gegenseitigkeit. Weg zur nächsten Kulturepoche: Bin ich ansprechbar? Verborgenes Göttliches im anderen Das Zweite, was Rudolf Steiner andeutet, betrifft eine innere Haltung: Gelingt es mir, den anderen Menschen so wahrzunehmen, ihm so zu begegnen, dass ich in jedem anderen Menschen ein verborgenes Göttliches sehe? Das ist eine wunderbare Aufforderung an jeden einzelnen Menschen. Ermögliche ich, dass die Begegnung mit einem anderen Menschen zu einem Sakrament werden kann? So deutet Rudolf Steiner das an: die Begegnung jedes Menschen mit jedem Menschen als Sakrament zu erleben (Vortrag vom 9. Oktober 1918: Was tut der Engel in unserem Astralleib?, in Der Tod als Lebens wandlung (GA 182)). Und als Drittes die Frage: Ist es nicht dem heutigen Menschen ein Bedürfnis, dass er in seinem Leben einen Sinn entdecken kann? Dazu braucht es ein vertief tes Erkenntnisstreben, weil der Sinn des Lebens nicht von vornherein gegeben ist. Die schicksalsmäßigen Aufgaben, die auf einen zukommen wollen, brauchen eine gewisse innere Haltung, eine Erkennt nishaltung, um sie sehen zu können. Sie werden nicht einfach mitgegeben, sondern sollen entdeckt werden.

Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 7 Freude an Pflege des seelischen Lebens Diese drei Charakterzüge wären, so Rudolf Steiner, innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft zu pflegen. Sie sind Ausdruck von der Pflege des seelischen Lebens. Alle drei sind Aspekte dieser Pflege. Rudolf Steiner sagt 1916 und 1918, dass diese Qualitäten nicht nur wichtig sind, um eine Zukunft zu gestalten, sondern dass wir sie auch für die heutige Zeit brauchen. Unsere Zeit fordert eine innere Haltung, die diese Qualitäten enthält. Es ist auch eine tiefe Freude, daran zu arbeiten und sie zu ent wickeln. Wenn das gelingt, dann schaffen wir gemeinsam eine Kultur, die nicht nur für das Leben innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft von Bedeutung ist. Wir können uns als Anthroposophische Gesellschaft im engeren Sinn auch auffassen als eine Art kulturelles Versuchsfeld, auf dem wir mit einander eine Kultur entwickeln, die die heutige Zivilisation so sehr vermisst. Doch wenn man hört, dass gesagt wird: Ihr seid schon ziemlich streitbar miteinander als Anthroposophen, dann denke ich: Da ist etwas dran, weil Geschwister miteinander streitbar sind. Das darf auch mal so sein, wenn die Frage gestellt wird: Foto: Sebastian Jüngel Was wollen wir eigentlich miteinander? Da gehört etwas Reibung dazu. Trotzdem ist man für den anderen da, wenn man darauf angesprochen wird. So eine Kultur des Für-einander-da-Seins brauchen wir, auch in den Sektions- oder Lebensfeldern. Einen großen Teil meines Lebens war ich in anthroposophischen Einrichtungen tätig. Einer solchen Einrichtung geht es nur gut, wenn solch eine Kultur innerhalb der Einrichtung lebt. Und selbstverständlich ist diese Kultur auch für die Hochschule wichtig. Sie schafft eine Trägerschaft. Diese Art der Pflege des seelischen Lebens macht erst möglich, dass Geisteswissenschaft ausgeübt werden kann. Geisteswissenschaft ohne eine solche Kultur ist keine Geisteswissenschaft. Insofern geht es um eine Kultur, die überall hilft, die seelische Not zu überwinden. Das Individuelle im Universellen Rudolf Steiner hat an der Weihnachtstagung 1923/24 gesagt, dass unserer Gesellschaft die Aufgabe zufallen wird, die denkbar größte Öffentlichkeit mit echter, wahrer Esoterik zu verbinden. Und dass diese Aufgabe nur im Herzen der Menschen gelöst werden kann. Und, liebe Freunde, es ist meine Überzeugung, dass das ein Merkmal der heutigen, Michaelischen Esoterik ist, dass Esoterik und Öffentlichkeit zwei Seiten einer Sache sind. Das ist das Merkmal einer Michaelischen Esoterik, dass sie nicht mehr getrennt sind. Das bedeutet auch, dass wir in einer Zeit leben, in der das Individuelle und das Universelle ebenfalls zwei Seiten einer Sache sind. Was in tiefster Menschenseele lebt, ist gleichzeitig das Allgemein-Mensch lichste. Oder anders gesagt: Das Ur eigenste des Menschen ist zu gleicher Zeit das Allgemeingültigste. Das ist ein Schlüssel, ein großes heutiges Michaelisches Geheimnis. Dadurch können wir als Menschen universelle Werte in uns finden, wie die drei Qualitäten, die ich genannt habe, die überall auf der Welt gelebt werden können. Und so möchte ich meinen Beitrag mit dem Rhythmus aus dem Grundsteinspruch für den Sonntag abschließen, der so wunderbar die drei Übungselemente aus dem Grundsteinspruch wiedergibt, sodass daraus ein neues Wir hervorgehen kann: «Übe Geist-Erinnern», «Übe Geist- Besinnen», «Übe Geist-Erschauen», «dass gut werde, / was wir / Aus Herzen gründen, / Aus Häuptern zielvoll führen / Wollen.» Paul Mackay Zu den Finanzen Das Budget der Goetheanum Welt-Konferenz 2016 inklusive der Verpflegung der Teil nehmenden könnte vollkommen gedeckt werden, wenn pro Teilnehmendem im Durchschnitt 360 Franken beigetragen werden. Jeder Teilnehmende wird deshalb bei seiner Anmeldung gebeten, nach seinen finanziellen Möglichkeiten ei nen entsprechenden Betrag einzusetzen. Darüber hinaus besteht die sehr herz liche Bitte an alle Mitglieder und Institutionen, ob sie mit einer Zuwen dung zur Realisierung der Goetheanum- Welt-Konferenz 2016 und eines Reisefonds für die aus großen Entfernungen kommenden Teilnehmenden beitragen können. Spenden und Unterstützungen bitte auf eines der folgenden Konten mit dem Stichwort: Welt-Konferenz 2016 Steuerabzugsfähige Spenden aus Deutschland in Euro Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland GLS Gemeinschaftsbank eg 44708 Bochum, Deutschland IBAN: DE13 4306 0967 0010 0845 10 BIC: GENODEM1GLS Steuerabzugsfähige Spenden aus der Schweiz Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, Dornach, Schweiz Raiffeisenbank 4143 Dornach, Schweiz IBAN: CH36 8093 9000 0010 0607 1 BIC: RAIFCH22 Spenden aus anderen Ländern in Euro Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, Dornach, Schweiz GLS Gemeinschaftsbank 44708 Bochum, Deutschland IBAN: DE53 4306 0967 0000 9881 00 BIC: GENODEM1GLS

8 Anthroposophie weltweit Goetheanum-Welt-Konferenz 2016 April 2016 Programm der Goetheanum-Welt-Konferenz Kultur der Menschlichkeit Eine Zusammenkunft für Menschen aus aller Welt zu gestalten, mit denen wir einen neuen Impuls für Hochschule, Anthroposophische Gesellschaft und Lebensfelder erarbeiten wollen und mit denen wir vor der Aufgabe stehen, die nächsten Jahre einer zu gestaltenden Zukunft ins Auge zu fassen, ist eine Herausforderung für alle Beteiligten. In den fünf Tagen von 27. September bis 1. Oktober geht es darum, in einem ersten Schritt ein gemeinsames Bewusstsein zu erarbeiten und Initiativen zu entwickeln, die in den kommenden sieben Jahren eine kontinuierliche Weiterarbeit bis 2023/24 und darüber hinaus ermöglichen. Wir kommen dieser Aufgabe vor dem Hintergrund einer Zeitlage nach, die sich beinahe mit jedem Tag dramatischer gestaltet. An vielen Orten der Welt sind kriegerische Auseinandersetzungen im Gange; Hungersnöte und Armut sowie das Phänomen des Terrors versetzen viele Menschen in Angst. Für die Flüchtlingsfrage ist keine Lösung in Sicht. So stehen die Menschen an viele Orten der Welt vor der Aufgabe, ganz neue soziale Formen zu entwickeln und eine Kultur der Menschlichkeit zu fördern, die über alle nationalen, sprachlichen, religiösen und sonstigen Differenzierungen hinausführt. Menschen aus vielen Weltregionen Der erste Tag ist einer Geste des Ankommens und einer Klärung der gemeinsamen Fragestellung gewidmet. Um 15 Uhr wird die Vorbereitungsgruppe, unterstützt von weiteren Mitgliedern der Goetheanum- Leitung, in das Anliegen der Goetheanum- Welt-Konferenz einführen. In einem sich daran anschließenden Worldcafé einer Dialogform, die in kleinen Gruppen einen persönlichen Austausch über die Impulse ermöglicht werden das gegebene Thema und die mitgebrachten Anliegen in einen ersten Zusammenklang gebracht. Hier begegnen sich erstmals Menschen aus vielen Sprach- und Weltregionen. Wie klingt die Fragestellung der Weltkonferenz für einen jungen Waldorflehrer, der die Anthroposophie gerade kennengelernt hat? Auf welchen Boden fällt die Frage bei einem jahrzehntelang mit dem Werk Rudolf Steiners verbundenen Autor und Redner? Wo fühlt sich der Betreiber einer Ladenkette, die biologisch-dynamische Produkte verkauft, angesprochen? Welche Anliegen hat eine Sozialarbeiterin, die mit traumatisierten Kindern in Kriegsgebieten arbeitet? Am ersten Abend werden wir das musikalische Werk Der Weg des Lebens des tschechischen Komponisten Alois Hába hören, der sich in den 1930er- Jahren durch die plastische Gruppe des Menschheitsrepräsentanten zu einem Orchester werk inspirieren ließ, dessen Werk an diesem Abend zum ersten Mal im Goetheanum erklingen wird und in dessen musikalischen Tonkosmos uns Stefan Hasler, Leiter der Sektion für Redende und Muszierende Künste, einführen wird. Die Komposition bringt die Auseinandersetzung mit luziferischen und ahrimanischen Kräften und die Suche nach einem Gleichgewicht zu Gehör. Gemeinsames Aufgabenbewusstsein Die folgenden Vormittage stehen unter dem inneren Motto der drei Übungsaufforderungen an die Menschenseele aus dem Grundsteinspruch. Jeden Morgen wird die Arbeit durch eine eurythmische Demonstration der Goetheanum- Eurythmie Bühne zum Tagesmotto eingeleitet. Daran schließen sich täglich zwei Impulsreferate an. Mit dem Vorhaben, die drei Übungen des Grundsteinspruchs als ein lebendiges Übungsinstrument der Tagung zugrunde zu legen, ist die Intention verbunden, uns im Lichte dieser Perspek tiven noch einmal gründlicher zu fragen: Ist uns unser gemeinsamer Hintergrund so bewusst und transparent, dass wir daraus die Nöte der Welt erkennen und den Willen zu einer Lösung entwickeln? Können wir durch ein praktiziertes Geist-Erinnern die Kräfte der Vergangenheit so vergegenwärtigen, dass sie uns befähigen, die bevorstehenden Zukunftsaufgaben zu ergreifen? Die Aufforderung zum Geist-Besinnen stellt uns vor die Frage, ob wir dazu in der Lage sind, uns selbst und den anderen in seinen Qualitäten zu erkennen, sodass sich daraus eine fruchtbare Zusammen arbeit in der Anerkennung der Differenzen gestalten lässt. So kann uns Geist-Besinnen das Erüben einer neuen Gemeinschaftsfähigkeit ermöglichen. Die Aufforderung «Übe Geist-Erschauen» stellt uns vor die Frage, ob wir ein gemeinsames Aufgabenbewusstsein im Hinblick auf die geistige Lage der Zeit, die Weltlage insgesamt und unsere Aufgabe darin entwickeln können. Welche Lösungs ansätze sehen wir für eine Verwandlung der Nöte unserer Zeit, die einen kraftvollen Beitrag leisten? Der letzte Tag wird uns hoffentlich ermöglichen, die Arbeitsergebnisse der Konferenz im Sinne der vierten Strophe des Grundsteinspruchs als kraftvolle Impulse zu fassen, die uns in den kommenden sieben Jahren inspirieren werden. In den sich an die Darstellungen anschließenden Arbeitsgruppen wird es darum gehen, die Impulse gemeinsam zu bewegen und über Fragestellungen wie die oben genannten ins Gespräch zu kommen. Die Sektionen der Hochschule Die erste Nachmittagshälfte wird es ermöglichen, in Fach- und Sektionsgruppen längerfristige Fragestellungen sowie Arbeitsanliegen der Sektionen der Hochschule kennenzulernen. Die Sektions leitenden und weitere mitwirkende Mit arbeiter werden Themen, Projekte und Forschungsfragen vorstellen und mit den Teilnehmern beraten. Die zweite Nachmittagshälfte wird im Plenum im Großen Saal stattfinden und der Tagungsgemeinschaft die Gelegenheit geben, an Impulsbeiträgen aus aller Welt teilzuhaben. Die drei Abendaufführungen mit Bei trägen aus dem Schauspiel und der Eu rythmie werden das Thema der Auseinandersetzung mit den beiden Kräften des Bösen und die Erfahrung des Mensch lichen und Menschheitlichen, die bereits in der Komposition von Alois Hába musikalisch angeklungen sind, weiter vertiefen. Für die Vor bereitungsgruppe: Christiane Haid, Ueli Hurter, Constanza Kaliks, Paul Mackay Freie Hochschule für Geisteswissenschaft Anthroposophie weltweit Sonderausgabe Herausgeber: Justus Wittich. Redaktion: Sebastian Jüngel. Beilage in Anthroposophie weltweit Nr. 5/2016. 2016 Freie Hochschule für Geisteswissenschaft, Dornach, Schweiz.